Benutzer:Orknase/Briefspiel: Unterschied zwischen den Versionen

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Orknase (D | B)
Orknase (D | B)
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==Gefälscht==
Firun 1044
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'''[[Garetien:Burg Scharfenstein|Burg Scharfenstein]], Firun 1044 BF'''
  
„Frau von Windfels“, fing Yolande von Raukenfels die Kämmerin auf dem Weg zum abendlichen Mahl ab, „Ich habe einige Dokumente, die Ihr Euch dringend anschauen solltet.“ Sie hielt ihrer Gegenüber einige Unterlagen entgegen. Liliane von Windfels versuchte sie an sich zunehmen, die Vögtin ließ sie jedoch nicht gänzlich los.
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„Frau von Windfels“, fing [[Garetien:Yolande von Pranteln|Yolande von Raukenfels]] die Kämmerin auf dem Weg zum abendlichen Mahl ab, „Ich habe einige Dokumente, die Ihr Euch dringend anschauen solltet.“ Sie hielt ihrer Gegenüber einige Unterlagen entgegen. [[Garetien:Liliane von Windfels|Liliane von Windfels]] versuchte sie an sich zunehmen, die Vögtin ließ sie jedoch nicht gänzlich los.
  
 
„Ich werde sie mir gleich morgen anschauen“, versicherte die Windfelderin ihr nickend und lächelte dabei freundlich.
 
„Ich werde sie mir gleich morgen anschauen“, versicherte die Windfelderin ihr nickend und lächelte dabei freundlich.
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„Wie seid Ihr an diese Dokumente gekommen?“, wollte die Windfelserin in den frühen Morgenstunden wissen, nachdem sie sich mit der Vögtin zusammen die ganze Nacht parallel durch die Listen mit den Abgaben aus dem Junkertum Erlenfall in den Büchern der Baronie Schwarztannen und den losen Dokumenten, die Auskunft über die Erträge des Junkergutes lieferten, gearbeitet und diverse Widersprüche gefunden hatte.
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„Wie seid Ihr an diese Dokumente gekommen?“, wollte die Windfelserin in den frühen Morgenstunden wissen, nachdem sie sich mit der Vögtin zusammen die ganze Nacht parallel durch die Listen mit den Abgaben aus dem [[Garetien:Junkertum Erlenfall|Junkertum Erlenfall in den Büchern der [[Garetien:Baronie Schwarztannen|Baronie Schwarztannen]] und den losen Dokumenten, die Auskunft über die Erträge des Junkergutes lieferten, gearbeitet und diverse Widersprüche gefunden hatte.
  
„Der Kammerherr“, erwiderte die Vögtin erschöpft und nippte an ihrem Becher Wein während sie ihrer gegenüber auch einen reichte, „Iber von Radewitz. Er hat sie mir zukommen lassen.“
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„Der Kammerherr“, erwiderte die Vögtin erschöpft und nippte an ihrem Becher Wein während sie ihrer gegenüber auch einen reichte, „[[Garetien:Iber von Radewitz|Iber von Radewitz]]. Er hat sie mir zukommen lassen.“
„Und woher… woher hat er sie?“
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„Und woher... woher hat er sie?“
  
 
„Vom Pferd gefallen?“, schlug sie schulterzuckend vor, „Und um ehrlich zu sein, ist es mir auch gleichgültig. Ich will nur eines wissen: Glaubt Ihr da ist was dran?“
 
„Vom Pferd gefallen?“, schlug sie schulterzuckend vor, „Und um ehrlich zu sein, ist es mir auch gleichgültig. Ich will nur eines wissen: Glaubt Ihr da ist was dran?“
  
Die Windfelserin schluckte. Sie wirkte blass: „Mein Bruder hat damit nichts zu tun…“
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Die Windfelserin schluckte. Sie wirkte blass: „[[Garetien:Ardach von Windfels|Mein Bruder]] hat damit nichts zu tun.“
  
„Mit Verlaub, aber was Euer Bruder tut und lässt interessiert hier keinen. Er ist kein direkter Vasall des Barons. Von Interesse ist für mich allerdings das Treiben seines Lehnsherren…“
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„Mit Verlaub, aber was Euer Bruder tut und lässt interessiert hier keinen. Er ist kein direkter Vasall des [[Garetien:Drego von Altjachtern|Barons]]. Von Interesse ist für mich allerdings das Treiben seines [[Garetien:Emmeran von Erlenfall|Lehnsherren]].“
  
Die Kämmerin nickte, obgleich sie noch nicht so recht erleichtert zu sein schien: „Ich weiß, was mein Bruder an Abgaben an seinen Lehnsherrn leistet. Zumindest ungefähr. Immerzu beschwert er sich über die horrenden Summen, die er an den Erlenfaller abtreten muss. Selbst wenn ich die Größenordnung, die er mir nannte, stets für etwas übertrieben hielt, schließlich weiß ich recht genau, welche Summe unter meinem Vater an den Junker zu entrichten war, so spiegeln die Abgaben aus Erlenfall das keinesfalls wieder. Etwas scheint hier also nicht zu stimmen, obgleich ich sagen muss, dass das aus den Büchern der Baronie nicht so recht hervorgeht. Wenn man nicht weiß, wonach man suchen muss…“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich werde es weiter prüfen. Es wird dauern.“ Sie schluckte. „Aber man sollte den Erlenfallern nichts unterstellen ohne sich wirklich sicher zu sein. Ohne wirkliche Beweise werden wir nichts ausrichten können. Sie sind einfach besser aufgestellt, haben Einfluss und Macht und nicht zuletzt sitzt der Junker selbst am Grafenhof. Abgesehen davon ist meine Familie ihm verpflichtet…“
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Die Kämmerin nickte, obgleich sie noch nicht so recht erleichtert zu sein schien: „Ich weiß, was mein Bruder an Abgaben an seinen Lehnsherrn leistet. Zumindest ungefähr. Immerzu beschwert er sich über die horrenden Summen, die er an den Erlenfaller abtreten muss. Selbst wenn ich die Größenordnung, die er mir nannte, stets für etwas übertrieben hielt, schließlich weiß ich recht genau, welche Summe unter meinem [[Garetien:Sequin von Windfels|Vater]] an den Junker zu entrichten war, so spiegeln die Abgaben aus Erlenfall das keinesfalls wieder. Etwas scheint hier also nicht zu stimmen, obgleich ich sagen muss, dass das aus den Büchern der Baronie nicht so recht hervorgeht. Wenn man nicht weiß, wonach man suchen muss.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich werde es weiter prüfen. Es wird dauern.“ Sie schluckte. „Aber man sollte den Erlenfallern nichts unterstellen ohne sich wirklich sicher zu sein. Ohne wirkliche Beweise werden wir nichts ausrichten können. Sie sind einfach besser aufgestellt, haben Einfluss und Macht und nicht zuletzt sitzt der Junker selbst am Grafenhof. Abgesehen davon ist meine [[Garetien:Familie Windfels|Familie]] ihm verpflichtet...“
  
 
Trotz aller Bedenken, schien Yolande erfreut über diese Nachricht zu sein: „Das heißt, die Erlenfaller haben seit geraumer Zeit ihre Abgaben nicht korrekt entrichtet?“
 
Trotz aller Bedenken, schien Yolande erfreut über diese Nachricht zu sein: „Das heißt, die Erlenfaller haben seit geraumer Zeit ihre Abgaben nicht korrekt entrichtet?“
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==Schöne Vorstellung==
 
==Schöne Vorstellung==
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'''[[Garetien:Burg Scharfenstein|Burg Scharfenstein]], Tsa 1044 BF'''
  
„Aus Baringen erwarten wir Xerber von Cronenfurt, aus Weißenhain Irida von Nuzell, aus Esenfeld Rondrara von Treleneck und aus Doriant Hardane von Doriant. Sie alle haben bereits zugesagt. Letztere steht zwar im Traviabund, aber ihren Gatten erwarten wir nicht, die älteste Tochter Leodane ist am Grafenhof, die jüngere Tochter Wilmunde Knappin bei Raulbrin von Schwarztannen und der Jüngste Danos ist Novize beim Praios-Tempel in Hexenmühle, da auch Hochwürden kommen wir, wird er gewiss auch den Knaben mitbringen.“ Valaria von Wiesenthal hielt einen Moment inne und betrachtete Baron Drego aufmerksam. „Franwin von Luring-Franfeld wird nicht kommen, er weilt ja zumeist ohnehin in Gareth. Wann er seinen Lehenseid gegenüber dem Cronenfurter leistet, dass soll nicht Euer Problem sein. Ähnliches gilt für Alderan von Nadoret, der hat allerdings ja bereits seinen Eid getan. Wir erwarten seinen Vogt einen gewissen…“ Sie schaute auf die Liste in ihren Händen. Sie kannte den Vogt nicht. Noch nicht. „… Treubold vom Grauen Schild. Ein Koscher, so weit ich weiß.“
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„Aus [[Garetien:Junkertum Baringen|Baringen]] erwarten wir [[Garetien:Xerber von Cronenfurt|Xerber von Cronenfurt]], aus [[Garetien:Edlenherrschaft Weißenhain|Weißenhain]] [[Garetien:Irida von Nuzell|Irida von Nuzell]], aus [[Garetien:Herrschaftlich Esenfeld|Esenfeld]] [[Garetien:Rondrara von Treleneck|Rondrara von Treleneck]] und aus [[Garetien:Ritterherrschaft Doriant|Doriant]] [[Garetien:Hardane von Doriant|Hardane von Doriant]]. Sie alle haben bereits zugesagt. Letztere steht zwar im Traviabund, aber ihren [[Garetien:Gerbald von Luring-Schneitzig|Gatten]] erwarten wir nicht, die älteste Tochter [[Garetien:Leodane von Doriant|Leodane]] ist am [[Garetien:Reichsforster Grafenhof|Grafenhof]], die jüngere Tochter [[Garetien:Wilmunde von Doriant|Wilmunde]] Knappin bei [[Garetien:Raulbrin Reto von Schwarztannen|Raulbrin von Schwarztannen]] und der Jüngste [[Garetien:Danos von Doriant|Danos]] ist Novize beim Praios-Tempel in [[Garetien:Stadt Hexenmühle|Hexenmühle]], da auch Hochwürden kommen wir, wird er gewiss auch den Knaben mitbringen.“ [[Garetien:Valaria von Wiesenthal|Valaria von Wiesenthal]] hielt einen Moment inne und betrachtete [[Garetien:Drego von Altjachtern|Baron Drego]] aufmerksam. „[[Garetien:Franwin von Luring-Franfeld|Franwin von Luring-Franfeld]] wird nicht kommen, er weilt ja zumeist ohnehin in [[Garetien:Kaiserstadt Gareth|Gareth]]. Wann er seinen Lehenseid gegenüber dem Cronenfurter leistet, dass soll nicht Euer Problem sein. Ähnliches gilt für [[Garetien:Alderan von Nadoret|Alderan von Nadoret]], der hat allerdings ja bereits seinen Eid getan. Wir erwarten seinen Vogt einen gewissen...“ Sie schaute auf die Liste in ihren Händen. Sie kannte den Vogt nicht. Noch nicht. „... [[Garetien:Treubold vom Grauen Schild|Treubold vom Grauen Schild]]. Ein Koscher, so weit ich weiß.“
  
Etwas fragend blickte sie nun Drego von Altjachtern an, als der aber nicht anhob etwas zu sagen, fuhr sie fort: „Weiter erwarten wir aus Rauthal Rothar von Immenhort. Seine älteste Tochter Elene ist Eure Knappin…“ Wissend nickte nun der Altjachterner. „… die nächst jüngere, Wippa, ist Knappin des Nordingers, der Jüngste Perainfried ist im Peraine-Tempel in Schwarztannen Novize und auch wenn ihre alle Hochgeweihten eingeladen habt, so wird Hochwürden nicht kommen und daher der Knabe auch nicht.“ Und kurz rief sie dem Baron dann noch in Erinnerung: „Ihr habt seine Gattin zu Eurer Kämmerin bestellt.“
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Etwas fragend blickte sie nun Drego von Altjachtern an, als der aber nicht anhob etwas zu sagen, fuhr sie fort: „Weiter erwarten wir aus [[Garetien:Herrschaft Rauthal|Rauthal]] [[Garetien:Rothar von Immenhort|Rothar von Immenhort]]. Seine älteste Tochter [[Garetien:Elene von Immenhort|Elene]] ist Eure Knappin...“ Wissend nickte nun der Altjachterner. „... die nächst jüngere, [[Garetien:Wippa von Immenhort|Wippa]], ist Knappin des [[Garetien:Albur von Nordingen|Nordingers]], der Jüngste [[Garetien:Perainfried von Immenhort|Perainfried]] ist im Peraine-Tempel in Schwarztannen Novize und auch wenn ihre alle Hochgeweihten eingeladen habt, so wird [[Garetien:Baldur von Immenhort|Hochwürden]] nicht kommen und daher der Knabe auch nicht.“ Und kurz rief sie dem Baron dann noch in Erinnerung: „Ihr habt die [[Garetien:Liliane von Windfels|Gattin des Rauthalers]] zu Eurer Kämmerin bestellt.“
  
Erneut nickte Baron Drego: „Frau von Raukenfels hat mir die Mitglieder meines Hofes vorgeschlagen. Ich habe sie nur in ihr Amt berufen. So war es auch bei Euch.“
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Erneut nickte Baron Drego: „Frau von [[Garetien:Yolande von Pranteln|Raukenfels]] hat mir die Mitglieder meines [[Garetien:Hof des Barons von Schwarztannen|Hofes]] vorgeschlagen. Ich habe sie nur in ihr Amt berufen. So war es auch bei Euch.“
„Sie ist eine kluge Frau“, meinte die Heroldin da nickend. Sie hielt viel von der Vögtin. „Ihr tut gut daran auf ihren Rat zu hören und ich… ich jedenfalls war sehr froh um diese Anstellung.“
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„Sie ist eine kluge Frau“, meinte die Heroldin da nickend. Sie hielt viel von der Vögtin. „Ihr tut gut daran auf ihren Rat zu hören und ich... ich jedenfalls war sehr froh um diese Anstellung.“
  
 
Etwas fragend blickte der Baron sie da nun an.
 
Etwas fragend blickte der Baron sie da nun an.
  
„Mein Gatte ist gegen Haffax gefallen“, fügte sie erklärend hinzu, „Vor Mendena.“
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„Mein [[Garetien:Moribert von Dachshag|Gatte]] ist gegen Haffax gefallen“, fügte sie erklärend hinzu, „Vor Mendena.“
  
„Das… das tut mir leid“, erwiderte der Baron aufrichtig.
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„Das... das tut mir leid“, erwiderte der Baron aufrichtig.
  
„Ja“, sie räusperte sich etwas verlegen, „Mir auch, Euer Hochgeboren, mir auch. Uns waren lediglich zwei Götterläufe vergönnt, viel zu wenig Zeit um zueinander zu finden. Mein Gatte konnte sich einfach nicht an mich gewöhnen. Er konnte nichts mit Fr…“ Da biss sie sich energisch auf die Lippen. Sie hatte bereits zu viel gesagt. Viel zu viel. „Verzeiht“, bat sie mit brennenden Wangen, „Das gehört hier nun wirklich nicht her.“
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„Ja“, sie räusperte sich etwas verlegen, „Mir auch, Euer Hochgeboren, mir auch. Uns waren lediglich zwei Götterläufe vergönnt, viel zu wenig Zeit um zueinander zu finden. Mein Gatte konnte sich einfach nicht an mich gewöhnen. Er konnte nichts mit Fr...“ Da biss sie sich energisch auf die Lippen. Sie hatte bereits zu viel gesagt. Viel zu viel. „Verzeiht“, bat sie mit brennenden Wangen, „Das gehört hier nun wirklich nicht her.“
  
 
„Schon gut“, meint Drego von Altjachtern da und winkte ab, „Ein jeder von uns hat seine eigene Geschichte. Nicht alles davon ist erfreulich.“
 
„Schon gut“, meint Drego von Altjachtern da und winkte ab, „Ein jeder von uns hat seine eigene Geschichte. Nicht alles davon ist erfreulich.“
  
„Ja“, versuchte sich Valaria zusammenzureißen. Die Erinnerung an ihren Gatten schmerzte. Vor allem schmerzte jedoch die Tatsache, dass all ihre Versuch ihm zu gefallen stets vergeblich gewesen waren. Er hatte mehr Interesse an dem Stallburschen gezeigt als an ihr. Obgleich – das musste sie ihm zugestehen – er immer nett und zuvorkommend zu ihr gewesen war. Er war kein schlechter Mensch gewesen, er hatte sie einfach nur nicht lieben können, aber sie hatte ihn ja auch nicht wirklich geliebt. „Ich hätte immer gerne aus Liebe den Traviabund geschlossen“, gestand sie sich und auch dem Baron da ein, „Ich beneide Euch daher sehr. Ihr habt mit der Frau den Traviabund geschlossen, die ihr liebt und das ihr sie liebt, das sieht man Euch an. Wie Ihr sie anseht!“ Sie seufzte sehnsuchtsvoll. „Er hat mich nie so angesehen…“
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„Ja“, versuchte sich Valaria zusammenzureißen. Die Erinnerung an ihren Gatten schmerzte. Vor allem schmerzte jedoch die Tatsache, dass all ihre Versuch ihm zu gefallen stets vergeblich gewesen waren. Er hatte mehr Interesse an dem Stallburschen gezeigt als an ihr. Obgleich – das musste sie ihm zugestehen – er immer nett und zuvorkommend zu ihr gewesen war. Er war kein schlechter Mensch gewesen, er hatte sie einfach nur nicht lieben können, aber sie hatte ihn ja auch nicht wirklich geliebt. „Ich hätte immer gerne aus Liebe den Traviabund geschlossen“, gestand sie sich und auch dem Baron da ein, „Ich beneide Euch daher sehr. Ihr habt mit der [[Garetien:Ailsa ni Rian|Frau]] den Traviabund geschlossen, die ihr liebt und das ihr sie liebt, das sieht man Euch an. Wie Ihr sie anseht!“ Sie seufzte sehnsuchtsvoll. „Er hat mich nie so angesehen...“
  
„Die Götter haben es gut mit mir gemeint“, erwiderte er und in seinen Blick trat einen Moment jener Ausdruck, der dort immer stand wenn er seine Liebste oder aber seine Kinder sah, dann verschwand er jedoch recht schnell wieder, „Auch wenn die derzeitigen Umstände mein Glück überschatten.“
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„Die Götter haben es gut mit mir gemeint“, erwiderte er und in seinen Blick trat einen Moment jener Ausdruck, der dort immer stand wenn er seine Liebste oder aber seine [[Garetien:Drego Danos von Altjachtern|Kin]][[Garetien:Luned Lechmin ni Rian|der]] sah, dann verschwand er jedoch recht schnell wieder, „Auch wenn die derzeitigen Umstände mein Glück überschatten.“
  
 
„Doch Ihr habt es gefunden“, erwiderte sie ihm da.
 
„Doch Ihr habt es gefunden“, erwiderte sie ihm da.
  
„Oder… oder es hat mich gefunden. Und vielleicht wartet das Eure nur schon auf Euch. Vielleicht habt Ihr es einfach noch nicht gesehen. Manchmal muss man einfach nur die Augen öffnen um zu sehen, was schon lange da war…“
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„Oder... oder es hat mich gefunden. Und vielleicht wartet das Eure nur schon auf Euch. Vielleicht habt Ihr es einfach noch nicht gesehen. Manchmal muss man einfach nur die Augen öffnen um zu sehen, was schon lange da war...“
  
„Eine schöne Vorstellung. Ja, eine schöne Vorstellung…“
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„Eine schöne Vorstellung. Ja, eine schöne Vorstellung.“
  
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==Aus Erlenfall nichts Gutes==
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'''[[Garetien:Burg Scharfenstein|Burg Scharfenstein]], Tsa 1044 BF'''
  
==Aus Erlenfall nichts Gutes==
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„Und aus [[Garetien:Junkertum Erlenfall|Erlenfall]]?“, wollte [[Garetien:Drego von Altjachtern|Drego von Altjachtern]] wissen.
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„Und aus Erlenfall?“, wollte Drego von Altjachtern wissen.
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[[Garetien:Valaria von Wiesenthal|Valaria von Wiesenthal]] schüttelte den Kopf: „Bisher keine Nachricht. Und um ehrlich zu sein, erwarte ich auch keine.“ Einen Augenblick hielt sie inne. „[[Garetien:Emmeran von Erlenfall|Emmeran von Erlenfall]] hält sich ohnehin so gut wie nie in seinem Junkertum auf. Aufgrund seines Amtes als Landrichter der [[Garetien:Grafschaft Reichsforst|Grafschaft Reichsforst]] ist er zumeist am [[Garetien:Reichsforster Grafenhof|Grafenhof]] anzutreffen.“
  
Valaria von Wiesenthal schüttelte den Kopf: „Bisher keine Nachricht. Und um ehrlich zu sein, erwarte ich auch keine.“ Einen Augenblick hielt sie inne. „Emmeran von Erlenfall hält sich ohnehin so gut wie nie in seinem Junkertum auf. Aufgrund seines Amtes als Landrichter der Grafschaft Reichsforst ist er zumeist am Grafenhof anzutreffen.“
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„Ich weiß. Ich bin ihm dort begegnet“, er holte Atem, „Eine... hm... unangenehme Person.“
  
„Ich weiß. Ich bin ihm dort begegnet“, er holte Atem, „Eine… hm… unangenehme Person.“
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Die Hofheroldin seufzte: „Das stimmt bedauerlicherweise. Sein Bruder – [[Garetien:Edelbrecht von Erlenfall|Edelbrecht von Erlenfall]] – ist auch nicht sonderlich angenehmer.“
  
Die Hofheroldin seufzte: „Das stimmt bedauerlicherweise. Sein Bruder – Edelbrecht von Erlenfall – ist auch nicht sonderlich angenehmer.“
 
 
„Ihr kennt Ihn?“
 
„Ihr kennt Ihn?“
  
„Das zu behaupten wäre gewiss maßlos übertrieben“, stellte sie kopfschüttelnd klar, „Ich habe ihn ein paar Mal getroffen als ich meine Schwiegermutter, Kordara von Dachshag, nach Rallingstein begleitet habe.“
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„Das zu behaupten wäre gewiss maßlos übertrieben“, stellte sie kopfschüttelnd klar, „Ich habe ihn ein paar Mal getroffen als ich meine Schwiegermutter, [[Garetien:Kordara von Dachshag|Kordara von Dachshag]], nach Rallingstein begleitet habe.“
  
„Burg Rallingstein?“
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„[[Garetien:Burg Rallingstein|Burg Rallingstein]]?“
  
Nun nickte die Wiesenthalerin: „Ein durchaus beeindruckendes Bauwerk, mein letzter Besuch dort liegt allerdings schon geraume Zeit zurück. Inzwischen halte ich es durchaus für möglich, dass die Burg nahezu fertig gestellt sein dürfte, wobei…“
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Nun nickte die Wiesenthalerin: „Ein durchaus beeindruckendes Bauwerk, mein letzter Besuch dort liegt allerdings schon geraume Zeit zurück. Inzwischen halte ich es durchaus für möglich, dass die Burg nahezu fertig gestellt sein dürfte, wobei...“
  
 
Fragend blickte der Baron die Hofheroldin an: „Wobei?“
 
Fragend blickte der Baron die Hofheroldin an: „Wobei?“
  
Sie schluckte und blickte den Altjachterner einen Moment lang intensiv an, ehe sie ihren Blick abwandte: „Ich habe keinerlei Ahnung, was das Junkertum Erlenfall so abwirft, aber Kordara… ja… also Kordara hat immer mal wieder daran gezweifelt, ob das alles mit so ganz rechten Dingen zugeht.“ Sein fragender Blick lastete weiter auf ihr. Sie konnte ihn zwar nicht sehen, aber deutlich genug spüren. „Die Herrschaft Windfels ist wohl recht ertragreich. Es gibt dort ein Gradierwerk. Doch eine Burg – noch dazu innerhalb dieser Zeit – nahezu vollständig zu errichten, setzt ein gewisses Maß an finanziellem Spielraum voraus und Kordara hat immer an dessen Umfang gezweifelt. Sie hat es mir auch einst vorgerechnet oder viel mehr im Kopf überschlagen, aber… Zahlen sind nicht so meins, Menschen allerdings schon.“
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Sie schluckte und blickte den Altjachterner einen Moment lang intensiv an, ehe sie ihren Blick abwandte: „Ich habe keinerlei Ahnung, was das Junkertum Erlenfall so abwirft, aber Kordara... ja... also Kordara hat immer mal wieder daran gezweifelt, ob das alles mit so ganz rechten Dingen zugeht.“ Sein fragender Blick lastete weiter auf ihr. Sie konnte ihn zwar nicht sehen, aber deutlich genug spüren. „Die [[Garetien:Herrschaft Windfels|Herrschaft Windfels]] ist wohl recht ertragreich. Es gibt dort ein Gradierwerk. Doch eine Burg – noch dazu innerhalb dieser Zeit – nahezu vollständig und in dieser Größe zu errichten, setzt ein gewisses Maß an finanziellem Spielraum voraus und Kordara hat immer an dessen Umfang gezweifelt. Sie hat es mir auch einst vorgerechnet oder viel mehr im Kopf überschlagen, aber Zahlen sind nicht so meins, Menschen allerdings schon.“
  
 
„Deswegen seit Ihr ja auch Heroldin“, meinte der Baron da nur, „Ihr habt also den Verdacht, dass etwas mit den Abgaben nicht stimmen könnte?“
 
„Deswegen seit Ihr ja auch Heroldin“, meinte der Baron da nur, „Ihr habt also den Verdacht, dass etwas mit den Abgaben nicht stimmen könnte?“
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Sie sog scharf die Luft ein und zuckte etwas verlegen mit den Schultern.
 
Sie sog scharf die Luft ein und zuckte etwas verlegen mit den Schultern.
  
„Vielleicht sollte ich die Kämmerin mal besser auf die Bücher ansetzten. Vielleicht gibt es dort ja tatsächlich Unregelmäßigkeiten…“
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„Vielleicht sollte ich die [[Garetien:Liliane von Windfels|Kämmerin]] mal besser auf die Bücher ansetzten. Vielleicht gibt es dort ja tatsächlich Unregelmäßigkeiten...“
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„Macht euch nicht zu viele Hoffnungen“, wiegelte Valaria da ab, „Falls und ich betone das noch einmal falls wirklich bei Abgaben oder ähnlichem betrogen worden sein sollte, wird das so gehandhabt worden sein, dass es schwer oder vielleicht sogar gar nicht nachzuweisen sein wird.“ Dann wechselte sie eilig das Thema. „Um zum Junker von Erlenfall zurückzukehren. Es ist nicht zu erwarten, dass er kommen wird. Er wird auch keinen Stellvertreter schicken. Bisher gab es keinerlei Nachricht aus Erlenfall. Im Übrigen habe ich dem Junker auch eine Einladung zum Grafenhof geschickt, damit er nicht behaupten kann, er hätte keine erhalten.“ Drego von Altjachtern nickte. „So weit ich von Kordara weiß, hat auch sie noch nichts von ihrem Lehensherrn gehört und unabhängig davon, wird sie so oder so nicht erscheinen. Zum einen, weil sie sich ein Zerwürfnis mit den Erlenfallern nicht leisten kann und zum anderen muss sie immerzu ein Augen auf ihren alten [[Garetien:Ulfried von Rosshagen|Vater]] haben. Sein Geist ist sehr gebrechlich geworden. Früher konnte man ihn noch gelegentlich – an guten Tagen – alleine lassen, doch inzwischen ist das kaum noch möglich. Er vergisst die Zeit, fühlt sich in frühere Epochen seines Leben zurückversetzt, weiß nicht mehr, dass [[Garetien:Nella von Dachshag|Frau]] und [[Garetien:Moribert von Dachshag|Enkel]] schon lange tot sind. Während der Fehde ist es schlimmer geworden, doch da war ich noch in [[Garetien:Herrschaft Radenstein|Radenstein]] und konnte ihn beschwichtigen, nun muss Kordara das alleine bewerkstelligen.“
  
„Macht euch nicht zu viele Hoffnungen“, wiegelte Valaria da ab, „Falls und ich betone das noch einmal falls wirklich bei Abgaben oder ähnlichem betrogen worden sein sollte, wird das so gehandhabt worden sein, dass es schwer oder vielleicht sogar gar nicht nachzuweisen sein wird.“ Dann wechselte sie eilig das Thema. „Um zum Junker von Erlenfall zurückzukehren. Es ist nicht zu erwarten, dass er kommen wird. Er wird auch keinen Stellvertreter schicken. Bisher gab es keinerlei Nachricht aus Erlenfall. Im Übrigen habe ich dem Junker auch eine Einladung zum Grafenhof geschickt, damit er nicht behaupten kann, er hätte keine erhalten.“ Drego von Altjachtern nickte. „So weit ich von Kordara weiß, hat auch sie noch nichts von ihrem Lehensherrn gehört und unabhängig davon, wird sie so oder so nicht erscheinen. Zum einen, weil sie sich ein Zerwürfnis mit den Erlenfallern nicht leisten kann und zum anderen muss sie immerzu ein Augen auf ihren alten Vater haben. Sein Geist ist sehr gebrechlich geworden. Früher konnte man ihn noch gelegentlich – an guten Tagen – alleine lassen, doch inzwischen ist das kaum noch möglich. Er vergisst die Zeit, fühlt sich in frühere Epochen seines Leben zurückversetzt, weiß nicht mehr, dass Frau und Enkel schon lange tot sind. Während der Fehde ist es schlimmer geworden, doch da war ich noch in Radenstein und konnte ihn beschwichtigen, nun muss Kordara das alleine bewerkstelligen…“
 
 
Der Baron nickte verständnisvoll.
 
Der Baron nickte verständnisvoll.
  
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==Alles hat seinen Preis==
 
==Alles hat seinen Preis==
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„Ihr solltet Euch gut Eure nächsten Schritte überlegen“, riet [[Garetien:Valaria von Wiesenthal|Valaria von Wiesenthal]] dem Baron und wirkte dabei äußerst ernst.
  
„Ihr solltet Euch gut Eure nächsten Schritte überlegen“, riet Valaria von Wiesenthal dem Baron und wirkte dabei äußerst ernst.
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„Ich... ich... ich verstehe nicht ganz“, erwiderte er ihr verunsichert.
„Ich… ich… ich verstehe nicht ganz“, erwiderte er ihr verunsichert.
 
  
„Es ist nicht davon auszugehen, dass der Junker von Erlenfall Euch gegenüber den Lehenseid ablegen wird. Er wird gewiss auch keinen Stellvertreter schicken um das zu tun. Es wird keinen Lehenseid von der Familie Erlenfall Euch gegenüber geben.“
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„Es ist nicht davon auszugehen, dass der [[Garetien:Emmeran von Erlenfall|Junker von Erlenfall]] Euch gegenüber den Lehenseid ablegen wird. Er wird gewiss auch keinen Stellvertreter schicken um das zu tun. Es wird keinen Lehenseid von der [[Garetien:Familie Erlenfall|Familie Erlenfall]] Euch gegenüber geben.“
  
 
„Sie werden aber einen leisten müssen.“
 
„Sie werden aber einen leisten müssen.“
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„Er ist aber nicht der Baron.“
 
„Er ist aber nicht der Baron.“
  
„Und da liegt genau das Problem“, meinte die Hofheroldin, „Im festen Glauben, ihnen stünde der Baronsreif zu, werden sie es darauf ankommen lassen. Die Frage, die Ihr Euch also stellen müsst ist Folgende: Was werdet Ihr tun? Zwingen werdet Ihr Emmeran von Erlenfall kaum können. Die Familie Erlenfall ist zu mächtig und zu einflussreich, noch dazu sitzt er selbst zu dicht am Grafen – ein Umstand der noch mehr Fragen darüber aufwirft, warum er Euch den Baronsreif aufsetzte, aber nicht seinem Landrichter – und Ihr seid inzwischen zu weit von Eurem Weggefährten entfernt.“
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„Und da liegt genau das Problem“, meinte die Hofheroldin, „Im festen Glauben, ihnen stünde der Baronsreif zu, werden sie es darauf ankommen lassen. Die Frage, die Ihr Euch also stellen müsst ist Folgende: Was werdet Ihr tun? Zwingen werdet Ihr Emmeran von Erlenfall kaum können. Die Familie Erlenfall ist zu mächtig und zu einflussreich, noch dazu sitzt er selbst zu dicht am [[Garetien:Drego von Luring|Grafen]] – ein Umstand der noch mehr Fragen darüber aufwirft, warum er Euch den Baronsreif aufsetzte, aber nicht seinem Landrichter – und Ihr seid inzwischen zu weit von Eurem Weggefährten entfernt.“
  
„Was ich zutiefst bedauere“, merkt er betrübt an, „Gerade jetzt bräuchte er einen wahren Freund an seiner Seite…“
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„Was ich zutiefst bedauere“, merkt er betrübt an, „Gerade jetzt bräuchte er einen wahren Freund an seiner Seite.“
  
 
„Einen guten Freund kann ein jeder von uns zu jeder Zeit gebrauchen“, griff sie seine Worte auf, „Ihr habt hier viele Freunde. Nutzt diese. Denn klar ist: Ihr dürft Euch das nicht gefallen lassen. Der Lehenseid MUSS geleistet werden! Ihr werde also etwas unternehmen müssen. Die Frage ist allerdings, was genau das sein wird. In wie weit ihr auf Euren Freund, den Grafen, zurückgreifen könnt, das werdet Ihr wohl selbst am besten wissen.“
 
„Einen guten Freund kann ein jeder von uns zu jeder Zeit gebrauchen“, griff sie seine Worte auf, „Ihr habt hier viele Freunde. Nutzt diese. Denn klar ist: Ihr dürft Euch das nicht gefallen lassen. Der Lehenseid MUSS geleistet werden! Ihr werde also etwas unternehmen müssen. Die Frage ist allerdings, was genau das sein wird. In wie weit ihr auf Euren Freund, den Grafen, zurückgreifen könnt, das werdet Ihr wohl selbst am besten wissen.“
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„Die Zeiten sind gerade schwierig und noch schwerer sind die damit verbundenen Entscheidungen, Hochgeboren“, stimmte ihm die Hofheroldin zu.
 
„Die Zeiten sind gerade schwierig und noch schwerer sind die damit verbundenen Entscheidungen, Hochgeboren“, stimmte ihm die Hofheroldin zu.
  
„Mit den Waldsteinern werden wir auch nicht so recht einig“, fügte der Baron schulterzuckend hinzu. Dass Baron Drego versucht hatte auch über den temporären Abzug der Waldsteiner hinaus einen Frieden oder ähnliches zu verhandeln, das war am Hof bekannt. Vermutlich ebenso bekannt war inzwischen aber auch, dass man sich wohl nicht so recht einig geworden war – zumindest nahm man das an, genaues wussten wohl nur sehr wenige, darunter waren jedoch gewiss die Vögtin Yolande von Raukenfels und die Hofkaplanin Lindegard Tempeltreu. „Ist ein Friede um jeden Preis es denn überhaupt wert?“, wollte der Altjachterner da von der Wiesenthalerin wissen.
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„Mit den Waldsteinern werden wir auch nicht so recht einig“, fügte der Baron schulterzuckend hinzu. Dass [[Garetien:Drego von Altjachtern|Baron Drego]] versucht hatte auch über den temporären Abzug der Waldsteiner hinaus einen Frieden oder ähnliches zu verhandeln, das war am Hof bekannt. Vermutlich ebenso bekannt war inzwischen aber auch, dass man sich wohl nicht so recht einig geworden war – zumindest nahm man das an, genaues wussten wohl nur sehr wenige, darunter waren jedoch gewiss die Vögtin [[Garetien:Yolande von Pranteln|Yolande von Raukenfels]] und die Hofkaplanin [[Garetien:Lindegard Tempeltreu|Lindegard Tempeltreu]]. „Ist ein Friede um jeden Preis es denn überhaupt wert?“, wollte der Altjachterner da von der Wiesenthalerin wissen.
  
 
Valaria dachte einen Moment nach, schluckte und erwiderte schließlich: „Auch Frieden hat seinen Preis, Hochgeboren.“
 
Valaria dachte einen Moment nach, schluckte und erwiderte schließlich: „Auch Frieden hat seinen Preis, Hochgeboren.“
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Einen Moment schwiegen sie sich an.
 
Einen Moment schwiegen sie sich an.
  
„Eure Schwester und Euer Vater werden kommen und auch die Eltern Eurer Gattin werden aus dem Kosch anreisen. Was Eure Mutter jedoch betrifft hat sie ihre Meinung über eure Liebst bisher bedauerlicherweise nicht geändert, obgleich sie von Euch zu erwarten scheint, dass Ihr sie mit Euren beiden Kindern aufsucht, von Eurer Gattin war allerdings nicht die Rede...“
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„Eure [[Garetien:Gerlinde von Altjachtern|Schwester]] und Euer [[Garetien:Elgor von Sturmfels|Vater]] werden kommen und auch die [[kos:Darian von Trottweiher|Eltern]] [[kos:Rianod ni Rían|Eurer]] Gattin werden aus dem Kosch anreisen. Was Eure [[Garetien:Jurfinde von Altjachtern-Sturmfels|Mutter]] jedoch betrifft hat sie ihre Meinung über eure Liebst bisher bedauerlicherweise nicht geändert, obgleich sie von Euch zu erwarten scheint, dass Ihr sie mit Euren beiden [[Garetien:Drego Danos von Altjachtern|Kin]][[Garetien:Luned Lechmin ni Rian|dern]] aufsucht, von Eurer [[Garetien:Ailsa ni Rian|Gattin]] war allerdings nicht die Rede...“
  
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==Tsafeierlichkeiten==
 
==Tsafeierlichkeiten==
 
Inhalt: Text um die Tsafeierlichkeiten und den Lehenseid
 
Inhalt: Text um die Tsafeierlichkeiten und den Lehenseid

Version vom 1. August 2022, 19:48 Uhr

Hier entstehen meine Briefspieltexte und werden sorgsam verwahrt, bis ich weiß, wohin sie sollen.
Es ist ausdrücklich erlaubt, Rechtschreibfehler sowie Fehler der Zeichensetzung zu korrigieren, genauso wie verloren gegangene Buchstaben richtig zu ergänzen und überzählige einzusammeln - dies gilt auch für meine anderen Texte.


Traumklinge

Traumklinge

Manchmal, ja manchmal da war es nur ein kleiner Schritt, der das Richtige vom Falschen, das Gute vom Bösen oder das Licht vom Schatten trennte. Und manchmal, ja manchmal befand man sich irgendwo dazwischen und jeder noch so kleine Schritt konnte der eine bedeutsame sein, der der über Gedeih oder Verderben entschied. Nur ein Schritt. Ein winziger, kleiner Schritt.
Doch was, wenn man nicht sicher war, in welche Richtung man gehen sollte, weil jede Richtung gleich aussah, weil alles genauso Richtig war wie Falsch, genauso Gut wie Böse, genauso Hell wie Dunkel. Ja, was dann? Was tun? Wohin gehen, wenn man nicht ausharren konnte sondern weiter musste?

Wie oft hatte ihre Herrin sich ihr offenbart, ihr immer wieder gezeigt, was sie von ihr erwartete, oftmals kryptisch und verschlungen, aber sie hatte es getan. Und nun? Nun da sie dringend ihre Herrin an ihrer Seite brauchte, so dringend, da schwieg sie sich aus und ganz gleich wie sehr sie sich mühte von ihr gehört zu werden, sie hörte oder viel mehr antwortete ihr nicht. So lange sie sich erinnern konnte, war sie immer da gewesen und nun? Nun war alles anders. Seit jenem Tag im Tempel in Schwarztannen hatte sie keine Vision mehr erhalten, nicht einmal geträumt hatte sie. Was war nur los? Lag es an ihr? Hatte sie es sich zu einfach gemacht? Ihre Herrin hatte doch gewollt, dass sie sich zum Fuchsrudel aufmachte oder vielleicht doch nicht? Inzwischen war sie sich nicht mehr sicher. Inzwischen zweifelte sie. War das alles hier Strafe oder Prüfung? Oder beides zugleich? Wie konnte sie das wissen?

Hinzu kam die Sehnsucht nach ihrem Zuhause. Die Sehnsucht nach ihrem Oheim, ihrer Schwester, nach der widerspenstigen Rondriga. Bei den Göttern, wie sehr sie dieses Mädchen vermisst! So sehr... Sie hatte nicht oft den Tempel verlassen. Sie war keine Geweihte, die umherreist um an Turnieren teilzunehmen oder gar in Schlachten zu ziehen. Warum eigentlich nicht? War sie feige? Sie war eben nicht so, sie diente ihrer Herrin auf anderen Wegen, verschlungene Wege. Viele verstanden das nicht. Viele verurteilten sie. Doch ihre Herrin hatte nie mehr von ihr verlangt oder eher hatte sie immer genauso das von ihr verlangt. Ihr Dienst für sie war eben ein anderer. Und ihr hatte es immer genügt, dass ihre Herrin zufrieden mit ihr war. Bisher schien sie das immer gewesen zu sein, doch nun? Wollte sie nun etwas anderes? Eben weil sie schwieg?

Was war eine träumende Löwin noch, wenn ihre Träume verstummten? Was nutzte ihre Traumklinge, wenn diese nicht mehr zu führen war? Was war eine Geweihte noch wert, wenn ihre Herrin sich ihr nicht mehr offenbarte? War sie dann überhaupt noch eine? Und wenn nicht, was war sie denn dann?

Doch Elerea ni Rían entschied genau das zu tun, was man von einer Geweihten der Sturmherrin erwartete, ganz gleich wie es in ihrem Inneren aussah und ganz gleich ob ihre Herrin auch weiterhin schwieg.

So zog sie aufrecht, mutig und stark in die Schlacht. So wie es Rondra-Geweihte taten. Und es fühlte sich gut an. Es fühlte sich richtig an. Plötzlich war sie sich sicher, dass ihre Herrin genau das gewollt hatte. Gewiss würde sie mit ihr sein. Mit ihr und all den anderen. Was auch immer kommen mochte, sie würde sicher an ihrer Seite sein. An ihrer und an der aller anderen. Und so kam ihr das „Für Rondra!“ über die Lippen als wäre sie schon ihr ganzes Leben in Schlachten gezogen...

Gefangen

Tempel zu Ehren der Heiligen Thalionmel, Efferd 1045 BF

„Sie haben Elerea“, aufrichtige Besorgnis schwang in der Stimme des Geweihten mit, „Sie wurde gefangen genommen.“ Er hielt kurz inne. Aufmerksam musterte er die Anwesenden: die Mutter Elereas Jandra von Schack, Elereas ältere Bruder Fael ui Rían, ihre ältere Schwester Eilein ni Rían und die Novizin Rondriga von Schack. „Sie wurde von den Königlichen bei der Schlacht im Tal der Kaiser gefangen genommen.“

Einen Augenblick war es still. Unfassbar still. Keiner von ihnen, nicht einmal der Prätor selbst, wagte zu atmen. Doch dann...

„Sie hat...“, hob Eilein fassungslos an.

„... an einer Schlacht teilgenommen?“, endete Fael.

„Und das ohne mich?“, empörte sich die Novizin voller Inbrunst.

Jandra von Schack wirkte noch blasser als zuvor. Irgendwie hatte sie geahnt, nein befürchtet, dass etwas Schlimmes geschehen war. Mütter spürten so etwas eben. „Aber...“, hob sie mit brüchiger Stimme an, „... sie lebt?“

„Sie lebt“, bestätigte Lleu ui Rían und fügte beschwichtigend hinzu: „Es geht ihr den Umständen entsprechend gut.“

„Das ist gut“, meinte die Mutter sichtlich zerstreut, „Ja, das ist gut. Und... und... und jetzt?“

„Moment“, meldete sich Eilein da zu Wort, „Was heißt, die Königlichen haben sie gefangen genommen?“

„Na, dass sie sich auf die Seite des Fuchsrudels gestellt hat“, erwiderte Fael energisch, „Oder wie würdest du das interpretieren?“

„Deswegen habe ich doch gefragt!“

„So etwas musste ja früher oder später passieren“, schimpfte nun der älteste der Geschwister, „Ihr Rían-Weiber seid allesamt nicht ganz dicht!“

„Sag das noch einmal“, drohte die Rían zornig, „Und du hast meinem Schwertknauf in deinem ohnehin schon hässlichen Gesicht.“ Im Ringen mit dem Schwert machte ihr so leicht niemand etwas vor, schon gar nicht ihr Bruder. Doch dieser zischte nur: „Wage es, Fledermaus, und ich werde dir deine Flügel st...“

„Ruhe jetzt!“, polterte der Geweihte mit lauter und durchdringender Stimme, da verstummten die beiden augenblicklich und wandte sich sichtlich verstimmt ihrem Oheim zu, „Eure Mutter hat etwas gefragt und...“

Die Angesprochene räusperte sich: „Warum hat sie das getan? Warum hat sie sich auf die Seite des Fuchsrudels gestellt?“

„Ich weiß es nicht“, antwortete er aufrichtig, „Sie hat mit mir nicht darüber gesprochen. Hat sie etwas zu dir gesagt, Rondriga?“

„Nein, hat sie nicht“, noch immer wirkte das Mädchen gekränkt, „Doch ist das Fuchsrudel nicht der Inbegriff der Ritterlichkeit? Wo sollte sich eine Geweihte der Herrin Rondra also sonst hinwenden, wenn nicht an sie? Und hätte sie es mir gesagt, dann wäre ich ganz sicher nicht mehr hier...“

„Rondriga“, die Stimme des Prätors bebte, „Du kannst hier nicht tun und lassen, worauf du gerade Lust hast. Das hier ist ein Tempel.“ Er wurde zunehmend lauter. „Und du bist hier Novizin! Du hast zu tun, was ich dir auftrage und sonst nichts.“

„Ich wäre ihr trotzdem gefolgt...“, meinte das Mädchen da nur störrisch.

„Und ich hätte dich daraufhin zu deiner Familie zurückgeschickt!“

Nun schluckte Rondriga und biss sich auf die Lippen. Das letzte was sie wollte war zu ihrer Familie zurückgeschickt zu werden, nicht etwa, weil sie ihre Familie nicht mochte, sondern weil es das Ende ihres Noviziates bedeutete und da sie eine glühende Verfechterin ihrer Göttin war wollte sie das auf keinen Fall. Auf gar keinen Fall.

„Sie hat nichts gesagt?“, hakte Jandra nach.

„Nur das sie fort müsse. Unsere Herrin wolle, dass sie ausziehe. Es war nicht das erste Mal, dass sie das zu mir gesagt hat. Nie hatte ich zweifel an ihren Worten. Auch heute habe ich keine. Ich habe damals deswegen nicht gefragt, wohin genau. Nun denke ich, ich hätte es getan...“, er seufzte schwer, „Zwar hat sie mir zwischendurch geschrieben, dass sie beim Fuchsrudel sei, damit ich mir keine Sorgen mache, aber es fiel kein Wort darüber, dass sie auch dort bleiben wolle und selbst wenn ich das gewusst hätte, erwartet hatte ich keineswegs, dass sie sich dann auch noch für sie in eine Schlacht stürzt. Das passt irgendwie so gar nicht zu ihr...“

Die Novizin konnte da nur nicken, obgleich ihr kein Wort über die Lippen kam.

„Was wird jetzt mit ihr geschehen?“, fragte die besorgte Mutter weiter.

„Sie wird vor Gericht gestellt“, er brachte die Worte nur mühsam über die Lippen. Es ging hier um nicht irgendjemanden, es ging hier um seine Nicht, die er noch dazu durch ihr gesamtes Noviziat begleitet hatte. „Es sieht nicht gut aus.“ Er senkte seinen Blick. Er konnte Jandra von Schack nicht ins Gesicht sehen. „Ich gehe davon aus, dass auch sie wegen Hochverrates angeklagt werden wird.“

„Auch“, hauchte die Schack da erstickte und augenblicklich begannen stumme Tränen über ihre Wangen zu rinnen. Fael und Eilein wirkten nun genauso blass wie ihre Mutter. Sie tauschten vielsagende Blicke aus. „Wo?“, wollte die Mutter tonlos wissen.

„Am Reichs- und Krongericht zu Meilersgrund.“

„Aber...“, meldete sich Rondriga zu Wort, „... ist das nicht ein weltliches Gericht? Sie ist doch Geweihte! Da gehört sie doch gewiss vor ein kirchliches Gericht?“ „Nicht wenn man ihr Vergehen...“, er räusperte sich, „... ihre Tat... als weltliche betrachtet.“

„Und wer entscheidet darüber?“, wollte ihre Zwillingsschwester wissen, „Wer entscheidet, ob es eine weltliche Tat ist oder nicht? Und welche Umstände führe zu diesem Urteil?“ Nun zuckte der Geweihte mit den Schultern: „Das kann ich nicht sagen. Vielleicht die Praios-Kirche? Ich hatte so einen Fall noch nie. Ich weiß es nicht...“

„Das bedeutet, sie können sie einfach so am Hoch- und Krongericht des Königreichs verurteilen?“, mischte sich Fael ein, „Einfach so?“

„Nein, einfach so nicht“, nun schüttelte er den Kopf, „Es muss ein höherrangiger Geweihter unserer Kirche anwesend sein. Das war es dann aber auch schon.“

„Das ist doch lächerlich“, schimpfte Eilein ni Rían, „Absolut lächerlich.“

„Mag sein“, erwiderte Lleu, „Mag sein. Doch es ist eben so.“

„Aber wenn unsere Herrin doch genau das von ihr verlangt hat?“, verwandte sich die Novizin für die Geweihte, „Wie kann man sie dafür verurteilen?“

„Ich nehme an, dass sie genau das aussagen wird“, glaubte der Geweihte, wobei er vermied auf den zweiten Teil von Rondrigas Frage einzugehen, „Weiter erwarte ich, dass sie deswegen darauf bestehen wird, dass es sich um eine kirchliche Angelegenheit handelt und sich folglich auch ein kirchliches Gericht ihres Prozesses annimmt. Wie erfolgreich dieses Vorgehen sein wird, kann ich nicht absehen. Wenn man es genau betrachtet, ändert das jedoch nichts. Wird sie schuldig gesprochen, ganz gleich vor welchem Gericht, dann erwartet sie stets die gleiche Strafe. Was auf Hochverrat steht, dass wissen wir alle...“

„Man wird an ihr und all den anderen ein Exempel statuieren“, befürchtete Eilein.

„Vermutlich“, stimmte der Geweihte nickend zu.

„Man könnte sie also hängen, wie einen...“, Fael stockte, „... elenden Dieb?“

Und während Jandra von Schack entsetzt aufschluchzte, nickte der Geweihte mit ernster Miene: „Könnte man. Mit dem Nandus-Geweihten haben sie das 1037 BF genauso gemacht...“

Kompromisslos

Burg Scharfenstein, Efferd 1045 BF

Lleu“, Jandra von Schack fiel dem Geweihten augenblicklich in die Arme.

„Ich wollte noch einmal nach Dir sehen“, fühlte sich der Geweihte verpflichtet zu erklären, „Das nimmt Dich alles doch sehr mit. Verständlicherweise.“

„Ja“, meinte sie da, wischte sich die Tränen aus den geröteten Augen und bot ihrem Gegenüber mit einer Geste einen Platz an: „Leistest Du mir noch ein wenig Gesellschaft?“

Er zögerte: „Ich hatte nicht vor lange zu bleiben. Rondriga wartet im Tempel. Sie ist ganz... durcheinander.“

„Bitte“, die Schack bedachte ihn mit einem flehenden Blick und versicherte sogleich: „Es muss auch nicht für lange sein...“

Da setzte er sich und ließ sich von ihr einen Becher Wein reichen.

„Es ist lange her, dass wir so beieinander saßen“, stellte sie nickend fest, „Sehr lange.“

„Ja“, er rang sich ein Lächeln ab, „Dreißig Götterläufe würde ich vermuten.“

„Einunddreißig“, korrigierte sie.

„Jandra, wir wollten doch darüber nicht mehr sprechen...“, erinnerte er sie an die damals getroffene Abmachung.

„Ich fürchte, das müssen wir“, sie blickte ihn mit ihren verweinten Augen an.

Er seufzte schwer: „Es war eine einmalige Angelegenheit...“

„Ein Fehler“, seufzte sie gekränkt, „Das hast Du damals gesagt.“

„Weil es so war. Weil so etwas nicht passieren darf. Nicht mit der Frau des eigenen Bruders.“

„Aber es ist doch nun mal passiert...“

Lleu seufzte schwer und erhob sich zum Abschied: „Ich werde morgen wieder kommen. Jandra ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um Elerea zu helfen. Ich verspreche es dir. Ich schwöre es, bei meiner Herrin. Doch es kann sein, dass das alles nichts nützt...“

„Du liebst sie immer noch, nicht wahr?“, sie schaute zu ihm auf.

„Was meinst Du?“

Sie schluckte schwer: „Deine Bruder, so gern ich ihn auch hatte, geliebt habe ich ihn nie. Mein Herz, es gehörte immer nur Dir. Doch Du liebtest bereits eine andere. Eine Frau, mit der ich einfach nicht mithalten konnte. Sie steht so weit über uns allen, dass sie selbst für Dich unerreichbar ist und trotzdem tust Du alles um ihr nahe zu sein. Doch Du liebtest sie und Du liebst sie noch immer. Wie hätte ich da jemals einen Platz in Deinem Leben haben sollen?“

„Mein Leben gehört meiner Herrin“, erwiderte er da und stellte sogleich klar: „Das war schon immer so und wird auch immer so sein.“

„Da bist du so kompromisslos wie Elerea. Das muss sie von ihrem Vater haben.“

„Mein Bruder war nie so!“

„Ich weiß“, die Schack schaute ihn mit ihren verweinten Augen direkt an, „Nur Du warst immer so. Nur Du.“

Weiße Lilie

Gefälscht

Burg Scharfenstein, Firun 1044 BF

„Frau von Windfels“, fing Yolande von Raukenfels die Kämmerin auf dem Weg zum abendlichen Mahl ab, „Ich habe einige Dokumente, die Ihr Euch dringend anschauen solltet.“ Sie hielt ihrer Gegenüber einige Unterlagen entgegen. Liliane von Windfels versuchte sie an sich zunehmen, die Vögtin ließ sie jedoch nicht gänzlich los.

„Ich werde sie mir gleich morgen anschauen“, versicherte die Windfelderin ihr nickend und lächelte dabei freundlich.

„Es ist dringend“, betonte die Vögtin und blickte ihre Gegenüber unnachgiebig an, „Duldet keinen Aufschub. Ich brauche Eure Expertise möglichst zeitnah. Am besten sofort. Ihr versteht?“

Die Kämmerin verstand nicht, das war der Vögtin klar, aber sie gab schließlich seufzend nach: „Wäre Euch sofort recht?“

„Gerne“, ein zufriedenes Lächeln legte sich über das Gesicht der Raukenfelserin, „Ich werde Euch begleiten. Ich möchte augenblicklich wissen, was Ihr davon haltet.“

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Zusammen zogen sich die beiden Frauen in die Schreibstube zurück. Zu dieser Zeit hielt sich dort niemand außer ihnen auf, dennoch verriegelte die Vögtin die Tür. Sie wollte nicht gestört werden. Sicher war sicher. Unterdessen warf Liliane einen ersten, flüchtigen Blick auf die Dokumente, dann blickte sie einen Moment zu ihrer Gegenüber auf, ehe sie sich wieder mit den Unterlagen befasste, nur um dann erneut aufzublicken und zu erklären: „Das könnte ein längeres Unterfangen werden, ich muss das mit den Büchern abgleichen und das kann dauern, vielleicht sollten wir uns eine Kleinigkeit zu essen bringen lassen?“

Trenner Garetien.svg

„Wie seid Ihr an diese Dokumente gekommen?“, wollte die Windfelserin in den frühen Morgenstunden wissen, nachdem sie sich mit der Vögtin zusammen die ganze Nacht parallel durch die Listen mit den Abgaben aus dem [[Garetien:Junkertum Erlenfall|Junkertum Erlenfall in den Büchern der Baronie Schwarztannen und den losen Dokumenten, die Auskunft über die Erträge des Junkergutes lieferten, gearbeitet und diverse Widersprüche gefunden hatte.

„Der Kammerherr“, erwiderte die Vögtin erschöpft und nippte an ihrem Becher Wein während sie ihrer gegenüber auch einen reichte, „Iber von Radewitz. Er hat sie mir zukommen lassen.“

„Und woher... woher hat er sie?“

„Vom Pferd gefallen?“, schlug sie schulterzuckend vor, „Und um ehrlich zu sein, ist es mir auch gleichgültig. Ich will nur eines wissen: Glaubt Ihr da ist was dran?“

Die Windfelserin schluckte. Sie wirkte blass: „Mein Bruder hat damit nichts zu tun.“

„Mit Verlaub, aber was Euer Bruder tut und lässt interessiert hier keinen. Er ist kein direkter Vasall des Barons. Von Interesse ist für mich allerdings das Treiben seines Lehnsherren.“

Die Kämmerin nickte, obgleich sie noch nicht so recht erleichtert zu sein schien: „Ich weiß, was mein Bruder an Abgaben an seinen Lehnsherrn leistet. Zumindest ungefähr. Immerzu beschwert er sich über die horrenden Summen, die er an den Erlenfaller abtreten muss. Selbst wenn ich die Größenordnung, die er mir nannte, stets für etwas übertrieben hielt, schließlich weiß ich recht genau, welche Summe unter meinem Vater an den Junker zu entrichten war, so spiegeln die Abgaben aus Erlenfall das keinesfalls wieder. Etwas scheint hier also nicht zu stimmen, obgleich ich sagen muss, dass das aus den Büchern der Baronie nicht so recht hervorgeht. Wenn man nicht weiß, wonach man suchen muss.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich werde es weiter prüfen. Es wird dauern.“ Sie schluckte. „Aber man sollte den Erlenfallern nichts unterstellen ohne sich wirklich sicher zu sein. Ohne wirkliche Beweise werden wir nichts ausrichten können. Sie sind einfach besser aufgestellt, haben Einfluss und Macht und nicht zuletzt sitzt der Junker selbst am Grafenhof. Abgesehen davon ist meine Familie ihm verpflichtet...“

Trotz aller Bedenken, schien Yolande erfreut über diese Nachricht zu sein: „Das heißt, die Erlenfaller haben seit geraumer Zeit ihre Abgaben nicht korrekt entrichtet?“

„So sieht es aus.“

Die Vögtin lächelte zufrieden und murmelte wiederholt: „Sehr gut. Sehr gut.“

Schöne Vorstellung

Burg Scharfenstein, Tsa 1044 BF

„Aus Baringen erwarten wir Xerber von Cronenfurt, aus Weißenhain Irida von Nuzell, aus Esenfeld Rondrara von Treleneck und aus Doriant Hardane von Doriant. Sie alle haben bereits zugesagt. Letztere steht zwar im Traviabund, aber ihren Gatten erwarten wir nicht, die älteste Tochter Leodane ist am Grafenhof, die jüngere Tochter Wilmunde Knappin bei Raulbrin von Schwarztannen und der Jüngste Danos ist Novize beim Praios-Tempel in Hexenmühle, da auch Hochwürden kommen wir, wird er gewiss auch den Knaben mitbringen.“ Valaria von Wiesenthal hielt einen Moment inne und betrachtete Baron Drego aufmerksam. „Franwin von Luring-Franfeld wird nicht kommen, er weilt ja zumeist ohnehin in Gareth. Wann er seinen Lehenseid gegenüber dem Cronenfurter leistet, dass soll nicht Euer Problem sein. Ähnliches gilt für Alderan von Nadoret, der hat allerdings ja bereits seinen Eid getan. Wir erwarten seinen Vogt einen gewissen...“ Sie schaute auf die Liste in ihren Händen. Sie kannte den Vogt nicht. Noch nicht. „... Treubold vom Grauen Schild. Ein Koscher, so weit ich weiß.“

Etwas fragend blickte sie nun Drego von Altjachtern an, als der aber nicht anhob etwas zu sagen, fuhr sie fort: „Weiter erwarten wir aus Rauthal Rothar von Immenhort. Seine älteste Tochter Elene ist Eure Knappin...“ Wissend nickte nun der Altjachterner. „... die nächst jüngere, Wippa, ist Knappin des Nordingers, der Jüngste Perainfried ist im Peraine-Tempel in Schwarztannen Novize und auch wenn ihre alle Hochgeweihten eingeladen habt, so wird Hochwürden nicht kommen und daher der Knabe auch nicht.“ Und kurz rief sie dem Baron dann noch in Erinnerung: „Ihr habt die Gattin des Rauthalers zu Eurer Kämmerin bestellt.“

Erneut nickte Baron Drego: „Frau von Raukenfels hat mir die Mitglieder meines Hofes vorgeschlagen. Ich habe sie nur in ihr Amt berufen. So war es auch bei Euch.“

„Sie ist eine kluge Frau“, meinte die Heroldin da nickend. Sie hielt viel von der Vögtin. „Ihr tut gut daran auf ihren Rat zu hören und ich... ich jedenfalls war sehr froh um diese Anstellung.“

Etwas fragend blickte der Baron sie da nun an.

„Mein Gatte ist gegen Haffax gefallen“, fügte sie erklärend hinzu, „Vor Mendena.“

„Das... das tut mir leid“, erwiderte der Baron aufrichtig.

„Ja“, sie räusperte sich etwas verlegen, „Mir auch, Euer Hochgeboren, mir auch. Uns waren lediglich zwei Götterläufe vergönnt, viel zu wenig Zeit um zueinander zu finden. Mein Gatte konnte sich einfach nicht an mich gewöhnen. Er konnte nichts mit Fr...“ Da biss sie sich energisch auf die Lippen. Sie hatte bereits zu viel gesagt. Viel zu viel. „Verzeiht“, bat sie mit brennenden Wangen, „Das gehört hier nun wirklich nicht her.“

„Schon gut“, meint Drego von Altjachtern da und winkte ab, „Ein jeder von uns hat seine eigene Geschichte. Nicht alles davon ist erfreulich.“

„Ja“, versuchte sich Valaria zusammenzureißen. Die Erinnerung an ihren Gatten schmerzte. Vor allem schmerzte jedoch die Tatsache, dass all ihre Versuch ihm zu gefallen stets vergeblich gewesen waren. Er hatte mehr Interesse an dem Stallburschen gezeigt als an ihr. Obgleich – das musste sie ihm zugestehen – er immer nett und zuvorkommend zu ihr gewesen war. Er war kein schlechter Mensch gewesen, er hatte sie einfach nur nicht lieben können, aber sie hatte ihn ja auch nicht wirklich geliebt. „Ich hätte immer gerne aus Liebe den Traviabund geschlossen“, gestand sie sich und auch dem Baron da ein, „Ich beneide Euch daher sehr. Ihr habt mit der Frau den Traviabund geschlossen, die ihr liebt und das ihr sie liebt, das sieht man Euch an. Wie Ihr sie anseht!“ Sie seufzte sehnsuchtsvoll. „Er hat mich nie so angesehen...“

„Die Götter haben es gut mit mir gemeint“, erwiderte er und in seinen Blick trat einen Moment jener Ausdruck, der dort immer stand wenn er seine Liebste oder aber seine Kinder sah, dann verschwand er jedoch recht schnell wieder, „Auch wenn die derzeitigen Umstände mein Glück überschatten.“

„Doch Ihr habt es gefunden“, erwiderte sie ihm da.

„Oder... oder es hat mich gefunden. Und vielleicht wartet das Eure nur schon auf Euch. Vielleicht habt Ihr es einfach noch nicht gesehen. Manchmal muss man einfach nur die Augen öffnen um zu sehen, was schon lange da war...“

„Eine schöne Vorstellung. Ja, eine schöne Vorstellung.“

Aus Erlenfall nichts Gutes

Burg Scharfenstein, Tsa 1044 BF

„Und aus Erlenfall?“, wollte Drego von Altjachtern wissen.

Valaria von Wiesenthal schüttelte den Kopf: „Bisher keine Nachricht. Und um ehrlich zu sein, erwarte ich auch keine.“ Einen Augenblick hielt sie inne. „Emmeran von Erlenfall hält sich ohnehin so gut wie nie in seinem Junkertum auf. Aufgrund seines Amtes als Landrichter der Grafschaft Reichsforst ist er zumeist am Grafenhof anzutreffen.“

„Ich weiß. Ich bin ihm dort begegnet“, er holte Atem, „Eine... hm... unangenehme Person.“

Die Hofheroldin seufzte: „Das stimmt bedauerlicherweise. Sein Bruder – Edelbrecht von Erlenfall – ist auch nicht sonderlich angenehmer.“

„Ihr kennt Ihn?“

„Das zu behaupten wäre gewiss maßlos übertrieben“, stellte sie kopfschüttelnd klar, „Ich habe ihn ein paar Mal getroffen als ich meine Schwiegermutter, Kordara von Dachshag, nach Rallingstein begleitet habe.“

Burg Rallingstein?“

Nun nickte die Wiesenthalerin: „Ein durchaus beeindruckendes Bauwerk, mein letzter Besuch dort liegt allerdings schon geraume Zeit zurück. Inzwischen halte ich es durchaus für möglich, dass die Burg nahezu fertig gestellt sein dürfte, wobei...“

Fragend blickte der Baron die Hofheroldin an: „Wobei?“

Sie schluckte und blickte den Altjachterner einen Moment lang intensiv an, ehe sie ihren Blick abwandte: „Ich habe keinerlei Ahnung, was das Junkertum Erlenfall so abwirft, aber Kordara... ja... also Kordara hat immer mal wieder daran gezweifelt, ob das alles mit so ganz rechten Dingen zugeht.“ Sein fragender Blick lastete weiter auf ihr. Sie konnte ihn zwar nicht sehen, aber deutlich genug spüren. „Die Herrschaft Windfels ist wohl recht ertragreich. Es gibt dort ein Gradierwerk. Doch eine Burg – noch dazu innerhalb dieser Zeit – nahezu vollständig und in dieser Größe zu errichten, setzt ein gewisses Maß an finanziellem Spielraum voraus und Kordara hat immer an dessen Umfang gezweifelt. Sie hat es mir auch einst vorgerechnet oder viel mehr im Kopf überschlagen, aber Zahlen sind nicht so meins, Menschen allerdings schon.“

„Deswegen seit Ihr ja auch Heroldin“, meinte der Baron da nur, „Ihr habt also den Verdacht, dass etwas mit den Abgaben nicht stimmen könnte?“

Sie sog scharf die Luft ein und zuckte etwas verlegen mit den Schultern.

„Vielleicht sollte ich die Kämmerin mal besser auf die Bücher ansetzten. Vielleicht gibt es dort ja tatsächlich Unregelmäßigkeiten...“

„Macht euch nicht zu viele Hoffnungen“, wiegelte Valaria da ab, „Falls und ich betone das noch einmal falls wirklich bei Abgaben oder ähnlichem betrogen worden sein sollte, wird das so gehandhabt worden sein, dass es schwer oder vielleicht sogar gar nicht nachzuweisen sein wird.“ Dann wechselte sie eilig das Thema. „Um zum Junker von Erlenfall zurückzukehren. Es ist nicht zu erwarten, dass er kommen wird. Er wird auch keinen Stellvertreter schicken. Bisher gab es keinerlei Nachricht aus Erlenfall. Im Übrigen habe ich dem Junker auch eine Einladung zum Grafenhof geschickt, damit er nicht behaupten kann, er hätte keine erhalten.“ Drego von Altjachtern nickte. „So weit ich von Kordara weiß, hat auch sie noch nichts von ihrem Lehensherrn gehört und unabhängig davon, wird sie so oder so nicht erscheinen. Zum einen, weil sie sich ein Zerwürfnis mit den Erlenfallern nicht leisten kann und zum anderen muss sie immerzu ein Augen auf ihren alten Vater haben. Sein Geist ist sehr gebrechlich geworden. Früher konnte man ihn noch gelegentlich – an guten Tagen – alleine lassen, doch inzwischen ist das kaum noch möglich. Er vergisst die Zeit, fühlt sich in frühere Epochen seines Leben zurückversetzt, weiß nicht mehr, dass Frau und Enkel schon lange tot sind. Während der Fehde ist es schlimmer geworden, doch da war ich noch in Radenstein und konnte ihn beschwichtigen, nun muss Kordara das alleine bewerkstelligen.“

Der Baron nickte verständnisvoll.

„Wisst Ihr was man in Schwarztannen sagt?“, wollte sie da von ihm wissen und ließ ihm keine Zeit für eine Antwort: „Aus Erlenfall kommt nichts Gutes.“

Alles hat seinen Preis

Burg Scharfenstein, Tsa 1044 BF

„Ihr solltet Euch gut Eure nächsten Schritte überlegen“, riet Valaria von Wiesenthal dem Baron und wirkte dabei äußerst ernst.

„Ich... ich... ich verstehe nicht ganz“, erwiderte er ihr verunsichert.

„Es ist nicht davon auszugehen, dass der Junker von Erlenfall Euch gegenüber den Lehenseid ablegen wird. Er wird gewiss auch keinen Stellvertreter schicken um das zu tun. Es wird keinen Lehenseid von der Familie Erlenfall Euch gegenüber geben.“

„Sie werden aber einen leisten müssen.“

„Müssten sie“, stimmte sie ihm da zu, „Aber was, wenn sie es nicht tun?“

„Warum sollten sie?“

„Weil sie wohl der Meinung ist, dass der Baronstitel ihnen gebührt. Warum sollte der Junker den Lehenseid schwören, wenn er doch der Meinung ist, er sei der rechtmäßige Baron? Einen Eid gegenüber sich selbst abzulegen, macht nicht wirklich viel Sinn.“

„Er ist aber nicht der Baron.“

„Und da liegt genau das Problem“, meinte die Hofheroldin, „Im festen Glauben, ihnen stünde der Baronsreif zu, werden sie es darauf ankommen lassen. Die Frage, die Ihr Euch also stellen müsst ist Folgende: Was werdet Ihr tun? Zwingen werdet Ihr Emmeran von Erlenfall kaum können. Die Familie Erlenfall ist zu mächtig und zu einflussreich, noch dazu sitzt er selbst zu dicht am Grafen – ein Umstand der noch mehr Fragen darüber aufwirft, warum er Euch den Baronsreif aufsetzte, aber nicht seinem Landrichter – und Ihr seid inzwischen zu weit von Eurem Weggefährten entfernt.“

„Was ich zutiefst bedauere“, merkt er betrübt an, „Gerade jetzt bräuchte er einen wahren Freund an seiner Seite.“

„Einen guten Freund kann ein jeder von uns zu jeder Zeit gebrauchen“, griff sie seine Worte auf, „Ihr habt hier viele Freunde. Nutzt diese. Denn klar ist: Ihr dürft Euch das nicht gefallen lassen. Der Lehenseid MUSS geleistet werden! Ihr werde also etwas unternehmen müssen. Die Frage ist allerdings, was genau das sein wird. In wie weit ihr auf Euren Freund, den Grafen, zurückgreifen könnt, das werdet Ihr wohl selbst am besten wissen.“

„Vermutlich wird das genauso laufen, wie die ganze Angelegenheit mit den Waldsteinern“, vermutete er betrübt, „Ich werde das selbst regeln müssen. Mehr als warme Worte werde ich von ihm auch dieses Mal nicht bekommen.“ Über diesen Umstand schien er aufrichtig betrübt zu sein.

„Die Zeiten sind gerade schwierig und noch schwerer sind die damit verbundenen Entscheidungen, Hochgeboren“, stimmte ihm die Hofheroldin zu.

„Mit den Waldsteinern werden wir auch nicht so recht einig“, fügte der Baron schulterzuckend hinzu. Dass Baron Drego versucht hatte auch über den temporären Abzug der Waldsteiner hinaus einen Frieden oder ähnliches zu verhandeln, das war am Hof bekannt. Vermutlich ebenso bekannt war inzwischen aber auch, dass man sich wohl nicht so recht einig geworden war – zumindest nahm man das an, genaues wussten wohl nur sehr wenige, darunter waren jedoch gewiss die Vögtin Yolande von Raukenfels und die Hofkaplanin Lindegard Tempeltreu. „Ist ein Friede um jeden Preis es denn überhaupt wert?“, wollte der Altjachterner da von der Wiesenthalerin wissen.

Valaria dachte einen Moment nach, schluckte und erwiderte schließlich: „Auch Frieden hat seinen Preis, Hochgeboren.“

„Auch wenn dieser Verrat heißt?“

„Ich fürchte“, meinte sie da und wog ihren Kopf etwas unruhig von der einen zur anderen Seite und wieder zurück, „Auch das, Hochgeboren. Auch das.“

Einen Moment schwiegen sie sich an.

„Eure Schwester und Euer Vater werden kommen und auch die Eltern Eurer Gattin werden aus dem Kosch anreisen. Was Eure Mutter jedoch betrifft hat sie ihre Meinung über eure Liebst bisher bedauerlicherweise nicht geändert, obgleich sie von Euch zu erwarten scheint, dass Ihr sie mit Euren beiden Kindern aufsucht, von Eurer Gattin war allerdings nicht die Rede...“


Weiß wie Schnee

Schicksal bleibt Schicksal

Hexenwald

[...]

Vom Richtigen und Falschen

Wahrheit

Baronie Schwarztannen, Ende Hesinde 1044 BF

Gegen Mittag waren die beiden Reiter aufgebrochen, da hatte es bereits leicht geschneit. Seit dem hatte der Schneefall stetig zugenommen. Inzwischen waren sie mit einer dünnen, weißen Schicht bedeckt. Bisher war kein Wort gesprochen worden. Mit sorgenvoller Miene blickten beide dem Fallen des Schnees zu, lediglich der große, weiße Hund tollte aufgeregt in der weißen Pracht herum, versucht mit seinem großen Maul ein ums andere Mal eine der weißen Flocken zu fangen und freute sich seines Lebens.

„Wo...“, hob das Mädchen mit zaghafter Stimme schließlich an, „... reiten wir hin?“

„Nach Luringen“, erwiderte der andere Reiter nach einer gefühlten Ewigkeit.

„Zum Grafen?“, ihre Stimme war seltsam brüchig.

„Zum Grafen“, bestätigte er, „Dort wirst du deine Ausbildung fortsetzen, Nella.“

Das Mädchen wusste daraufhin nichts zu sagen. Ihr war klar gewesen, dass er etwas vorgehabt hatte, aber sie hatte nicht gewusst, was es gewesen war. Nun wusste sie es und war nicht sicher, ob er sie doch besser noch ein Weilchen im Ungewissen hätten lassen können. Nur ein kleines Weilchen.

„Du wirst an einer der besten Ritterschulen ausgebildet werden“, versuchte er sie aufzuheitern, „Einer der besten!“ Er schenkte ihr einen aufmunternden Blick. „Obgleich... ja, obgleich ihr Ruf in der letzten Zeit bedauerlicherweise gelitten hat. Nichtsdestotrotz ist es eine Ehre dort sein zu dürfen, Nella, ein große Ehre.“

Noch immer schwieg sie. Starr blickte sie voran.

„Es ist nicht seine Schuld“, erklärte der Baron weiter und versuchte wieder einmal seinen Freund in Schutz zu nehmen. Das tat er oft. Genaugenommen tat er es immer. „Es ist nicht der Graf. Nein, er ist es sicher nicht. Gut, er ist nicht vollkommen. Aber wer ist das schon?“ Er hielt einen Moment inne. „Es sind jene, die ihn umgeben. Zumindest denke ich das. Ich nehme es an. Ich weiß es nicht, ich... ich war ja nicht lange an seinem Hof.“ Nun blickte er wieder zu Nella hinüber. „Der Graf ist ein netter Kerl. Er versucht nur alles richtig zu machen, so wie wir alle. Wie ein jeder von uns.“

Nun nickte sie zustimmend.

„Ich habe auch versucht alles richtig zu machen“, führte er weiter aus, „Ich dachte, ich müsste Orknäschen ein gutes Leben bieten, aber... was heißt das schon? Manchmal da frage ich mich, ob uns nicht ihr Rittergut auch gereicht hätte. Diese Fehde hier... sie... sie ist mir zuwider. Sie ist mir... zu viel. Ich weiß nicht mehr, was richtig und was falsch ist, Nella. Alle sagten, dass es gut war, wie ich mit mit den Waldsteinern geeinigt habe.“ Er sprach von Duell mit Hermine von Alka. „Aber die Wahrheit ist doch, dass auch sie nicht hätte sterben müssen. Nein, sie hätte nicht sterben müssen. Und dennoch... dennoch hat es uns vielleicht weitere Tote erspart?“ Hilflos zuckte er mit den Schultern. „Wie kann man sich sicher sein, dass man das Richtig tut?“

Es dauerte geraume Zeit, bis sie ihm antwortete: „Man kann immer nur Tun, was man denkt, was in einem Moment richtig ist. Im nächsten kann es schon verkehrt sein. Das ist alles. Mehr kann man nicht tun. Auch Ihr nicht.“

„Ich schätze ihn wirklich sehr“, schloss er, „Den Grafen.“

„Ihr habt Euren Sohn nach ihm benannt“, wusste sie, „Und Eure Tochter nach seiner Schwester, Hochgeboren. Das... das zeugt doch von einer engen Bindung.“

„Ja“, die Stimme des Barons klang plötzlich seltsam leer, „Und dennoch bin ich enttäuscht und verzweifelt und wütend zugleich. Egal wie oft ich um Hilfe bat, es kam keine. Ganz gleich wie ich gebettelt und gefleht habe, es kam keine. Es kam noch nicht mal eine Antwort!“ Nun schluckte er schwer. „Zum Traviabund mit Orknäschen ist er auch nicht gekommen...“ Resignation lag in seiner Stimme. „Zu den Tsafeierlichkeiten meiner Kinder wird er auch nicht erscheinen.“ Er seufzte schwer: „Die Wahrheit ist doch, dass ihn das alles nicht kümmert. Nichts davon.“

Zeit

Baronie Schwarztannen, Ende Hesinde 1044 BF

„Weiß sie...“, nahm Nella das Gespräch wieder auf, nachdem sie einige Zeit lang schweigend nebeneinander hergeritten waren, „... weiß sie es eigentlich? Die Reichsritterin? Weiß sie, dass ich nach Luringen soll?“

„Sie weiß es“, erwiderte er nickend, „Und ihr ist auch klar, dass du dort die best möglichste Ausbildung erhalten wirst. Eine, die weder Orknäschen noch ich dir im Moment bieten können. Ich weiß ja noch nicht einmal wie es weiter geht mit Schwarztannen. Ich weiß noch nicht mal, ob ich Orknäschen mit den Zwillingen in den Kosch schicken werden muss...“ Er seufzte resigniert. „Wenn es keine andere Möglichkeit gibt, dann werde ich es tun. Schweren Herzens. Dort sind sie sicher. Ja, dort sind sie sicher. Aber hier?“

Zweifelnd blickte er nach vorne. „Die Waldsteiner werden wieder kommen, so viel steht fest. Alles was ich durch das Duell mit Hermine von Alka bitte erkauft habe ist Zeit. Zeit, mit der ich nun nichts anzufangen weiß, weil ich nicht mehr weiß, was ich tun soll, weil ich nicht mehr weiß, was richtig und falsch ist.“

Nella holte Atem: „Ihr müsste mit denen sprechen. Sowohl mit dem Grafen als auch mit den Waldsteinern, vielleicht... vielleicht könnte Ihr Euch ja mit ihnen einigen?“

„Mit wem genau? Mit dem Grafen oder mit den Waldsteinern?“

Nun zuckte sie mit den Schultern: „Frieden ist Frieden, oder nicht?“

„So einfach ist das nicht“, erwiderte er ihr da nur, „Ich bin dem Grafen verpflichtet.“

„Und er Euch“, brachte sie es auf den Punkt, „Wenn er Euch also nicht beisteht, warum solltet Ihr ihm beistehen?“ Sie schauten ihn fragend an. Er wich ihrem Blick jedoch aus. „Wenn man an der Brache lebt, dann lernt man schnell, dass man sich mit jenen zusammentun muss, die ähnliche Ziele verfolgen oder aber mit jenen, die einem Helfen sonst ist man tot. So einfach ist das. Wenn er Euch also nicht hilft, dann müsst Ihr jemand anderen finden, der es tut. Außerdem wie könnte er Euch für Gespräche mit den Waldsteinern abstrafen? Er hilft Euch doch ohnehin nicht und weil er Euch weder hilft noch antwortet, zwingt er Euch doch dazu Euch nach anderen Möglichkeiten umzusehen.“

„Hm“, machte er da, „So einfach ist es dennoch nicht, obgleich du irgendwie recht hast...“

Ihre Lippen umspielte ein vielsagendes Lächeln: „Ihr werdet eine Lösung finden, da bin ich mir sicher. Zum Wohle Eurer Untertanten, Eurer Frau und Eurer Kinder.“

Drego von Altjachtern nickte schwerfällig: „So wird es sein.“

„Ihr könnt ihn ja noch einmal um Unterstützung bitten“, bot sie ihm einen möglichen Ausweg aus diesem ganzen unangenehmen Thema an, „Wenn Ihr ohnehin schon auf Burg Luringen seid.“

„Das habe ich vor. Sofern er mich empfängt.“

„Warum sollte er nicht?“, sie zuckte mit den Schultern, „Und dann könnt Ihr ihm ja auch von Eurem Sohn Drego und Eurer Tochter Lechmin erzählen.“

Er nickte zustimmend. Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen, wie so oft, wenn er an seine Kinder dachte.

Gebrochen

Gräflich Luring, Ende Hesinde 1044 BF

Inzwischen hatten sie Schwarztannen hinter sich gelassen.

„Sie werden mich schikanieren“, vermutete die Rían sichtlich bedrückt nach geraumer Zeit, „Für die richtigen Adeligen bin ich eben immer noch nur eine...“ Sie schluckte schwer. „... Bürgerliche.“

„Vermutlich hast du recht“, der Baron nickte ernst, „Dabei hat es einst mit all unseren Familien so begonnen: Eines Tages wurde jemand in den Adelsstand berufen. Doch viele scheinen ihre Wurzeln vergessen zu haben...“

Hilflos blickte er voran.

„Und was... was soll ich dann tun?“

„Du bist jetzt eine Rían, Nella, und folglich wirst du tun, was eine Rían eben in so einer Situation tut: Tagsüber hältst du den Kopf hoch erhoben, wie alle die anderen auch und lässt dir nichts anmerken und nachts, ja nachts da heulst du einfach in dein Kissen.“ Einen Moment verstummte er, eher er gestand: „Orknäschen macht das auch immer so.“ Nun zuckte er mit den Schultern. „Sie denkt allerdings, dass ich es nicht weiß. Du darfst es ihr also nicht sagen.“

„Werde ich nicht“, versicherte das Mädchen, „Ich werde sie ja ohnehin nicht mehr so oft sehen...“

„Ja“, meinte er da nur, „Ich kann nicht sagen, wie oft wir uns sehen werden. Ich weiß nicht, wie oft Orknäschen oder ich nach Luringen kommen werden. Es kann sein, dass dies das letzte Mal ist, dass wir uns sehen...“

Das Mädchen nickte betrübt.

„Es ist auch so, dass ich dich nicht nur wegen deiner Ausbildung nach Luringen bringe“, gestand er schließlich ein, „Dass etwas an Graf Dregos Hof vor sich geht, das weiß ich, ich weiß allerdings nicht was und ich brauche dort jemanden, auf den ich mich verlassen kann. Jemanden, wie dich, Nella. Jemanden der weiß, was richtig und falsch ist.“

Ihr entfuhr ein kehliges Lachen: „Warum sollte ich das besser wissen als Ihr?“

„Du hast ein Gespür dafür“, erwiderte er und zuckte etwas hilflos mit den Schulter, „Du kommst von der Brache. Wenn du nicht weißt was richtig und falsch ist, wer denn dann?“

„Und... und was soll ich genau tun? Am Hof des Grafen?“

„Augen und Ohren offen halten“, erwiderte er ihr schulterzuckend, „Aufmerksam beobachten. Und dich in nichts hineinziehen lassen.“ Er holte Atem. „Und wenn du in Gefahr gerätst, dann muss du dir selber helfen, Nella. Du bist dort auf dich allein gestellt. Ich werde dir nicht helfen können, du wirst dir selbst helfen müssen...“

Auf Luringen gelang es Baron Drego in der Tat kurz mit seinem Freund dem Grafen zu sprechen. Der lobt ihn zwar für sein ritterliches Vorgehen in der Fehde gegen die Waldsteiner, ein ehrbares Duelle vor der Herrin Rondra sei schließlich an Ritterlichkeit und Ehrbarkeit kaum zu überbieten, aber eine Zusage um Unterstützung um zukünftige Angriffe der Waldsteinern zu verhindern gab es nicht. Er freute sich auch sichtlich und aufrichtig über klein Drego und klein Lechmin, die beiden Zwillinge des Barons, doch konnte (oder wollte?) er angesichts der Umstände nicht zusichern, zur Tsafeierlichkeit der Kinder erscheinen zu können.

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Nella sah, dass Baron Drego gebrochener ging, wie er gekommen war. Wieder war er auf sich allein gestellt. Immerhin, so dachte das Mädchen, hatte sie Baduar. Damit erging es ihr besser als Baron Drego...

Der Raller treu

Verschwunden

Markt Rallingen, im Travia 1044 BF

Zeit zu sterben

Prolog

Junkertum Haselbusch, Efferd 1044 BF

Es war ein winziger Augenblick, ein Moment nicht länger als ein Atemzug, ein Wimpernschlag oder gar ein Herzschlag nur der Unachtsamkeit, des Zögerns, des Nachdenkens, des Verweilens, des Müßigganges oder auch nur der Neugierde der das Leben vom Tod trennte. Und so wie es so manchem Menschen auf Dere erging, erging es auch dem Hasen, der unerwartet meinen Weg kreuzte oder kreuzte ich den seinen? Er zögerte zu lange. Schaute mich zu lange an. Dachte zu lange nach. Verweilte zu lange. Da packte ihn der vom Himmel herabstürzende Habicht mit seinen kräftigen, gelben Krallen und hielt ihn fest. Das Tier kämpfte und schrie verzweifelt um sein Leben, doch der Habicht hielt es fest. Es sprang und tobte, doch unerbittlich hielt der Habicht es fest.

Und einen winzigen Augenblick später tauchte ein Hund auf. Ein brauner, alter, etwas zotteliger Hund. Auch er verharrte. Zögerte. Schaute mich an. Interessiert. Neugierig. Er dachte nach. Er dachte angestrengt nach. Schnupperte. Ob er mich kannte? Und einen winzigen Augenblick später tauchte eine Frau auf, eilte an die Seite des Habichts, kniete sich nieder, packte den Hasen und machte ihm den Garaus, wobei sie die Bauchdecke des Tieres mit seinem Eberfänger öffnete um dem Habicht seinen Anteil zu geben. Gierig fiel der Vogel über die Eingeweide der Beute her.

So war er, mein Herr, Gebieter über Schlaf und Tod. Unablässig und unerbittlich schickte er seine Diener aus. Und nun hatte er mich hierher geschickt: Nach Hause...

Wiedersehen

Junkertum Haselbusch, Efferd 1044 BF

Blut tropfte von der schimmernden Klinge des Eberfängers. Die Frau richtete sich auf und erst da fiel ihr Blick auf mich. Einen Moment verharrte auch sie, zögerte, dachte nach. Ob sie sich wohl fragte, warum ihr Hund nicht gebellt hatte?

„Dela?“, Tessia von Haselbusch musterte mich, „Nein! Marbo... Marbodane?“

Langsam nickte ich. Gemächlich trottete der Hund auf mich zu.

„Ich... ich hätte dich fast nicht erkannt“, erklärte sie etwas verwundert, „Du... du hast dich verändert und doch...“ Sie legte ihren Kopf etwas zur Seite und musterte ihre Gegenüber. „... bist du irgendwie dieselbe geblieben.“ Etwas verwundert zuckte sie mit den Schultern. „Lediglich älter bist du geworden. Ja...“ Ein verschmitztes Lächeln legte sich über ihre Wangen. „... älter.“

Ich erwiderte ihr Lächeln: „Älter bin ich geworden, Tessia.“ Der Hund – besser gesagt eine Hündin – war nun ganz nahe bei mir. Interessiert roch sie an mir, leckte mir über den Handrücken, ehe sie sich vor mir ins Gras warf, mir ihren nackten Bauch entgegen reckte um von mir gestreichelt zu werden. „Aber Irmi...“, ich ging in die Knie und kraulte das Tier ausgiebig, „Irmi hat mich erkannt.“

„Ja...“, die Jägerin säuberte eilig ihren Eberfänger und steckte ihn zurück in die Scheide, „Es verwundert mich. Sie ist alt geworden, Marbodane. Ich meine, wie lange ist es her, dass du nicht mehr hier warst?“ Unwissend zuckte sie mit den Schultern. „Ich hatte nicht erwartet, dass sie dich nach all den Götterläufen noch erkennt. Sie erkennt ja geradeso noch Dankwart und mich, aber dich?“ Fragend blickte sie ihre Gegenüber an.

„Tiere haben ein Gespür für den Tod“, wusste ich, „Das sagt man auch uns nach oder viel mehr unserem Herrn...“

„Dann bist du gekommen, weil... ?“, die Frau schluckte schwer, „... jemand von uns sterben wird?“

Ich nickte.

Erinnerung

Junkertum Haselbusch, Efferd 1044 BF

Tessia schluckte schwer und versuchte sich an einem Lächeln während sie mir kehlig erklärte: „Sterben müssen wir alle eines Tages, nicht wahr?“

„So ist es“, erwiderte ich und sah in ihren Augen die Angst, die Angst jemanden den sie von Herzen liebte zu verlieren. Ich kannte diese Angst nur zu gut, zwar nicht von mir selbst, aber von jenen Menschen, denen ich begegnete. Mein Herr war bei den meisten gefürchtet, so nahm er ihnen doch das Liebste. Und obgleich er doch auch der Herr über den Schlaf und auch über die Träume war, so dachte kaum jemand an diese Aspekte wenn er meiner ansichtig wurde...

„Nun gut“, schloss die Junkersgemahlin sichtlich ernst, „Dann wollen wir mal auf die Haselburg gehen. Ich würde gerne sagen, dass Dankwart sich freuen wird, dich zu sehen, Marbodane, aber ich fürchte, dass das nicht der Wahrheit entspricht...“

Verständnisvoll nickte ich: „Ich weiß, Tessia, ich weiß. Er grollt mir noch immer...“

„Tief in seinem Herzen weiß er wohl, dass du keine Schuld trägst“, nun klang ihre Stimme bitter, „Aber...“ Regelrecht hilflos zuckte sie nun mit den Schultern. „Schon bevor wir dich und deine Schwester nach dem Tod eures Vaters auf der Haselburg aufgenommen haben, haben wir Kinder verloren. Das letzte kurz bevor du dein Noviziat begonnen hast...“ Damals hatte es meinem Oheim gereicht. Er hatte meine Anwesenheit einfach nicht mehr ertragen. So hatte er mich fortgeschickt. Ein Noviziat in der Boron-Kirche war ihm passend erschienen, schließlich hatte ich stets gewusst, wann jemand stirbt, eine seltsame Gabe, die nicht nur ihn verängstigt hatte. Zu jenem Zeitpunkt hatte man mir meinen heutigen Namen gegeben: Marbodane. „... danach hat uns Tsa diese zweifelhafte Gnade nicht mehr zuteil werden lassen.“

„Bist du traurig darüber?“

„Ich weißt nicht recht“, meinte sie da unsicher, „Irgendwie schon und irgendwie auch nicht. Ich... ich weiß es einfach nicht. Ich meine...“ Wieder zuckte sie mit den Schultern. „Dankwart und ich haben immerhin Lechdan und das ist mehr als manche andere haben. Ich will auch nicht undankbar sein, aber... aber manchmal frage ich mich schon, warum ausgerechnet uns das passieren musste...“ Etwas fragend blickte sie die Geweihte an.

„Darauf kann ich dir keine zufriedenstellende Antwort geben“, erwiderte ich leise seufzend, „Aber vielleicht ist euch das passiert, weil ihr das ertragen konntet, jemand anders wäre vermutlich daran zerbrochen...“

Tessia schwieg sich dazu aus, aber an ihrer Reaktion sah ich deutlich, dass sie meine Worte nicht richtig an sich heranlassen konnte und auch gar nicht wollte.

Wenige Augenblicke als die Haselburg – eher ein befestigtes Haus als eine Burg – vor uns auftauchte, wollte sie sehr ernst von mir wissen: „Ist es Lechdan? Wird er sterben?“

Ich schüttelte den Kopf: „Es ist jemand hier. Hier auf der Haselburg.“

Seltsamerweise schien sie erleichtert. Vermutlich lag es einfach daran, dass die größte Sorge meines Oheims stets jene gewesen war, auch noch Lechdan zu verlieren. Er war eben ihr einziges Kind und der designierte Erbe. Aus diesem Grund hatte mein Oheim mich auch fortgeschickt, ganz so als könnte er damit verhindern, dass es weitere Tote gäbe...

Mutter

Junkertum Haselbusch, Efferd 1044 BF

„Wie geht es...“, Tessia stockte einen Moment während sie ihren Habicht in die Voliere brachte, entschied sich dann aber ihre Frage zu Ende zu formulieren, „... deiner Mutter?“

Es dauerte entsetzlich lange, bis ich eingestand: „Ich habe sie schon sehr lange nicht mehr gesehen. Sehr lange.“

„Hm“, machte die Haselbuscherin da, „Ist sie denn nicht mehr... im... im Kloster?“

„Das Kloster ist groß“, erwiderte ich ihr da, „Vielleicht ist sie noch da, vielleicht aber auch nicht.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“ Dann hielt ich einen Moment inne. „Abgesehen davon war ich auch nicht sonderlich oft im Kloster, eigentlich war ich nur dann da, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Das war nicht oft. Die meiste Zeit war ich unterwegs. Manchmal glaube ich, dass es Absicht meiner Lehrmeisterin war. Sie wollte mich nicht zu sehr mit der Vergangenheit konfrontieren...“

„Schade“, kommentierte die Junkerin seufzend, „Schade ist es trotzdem. Sie ist immerhin deine Mutter.“

„Ja“, entfuhr es mir kehlig, „Das schon, aber… sie könnte mir ohnehin nichts erzählen. Sie hat... hat vor geraumer Zeit eine Schweigegelübde abgelegt...“

„WAS?“, entfuhr es der Älteren vollkommen fassungslos als sie die Voliere wieder verließ, „Warum?“

Wieder zuckte ich mit den Schultern: „Auch das weiß ich nicht. Meine Lehrmeisterin hat es mir gesagt. Vor meiner Weihe. Zu dieser Zeit hatte ich nämlich überlegt sie aufzusuchen und nach... nach meinem Vater zu fragen. Aber...“ Meine Stimme brach. Über meinen Vater wusste ich kaum etwas. Er war seit langem tot. Ich hatte ihn nie kennengelernt. Selbst meine ältere Schwester Daria konnte sich kaum an ihn erinnern. „... dafür war es zu spät.“ Ich versuchte mich an einem Lächeln, denn ich spürte den mitleidigen Blick meiner Base auf mir Ruhen. „Als sie es mir sagte, hatte sie Tränen in den Augen. So wie du jetzt...“

„Ach, Marbodane“, schniefte sie, „Ich hatte so gehofft, dass sie dir irgendwann alles erklären könnte, denn ich...“ Sie schluckte schwer. „... ich weiß nicht, ob es Dankwart je tun wird und ich selbst weiß zu wenig. Und... und wenn er es nicht tut dann... dann...“ Tessia zuckte sichtlich hilflos mit den Schultern. „... dann wird es für ewig im Dunkeln liegen.“

„Und du?“, wollte ich zaghaft wissen, „Weißt du nichts?“

Tessia schaute zu Marbodane auf. Die Boron-Geweihte war inzwischen etwas größer als ihre Base. „Ich weiß nur das, was man sich darüber erzählt. Was man sich hier darüber erzählt“, erwiderte sie mit rauer Stimme und zuckte sogleich entschuldigend mit den Schultern, „Ich weiß nichts darüber, was wirklich war, denn man erzählt sich viel, auch Dinge, die nicht wahr sind und da ich nicht weiß, was war...“ Sie hielt inne. „Was soll ich dir da erzählen?“

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