Benutzer:Orknase/Briefspiel: Unterschied zwischen den Versionen

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Orknase (D | B)
Orknase (D | B)
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===Das, was sein wird===
 
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==Drei Krähen beim Nestbau==
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Efferd 1042
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„Ich kotz gleich!“, gab Lonán, der Waffenknecht, lautstark kund.
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„Ach was, das ist doch nur ein Fisch!“, erwiderte die Geweihte.
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„Bluten Fische immer so stark?“, wollte Scanlail wissen, „Das hört ja gar nicht auf! Und wie das stinkt! Ist das normal?“
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„Das ist nur ein Fisch! Was stellt ihr euch eigentlich so an?“, wiederholte Nurinai mit Nachdruck, „Hat keiner von euch schon mal dabei zugesehen, wie man einen Fisch zerlegt? Wie glaubt ihr wohl, kommen die auf unsere Teller?“
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„Wir hätten das unheilige, verkrüppelte Ding gleich verbrennen sollen!“, schimpfte der Knecht weiter, „So was zwölfgötterlästerliches nimmt man nicht einfach auseinander und wühlt in seinem Innersten herum.“
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„Ich wühle nicht in seinem Innersten herum!“, stellte Nurinai klar.
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„Das macht ja auch unser freier Albernier hier!“, zog die Skaldin den Knecht auf.
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„Könnt ihr mal die Klappe halten!“, schimpfte Ailsa da ungehalten. Sie saß auf einer Bank unter dem Sonnensegel, ein nahezu leeres Stück Papier vor sich und versuchte verzweifelt ihrem Hirn sinnvolle Worte abzuringen, die sie niederschreiben konnte, doch bis auf verschieden große Tintenkleckse hatte sie bisher nichts zuwege gebracht. Gerade tropfte erneut die Tinte von ihrer Feder und fügte dem Mosaik aus dunklen Punkten einen weiteren hinzu. „Ich versuche mich hier zu konzentrieren!“
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„Macht Ihr das mit den anderen Toten auch?“, fuhr Lonán unbeirrt fort.
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„Mit den anderen?“, fragte die Geweihte da irritiert, während sie versuchte, die Abartigkeit des vor ihr liegenden Fisches in einer Zeichnung festzuhalten.
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„Na ja, zum Beispiel mit... hm... Menschen?“
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„Mit Menschen?“, Nurinai hielt einen Moment inne, „Hm... daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ich kann gerne für Dich eine Ausnahme machen.“
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„Oh, nein, nein, Euer Gnaden, das ist zu gütig, aber gewiss nicht nötig. Ich dachte da eher...“
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„... an meine Schwestern?“, führte sie weiter aus, „Ja, ja, in der Tat, es wäre wirklich interessant zu wissen, was mit denen eigentlich nicht st...“ Da legte Scanlail mit Nachdruck ihre Hände auf die Schultern ihrer Schwestern: „Was wolltest Du noch gleich sagen?“
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„Ähm… ich hab euch lieb? Ganz doll sogar?“
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„Gefällt mir schon besser. Viel besser.“
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„Duuuu, Scanlail?“, flötete Ailsa da ganz lieblich, „Kannst Du mal kommen?“
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„Duuuu, Ailsa?“, erwiderte die Skaldin im selben Tonfall und trat näher zu Ailsa heran, „Was kann ich für Dich tun?“
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„Meine liebe Schwester, weißt Du, worum ich Dich immer - mein Leben lang - beneidet habe und immer beneiden werde?“
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„Na, jetzt bin ich aber gespannt...“, murmelte die Geweihte leise, „... was das wohl ist, mir fällt beim Besten Willen einfach nichts ein...“
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Scanlail bedachte Nurinai mit einem bösen Blick, nur um dann anschließend ihre ältere Schwester auffordernd anzuschauen.
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„Deine Begabung und Dein Talent, ''thorwalsche Rose'', sind einfach - das kann man gar nicht anders sagen - einmalig. Wie Du mit Worten umgehen kannst, das ist geradezu... beneidenswert.“
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„Ja“, antwortete die Skaldin trocken und verschränkte ihre Arme vor der Brust, „Ich habe viele Talente.“
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Nurinai kicherte bereits leise.
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„Und weißt Du, welches davon am meisten hervorsticht?“, hob Ailsa an, „Dein Talent für’s Schreiben! So wie Du schreibst, kann niemand anderes schreiben. Auf der einen Seite so deutlich und klar, in Deinen Gedichten so lieblich und rhythmisch und in Deinen Pampleten so scharf und anzüglich und...“
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„Was immer sie will, tu es!“, mischte sich da die Geweihte ein, „Bevor sie noch an dem ganzen Schleim erstickt und ich sie dann mal wieder retten kann.“
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„Ich hab auch schon angefangen zu schreiben“, die Ritterin wedelte nickend mit dem Stück Papier herum, dass Scanlail ihr dann abnahm und fragte: „An wen soll dieses Schriftstück denn gehen?“
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„Den Marktvogt.“
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„Ah!“, macht die Skaldin da, „Klar! Das ist dieser große Klecks hier oben, oder?“
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Ailsa schnaubte.
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„Und das… Bei allen Zwölfen, Ailsa!“, seufzte sie nun theatralisch, „So was schreibst Du dem Marktvogt? Ausgerechnet dem Marktvogt? Solche anzüglichen Din...?“<br/>
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„Ich will auch sehn! Ich will auch sehn!“, rief die Geweihte da, „Zeig her!“
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Doch die Ritterin riss ihrer Schwester das Schriftstück aus den Händen: „Das ist doch überhaupt nicht wahr! Was erzählst Du da eigentlich? Da sind nur Tintenkleckse drauf! Verschieden großen Tintenkleckse!“
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„Schade...“, kommentierte Nurinai mit aufrechtem Bedauern, während Scanlail nur verschmitzt grinste, sich setzte, ein neues Stück Papier nahm, die Feder in die Tinte tauchte und fragte: „Was willst Du ihm denn schreiben?“
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„Na ja, ich muss es irgendwie schaffen ihm eine ganze Menge Dukaten aus den Taschen zu leiern.“
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„Dann leier mal.“
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„Ich bin nicht gut im Leiern...“
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Scanlail seufzte: „Wie viel brauchst du denn?“
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Ailsa deutete auf ein kleines Kästchen auf dem Tisch: „Der Ehrwürden Rondradan Zweiflamm vom Rhodenstein hat mir eine Aufstellung gemacht. Er kennt sich aus mit so etwas. Einen ganzen Tag bin ich mit ihm in dieser Ruine herumgeklettert, kenne jede modrige Ecke und jedes nasse Loch. Einen ganzen Tag hat er mich Dinge gefragt, die ich nicht so recht beantworten konnte und von Dingen geredet, die ich noch nie gehört habe oder von denen ich nichts verstehe oder beides. Dann hat er alles zusammengerechnet und noch einige Skizzen hinzugefügt.“
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Die zog Scanlail nun aus der Schatulle heraus, begutachtete sie ausführlich und sagte schließlich: „Gar nicht so übel, gar nicht so übel. Nahezu quadratisch, drei Ebenen also, an den Ecken jeweils Türmchen...“
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„Die eine Seite halbrund...“, korrigierte Ailsa, „... das wäre dann die Kapelle. Sie ist aber… na ja… optional.“
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„Optional?”, beschwerte sich da die Geweihte, „Seit wann sind die Götter optional?“
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„Nurinai bekommt also eine eigene Kapelle und was ist mit mir?“, beschwerte sich die Skaldin pikiert.
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„Die Kapelle ist nicht für Nurinai, sie wird dem Herrn Boron gew...“
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„Weil ich von meiner Kirche für meine Arbeit bezahlt werde“, erwiderte die Geweihte trocken, „Warum suchst Du Dir eigentlich keinen Mäzen? Dann hättest Du auch mal eigene Dukaten in der Tasche.“
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„Ich?“, entfuhr es Scanlail da entsetzt, „Meinst Du ich habe nichts besseres zu tun, als dem ständig und immerzu nur Honig um das Mäulchen herumzuschmieren und ihm in den Hintern zu kriechen?“
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„Ja“, erwiderte Nurinai da, „In der Tat, das glaube ich.“
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„Und das aus dem Mund von jemanden, der nach Tod stinkt...“
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„Ich stinke nicht nach Tod!“, widersprach die Geweihte, „Was erlaubst Du Dir eigent...“
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„Doch, das tust Du!“, bekräftigte die Skaldin, „Auch wenn Du es noch so oft leugnest! Sagt nicht dein Herr selbst, das man besser schweigen soll, als lügen? Außerdem reicht es doch vollkommen aus, wenn Ailsa einen hat...“
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„Ich?“, entfuhr es der Ritterin da entsetzt.
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„Ja, Du Orknase!“, Scanlail nickte langsam, aber mit Nachdruck, „Oder wie würdest Du das denn sonst nennen?“
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„Ein Mäzen bezahlt seinen Schützling“, konnte die Ritterin da nur erwidern, „Folglich verbitte ich mir diese Bezeichnung, denn das würde ja heißen, dass ich entweder sein Schützling sei oder aber seine H...“
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„Ich finde ja, für den ''Reitunterricht'' solltet Ihr Euch schon bezahlen lassen“, frotzelte der Knecht und untermalte seine Worte mit einem energischen Kopfnicken. Einen Augenblick blickten alle Schwestern etwas betreten drein, dann prusteten Nurinai und Scanlail los.
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„Pass bloß auf, was Du da von Dir gibst!“, scholt ihn Ailsa.
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„Ich bin in freier Albernier! Und kann folglich tun und lassen was ich will und den Mund verbieten lasse ich mir auch nicht. Außerdem solltet Ihr Euch besser benehmen oder wollte ihr die nächsten Praiosläufe nur Grütze essen? Morgens, mittags und abends?“
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„Keine Grütze!“, flehte die Geweihte da, „Bitte keine Grütze mehr! Ich kann sie einfach nicht mehr sehen.“
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„Sie kommt mir doch schon jetzt zu den Ohren raus!“, fiel Scanlail mit ein.
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„Darüber reden wir noch!“, drohte Ailsa schließlich an.
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„Aber recht hat Lonán schon“, stimmte die Skaldin ihm nun zu, „Er hat danach ein viel bessere Figur auf seinem Gaul gemacht. Na ja, er saß zwar nicht lange da oben, aber den kurzen Augenblick lang war seine Haltung exzellent, außerdem kann man schließlich nicht alles haben. Hast Du ihm, wie Vater bei uns früher, auch die Reitgerte zwischen Ellenbogen und Rücken geklemmt?“
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„Ich hab ihm mit der Reitgerte den Hintern versohlt!“, lachte Ailsa da nur.
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„Kein Wunder ist der so schnell vom Gaul gefallen“, kommentierte Nurinai.
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„Wie ein überreifer Apfel von einem Baum“, führte Scanlail weiter aus.
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„Wie Ailsa auf dem Großen Fürstlichen Ritterturnier zu Angbar 1041“, holte die Geweihte nun alle Beteiligten wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
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„Dafür bin ich Drittplatzierte bei den Zweihandwaffen!“, verteidigte sich nun die Ritterin energisch.
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„Und hast im Finalkampf der Zweihandwaffen Keilholtz aus Dir machen lassen...“, griff Scanlail das Thema auf und war augenblicklich enttäuscht: „Versteht ihr denn immer noch nicht? Keilholtz von Keilholtz, seinem Namen, der da lautete...“
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„Ich glaube, dass Ailsa seinen Namen nie wieder vergessen wird!“, schnitt ihr Nurinai das Wort ab, „Ich fand das schon damals nicht komisch und es wird durch zunehmende Wiederholung auch nicht besser. Und jetzt hör endlich auf damit!“
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Schmollend zog Scanlail nun ein anderes Stück Papier aus dem Kistchen heraus und begutachtete es.
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„Bei allen Zwölfen!“, entfuhr es der Skaldin da, „So viel Dukaten braucht man für eine Burg?“
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„Für eine Burg, in der für uns alle genug Platz ist und auch noch für einige mehr, schließlich - und ich zitiere hier den Rhodensteiner - wisse man nie, wann die Herrin Rahja vorbeischaut und die Herrin Travia ihr gleich auf dem Fuße folgt, nur damit die Herrin Tsa einen wenig später beehrt. Für ausreichend Lagerräume für Vorräte aller Art. Für einen Stall für unsere Pferde und etwas Nutzvieh. Für die Versorgung mit Wasser. Und schlussendlich für eine Mauer um alles herum mit einem Torhaus.“
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„Und vergiss nicht die Kapelle!“, mischte sich nun die Geweihte ein.
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„Wenn man die Zahl in Spiegelschrift schreibt, dann sieht es gar nicht mehr sooo schlimm aus. Dann sind es nur gaaanz viele Nullen.”
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==Hofhaltung==
 
==Hofhaltung==
 
[in Bearbeitung, aber noch nicht fertig]
 
[in Bearbeitung, aber noch nicht fertig]
 
=Krähen im Maul des Greifen=
 
=Krähen im Maul des Greifen=

Version vom 27. Dezember 2018, 17:00 Uhr

Hier entstehen meine Briefspieltexte und werden sorgsam verwahrt, bis ich weiß, wohin sie sollen - abhängig davon, ob es zu den Brachenwächtern eine Briefspielreihe geben wird.
Es ist ausdrücklich erlaubt, Rechtschreibfehler sowie Fehler der Zeichensetzung zu korrigieren, genauso wie verloren gegangene Buchstaben richtig zu ergänzen und überzählige einzusammeln.

Drei Krähen und ein Räblein

Krähe und Greif

24. RON 1042

„Praiosborn also“, murrte Scanlail als sie nach dem Frühmahl von Schloss Sonnentor aus in ihre neue Heimat aufgebrochen waren, „Praiosborn!“

„Ja“, seufzte Ailsa da lahm und ein wenig zerknirscht, „Praiosborn“

„Praiosborn!“, wiederholte die Skaldin da vollkommen fassungslos, „Ailsa, PRAIOSborn! Das hat doch hoffentlich NICHTS mit dem Götterfürst zu tun!“

„Ach was!“, winkte die Geweihte da ab, „Das ist bestimmt nur Zufall! Jeder Alrik und sein Hund heißen doch heute so...“

Ailsa musste lachen.

„Hat hier eigentlich irgendjemand die Stimme der Vernunft gefragt?“, schimpfte die Skaldin da aufgebracht, gab ihrer Schwester aber keine Zeit um zu antworten, sondern tat es lieber selbst: „Nein!“

„Die Vernunft...“, erwiderte Nurinai daraufhin ruhig, „... braucht nicht gefragt zu werden, sie mischt sich immer ein und das einfach so. Man braucht sie folglich nicht zu fragen.“

Für einen winzigen Augenblick sah es tatsächlich so aus, als würde Scanlail es vorziehen zu schmollen, dann wandte sie sich jedoch an Ailsa: „Sag mal, weiße Lilie, was hast Du denn dem... hm... Síofra eigentlich genau erzählt? Ihr habt doch geredet oder habt Ihr nur...?“

„Es sind Kinder anwesend!“, fiel die Geweihte ihr nun ins Wort.

„Oh!“, machte Scanlail da geradezu theatralisch, „Stimmt. Lorine, sei doch so lieb und bring unsere Stimme der Vernunft von hier weg. Das, was wir großen Leute hier zu besprechen haben, ist einfach nicht für ihre Ohren bestimmt!“

Die Pagin guckte ein bisschen bedröppelt drein, während Nurinai erwiderte: „Was soll das denn jetzt heißen?“

„Das Du davon genauso wenig verstehst, wie vom... vom... Musizieren!“

„Davon verstehst Du doch auch nichts!“

„Ach, Du bist doch nur neidisch!“

Ailsa seufzte und warf ihrer Pagin einen auffordernden Blick zu.

„Neidisch? Worauf? Dass man Dich dafür bezahlt, dass Du einem mit Deinem Krach verschonst?“

„Immerhin stink ich nicht nach Tod!“

„Was?”, empörte sich die Geweihte da energisch, „Sag das noch mal...“

Da preschte Ailsa zusammen mit ihrer Pagin los und rief ihren Schwestern zu: „Wer als letzter in Praiosborn ist, muss das Zelt aufbauen!“

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„Und wo genau ist da jetzt vorne?“, fragte Scanlail bereits sichtlich entnervt.

„Finde einfach heraus, wo hinten ist“, erwiderte die Geweihte spöttisch, „dann ergibt sich der Rest ganz von selbst.“

„Das ist ein Rat, den auch wirklich nur die Stimme der Vernunft geben kann“, schimpfte die Skaldin da, „Aber sagt man nicht, hinten sei immer da, wo es stinkt? Dann weiß ich wo hinten ist!“

Damit stieß sie der Geweihten die Zeltstange gegen das Schienbein.

„Bist Du wahnsinnig geworden?“, fragte Nurinai da, „Ich stinke nicht!“

„Und wie würdest Du dann diesen latenten Geruch nach Tod nennen?“

„Das war schon ein bisschen gemein…“, hob Lorine da vorsichtig an, während sie zusammen mit ihrer Pagenmutter den beiden anderen Sceard-Schwestern bei ihren kläglichen Versuchen, das Zelt aufzubauen zuschaute, „... schließlich hatten sie die Packpferde und Beißi hatten sie auch.“

Beißi?“, fragte die Ritterin da ein wenig irritiert.

„Ähm... ja, Beißi, weil Beithir so gerne in Karotten, Äpfel und die Hände Eurer Schwestern beißt.“

Ailsa schüttelte schmunzelnd ihren Kopf: „Besser hätte ich es nicht formulieren können, Lorine.“

„Aber mich beißt er nie!“, fügte die Pagin stolz nickend hinzu, „Er bekommt ja schließlich auch immer eine Karotte von mir, die mag Beißi nämlich.“ Sie nickte energisch und Ailsa fuhr ihr sanft über ihr braunes Haar. Da wandte Lorine ihren Kopf zu ihrer Pagenmutter und schaute sie mit ihren unschuldigen blauen Augen an: „Wir helfen ihnen jetzt, ja?“

Träume einer Krähe

Das, was war

Das Madamal stand hoch am Horizont. Glomm in blutrotem Licht. Schnee fiel. Dicke weiße Flocken. Sie fror. Wollte ihre Kleider enger um sich ziehen. Doch sie trug nur eine dünnes Hemd aus schwarzer durchscheinender Seide. Sonst nichts. Überhaupts nichts. Nicht einmal Schuhe. Mit den nackten Füßen stand sie im knöcheltiefen Schnee und fror. Fror erbärmlich.

Plötzlich begann die Erde unter ihren Füßen zu erzittern, regelrecht zu beben. Sie wandte sich um: Ein Schneesturm bewegte sich direkt auf sie zu. Doch es war kein gewöhnlicher Schneesturm: Während die Flocken geradezu neckisch im Licht des Madamals glitzerten drang das Klirren von Metall auf Metall aus ihm heraus, das Wiehern und Schnauben von Pferden, deren beschlagene Hufe, die im Galopp über den Boden getrieben wurden. Viele beschlagenen Hufe. Sehr viele.

Ansonsten war es still.
Die Ruhe vor dem Sturm.
Und dann erkannte sie die ersten Reiter...

„STÜRMEN!“, dröhnte es über sie hinweg.

Und Ailsa lief. Sie lief so schnell sie konnte. Lief vor den Reitern davon. Doch die Reiter kamen immer näher. Sie sah sie nicht. Doch sie konnte sie spüren. Das Beben der Erde unter ihren nackten Füßen. Dann preschte ein Reiter in voller Rüstung zu ihrer Rechten an ihr vorbei. Sein Blick fest nach vorne gerichtet. Dann einer zu ihrer Linken. Weitere folgten. Bald darauf blieb Ailsa atemlos stehen. Ihre Lunge brannte. Noch immer preschten Reiter an ihr vorbei. Ganz nahe, unglaublich nahe, doch nicht ein Einziger streifte sie. Dann erkannte sie das Wappen - die Fürstlichen Schlachtreiter. Und ohnmächtig musste sie zusehen, wie sie über die schmale Brücke in das Flusskastell eintritten.

„Nein!“, brüllte sie und versucht trotz der tausenden kleine Nadeln, die die Kälte unablässig in ihre Brust stach, dem Strom der Reiter zu folgen, „Nein! Das ist ein Falle! Eine Falle! Hört auf! Zieh euch zurück! Zurück! Solange ihr noch kön...“

Und noch im selben Augenblick schlossen sich die Tore. Schlachtrösser mit ihren Reitern prallten im vollen Galopp dagegen. Die Tiere hatten noch versucht das unvermeidliche abzuwenden, versuchten auf die Hinterhand zu steigen. Doch es war zu spät. Mit einem dumpfen Schlag schmetterte es sie gegen die dicken Bohlen. Herzzerreißendes Wiehern übertönte jedes Kampfgeschrei. Einen Augenblick herrschte blankes Entsetzen. Fassungslosigkeit. Eine Ladung Pech wurde über die Erstürmer auf der schmalen Brücke verschüttet, löste alle aus ihrer Erstarrung. Mensch und Tiere schrien vor Schmerzen auf. Schlachtrösser, die in Panik versuchten aus der Engstelle herauszukommen, in dem sie aus Verzweiflung von der schmalen Brücke in den Untergrund sprangen. Manche unterschätzten das Brückengeländer und brachen sich die Hinterläufe daran. Manche brachen sich beim Sprung in die Tiefe gleich beide Vorderläufe. Andere versuchten die Flucht nach hinten. Sprangen über andere Schlachtrösser und Reiter oder versuchten es, rissen mehr als einen aus dem Sattel. Schlachtrösser, die gegen Schlachtrösser prallten. Dazwischen die Reiter, die eilig versuchten Platz zu machen, nicht unter die Hufe der aufgebrachten Tiere zu geraten. Manche retteten sich ins Wasser, wo sie ertranken. Manche schafften es nicht rechtzeitig sich vor den mächtigen Hufen in Sicherheit zu bringen.

„BRECHT DAS TOR AUF!“

„AUFBRECHEN!“

Und Ailsa lief. Nahm einen Platz am improvisierten Rammbock ein und stürmte mit den anderen auf das Tor zu. Pfeile prasselten auf sie nieder. Sie liefen weiter. Immer weiter. Was auch immer sie von oben oder der Seite traf, sie gaben nicht auf. Immer wieder stürmten sie auf das Tor. Dort drinnen waren ihre Leute. In einem Hinterhalt. Sie waren ausgeliefert! Das Tor musste aufgebrochen werden. Sie mussten da rein! Sie mussten! Oder die anderen starben. Würden elendig dahingemezelt. Ach was! Geschlachtet. Sie mussten!

Ihr Vordermann fiel. Sie rückte auf. Unter ihr der Getroffene. Sie hörte seine Schreie nicht. Sie hörte nur ihren eigenen Atem, den eigenen Herzschlag, das Rauschen des Blutes in ihren Adern. Sie stieg über das hinweg, was unter ihr lag, versuchte nicht zu stürzen, nicht zu straucheln, doch Halt zu finden war schwierig. Keiner schaute nach unten. Ihre Blicke waren nach vorne gerichtet. Auf das Ziel. Es war das Einzige, das zählte.

Und das Tor gab nach. Sie konnte es nicht sehen. Sie spürte es. Wieder nahmen sie anlauf. Wieder stiegen sie über die Toten, über Reiter und Pferde, manche noch nicht einmal ganz zu Boron gegangen, wieder stürmten sie gegen das Tor. Ailsa schrie und die anderen fielen mit ein. Ein unglaubliches Gebrüll erhob sich über dem Schlachtfeld. Da barst das Tor. Sie stürmte hindurch, fielen mehr als sie liefen und…

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Irgendwo in der Ferne hört sie das Weinen eines Säuglings. Sie stolperte auf die Ruine einer Burg zu. Noch immer fiel Schnee. Er hatte bereits begonnen die kläglichen Mauerreste zu bedecken. Noch immer fror sie. Noch immer trug sie nur ihre dünnes Hemd. Das Weinen wurde lauter und lauter. Sie lauschte. Hörte zu. Und glaubte, das Kind zu kennen...

„Aldiran!“, entfuhr es ihr entsetzt und sie lief in die Ruine hinein, „Aldiran!“

Immer weiter und weiter lief sie durch das Gemäuer. Sie musste das Kind finden! Das Kind war der Erstgeborene ihrer Baronin, sie hatte ihn an seinem Weinen erkannt. Sie hatte ihn eindeutig erkannt. Es musste er sein!

Sie eilte durch ein Gewirr an Fluren und Gängen, immer weiter und weiter und auch durch eine Tür…

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Da umfasste sie jemand von hinten und zog sie an sich heran. Ein wohliger Seufzer entrann ihrer Kehle. Sie schloss ihre Augen und ließ sich gegen den Körper hinter ihr fallen. Ihren Kopf neigte sie leicht nach rechts, legte ihn gegen die Schulter hinter ihr.

„Wie lange?“, fragte sie ganz heißer, „Wie lange ist es her?“

Eine Antwort erhielt sie nicht. Stattdessen fuhr er ihr ganz langsam mit seiner Nase vom Ansatz ihrer Schulter bis zu ihrem Ohr hinauf. Sie erschauderte. Ein angenehmer kalter Schauer jagte ihren Rücken hinab. Dann begann er sie mit Küssen zu bedecken und nahm dabei denselben Weg wie zuvor auch, während seine Rechte unter ihr dünnes Hemd wanderte, nur um es ihr dann wenige Augenblicke später über den Kopf zu ziehen. Diese Gelegenheit nutzte sie um sich zu ihm umzudrehen und sich an ihn anzuschmiegen. Und sein Geruch, ja sein Geruch, er raubte ihr die Sinne. Wie konnte es nur sein, dass er sie so um den Verstand brachte? Wie konnte es sein, dass sie so gerne in seiner Nähe war? Dass sie einfach nicht Nein sagen konnte?

Einen Moment lang verharrte sie so, ganz dicht an ihn geschmiegt. Mit ihren Händen hielt sie ihn umfasst, kein Finger mehr hätte zwischen sie gepasst. Seine Hände glitten von ihren Schulterblättern stetig tiefer. Sie schaute zu ihm auf, blickte ihm direkt in die Augen und versprach: „Dieser Tag, wird ein ganz besonderer werden…“

Er lächelte sie an und stieß sie mit sanftem Nachdruck auf das Bett hinter ihr...

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Sie fiel hart. Um sie herum war alles finster. Über ihr baute sich ein dunkler Schatten auf. Sie versuchte sich aufzurichten, von diesem Ort wegzukommen, aber sie war vor Angst erstarrt, regelrecht gelähmt, selbst das Atmen fiel ihr zunehmend schwerer. Der Schatten über ihr wurde immer dichter und dichter, senkte sich immer mehr und mehr zu ihr herab. Sie schrie, doch hörte ihren eigenen Schrei nicht. In ihr da war nur Furcht, nur Angst. Es war ihr Ende. Sie flehte zu den Göttern: „Helft mir! Bitte helft mir! Ich will nicht sterben, ich will le…“

Da durchbrach der Schrei einer Krähe die Finsternis. Und mit ihr kam das Licht. Der Schatten erzitterte, bäumte sich auf. Die Krähe verharrte einen Augenblick über ihm. Dann stürzte sie sich auf ihn herab. Zerschmetterte ihn. Zerbarst ihn. Tausende funkelnde Splitter prasselten wie Hagelkörner auf Ailsa herab. Einen winzigen Augenblick noch schwebte die Gespensterkrähe über allem. Erhaben, mutig, stark. Dann stand da plötzlich ihre Schwester. „Nuri…“

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„...nai?“, Ailsa erwachte. Verwirrt. Leicht panisch. Sie atmete schnell, Schweiß stand auf ihrer Stirn. „Nurinai? Bist Du da? Wo… wo bist Du? Und… und wo bin ich?“

„Auf dem Weg nach Schloss Sonnentor.“, wisperte die Geweihe leise und nahm sanft ihre Hände von Ailsas Schläfen, „Es war nur ein Traum, weiße Lilie, nur ein Traum. Nichts weiter. Es ist vorbei, hörst Du? Es ist vorbei!“

„Der Heerzug ist… vorbei?“, versicherte sich Ailsa.

„Er ist vorbei“, erwiderte Nurinai sanftmütig, „Der Heerzug ist vorbei. Doch die Schrecken bleiben.“

„Schläfst Du heute bei mir?“, bat die Ritterin hoffnungsvoll, „Falls der Traum wieder kommt?“

Die Geweihte antwortete nicht, sondern schmiegte sich unter die Decke zu ihrer Schwester.

Das, was ist

[folgt noch]

Das, was sein wird

[folgt noch]

Drei Krähen beim Nestbau

Efferd 1042

„Ich kotz gleich!“, gab Lonán, der Waffenknecht, lautstark kund.

„Ach was, das ist doch nur ein Fisch!“, erwiderte die Geweihte.

„Bluten Fische immer so stark?“, wollte Scanlail wissen, „Das hört ja gar nicht auf! Und wie das stinkt! Ist das normal?“

„Das ist nur ein Fisch! Was stellt ihr euch eigentlich so an?“, wiederholte Nurinai mit Nachdruck, „Hat keiner von euch schon mal dabei zugesehen, wie man einen Fisch zerlegt? Wie glaubt ihr wohl, kommen die auf unsere Teller?“

„Wir hätten das unheilige, verkrüppelte Ding gleich verbrennen sollen!“, schimpfte der Knecht weiter, „So was zwölfgötterlästerliches nimmt man nicht einfach auseinander und wühlt in seinem Innersten herum.“

„Ich wühle nicht in seinem Innersten herum!“, stellte Nurinai klar.

„Das macht ja auch unser freier Albernier hier!“, zog die Skaldin den Knecht auf.



„Könnt ihr mal die Klappe halten!“, schimpfte Ailsa da ungehalten. Sie saß auf einer Bank unter dem Sonnensegel, ein nahezu leeres Stück Papier vor sich und versuchte verzweifelt ihrem Hirn sinnvolle Worte abzuringen, die sie niederschreiben konnte, doch bis auf verschieden große Tintenkleckse hatte sie bisher nichts zuwege gebracht. Gerade tropfte erneut die Tinte von ihrer Feder und fügte dem Mosaik aus dunklen Punkten einen weiteren hinzu. „Ich versuche mich hier zu konzentrieren!“

„Macht Ihr das mit den anderen Toten auch?“, fuhr Lonán unbeirrt fort.

„Mit den anderen?“, fragte die Geweihte da irritiert, während sie versuchte, die Abartigkeit des vor ihr liegenden Fisches in einer Zeichnung festzuhalten. „Na ja, zum Beispiel mit... hm... Menschen?“

„Mit Menschen?“, Nurinai hielt einen Moment inne, „Hm... daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ich kann gerne für Dich eine Ausnahme machen.“

„Oh, nein, nein, Euer Gnaden, das ist zu gütig, aber gewiss nicht nötig. Ich dachte da eher...“

„... an meine Schwestern?“, führte sie weiter aus, „Ja, ja, in der Tat, es wäre wirklich interessant zu wissen, was mit denen eigentlich nicht st...“ Da legte Scanlail mit Nachdruck ihre Hände auf die Schultern ihrer Schwestern: „Was wolltest Du noch gleich sagen?“

„Ähm… ich hab euch lieb? Ganz doll sogar?“

„Gefällt mir schon besser. Viel besser.“


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„Duuuu, Scanlail?“, flötete Ailsa da ganz lieblich, „Kannst Du mal kommen?“

„Duuuu, Ailsa?“, erwiderte die Skaldin im selben Tonfall und trat näher zu Ailsa heran, „Was kann ich für Dich tun?“

„Meine liebe Schwester, weißt Du, worum ich Dich immer - mein Leben lang - beneidet habe und immer beneiden werde?“

„Na, jetzt bin ich aber gespannt...“, murmelte die Geweihte leise, „... was das wohl ist, mir fällt beim Besten Willen einfach nichts ein...“

Scanlail bedachte Nurinai mit einem bösen Blick, nur um dann anschließend ihre ältere Schwester auffordernd anzuschauen.

„Deine Begabung und Dein Talent, thorwalsche Rose, sind einfach - das kann man gar nicht anders sagen - einmalig. Wie Du mit Worten umgehen kannst, das ist geradezu... beneidenswert.“

„Ja“, antwortete die Skaldin trocken und verschränkte ihre Arme vor der Brust, „Ich habe viele Talente.“

Nurinai kicherte bereits leise.

„Und weißt Du, welches davon am meisten hervorsticht?“, hob Ailsa an, „Dein Talent für’s Schreiben! So wie Du schreibst, kann niemand anderes schreiben. Auf der einen Seite so deutlich und klar, in Deinen Gedichten so lieblich und rhythmisch und in Deinen Pampleten so scharf und anzüglich und...“

„Was immer sie will, tu es!“, mischte sich da die Geweihte ein, „Bevor sie noch an dem ganzen Schleim erstickt und ich sie dann mal wieder retten kann.“

„Ich hab auch schon angefangen zu schreiben“, die Ritterin wedelte nickend mit dem Stück Papier herum, dass Scanlail ihr dann abnahm und fragte: „An wen soll dieses Schriftstück denn gehen?“

„Den Marktvogt.“

„Ah!“, macht die Skaldin da, „Klar! Das ist dieser große Klecks hier oben, oder?“

Ailsa schnaubte.

„Und das… Bei allen Zwölfen, Ailsa!“, seufzte sie nun theatralisch, „So was schreibst Du dem Marktvogt? Ausgerechnet dem Marktvogt? Solche anzüglichen Din...?“
„Ich will auch sehn! Ich will auch sehn!“, rief die Geweihte da, „Zeig her!“

Doch die Ritterin riss ihrer Schwester das Schriftstück aus den Händen: „Das ist doch überhaupt nicht wahr! Was erzählst Du da eigentlich? Da sind nur Tintenkleckse drauf! Verschieden großen Tintenkleckse!“

„Schade...“, kommentierte Nurinai mit aufrechtem Bedauern, während Scanlail nur verschmitzt grinste, sich setzte, ein neues Stück Papier nahm, die Feder in die Tinte tauchte und fragte: „Was willst Du ihm denn schreiben?“

„Na ja, ich muss es irgendwie schaffen ihm eine ganze Menge Dukaten aus den Taschen zu leiern.“

„Dann leier mal.“

„Ich bin nicht gut im Leiern...“

Scanlail seufzte: „Wie viel brauchst du denn?“

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Ailsa deutete auf ein kleines Kästchen auf dem Tisch: „Der Ehrwürden Rondradan Zweiflamm vom Rhodenstein hat mir eine Aufstellung gemacht. Er kennt sich aus mit so etwas. Einen ganzen Tag bin ich mit ihm in dieser Ruine herumgeklettert, kenne jede modrige Ecke und jedes nasse Loch. Einen ganzen Tag hat er mich Dinge gefragt, die ich nicht so recht beantworten konnte und von Dingen geredet, die ich noch nie gehört habe oder von denen ich nichts verstehe oder beides. Dann hat er alles zusammengerechnet und noch einige Skizzen hinzugefügt.“

Die zog Scanlail nun aus der Schatulle heraus, begutachtete sie ausführlich und sagte schließlich: „Gar nicht so übel, gar nicht so übel. Nahezu quadratisch, drei Ebenen also, an den Ecken jeweils Türmchen...“

„Die eine Seite halbrund...“, korrigierte Ailsa, „... das wäre dann die Kapelle. Sie ist aber… na ja… optional.“

„Optional?”, beschwerte sich da die Geweihte, „Seit wann sind die Götter optional?“

„Nurinai bekommt also eine eigene Kapelle und was ist mit mir?“, beschwerte sich die Skaldin pikiert.

„Die Kapelle ist nicht für Nurinai, sie wird dem Herrn Boron gew...“

„Weil ich von meiner Kirche für meine Arbeit bezahlt werde“, erwiderte die Geweihte trocken, „Warum suchst Du Dir eigentlich keinen Mäzen? Dann hättest Du auch mal eigene Dukaten in der Tasche.“

„Ich?“, entfuhr es Scanlail da entsetzt, „Meinst Du ich habe nichts besseres zu tun, als dem ständig und immerzu nur Honig um das Mäulchen herumzuschmieren und ihm in den Hintern zu kriechen?“

„Ja“, erwiderte Nurinai da, „In der Tat, das glaube ich.“

„Und das aus dem Mund von jemanden, der nach Tod stinkt...“

„Ich stinke nicht nach Tod!“, widersprach die Geweihte, „Was erlaubst Du Dir eigent...“

„Doch, das tust Du!“, bekräftigte die Skaldin, „Auch wenn Du es noch so oft leugnest! Sagt nicht dein Herr selbst, das man besser schweigen soll, als lügen? Außerdem reicht es doch vollkommen aus, wenn Ailsa einen hat...“

„Ich?“, entfuhr es der Ritterin da entsetzt.

„Ja, Du Orknase!“, Scanlail nickte langsam, aber mit Nachdruck, „Oder wie würdest Du das denn sonst nennen?“

„Ein Mäzen bezahlt seinen Schützling“, konnte die Ritterin da nur erwidern, „Folglich verbitte ich mir diese Bezeichnung, denn das würde ja heißen, dass ich entweder sein Schützling sei oder aber seine H...“

„Ich finde ja, für den Reitunterricht solltet Ihr Euch schon bezahlen lassen“, frotzelte der Knecht und untermalte seine Worte mit einem energischen Kopfnicken. Einen Augenblick blickten alle Schwestern etwas betreten drein, dann prusteten Nurinai und Scanlail los.

„Pass bloß auf, was Du da von Dir gibst!“, scholt ihn Ailsa.

„Ich bin in freier Albernier! Und kann folglich tun und lassen was ich will und den Mund verbieten lasse ich mir auch nicht. Außerdem solltet Ihr Euch besser benehmen oder wollte ihr die nächsten Praiosläufe nur Grütze essen? Morgens, mittags und abends?“

„Keine Grütze!“, flehte die Geweihte da, „Bitte keine Grütze mehr! Ich kann sie einfach nicht mehr sehen.“

„Sie kommt mir doch schon jetzt zu den Ohren raus!“, fiel Scanlail mit ein.

„Darüber reden wir noch!“, drohte Ailsa schließlich an.

„Aber recht hat Lonán schon“, stimmte die Skaldin ihm nun zu, „Er hat danach ein viel bessere Figur auf seinem Gaul gemacht. Na ja, er saß zwar nicht lange da oben, aber den kurzen Augenblick lang war seine Haltung exzellent, außerdem kann man schließlich nicht alles haben. Hast Du ihm, wie Vater bei uns früher, auch die Reitgerte zwischen Ellenbogen und Rücken geklemmt?“

„Ich hab ihm mit der Reitgerte den Hintern versohlt!“, lachte Ailsa da nur.

„Kein Wunder ist der so schnell vom Gaul gefallen“, kommentierte Nurinai.

„Wie ein überreifer Apfel von einem Baum“, führte Scanlail weiter aus.

„Wie Ailsa auf dem Großen Fürstlichen Ritterturnier zu Angbar 1041“, holte die Geweihte nun alle Beteiligten wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.

„Dafür bin ich Drittplatzierte bei den Zweihandwaffen!“, verteidigte sich nun die Ritterin energisch.

„Und hast im Finalkampf der Zweihandwaffen Keilholtz aus Dir machen lassen...“, griff Scanlail das Thema auf und war augenblicklich enttäuscht: „Versteht ihr denn immer noch nicht? Keilholtz von Keilholtz, seinem Namen, der da lautete...“

„Ich glaube, dass Ailsa seinen Namen nie wieder vergessen wird!“, schnitt ihr Nurinai das Wort ab, „Ich fand das schon damals nicht komisch und es wird durch zunehmende Wiederholung auch nicht besser. Und jetzt hör endlich auf damit!“

Schmollend zog Scanlail nun ein anderes Stück Papier aus dem Kistchen heraus und begutachtete es.

„Bei allen Zwölfen!“, entfuhr es der Skaldin da, „So viel Dukaten braucht man für eine Burg?“

„Für eine Burg, in der für uns alle genug Platz ist und auch noch für einige mehr, schließlich - und ich zitiere hier den Rhodensteiner - wisse man nie, wann die Herrin Rahja vorbeischaut und die Herrin Travia ihr gleich auf dem Fuße folgt, nur damit die Herrin Tsa einen wenig später beehrt. Für ausreichend Lagerräume für Vorräte aller Art. Für einen Stall für unsere Pferde und etwas Nutzvieh. Für die Versorgung mit Wasser. Und schlussendlich für eine Mauer um alles herum mit einem Torhaus.“

„Und vergiss nicht die Kapelle!“, mischte sich nun die Geweihte ein.

„Wenn man die Zahl in Spiegelschrift schreibt, dann sieht es gar nicht mehr sooo schlimm aus. Dann sind es nur gaaanz viele Nullen.”

Hofhaltung

[in Bearbeitung, aber noch nicht fertig]

Krähen im Maul des Greifen