Geschichten:Erlenstammer Hofgeschichten - Teil 1: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 28. Februar 2014, 16:36 Uhr

Die Ausbildung ihrer Waldläufer verlief für Alissa ohne große Probleme. Sie hatte sich schließlich mit der Auswahl ihrer Rekruten Zeit gelassen und entsprechend sorgfältig gearbeitet. Sie kam gut voran mit dem Bogenschießen, aber auch die anderen Disziplinen meisterten ihre Schützlinge ausgezeichnet.

Als der Winter vorbei war, machten Alissa und ihre Waldläufer auch ein paar längere Ausflüge in die näheren Wälder. Denn wo sonst als im Wald sollten die Waldläufer besser ihre Eigenschaften verbessern.

Alissa brachte ihnen alles bei, was sie selbst gelernt und gelesen hatte, und ging dabei mit einer Freundlichkeit vor, dass die Rekruten sie nie als Vorgesetzte oder ähnliches empfanden, sondern sie als eine von ihnen selbst sahen. Und genau das war es auch, was Alissa erreichen wollte. Sie war nicht der Typ, zu dem man aufschaut. Sie genoss es sehr, mit ihren Leuten so ungezwungen umgehen zu können, dass sie fast lieber mit ihren Waldläufern unterwegs war, als zu Hause in Freudenstein der Etikette angemessene Unterhaltungen zu führen. Da Alissa aber auch um die Pflichten nicht umhin kam, musste sie hin und wieder die Ausbildung unterbrechen, um ihren Pflichten als Nichte der Baronin von Erlenstamm nachzukommen.

Luigi Belcampo war inzwischen ein Dauergast am erlenstammschen Hof. Wann immer es ging, versuchte er Alissa zu umgarnen, worauf Alissa jedoch immer wieder mit Zurückhaltung reagierte, da sie noch immer nicht wusste, wie ihre Tante zu dieser Angelegenheit stand.

Etwa ein halbes Jahr strich so ins Land und Thalionmel von Erlenstamm wartete schon seit ein paar Wochen auf Nachricht von ihrer Nichte, wie sich die Waldläufer machen.

Alissa hatte zwar in regelmäßigen Abständen Bericht erstattet, jedoch war sie seit vier Wochen mit ihren Leuten unterwegs und hatte auch so lange nichts von sich hören lassen.

Die Baronin von Erlenstamm und ihr Dauergast saßen eines Nachmittags bei einem Stück Torte und Tee beisammen und plänkelten über das Wetter und allerlei anderer Kleinigkeiten.

"Ich bin so glücklich darüber, dass dieser kalte Winter endlich vorüber ist", meinte Belcampo. "Wenn es so düster ist, wird mir mein Herz immer so schwer und ich verzehre mich nach der hellen und warmen Sonne, die das Land erwärmt und die schönsten Blumen zum blühen bringt." Die Baronin lauschte den süßen Worten des Dottore, bis plötzlich und völlig unerwartet eine Gestalt im Raum erschienen war. Die Gestalt trat ins Licht und verneigte sich vor der Baronin: "Liebste Tante, die Waldläufer sind bereit, gegen den Dragenfels zu ziehen. Ich habe 20 gut ausgebildete Leute, die mir treu ergeben sind."

Alissa hatte sich in dem halben Jahr mächtig verändert. Sie war nicht mehr das kleine Mädchen, das Angst vor Verantwortung und ihrer Pflicht hatte. Sie war eine junge Frau, die wusste, was sie zu tun hatte, und auch wusste, was sie selbst wollte. Ihr Gesicht strahlte Entschlossenheit aus, und sie war in ihrer Erscheinung ein anderes Bild, als noch vor einem halben Jahr. Ihre Augen blickten freundlich, aber die Baronin konnte den Willen, der jetzt in Alissa steckte, durchaus erkennen. Aber auch ihr äußeres Erscheinen hatte sich verändert. Ihr stand die Tracht der erlenstammschen Waldläufer ausgezeichnet, und sie trug ihr Haar inzwischen offen, anstatt wie früher hochgesteckt und streng nach hinten gekämmt. Sie bot einen vorzüglichen Anblick, welcher Belcampo sofort auffiel.

"Werte Hochgeboren", sagte er, stand auf und verneigte sich tief vor Alissa, "Welche Freude, Euch endlich wieder zusehen." Er war immer noch sehr angetan von ihr und ob dieser Erscheinung war er fast aus dem Häuschen. Alissa blickte Belcampo an und ihre grünen Augen leuchteten. Das brachte ihn gar völlig aus der Fassung, und er wusste nicht, wie er reagieren sollte. Alissa bemerkte die Reaktion Belcampos auf ihren Blick und wandte sich ihrer Tante zu. "Sagt mir, wann es gegen Dragenfels gehen soll und ich werde meine Waldläufer darauf vorbereiten."