Geschichten:Hexenwald und Rattenkeller - 13 Figuren: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 9. November 2022, 23:37 Uhr
Dramatis personae
- Die Alte Yolinde, Hexe aus dem Sertiser Hexenzirkel
- Meister Bugiardo, Glasermeister von Sertis
Kaiserlich Sertis, 1. Namenloser Tag des Jahres 1033 BF
Die beiden Gestalten gaben ein seltsames Paar ab. Der dicke Südländer wischte sich mit einem fleckigen Taschentuch die prallen Schweissperlen von der Stirn, während sich die bucklige Alte murmelnd über einen großen Kessel beugte. In großen blubbernden Blasen verschlang der grünlich Sud allerhand hineingeworfener Ingredienzien. Gelbe Dämpfe stiegen hinauf und formten einen violetten Nebel.
»Wird es denn seiner Intento dienen, wie du versprochen hast, Mütterchen?«, trat Meister Bugiardo unruhig an den Kesselrand, nur um angewidert das Gesicht zu verziehen.
»Schhh«, zischte ihn die Hexe an. »Sicherlich wird es das. Sorgt Ihr nur dafür, dass die jeweiligen Adressaten ihr Geschenk erhalten. Wenn jemand das Unternehmen gefährdet, dann höchstens Ihr. So, und nun tretet zu Seite, der jetzige Moment ist kritisch und entscheidend für die Wirksamkeit des Fluches.«
Unwillkürlich trat der Brabaker einige Schritte zurück und lehnte sich mit einem Arm gegen die feuchte Kellerwand. Er spürte den kalten Lehm über den Insekten und Spinnen krochen, und fluchte leise. Zu spät, die ersten Kerbtiere waren bereits in den ausladenden Ärmel seines Wamses gekrabbelt, und Bugiardo schüttelte heftig seine Arme, vergebens.
Das nun eintretende Schauspiel dagegen raubte ihm den Atem. Die aufsteigenden Dämpfe hatten sich zu Figuren verdichtet, die wie kleine gelbe Fledermäuse aus dem Sud des Kessels aufstiegen. Ein schrilles Fauchen und durchdringendes Kreischen lag in der Luft, während die durchsichtigen Flughunde sich in einer Nebelspirale über dem Feuers drehten.
»Los, habt Ihr Eure Figurinen bereit?«, herrschte die Alte ihren Gast an.
Der so angeherrschte murmelte leise vor sich hin: »Subito, subito«, und kramte ein sorgsam eingeschlagenes Päckchen hervor, das er vorsichtig auf ein wackeliges Tischchen nahe dem Feuer platzierte. Mit einem geübten und sicheren Handgriff befreite Meister Bugiardo dreizehn meisterhaft gefertigte, violett-schimmernde Glassfigürchen und stellte sie in einer Reihe auf.
Währenddessen murmelte die alte Frau weitere Formeln, ihre Hände verkrampften sich und das Weiße ihrer Augen trat hervor. Mit einer ruckartigen Armbewegung, die nicht von ihr zu stammen schien, deutete sie auf das kleine Tischchen, noch immer ihre leisen Worte vor sich hinmurmelnd.
Bewegung trat ein in die Nebelspirale. Langsam lösten sich dreizehn gelbe Schatten aus dem brodelnden Chaos und schlüpften nacheinander in die Glasfiguren hinein, welche schlagartig ihre Farbe verloren und eine fast unnatürliche Klarheit und Durchsichtigkeit annahmen. Kurz glommen sie noch in einem sachten purpurnen Licht auf, bevor sie wie unscheinbare Talismane auf der krummen Holzplatte lagen.
Matt ließ sich die Alte auf einen Stuhl nieder, und beobachtete mit müden Augen, wie der fette Glasermeister die dreizehn Glasfiguren vorsichtig in ein grobes Wolltuch einwickelte. »Ihr wisst genau, wem Ihr die Gaben zukommen lasst?«
»Naturale, Mütterchen. Mach dir keine Sorgen, ich habe alles vorbereitet. Schon nächste Woche werden deine Geschenke in den Händen ihrer Opfer sein. Auch wenn ich nicht verstehe, was du genau davon zu haben glaubst, wenn Disaccordo und Contrarieta in diesen Landen um sich greifen.«
»Der Wald will es so. Er will nicht mehr von den tumben Menschen mit ihren Äxten und Beilen gerodet und verbrannt werden. Er wird seine eigene Ordnung wiederfinden, wenn seine Feinde um ihn in Unordnung untergehen. In ihm herrscht eine eigene unaussprechliche Macht, die befreit werden und nicht von Elfen und Druiden in Fesseln gelegt werden will, die seiner Natur nicht entsprechen. Wir sind dazu da, ihm dabei zu helfen, seine Feinde zu besiegen und zu bestrafen, und ihm zu helfen, zurückzuholen, was ihm rechtmäßig seit Anbeginn der Zeiten gehört. Wir sind die Diener des Reichsforstes. Unsere Bestimmung ist es dafür zu sorgen, dass er über alle Wesen herrscht und nicht von ihnen beherrscht wird. Wir heilen die Wunden, die vor langer Zeit geschlagen wurden und die noch immer geschlagen werden. Und haben wir erst den Waldstein besiegt, dann wird der Forst in sein früheres Bett im Süden zurückkehren und mit seinem Bruder im Osten gemeinsam das Herz des Kontinents beherrschen.«
Ein hallender Donnerschlag kündigte ein schweres Unwetter an. Zu jeder anderen Zeit hätte man es als Grollen der Löwengöttin aufgefasst und Mut geschöpft. Doch in den Tagen zwischen den Jahren klang es hohl und falsch, wie Verrat und Eifersucht.