Geschichten:Albernische Gäste - Teil 14: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 29. März 2011, 08:44 Uhr

Es war eine der klaren Nächte Greifenfurts, als Rondrigo Ra’oul alleine vor dem Haus auf einigen aufgeschichteten Holzbrettern sitzen sah. Neugierig, was den jungen Freund alleine nach draußen zog, ansonsten zog Ra’oul es eigentlich vor mit Lyn das Bett zu teilen und das wohl mehrmals die Nacht, was man so hörte, ging er zu ihm rüber.

“Na Ra’oul so alleine hier, wie ungewöhnlich in letzter Zeit.” Rondrigo wollte Ra’oul auf den Arm nehmen und erwartete eigentlich eine bissige Antwort, doch schien er stattdessen den Nebachoten aus seinen Gedanken aufgeschreckt zu haben. “Ach Du bisdt äs, Rondrigo.” Doch die Retourkutsche blieb aus.

Stirnrunzelnd setzte sich der Greifenfurter zu Ra’oul “Na was ist, klemmt’s?”

“Wuos? Ach nain, das funktioniert gudt, wie immär.” Verschmilzt winkte er ab.

“Äs ist etwas anderes.”

“So?” Rondrigo wusste, dass er Ra’oul nicht drängen durfte. Anscheinend war es wirklich eine ernste Sache, versuchte der Nebachote doch ansonsten jede eventuelle Schwäche zu überspielen, doch heute schien es anders zu sein.

“Äs ist Lyn...” meinte Ra’oul irgendwann.

“Was meinst Du?” Rondrigo wusste es wirklich nicht. Die albernische Edeldame war nicht die erste Frauenbekanntschaft Ra’ouls. Selbst hier in Greifenfurt hatte er vor ihrem Eintreffen den jungen und hübschen Dingern den Kopf verdreht.

“Naja.....” Ra’oul wusste nicht wie er es anfangen sollte und da begriff Rondrigo und beschloss ihm zu helfen.

“Du meinst, dass sie etwas Besonderes ist?”

“Ja, genau, wohär waißdt Du das?”

“Naja, ich habe Augen im Kopf mein Freund.”

“Wuos?” Ra’oul sprang auf und stellte sich in Kampfposition. “Du wirsdt sie in Ruhä lassän, klar!”

Jetzt schaute Rondrigo irritiert und skeptisch zugleich Ra’oul an. “Ja, ja, jetzt beruhige Dich erst einmal, Lyn interessiert mich in dieser Beziehung überhaupt nicht.”

“Ach und wieso nischt?” Ra’oul war noch immer nicht beruhigt. “Ist sie Dir nischt hübsch gänug?”

“Ach jetzt sei ruhig und setzt Dich wieder her. Erzähl mir lieber was los ist.” beruhigte Rondrigo den Brendiltaler.

“Na gudt! Abär kain Wort mehr iber Lyn, klar!?”

Rondrigo zuckte mit den Achseln. “Ich dachte Du wolltest über sie sprechen.”

“Ach ja.” Ra’oul kratzte sich an seinem sauber gestutzten Kinnbart. “Naja, wuo soll isch anfangän? Weißt Du, sie ist nischt das ärstä Mädchän, das isch kännä....”

“Ach?” tat Rondrigo überzogen erstaunt, “sag bloß?”

“Ach hör auf und nimm misch nischt auf dän Arm. Dänn mit ihr ist äs mir wirklisch ärnst.”

“Wirklich?”

“Ja.”

“Und was willst Du jetzt von mir?”

“Na isch waiß nischt, wous isch jetzt machän soll. Normalerwaise hattä isch immär mainen Spaß mit dän Waibern und dann war gudt. Aber jetzt.....”

“Nun, mein Freund,” begann der Breitenhofer. “du sollest dir wirklich sicher sein, denn sie ist die falsche Frau für eine kurze Narretei. Die Mägde aus den Wirtshäusern und Dörfern kannst du schnell wieder los werden, aber wenn du an Lyn festhalten willst, dann wird das eine ernste Geschichte. Sie ist eine Frau von Stand und daher wäre es nur billig, wenn du ihr entsprechend den Hof machen würdest. Wie der Herr Praios es vorsieht, wäre es natürlich nötig, dass du bei ihrem Vater die Form wahrst und um ihre Hand anhältst.

Ich glaube allerdings nicht, dass das viel Erfolg hätte...”

Ra’oul hörte schweigend zu. “Was soll isch dänn machän? Bei däm Otternwal vorsprächen? Da kann isch auch glaich in Rommilys bei däm Paar där gainenden Mutter anklopfän.”

Rondrigo wirkte nachdenklich. “Du kannst sie nicht ohne den Segen ihres Vaters ehelichen. Vielleicht hat ihr Vater sie in der Zwischenzeit einem anderen versprochen. Hast du daran schon einmal gedacht?”

Entsetzen spiegelte sich auf den südländischen Zügen des jungen Mannes. “Das... Das wär’.... Dän Kärl wirdä isch fordärn... Dän wirdä...” Der Nebachote wollte bereits aufspringen, aufbrausen und seine Absichten mit wild gestikulierend Gesten verdeutlichen doch es gelang dem Junker ihn erneut zu beruhigen. “Heiraten sind das Werkzeug des Adels, um sich Macht, Geld, Titel, Ländereien und Verbündete anzueignen. Selten dient es der Verquickung zweier sich zugeneigter Seelen. Das weißt du doch sicher.”

Natürlich wusste dies Ra’oul, auch wenn Phex in diesem Falle mit ihm war und sein Vater sich um Politik oder Machtausweitung nicht scherte, hatte er doch selbst aus Liebe geheiratet und wollte dies auch seinen Kindern gönnen. Ob Eslam von Brendiltal jedoch soweit gehen würde, die Tochter Bedwyrs, mit dem er auf dem Reichskongress zu Trallopp so hitzig diskutiert hatte in der Familie willkommen zu heißen wusste er selbst nicht zu sagen.

“Lyn liegt im Streit mit ihrem Vater, sie hat sich gegen sein Wort aufgelehnt und ist gegen seinen Willen einfach abgereist. Er hat nun jedes Recht sie dafür zu bestrafen.”

”Aber...” wollte Ra’oul heißblütig einwenden, doch der Greifenfurter ließ sich nicht beirren. “Kein Aber! Er ist ihr Vater! Sie ist sicherlich erwachsen und kann für sich selbst entscheiden, aber ich bleibe dabei – gegen das Wort seines Vaters begehrt man nicht auf! Das ist gegen Praios’ Wille.” Eine Tatsache, die Ra’oul verstand. “Versteh mich nicht falsch, Ra’oul. Ich würde euch das Glück sicherlich gönnen. Ich glaube sie hast du bereits für dich gewonnen. Das ist nobel und erfreulich, denn deine Absichten erscheinen mir rechtschaffen. Doch ihren Vater musst zu zuerst gewinnen, bevor sie ganz für dich beanspruchen kannst.”

Ra’oul nickte. Der Gedanke begeisterte ihn wenig, aber er schien einzusehen, dass Rondrigo tatsächlich Recht hatte.

“Ich will gerne helfen, doch vielleicht kann Yendor von Gallstein tatsächlich mehr bewegen. Sei bitte vorsichtig in dieser Sache Ra’oul.” Rondrigo blickte den jungen Nebachoten durchdringend an. Zum ersten Mal erlebte Ra’oul den Greifenfurter so ausgesprochen ernst. Sein Gesicht war wie in Stein gemeißelt und sein ganzes Wesen wirkte angespannt. Das dunkle Haar wurde vom kühlen Wind etwas zerzaust und Rondrigo schwieg einige Herzschläge, um seinem Anliegen eine würdevolle Schwere zu verleihen.

“Seit dem Kongress in Trallopp steht es schlecht um die Beziehungen zwischen Alberniern und Pulethanern. Die letzten Tage haben mehr zu einer Annäherung der beiden Lager beigetragen als alle klärenden Gespräche es hätten tun können. Wenn wir nun geschickt handeln, gelingt es uns möglicherweise den Zorn zumindest einiger Albernier zu beschwichtigen. Wir brauchen neue Verbündete abseits unserer Kernlande! Verspiel diese einmalige Gelegenheit nicht unbedacht. Natürlich sind Angelegenheiten des Herzens und Politik wie Sand und See. Das eine neigt dazu mit dem anderen zu spielen und doch kann keines von beiden je das andere komplett unter seine Macht zwingen. Ich bin auf deiner Seite und werde dir helfen, aber ich bin auch Pulethaner und werde diese Verpflichtung nicht vergessen. Und das solltest du auch nicht.”

Ra’oul dachte über die Worte Rondrigos nach bevor er antworte. Auch er war jetzt ernst und entschlossen und würde seinen Weg beschreiten.

“Du hast Rescht Rondrigo, isch wärde mit Ihräm Vatär sprächen. Und wänn är mir nischt zuhört, dann wärdä ich eben schreiän, bis är mir zuhört. Und wänn die Kenigraische sich nähern, dann ist das gudt, wänn nischt, dann ebän nischt. Isch lassä wädär misch noch Lyn zu einär Kartä där Politik machän.”

Rondrigo senkte den Kopf und atmetet deutlich hörbar aus. Sein Blick fand die unstetigen Augen Ra’ouls wieder und die Ungeduld in ihnen sprühte wie helles Feuer. “Wir alle müssen uns der Politik beugen. Obschon sie nicht immer nützlich ist, kann sie doch einen jeden von uns zerstören, wenn wir nicht achtsam vorgehen. Wir müssen eine Verschärfung des Konfliktes zwischen Alberniern und Pulethanern vermeiden – mit allen Mitteln. Wie du sagtest; sprich mit ihrem Vater, doch bevor du das Gespräch beginnst, begrabe deinen Stolz dieses eine Mal.”

Rondrigo legte dem Nebachoten die Hand auf die Schulter. “Ich werde zu Praios’ beten, dass er dem Herrn von Otterntal das Einsehen schenken mag, dass er vielleicht seiner Tochter verzeihen kann.”

“Isch danke Dir, doch isch brauchä noch ainmal Daine Hilfä, bevor isch den Marbän von Ottenwal fragän werdä!”

Eine Botin kam zum Gut geprescht und sprang förmlich aus dem Sattel. "Herr Junker!", rief sie völlig atemlos.

Rondrigo seufzte. Er fand in diesen Tagen einfach keine Ruhe.

"Der werte Baron von Greifenhorst ist auf dem Weg hierher und wird baldigst eintreffen. Ich soll Euch Kunde von seinem Kommen bringen."

"Wohlan denn, ich habe es zur Kenntnis genommen. tränkt Euer Pferd dort drüben und kommt dann zum Gutshaus, ein Diener wird sehen, ob man für Euch noch etwas zu Trinken und zu Essen auftreiben kann."

Rondrigo blickte den Mittvierzigerin einige Herzschläge nach. Wenigstens musste er somit keinen ellenlangen Bericht über die Vorkommnisse mit dem Junker von Firunshöh schreiben...


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