Benutzer:Vlad/Briefspiel: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Rittersaal war in ein Dämmerlicht getaucht, die letzten Sonnenstrahlen fielen durch die schmalen Fenster und ließen die Schatten tanzen und langwerden. Ritter [[Perricum:Wolfhelm von Hardenstatt|Wolfhelm]] hatte am Kopfende des langen Tischs platzgenommen und es schien fast so, als ob die Dunkelheit von ihm ausging. Vor ihm lag das Familienschwert ''Fides'' auf dem Tisch, mit dem Knauf zu ihm zeigend. Er selbst saß aufrecht, seine Mine versteinert und hatte jeden Ankömmling mit den Augen verfolgt, bis dieser sich gesetzt hatte. Zu seiner Rechten saß [[Perricum:Isabella von Erlenbruch|Isabella von Dornhag]], seine Frau. Linkerhand blieb der Stuhl frei, wie alle hier wussten war dies der Platz des verstorbenen [[Perricum:Firunwin von Hardenstatt|Firunwin]] gewesen. Daneben hatte dessen Frau [[Perricum:Selwine von Dornhag|Selwine von Erlenbruch]] platzgenommen.
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[[Perricum:Bärfried von Hardenstatt|Bärfried]] saß, mit seiner [[Perricum:Ariana von Alxertis|Frau]] und den [[Perricum:Rukus von Hardenstatt|Kin]][[Perricum:Rhodena von Hardenstatt|dern]], neben seiner Mutter. Sein [[Perricum:Theodan von Hardenstatt|Ältester]] war in [[Perricum:Baronie Gluckenhang|Gluckenhang]] geblieben und [[Perricum:Jasina von Hardenstatt|Jasina]] hatte man bei deren [[Perricum:Elissa vom Berg|Pagenmutter]] gelassen. Dass Rhodena da war, war Bärfrieds [[Perricum:Salix von Hardenstatt|Bruder]] zu verdanken, der sie mitgenommen hatte.
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Gegenüber von Bärfried hatte [[Perricum:Ilmar von Hardenstatt|Ilmar]] samt [[Perricum:Veriya von Aarenhaupt|Gattin]] und [[Perricum:Junivera von Hardenstatt|Nach]][[Perricum:Emmeran von Hardenstatt|wuchs]] platzgenommen. Wobei der kleine Emmeran noch von Veriya getragen wurde und schlief.
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Neben Ilmar saß dessen Bruder [[Perricum:Bran von Hardenstatt|Bran]], der mit seiner stark eslamsgrunder-caldaischen Mode geprägten Kleidung unter den Hardenstättern herausstach wie kein anderer. Neben ihm saß [[Perricum:Dara von Hardenstatt|Dara]], die ebenfalls allein angereist war. Ihr [[Perricum:Ortan von Firunslicht|Gatte]] war wohl derzeit zu eingespannt in seiner Arbeit im [[Perricum:Markgräflich Perricumer Grenzreiter|Regiment]] und die klein [[Perricum:Knorrhild von Hardenstatt|Knorrhild]] war derzeit bei [[Perricum:Aldron von Firunslicht|Verwa]][[Perricum:Leodane von Firunslicht-Bleichkraut|ndten]] untergebracht.
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Den beiden gegenüber saß Salix, ebenfalls ohne [[Perricum:Orlana von Zackenberg|Gattin]] und [[Perricum:Gerwulf von Zackenberg|Kin]][[Perricum:Arlane Helana von Zackenberg|dern]]. Da dieser Ast sowieso im Baum der [[Perricum:Familie Zackenberg|Zackenberger]] aufgegangen war, war es nicht allzu ungewöhnlich, dass sie fehlten. Noch dazu hatte Orlana ihrem Mann einen Brief für dessen Vater mitgegeben, in dem sie sich ob ihres Fehlens entschuldigte. Dringliche kirchliche Angelegenheiten hatten sie dazu veranlasst in die [[Perricum:Reichsstadt Perricum|Stadt]] zu reisen.
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So waren sie also alle versammelt. Die lebenden Mitglieder der Familie Hardenstatt, zum ersten mal in den Tagen Wolfhelms als Oberhaupt, hatten sie sich aufgrund einer Ankündigung hier eingefunden. Einige erwarteten, dass ihr Oberhaupt seine Nachfolge regeln würde, was schon zu einigen Zankereien zwischen Ilmar und Bärfried geführt hatte. Andere waren völlig ohne Erwartungen hier und würden sich überraschen lassen, was der alte Ritter zu sagen hatte und wieder andere genossen einfach nur die Zeit, endlich mal wieder alle zu sehen.
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Es ging eine Hand nach oben und bedeutete den Anwesenden still zu sein. Wolfhelm hatte nie viele Worte gebraucht, um sich Ruhe zu verschaffen. Dann erhob er seine Stimme, die zwar leise aber dennoch eindringlich war und er sprach mit Worten, die keinen Widerspruch duldeten und keine Unterbrechung zuließen. Seine war die einzige, die man nun vernahm. Doch in den Gesichtern der Anwesenden stiegen Überraschung, Verwunderung, Zorn und Genugtuung auf. Am Ende rief Wolfhelm die Bediensteten herein, damit diese das Essen auftischten. Rehbraten mit Sauce und Klöse gab es, was es nicht gab waren Widerworte.
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"Er hat ''ihn'' zum Oberhaupt gemacht!", rief Ilmar erbost aus und lief aufgeregt von einer Seite des Zimmers zur anderen. Bran goss den beiden indes etwas Wein ein, einen Roten aus der Grenzregion zum [[Fürstentum Almada|Fürstentum]]. "Er sitzt doch nun am Pass, lässt sich kaum blicken und kümmert sich mehr um ''seine'' [[Perricum:Markgräflich Arvepass|Baronie]]! Der weiß doch gar nicht was hier so los ist!", Ilmars Gesicht war zornesrot.
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"Hier, nimm erst einmal einen Schluck von dem Wein, das wird dir guttun". Versuchte der Jüngere seinen Bruder zu beruhigen. Bran war sichtlich überrascht von Ilmar gewesen, als dieser beim Verkünden des vorgezogenen Wechsels ihres Familienoberhaupts nicht über den Tisch gesprungen war und versucht hatte ihren Vetter mit bloßen Händen zu erwürgen. Wahrscheinlich war das dem guten Einfluss Veriyas geschuldet, dachte der Schwertgeselle leise in sich hinein. "Dir bleibt immer noch die Möglichkeit den Hardenfels zu bekommen. Onkel hat...", er kam nicht weiter, denn Ilmar schnitt ihm das Wort ab, als er seinen Becher aus Brans Händen riss.
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"Ich weiß was unser Onkel gesagt hat! Pha, ich reite seit bald drei Götterläufen immer wieder von [[Perricum:Dorf Sterkrade|Sterkrade]] hier her, habe unseren Onkel geholfen wo ich konnte und DAS ist nun der Dank?!". Ilmar kippte den Weinbecher in einem Zug ab. "Bärfried war erst mit seinem Posten in der Armee beschäftigt und nun mit seinem Amt als Landvogt! Wie kommt Wolfhelm auf die Idee, dass ER der geeignetste Nachfolger sei?!". Er streckte den leeren Becher seinem Bruder entgegen, weshalb dieser ihm abermals einschenkte und ihm nur mit einem Schulterzucken antwortete.

Version vom 5. Oktober 2023, 07:35 Uhr

Hardenstätter Fa­mi­li­en­an­ge­le­gen­heiten

Geschichten über die Familie und ihren Weg in der Markgrafschaft

Der Ruf des Oberhaupts

Ritter Wolfhelm sorgt für neue Verhältnisse innerhalb seiner Familie

Wehrturm Hardenfels, Baronie Zackenberg, 9. Peraine 1046 BF

Wolfhelm von Hardenstatt blickte aus dem Fenster seiner Schreibstube. Die Nacht hatte sich über das Land gelegt und Stille hing wie eine Glocke über dem Wehrturm. Die Temperaturen schienen nun auch milder zu werden, jedenfalls ließ ihn das aufkommende Grün der Blumen und Bäume das vermuten. Er selbst spürte keine Wärme mehr, nur Kälte, egal ob er an einem prasselnden Kaminfeuer saß oder im Schnee stand. Doch seit er seine Knappenschaft angetreten hatte war zumindest die Leere verschwunden und wenn er ganz genau in sich hinein fühlte, so vermeinte er eine schwache Flamme entdecken zu können.

Doch das war auch schon alles, was Wolfhelm verspürte. Nicht mal als die Kunde des Dahinscheidens seines Bruders hatte er etwas gespürt. Da war keine Trauer (ob des Todes), keine Reue (dass sie sich vor sieben Monden das letzte Mal gesehen hatten). Sicher, er hatte Firunwin geliebt (zumindest solange der alte Ritter dazu noch im Stande gewesen war) und ihm ein langes Leben gewünscht, doch wirklich betrübt ob des Verlustes seines jüngeren Bruders, war er nicht. Zumindest nicht im besonderen Maße, denn seine Schwertmutter hatte ihm beigebracht, dass trotz allem, auch für sie das Leben und die Sterblichen über allem standen.

Das hatte Wolfhelm verinnerlicht, wie er auch sonst viel aus der unschätzbar kurzen Zeit seiner Knappenschaft verinnerlicht hatte. So wandte er sich vom Fenster ab und fuhr sich durch den Bart. Das alles stimmte ihn nachdenklich. Er wusste, dass der Tod seines Bruders ihn eigentlich mehr berühren sollte, doch er wusste auch, dass dieser Umstand ihn nicht mehr berühren konnte. Aber was hieß das für ihn selbst und für die Familie? Langsam umrundete er den Schreibtisch und ließ sich in dem Stuhl nieder, der nun bald so alt war wie Wolfhelm selbst.

Seine Pflicht als Ritter zu Hardenstatt würde er weiterhin ausüben. Zumindest jetzt noch, auch wenn der Tag kommen würde, da er sich von diesem Posten zurückziehen musste, wie es seine Schwertmutter ihm geraten hatte. Denn die Pflichten als Ritter zu Hardenstatt und die eines Ritters Boron überschnitten sich in überraschend vielen Fällen. Sowohl der Eine als auch der Andere kümmerten sich um die Lebenden und sorgte dafür, dass diese beschützt und behütet waren. Und als Ritter zu Hardenstatt konnte er die Trollzacken weit besser im Blick behalten. Es würde zumindest nicht auffallen, wenn der Ritter durch die Gegend streifen würde, sei es nun, um nach dem Rechten zu sehen oder, um einen Standesgenossen zu treffen.

Wolfhelms Blick ging zu dem Bastardschwert, das hinter ihm aufgebaut war. Das Familienoberhaut musste mit der Welt verbunden sein, musste die Bedürfnisse seiner Verwandten verstehen und in ihrem Interesse handeln. Doch war es nicht so, dass die Interessen der Familie Hardenstatt diametral zu denen des schweigsamen Gottes waren? War Wolfhelm überhaupt noch in der Lage im Interesse der Familie zu handeln oder waren diese so weltlich, dass er sie zu verstehen verlernen würde, jeden Tag an dem er weiter auf Aventurien wandelte?

Er griff Fides und wog es in der Hand. Er konnte sich noch erinnern, wie es ihm mit jedem vergangenen Götterlauf schwieriger gefallen war, das Schwert zu führen. Jetzt hielt er es in einer Hand, als wäre es nicht schwerer als ein Dolch. Er hatte sich verändert, die Klinge war gleich geblieben. Wolfhelm stellte es zurück auf den Ständer. Er musste eine Entscheidung zum Wohl seiner Familie treffen, solange sie ihm noch schwer fiel. Denn nur dann wusste er, dass sie wohl überlegt war.


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An die Familienmitglieder der Familie Hardenstatt
 
 
 
 
Liebe Verwandte, ob durch Blut oder den Bund vor den Göttern,

der Tod meines Bruders Firunwin hat mir verdeutlicht, dass es an der Zeit ist, einige Änderungen im Familienverbund vorzunehmen.
Die Familie Hardenstatt kann nicht viele Häupter zu ihren Mitgliedern zählen, noch vor wenigen Götterläufen waren die Meisten von uns noch versammelt auf unserer Stammburg. Umso mehr grämt es mich, dass wir seit dieser Tage nicht mehr vollständig uns versammelt haben.

Diesen Umstand möchte ich ändern und lade Euch daher alle, samt Partner und Kinder, ein sich am 1. Ingerimm auf dem Hardenfels einzufinden. Hier werde ich euch Meine Pläne verkünden und bin bereit, mich euren Fragen zu stellen.

Ich erwarte euer pünktliches Erscheinen.
 
 
 
 
Den Zwölfen zum Gruße! Boron vor!

Wehrturm Hardenfels am 9. Tage der Peraine

Wolfhelm von Hardenstatt, Oberhaupt der Familie Hardenstatt

Neugierde

Einige Reaktionen der Hardenstätter auf den Brief ihres Oberhaupts

Burg Angareth, Markgräflich Arvepass, 10. Peraine 1046 BF

"Und hier ein Brief, aus Zackenberg, von Eurem Vater, Herr Landvogt", mit diesen Worten reichte Kastellanin von Seehof ihrem Herrn das gesiegelte Schreiben, mit dem unverkennbaren Familienwappen der Hardenstatts.

Bärfried von Hardenstatt blickte überrascht von seinem Papierstapel zur Seehof auf und nahm das Schreiben entgegen. "In so kurzer Zeit...", murmelte er eher zu sich, während er das Siegel brach und aufmerksam den Inhalt des Briefs laß. Überrascht legte er es vor sich hin und lehnte sich in seinem Stuhl, mit der lächerlich hohen Lehne, zurück. Sein Vater rief alle Familienmitglieder zum Hardenfels für Änderungen? Was konnte der Alte denn so wichtiges zu verkünden haben, was man nicht in einem Schreiben klären konnte? Der Landvogt kratzte sich nachdenklich am Kopf und schürzte die Lippen.

"Hoher Herr, behagt Euch etwas nicht?", wollte Inelde unverblümt wissen. Die Kastellanin war eine wichtige Stütze für den jungen Landvogt und das hatte sie recht zügig bemerkt. Daher sprang sie mit ihrem Herrn auch wesentlich lapidarer um, als sie es sich mit dessen Vorgänger je getraut hätte. Der war zwar in seinen letzten Amtsjahren immer schrulliger geworden, hatte es aber verstanden die Zügel auf Burg Angareth straff zu führen. Bärfried hingegen musste erst in seine Rolle reinwachsen, wenngleich das Unterfangen zum Ausbau der Passstraße ihm sichtlich dabei geholfen hatte, Fuß zu fassen.

Der Einäugige schüttelte langsam den Kopf, "nein, nein... Alles in Ordnung. Es ist nur...", er stockte und runzelte die Stirn. "Mein Vater beruft die Familie ein. Er hat eine wichtige Ankündigung zu machen, wenn ich sein Schreiben richtig deute". Er zeigte auf das Schreiben, was die Seehof als Aufforderung verstand, selbst einmal einen Blick draufzuwerfen.

"Mhm... Jap, da habt Ihr Recht, Herr. Wie mir scheint geht es um etwas äußerst Wichtiges". Stimmte sie ihm zu und legte das Schreiben wieder hin. "Vielleicht möchte er ja seine Nachfolge regeln?".


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Rittergut Zollsteyn, Königlich Monvaldorn, 19. Peraine 1046 BF

Bran von Hardenstatt ließ sich auf den bequemen Sessel, der in seinem Zimmer stand, fallen. Er war eben von seiner Reise aus Nym zurückgekehrt und freute sich auf einen kühlen Weißen. Eine ganze Woche war er dort unten und hatte seiner Herrin Gesellschaft geleistet, als diese Nachforschungen zu den alten Sagen und Mythen dieser Lande angestellt hatte. Eine Woche, auf die er gut und gerne verzichtet hätte. Nicht nur, dass die meisten Aufzeichnungen sowieso vernichtet wurden (dank eines gewissen Höllensturz von dem man in der Stadt aber besser nicht zu sprechen begann). Nein! Neben ihrer Wortkargheit zeichneten sich die Bewohner der Stadt auch durch ihre... Bescheidenheit aus.

Bran hatte seine liebe Not gehabt an den Abenden eine Karten- und Würfelrunde oder auch einfach nur einen Ort mit ausgelassener Stimmung zu finden. Tsas Neuanfang in allen Ehren, doch wo blieb die Leichtigkeit, die man so nahe am Fürstentum erwartete? Er zuckte mit den Schultern, vielleicht hatte er sich das auch alles nur eingebildet. Immerhin war Elida auf ihrer Rückreise recht zuversichtlich und gutgelaunt gewesen. Was auch immer das bedeuten wollte, er schüttelte den Kopf und wandte sich dem einen Brief zu, der vor ihm, auf dem Tischchen aus Mahagoniholz, lag.

Das Wappen würde er immer wieder erkennen, immerhin war es das seiner Familie. Neugierig nahm er das Schreiben an sich, las die Zeilen und musste unwillkürlich schmunzeln. Viel Zeit zum überlegen, ob er kommen würde, hatte er ja nicht gerade. Aber sein Onkel war alt geworden und wahrscheinlich war ihm der Umstand entfallen, dass Bran etwas weiterweg wohnte, als die meisten seiner Verwandten. Er warf den Schrieb wieder auf den Tisch und griff zu seinem Weinglas, auf dem sich schon Perlen gebildet hatten.

Bevor er sich aufmachte, Elida zu fragen, ob er einige Tage (oder besser Wochen) verreisen durfte, würde er sich den Wein gönnen, auf den er sich schon solange gefreut hatte. Einerseits war er gespannt, was der Alte zu verkünden hatte, andererseits freute sich der Schwertgeselle darauf seine Familie wiedersehen zu können. Seit er dank dieser Schlange hier in die Ferne geschickt wurde - Bran war sich sicher, dass sein Vetter dahinter steckte - hatte er niemanden mehr gesehen. Davon ab, konnte er seinen Bruder schlecht allein lassen, wenn alle Hardenstätter zusammenkamen. Wer wusste, was dieser für Dummheiten machen würde.


Die Familie vereint

Die Hardenstätter sammeln sich auf ihrer Stammburg

Wehrturm Hardenfels, Baronie Zackenberg, 1. Ingerimm 1046 BF

Der letzte Hardenstatt, Bran, war schließlich auch kurz vor knapp eingetroffen. Gero hatte geglaubt, dass der Schwertgeselle es sicher nicht rechtzeitig schaffen würde, auf dem Hardenfels anzukommen, musste er doch immerhin aus Eslamsgrund anreisen. Doch der Mann mit dem gepflegten Schnauzer und der braun gebrannten Haut hatte er in den frühen Morgenstunden geschafft sein Pferd zu den Stallungen zu reiten. Der alte Waffenknecht hatte sich sodann um das Pferd gekümmert und den Hohen Herrn zu den anderen Familienmitgliedern in den Turm geschickt.

Diese hatten sich auf ihre alten Gemächer verteilt und liefen nun im Turm und der Umgebung herum. Die Einen hatten sich mehr, die Anderen weniger zu erzählen. Aber das dominierende Thema war selbstredend der mögliche Grund, weswegen Wolfhelm von Hardenstatt sie alle hier her einberufen hatte. Natürlich wurde auch Gero gefragt, ob er mehr wusste, doch der konnte nur unwissend mit den Schultern zucken. Sein Herr hatte sich seit jenem Winter verändert, das hatte der Waffenknecht, wie auch die Köchin und die Magd, gemerkt. Nicht nur in seinem Auftreten, sondern auch in dem wie er sich mitteilte.

Der alte Ritter war verschlossener geworden, schweigsamer. Charaktereigenschaften, die sich seit dessen Reise am Anfang des Götterlaufs noch einmal verstärkt hatten. Wahrscheinlich lag das mit dem neu gefunden Boronglauben zusammen. Wo früher die Zeichen der Sturmleuin standen, sah man heute daneben Boronsräder und Rabenskulpturen. Auch die Vorhänge waren meist geschlossen. Das alles verlieh dem Wehrturm eine düstere Atmosphäre, die Gero schwer einordnen konnte. Umso erleichterte vernahm er nun das Kindergeschrei und das lebhafte Unterhalten der Gäste, von denen einige vor gar nicht so vielen Götterläufen diese alten Mauern ihr Heim nannten.


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"Ilmar! Wie schön dich zu sehen, komm her!", rief Bran aus, als er seinen älteren Bruder gerade durch den Innenhof laufen sah. Freudig umarmte er den Ritter, der die Umarmung etwas hölzern erwiderte. Solche überschwänglichen körperlichen Zuneigungen waren dem Ritter schon immer schwer gefallen. "Gut siehst du aus! Die Luft in Kupferklamm scheint dir zu bekommen oder liegt das eher am Eheleben?", witzelte der Schwertgeselle, als sie sich aus ihrer Umarmung lösten.

"Danke, du siehst aus wie ein Landarbeiter", gab Ilmar wenig galant zurück, schob dann ein Lächeln nach, als er verstand was er da gerade gesagt hatte und musterte seinen braungebrannten Bruder. "Ach, ich denke ein bisschen von Beidem. Das Leben in Kupferklamm ist nicht viel anders als das Leben hier, nur mit dem Vorteil, dass ich nahe bei meiner Gattin und Kleinen sein kann". Ilmar nickte bestimmt und Bran erkannte tatsächlich Aufrichtigkeit in dessen Stimme.

"Und bei deinem Emmeran", fügte Bran ergänzend hinzu.
Sein Bruder blickte ihn kurz verwundert an und nickte dann beiläufig, "ja natürlich, der auch".

"Sag, weißt du weshalb unser Onkel uns alle sehen möchte?", wechselte Bran gekonnt das Thema. Irgendetwas schien seinem Bruder an dessen jüngsten Kind nicht zu behagen. Vielleicht würde etwas Alkohol, zur späteren Stunde, seine Zunge lockern. Oder der Schwertgeselle wandte sich direkt an Veriya, die müsste wissen, ob da wirklich was war oder Bran sich das nur eingebildet hatte.

Ilmar schüttelte missmutig den Kopf, "leider nicht. Ich tappe genauso im Dunkeln wie alle anderen. Wolfhelm hat sich allerdings erheblich verändert, wirkt zwar irgendwie fitter aber auch kälter...". Er stockte kurz und kratzte sich am Kopf, "schwer zu erklären aber du wirst sehen was ich meine, wenn du deine Sachen in deine alte Kammer gebracht hast".


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Wolfhelm von Hardenstatt blickte aus dem schmalen Fenster in den Innenhof seines Wehrturms. Sie waren nun alle da, auch Bran, zufrieden nickte der alte Ritter und lies seinen Blick schweifen. Im Innenhof hatten sich Veriya von Aarenhaupt, Ariana von Alxertis sowie seine Frau und die seines verstorbenen Bruders eingefunden und belagerten nun gemeinsam mit der ganzen Kinder Herde den soeben angekommenen Schwertgesellen und fragten diesen wahrscheinlich Löcher in den Bauch. Über seine Reise, über das Leben in der Ferne.

Der alte Mann wandte sich vom Fenster ab und seinem Schreibtisch, oder genauer gesagt dem Schwert hinter dem Schreibtisch, zu. Fides, das Familienschwert, ein aus Maraskanstahl geschmiedetes und dreifach geflämmtes Bastardschwert, dessen Name auf der Klinge eingeätzt worden war. Treue, Schutz oder Zuverlässigkeit war die bosparanische Bedeutung dieses Namens. Er musste unwillkürlich nicken, denn das waren auch die Eigenschaften, durch die sich ein Familienoberhaupt auszeichnen musste und ebenso die, durch die sich die Familie Hardenstatt zu ihrem Herrn auszeichnete. Doch Wolfhelms Herr war kein Irdischer mehr und so musste er für einen anderen, besser geeigneteren, Platz machen.

Er griff das lange Schwert mit einer Hand und steckte es in die passende Lederscheide. Es war soweit, sie würden sich alle in Kürze im Rittersaal treffen.


Neue Verhältnisse

Ritter Wolfhelm setzt die Familie vor vollendete Tatsachen

Wehrturm Hardenfels, Baronie Zackenberg, 1. Ingerimm 1046 BF (am Abend)

Der Rittersaal war in ein Dämmerlicht getaucht, die letzten Sonnenstrahlen fielen durch die schmalen Fenster und ließen die Schatten tanzen und langwerden. Ritter Wolfhelm hatte am Kopfende des langen Tischs platzgenommen und es schien fast so, als ob die Dunkelheit von ihm ausging. Vor ihm lag das Familienschwert Fides auf dem Tisch, mit dem Knauf zu ihm zeigend. Er selbst saß aufrecht, seine Mine versteinert und hatte jeden Ankömmling mit den Augen verfolgt, bis dieser sich gesetzt hatte. Zu seiner Rechten saß Isabella von Dornhag, seine Frau. Linkerhand blieb der Stuhl frei, wie alle hier wussten war dies der Platz des verstorbenen Firunwin gewesen. Daneben hatte dessen Frau Selwine von Erlenbruch platzgenommen.

Bärfried saß, mit seiner Frau und den Kindern, neben seiner Mutter. Sein Ältester war in Gluckenhang geblieben und Jasina hatte man bei deren Pagenmutter gelassen. Dass Rhodena da war, war Bärfrieds Bruder zu verdanken, der sie mitgenommen hatte.

Gegenüber von Bärfried hatte Ilmar samt Gattin und Nachwuchs platzgenommen. Wobei der kleine Emmeran noch von Veriya getragen wurde und schlief.

Neben Ilmar saß dessen Bruder Bran, der mit seiner stark eslamsgrunder-caldaischen Mode geprägten Kleidung unter den Hardenstättern herausstach wie kein anderer. Neben ihm saß Dara, die ebenfalls allein angereist war. Ihr Gatte war wohl derzeit zu eingespannt in seiner Arbeit im Regiment und die klein Knorrhild war derzeit bei Verwandten untergebracht.

Den beiden gegenüber saß Salix, ebenfalls ohne Gattin und Kindern. Da dieser Ast sowieso im Baum der Zackenberger aufgegangen war, war es nicht allzu ungewöhnlich, dass sie fehlten. Noch dazu hatte Orlana ihrem Mann einen Brief für dessen Vater mitgegeben, in dem sie sich ob ihres Fehlens entschuldigte. Dringliche kirchliche Angelegenheiten hatten sie dazu veranlasst in die Stadt zu reisen.

So waren sie also alle versammelt. Die lebenden Mitglieder der Familie Hardenstatt, zum ersten mal in den Tagen Wolfhelms als Oberhaupt, hatten sie sich aufgrund einer Ankündigung hier eingefunden. Einige erwarteten, dass ihr Oberhaupt seine Nachfolge regeln würde, was schon zu einigen Zankereien zwischen Ilmar und Bärfried geführt hatte. Andere waren völlig ohne Erwartungen hier und würden sich überraschen lassen, was der alte Ritter zu sagen hatte und wieder andere genossen einfach nur die Zeit, endlich mal wieder alle zu sehen.

Es ging eine Hand nach oben und bedeutete den Anwesenden still zu sein. Wolfhelm hatte nie viele Worte gebraucht, um sich Ruhe zu verschaffen. Dann erhob er seine Stimme, die zwar leise aber dennoch eindringlich war und er sprach mit Worten, die keinen Widerspruch duldeten und keine Unterbrechung zuließen. Seine war die einzige, die man nun vernahm. Doch in den Gesichtern der Anwesenden stiegen Überraschung, Verwunderung, Zorn und Genugtuung auf. Am Ende rief Wolfhelm die Bediensteten herein, damit diese das Essen auftischten. Rehbraten mit Sauce und Klöse gab es, was es nicht gab waren Widerworte.

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"Er hat ihn zum Oberhaupt gemacht!", rief Ilmar erbost aus und lief aufgeregt von einer Seite des Zimmers zur anderen. Bran goss den beiden indes etwas Wein ein, einen Roten aus der Grenzregion zum Fürstentum. "Er sitzt doch nun am Pass, lässt sich kaum blicken und kümmert sich mehr um seine Baronie! Der weiß doch gar nicht was hier so los ist!", Ilmars Gesicht war zornesrot.

"Hier, nimm erst einmal einen Schluck von dem Wein, das wird dir guttun". Versuchte der Jüngere seinen Bruder zu beruhigen. Bran war sichtlich überrascht von Ilmar gewesen, als dieser beim Verkünden des vorgezogenen Wechsels ihres Familienoberhaupts nicht über den Tisch gesprungen war und versucht hatte ihren Vetter mit bloßen Händen zu erwürgen. Wahrscheinlich war das dem guten Einfluss Veriyas geschuldet, dachte der Schwertgeselle leise in sich hinein. "Dir bleibt immer noch die Möglichkeit den Hardenfels zu bekommen. Onkel hat...", er kam nicht weiter, denn Ilmar schnitt ihm das Wort ab, als er seinen Becher aus Brans Händen riss.

"Ich weiß was unser Onkel gesagt hat! Pha, ich reite seit bald drei Götterläufen immer wieder von Sterkrade hier her, habe unseren Onkel geholfen wo ich konnte und DAS ist nun der Dank?!". Ilmar kippte den Weinbecher in einem Zug ab. "Bärfried war erst mit seinem Posten in der Armee beschäftigt und nun mit seinem Amt als Landvogt! Wie kommt Wolfhelm auf die Idee, dass ER der geeignetste Nachfolger sei?!". Er streckte den leeren Becher seinem Bruder entgegen, weshalb dieser ihm abermals einschenkte und ihm nur mit einem Schulterzucken antwortete.