Geschichten:Grauen am Darpat - Sorgen einer Mutter: Unterschied zwischen den Versionen
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„Ihr solltet die Worte des Medicus ernst nehmen Wohlgeboren. Auch wenn sein Forscherdrang bisweilen etwas ungestüm ist, so besitzt er doch in der Heilkunde profunde Kenntnisse. Wenn ich es offen aussprechen darf? Er ist einfach fern der Heimat und hat bislang im hiesigen Raum nicht viel Anerkennung und Wohlwollen erfahren. Ihr müsst doch sicher wissen, dass jedermann darauf aus ist, dass man seine Leistungen anerkennt, nicht wahr?“ | „Ihr solltet die Worte des Medicus ernst nehmen Wohlgeboren. Auch wenn sein Forscherdrang bisweilen etwas ungestüm ist, so besitzt er doch in der Heilkunde profunde Kenntnisse. Wenn ich es offen aussprechen darf? Er ist einfach fern der Heimat und hat bislang im hiesigen Raum nicht viel Anerkennung und Wohlwollen erfahren. Ihr müsst doch sicher wissen, dass jedermann darauf aus ist, dass man seine Leistungen anerkennt, nicht wahr?“ | ||
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Aktuelle Version vom 28. Februar 2014, 17:43 Uhr
Dramatis Personae
- Marnion von Kelsenstein- Junker zu Kelsenburg
- Palinai von Isenbrunn, Altjunkerin von Kaltengrundt
„Ihr solltet die Worte des Medicus ernst nehmen Wohlgeboren. Auch wenn sein Forscherdrang bisweilen etwas ungestüm ist, so besitzt er doch in der Heilkunde profunde Kenntnisse. Wenn ich es offen aussprechen darf? Er ist einfach fern der Heimat und hat bislang im hiesigen Raum nicht viel Anerkennung und Wohlwollen erfahren. Ihr müsst doch sicher wissen, dass jedermann darauf aus ist, dass man seine Leistungen anerkennt, nicht wahr?“
Während sie mit kundiger Hand selbst seinen Verband gelöst hatte und die rot verfärbte Wunde genau inspizierte, plauderte sie munter auf ihn ein. Er war sich sicher, dass sie dies absichtlich tat, um ihn abzulenken. Linai indes nicht untätig reichte ihr die Verbände und das Holztiegelchen, welches Abelmir zurück gelassen hatte.
Der Junker hatte zwischenzeitlich selbst den kalten Schweiß bemerkt, der ihn auf der Stirn stand und ließ sich nur zu gern auf die ablenkenden Worte ein.
„Euer Wohlgeboren, wenn Ihr ihm Euer Vertrauen schenkt, so hat er auch das meinige. Auch möchte ich Euere Belehrung gerne annehmen und dem Medici bei seinem nächsten Besuch ein gerüttelt Maß an Anerkennung für seine Dienste zuteil werden lassen.”
Palinai wunderte sich über den ausgesprochen höfischen Umgangston des Kelsensteiner Junkers in dieser Situation. Dafür waren die Nebachoten des Raschtulswalls nun wirklich nicht bekannt. Die ganze Statur des groß gewachsenen Junkers, sein kantiges Gesicht und auch sein offenbar leicht hitziges Naturell wiesen in eine ganz andere Richtung. Sie ließ ihn weiterreden und trug derweil Salbe aus dem Tiegelchen auf die wieder blutenden Wunden an Rücken und Brust.
„Auch im Feld ist es sehr wichtig, den Gefolgsleuten immer Anerkennung für Ihre Leistungen zuteil werden zu lassen. Das stärkt ihren Mut und Loyalität. Dennoch ist es auch bei mir zuhause im Lehen oft nötig, die Untertanen an ihren Platz zu erinnern, damit alles seine praiosgefällige Ordnung hat. Gerade zwischen den Ferkinas und Tobriern, die ich in unsere Sippe aufgenommen habe gibt es immer wieder Reibereien. Sicherlich habt Ihr derlei Unstimmigkeiten leicht im Griff, Euer Wohlgeboren, Ihr scheint mir wenn ich das sagen darf, der ruhende Anker, hier im Hause zu sein. Meine gute Frau hatte diese Fähigkeit auch, leider ist sie gefallen.”
Marnion seufzte bei diesen persönlichen Worten und gab Palinai damit eine Gelegenheit seinen neuen Verband zusammen mit Linai straff zu ziehen. Überrascht sog er vor Schmerz die Luft ein, als die Frauen ihr Werk sozusagen zu einem guten Ende brachten.
„Ach sei so gut Linai und hol dem Junker doch bitte die Gehhilfe von Leomaras letztem Bruch. Die Größe müsste passen. Und noch einen Tropfen Rashtulswaller, damit Wohlgeboren wieder seine Lebensgeister erwachen spürt. Sicher will er zumindest zugegen sein, wenn dieses Gesindel befragt wird.“
Sie hatte den Kopf leicht schief gelegt, und wollte wohl hören, was er nachdem er wieder frisch versorgt worden war, wohl zu tun gedachte. Marnion beantwortete die indirekte Frage.
„Habt dank für Euere Freundlichkeiten. Allein der Krücke bedarf es nicht. Die Wunde behindert mich mehr beim Liegen als beim Gehen. Den Raschtullswaller will ich gerne annehmen. Zur Befragung drängt es mich nicht hin. Mein Platz ist auf dem Schlachtfeld, oder in der Burg und nicht im Carcer. Zumal ich im Krieg selbst einmal in Gefangenschaft geriet. Es wäre mir eine große Ehre, wenn Ihr noch die Zeit findet ein Gläschen mit mir zu genießen.”
Sie stimmte dem lächelnd zu.
„Bedenkt allerdings, dass ihr euch viel ausruhen solltet. Ihr seid selbstverständlich in dieser Zeit als unser Gast herzlich willkommen. Schließlich habt ihr euch der Gnitzenkuhler Gesandtschaft angeschlossen und ein gemeinsames Ziel verfolgt, da ist es nur recht, dass wir für euch sorgen in der Zeit eurer Wiedergenesung.“ Während sie dann die schmutzigen Verbände in den Eimer warf, und auch sonst dafür sorgte, dass sein Zimmer wieder aussah wie zuvor, drehte sie sich noch einmal zu ihm um. „Ihr habt vorhin wahrhaft warme Lobesworte für Leomara gefunden. Das war sehr aufmerksam von Euch.“ Der erfahrene Mann konnte förmlich die unausgesprochene Frage nach dem Warum im Raum hören.
Marnion bemerkte, das Leomaras Mutter zwar denselben Wissensdurst besaß, wie Ihre Tochter, dies allerdings eher weniger direkt zum Ausdruck brachte. So bemühte er sich seine Worte mit Bedacht zu wählen.
„Ehre wem Ehre gebührt. Ich komme aus dem Wall. Bei uns ist es üblich, das die heim kommenden Krieger mit einem rauschenden Fest begrüßt werden, gleich ob sie siegreich heimkehren oder nicht.” Marnion dachte daran wie er selbst sein Banner heimgeführt hatte. Zuletzt war die Freude zu sehr getrübt gewesen, ob des übergroßen Blutzolls, es war zu still geworden an der großen Tafel.
„Ganz besonders verdienstvoll ist es aber, wenn es einem Anführer gelingt, seine Truppe ohne Verluste wieder heim zu führen. Euerer Tochter ist dies mit dem Segen der Götter gelungen. Ich kenne Euere Tochter Leomara erst seit wenigen Tagen, und habe Sie in dieser Zeit sehr zu schätzen gelernt. Sie macht Ihrem Namen und Euerer Sippe alle Ehre.”
„Ja, sie ist eine echte Kämpferin, wie ihr Vater.“ Linai kam herbei und wechselte einen besorgten Blick mit ihrer Herrin. In den Händen trug sie den Wein und auch zwei Becher.
„Stell mir einfach den kleinen Tisch und den Stuhl heran Linai, das wäre dann alles, wir kommen schon zurecht.“ Die Magd tat wie ihr geheißen, und zog sich nicht ohne einen musternden Blick aus der Kammer des Junkers zurück. Sorgfältig goss die Hausherrin den edlen Tropfen ein. Wenn sie lächelte war tatsächlich eine Ähnlichkeit zwischen ihr und Leomara erkennbar. „Auf euer aller Rückkehr, und das Glück so gute Nachbarn zu haben.“
„Darauf trinken wir!” erwiderte er Ihren Trinkspruch. Nachdem sie beide von dem Wein gekostet hatte, fing sie wieder an zu reden.
„Auch Leomara musste schon früh, viel zu früh, ihren Gatten auf dem Schlachtfeld lassen. Doppelt schwer für eine Frau wie sie. Sich hier, in die hiesigen Gefilde wieder einzufinden war und ist vermutlich nicht leicht, wenn man erst einmal seine eigene Herrin war.“ Sie nippte vorsichtig an ihrem Becher. „Doch sie versteht es tadellos sich hier nützlich zu machen. Der Vogt ist voll des Lobes, und auch unsere junge Baronin ist sichtlich mit ihr zufrieden. Ich bin natürlich froh, dass sie wieder in meiner Nähe weilt. Doch wüsste ich sie lieber an der Seite ihres Mannes als an der Seite ihrer Mutter.“
Der Junker nickte Palinai bestätigend zu. „Das kann ich gut verstehen. Ihr wollt eben das Beste für Euere Tochter. Sie hat viel Temperament und ist eine selbstständige Kämpferin. Ich denke sie könnte es durchaus noch zu etwas bringen. Da ist es für sie vielleicht schwer einen neuen Mann an ihrer Seite zu akzeptieren. In meinem Volk gibt es einen Brauch der es starken Frauen leichter macht, die sich in so einer Lage befinden. Das mag Euch rückständig anmuten, doch gibt sich eine Kämpferin bei uns nur dem Manne hin, der sie zuvor in Kampfe besiegt hat. Das erleichtert die Partnerwahl, da Männer die schwach, feige, oder nicht wirklich interessiert sind auch ihr Leben für die Frau einzusetzen von vornherein ausscheiden. Wie handhabt Ihr denn so etwas?”
Erst leicht amüsiert, dann einfach nur ungeniert kichernd, drückte die Adlige ihre Gefühle bezüglich dieses Vorschlages aus. „Verzeiht werter Junker von Kelsenstein, ich möchte auf keinen Fall den Eindruck machen, dass ich keinen Respekt vor der... äh Sinnhaftigkeit dieses Kampfes oder der Tradition eures Volkes habe. Doch ich glaube, dass andere, ebenso wichtige Dinge auch eine Rolle spielen sollten, die durch einen solchen Kampf nicht geprüft werden können.“ Sie schüttelte noch einmal amüsiert den Kopf und ihre Augen wirkten dabei um Jahre jünger. Gerade in der Anwesenheit ihres Mannes hatte sie diesen Glanz völlig verloren gehabt.
„Wobei, man weiß nie, meine Tochter ist so manches Mal für eine Überraschung gut.“ Sie strich gedankenverloren den Stoff ihres Gewandes glatt und ihre Gedanken schienen sich zu verselbstständigen. Die Wirkung des Scherzes, über den sie eben noch gelacht hatte, ließ nach, und allmählich veränderte sich ihr Gesicht. Als hätten Schatten sich über ihr Gemüt gelegt, verfinsterten sich ihre Züge zusehends. Umständlich erhob sie sich schließlich. „Ihr solltet euch unbedingt noch ausruhen. Ich denke eine kleine Verschnaufpause nach meiner Geschwätzigkeit wird euch wohl tun. Der Vogt wird wieder nach euch schicken lassen, sobald die Befragungen beendet sind.“
Marnion war kaum irritiert ob ihres plötzlichen Sinneswandels, erging es ihm doch nur zu oft ebenso. „Sicher habt ihr Recht, das zu einer guten Ehe mehr gehört, als ein guter Kampf.”
Er schmunzelte selber über die arg naive Vorstellung, die er der Dame des Hauses abgeliefert hatte. Mit plötzlichem Ernst fuhr er fort. „Ein liebendes Herz und stetes Bemühen zueinander, sind stärker als der härteste Schwarzstahl, und mit dem Segen der Götter mag die Verbindung alle Fährnisse überdauern. Habt nochmals Dank für Euere Freundlichkeiten. Ich werde mich ausruhen, bis Ihr mich rufen lasst.” Der Junker beugte das Haupt vor der Hausherrin zum Abschied.
In den blauen Augen in die er zuletzt geschaut hatte war Erstaunen gelegen. Doch Palinai fügte dem Gesagten nichts mehr hinzu. Er war sich nicht ganz sicher, doch er meinte ein verräterisches Glitzern in ihren Augenwinkeln gesehen zu haben, als sie sich mit einem kurzen Nicken ihrerseits auch von ihm abgewendet hatte.
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