Geschichten:Ein Gespräch auf Mor´Tres über Leihenbutt

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Der Baron saß wie so oft an seinem Tisch und sah zu seinem Gast hin, der soeben das Schreibzimmer betreten hatte. "Setzt euch mein Lieber. Setzt euch und lest, denn bei dieser Lektüre werdet ihr den Halt eines Sessels schätzen lernen."

Yendor wartete ab, bis Claudio die Einladung des Hirschfurters gelesen hatte, dann erhob er seine Stimme, während er scheinbar achtlos den schweren Jagddolch in der rechten Hand wog.

"Eine Beleidigung. Eine Herausforderung, die ich diesem Hund nicht zugetraut hätte. Sogar den Verlust meiner Gemahlin hat er ausgenutzt um mich zu treffen. Hat dieses Schreiben benutzt um mich zu demütigen! Ich kann mir vorstellen welche Freude es ihm bereitet hat, dies mir überbringen zu lassen! Natürlich konnte er nicht erwarten, das ich diese Einladung annehme und dennoch hat er sie geschickt. Ich sollte ihm zeigen welcher Schmerz im Verlust einer geliebten Frau liegt..." Fest umschlossen die Finger Yendors die Schneide des Dolches, bis roter Lebenssaft zwischen ihnen hervortrat. Sein Blick glitt zu dem Gemälde hinüber und fast augenblicklich erlosch das kalte Funkeln von Zorn in den schwarzen Augen. Er schüttelte den Kopf, legte den Dolch beiseite und nahm ein Taschentuch auf, um es in seine Hand zu legen.

"Nicht einmal diesem verhassten Menschen wünsche ich solch einen Schmerz..." Leise drangen die Worte zu dem Burgvogt hin und es war die Frage, ob diese überhaupt für seine Ohren gedacht waren...

"Nun, werter Claudio, wir wollen den lieben Baron von Leihenbutt ein wenig überraschen. Seine zukünftige Gemahlin kommt aus dem Horasreich und ich denke sie sollte in Garetien ein wenig Heimatgefühl vermittelt bekommen. Wer passt da besser, als ihr? Ihr werdet an meiner Statt an den Feierlichkeiten teilnehmen und meine Augen und Ohren sein. Ich bin sicher, das eure scharfe Zunge eine gute Waffenwahl ist." Hier huschte ein Lächeln über die Züge des Barons, als er nun sein Gegenüber erwartungsvoll ansah.

Claudio lächelte zuversichtlich. "Mein werter Herr Baron," hob er in honigsüßem, aalglattem Tonfall an zu sprechen.

"Selbstverständlich werde Ich Euch dort würdig vertreten. Ich muss es offen zugeben, ich hatte gar nicht erwartet, dass der Baron von Leihenbutt ein solch listiger und gemeiner Schurke ist." Das Lächeln gefror und verschwand binnen eines Herzschlages aus dem Gesicht des Horasiers und machte einem harten und unbarmherzigen Ausdruck Platz.

"An unverholener Dreistigkeit und Gefühlskälte ist sein jüngster Vorstoß wohl kaum zu überbieten."

Nach einer kurzen Pause verschränkte der Vogt die Arme vor der Brust und sprach leise, aber ernst weiter: "Grämt Euch nicht zu sehr, Herr Yendor, ich kann den tiefen Schmerz, der Euch plagt sehr gut verstehen. Doch ich sage Euch bestimmt nichts neues, wenn ich anmerke, dass der Tag an welchem dem höchst noblen Herrn von Leihenbutt seine Impertinenz im Halse stecken bleibt, bestimmt kommen wird. Im Übrigen sehe ich dem Treffen mit seiner Braut sehr gespannt entgegen. Man hört, dass sie eine sehr interessante, eloquente und ob Ihrer Tugendhaftigkeit zu bewundernde Frau sei."

In den grünen Augen Claudios blitzte einen Augenblick lang der Jagdinstinkt eines Hundes, der den Geruch seiner Beute aufgenommen hatte. Dann besann er sich seiner guten Erziehung, ließ den sarkastischen Unterton aus seiner Stimme verschwinden und fuhr geschäftsmäßig monoton fort. "Ich hörte ebenfalls, dass Euer guter Freund Eslam, der Baron von Brendiltal, sich entschuldigen lässt."

Der Baron von Gallstein nickte knapp und nichtssagend. "Zu schade. Er hätte den Feierlichkeiten ein gewisses Maß an, wie soll ich sagen, südländischem Schwung verleihen können. Vielleicht kommt ja Malepartus von Helberg, den ich in Puleth kennen gelernt habe. Er ist wahrhaft ein Mann von nobler Gesinnung."

Claudio bemerkte, dass der Baron von Gallstein scheinbar seinen Phrasen nicht folgte und darum besann der Horasier sich wieder auf die relevanten Dinge. Für Geplapper hatte der Herr von Mor'Tres wahrlich kein Faible. "Wie auch immer, Herr Baron, Ihr könnt ganz auf mich zählen. Sowohl meine scharfe Zunge als auch meine Klinge gehören uneingeschränkt Euch. Gibt es noch besondere Anweisungen?"

Di Conserrano straffte sich, glättete die Falten auf seinem blauen Gehrock und blickte seinen Herrn aufmerksam an.

"Achtet darauf das ihr den anderen zuhört und nicht zu sehr auf euer Können vertraut. Malepartus war von euch recht beeindruckt, der Staatsrat hingegen schien mir nicht solch gute Meinung von euch zu haben."

Das Lächeln kehrte wieder in das Gesicht des Gallsteiners zurück und Claudio ertappte sich dabei, wie er sich wünschte sein Herr würde ihn besser wieder mit dieser kalten Maske des Nichtbeachtens anschauen...

"Ich bin zufrieden mit euren Leistungen... Bisher jedenfalls.

Beinah hätte ich diesen Nimgalf von Hirschfurten vergessen, doch seine Herausforderung kann und will ich nicht übersehen. Seht euch um. Berichtet mir alles. Versucht herauszufinden wie dieser unfähige Kerl, der sich Ritter schimpft, an diese Frau gelangt ist. Seine Reise ins Horasreich und dann gleich solch ein Bund. Nur ein Narr würde sich nichts dabei denken. Wäre er ein Mann, dann hätte er seinem "Bruder", diesem Syrrenholter, bei dem Kampf wider den Söldnern beigestanden. Auch wenn dieser unterlag, so hat er Mut gezeigt. Ich hätte nicht ihn packen, sondern den Hals des Leihenbutts umdrehen sollen.

Nun, dies kann man nachholen. Jetzt aber werden wir erst mal sehen, was dieser Feigling vor hat. Er soll es bereuen mich getroffen zu haben..."

Der Baron erhob sich, gebot mit einer Geste aber seinem Burgvogt sitzen zu bleiben.

"Magister!"

Die Türe öffnete sich und mit gebeugtem Haupte zeigte sich Magister Exkarendel, der Hofmagus hier auf Mor´Tres. "Magister, ihr werdet die Ergebnisse eurer Forschungen, die ihr dankbarerweise nach den Ereignissen auf diesem, mehr als seltsamen, Adelstreffen angefangen habt, dem werten Burgvogt zur Verfügung stellen."

"Ich habe da einige Verfeineru..."

"Dies ist mir egal. Hauptsache es erfüllt seinen Zweck, denn wenn nicht... Jeder ist zu ersetzen, mein lieber Magister" Ein Wolf hätte neben den Herrn von Mor´Tres wie ein zartes Lämmlein gewirkt, als dieser seine Arme in einer freundschaftlichen Geste in Richtung des Magisters öffnete und der Burgvogt erkannte sehr genau, das der werte Exkarendel auch lieber ein solches Tier der Gesellschaft des Barons vorgezogen hätte. So schloss dieser etwas zu schnell wieder die Türe.

"Der Staatsrat hatte recht. Zu schade das mit den Pilzen..." Eine abwinkende Bewegung mit der rechten Hand. Einige Tropfen Blut zeichneten feine Spuren auf den Boden. "Nun, man lernt nie aus und beim nächsten Mal werde ich besser vorbereitet sein. Lasst uns nun speisen."


Abgang...



Autor: M. Gundlach