Geschichten:Tod eines Hesinde-Geweihten - Mäusefreund: Unterschied zwischen den Versionen
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Nicht mit allen natürlich, manche von ihnen waren arrogante, kleine Dreckskerle! Aber mit Pip redete er gerne. Er hatte sich zwar nicht vorgestellt, doch Answin fand, dass er wie ein Pip aussah, mit seinen dunklen Knopfaugen und den weißen Schnurrhaaren. Vielleicht auch wie ein Maxi, (aber groß war er nun wirklich nicht!), und nichts läge dem Geweihten ferner, als sich über die Maus lustig zu machen. | |||
Natürlich wusste Answin, dass Mäuse nicht sprechen können, daher musste er notgedrungen den mausigen Part der Konversation mit piepsiger Stimme selbst übernehmen. Er war sich auch darüber im Klaren, dass sein Verhalten im besten Fall als leicht wunderlich, viel eher aber als total verschroben abgetan würde, sollte es je bemerkt werden. Darum achtete er strengstens darauf, mit Pip nur laut zu reden, wenn sie allein waren. In Anwesenheit der anderen Geweihten ignorierte er den Mäuserich geflissentlich, was diesem aber nichts auszumachen schien. | |||
Im Grunde seines Herzens wusste Answin, dass er wirklich, wirklich einsam war. Früher hatte das Feuer des Glaubens heiß in ihm gebrannt. Jetzt aber musste er sich eingestehen, dass auch ein noch so gutes Buch nachts das Bett nicht so wärmen kann, wie der Leib einer Frau. Er konnte nicht sagen, seit wann er so empfand. Vielleicht als er merkte, dass seine Versuche, Weisheit unter die Bauern Tannwirks zu tragen, zum Scheitern verurteilt waren. Vielleicht als die beiden Geweihten aus dem Horasreich gekommen waren, die sich viel lieber untereinander als mit ihm unterhielten. Wahrscheinlich gab es aber wohl kein konkretes Erlebnis. | |||
Damals hatte er ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, sich eine veritable Trunksucht anzueignen (er hatte gehört, sein Vorgänger habe es so gehalten), aber ein Blick in die Tempelkasse hatte auch diesen Plan zum Scheitern gebracht. Zum Glück lernte er da Pip kennen. | |||
Er kannte ihn seit nunmehr über 20 Jahren (was ein mehr als nur erstaunliches Alter für eine Maus war, was Answin jedoch nicht bewusst war). Als er den Tempel übernahm, hatte er einen regelrechten Krieg gegen die bücherfressenden Mäuse von Tannwirk geführt. Die damalige Tempelkatze war ein faules Mistvieh, deren Leben nur aus zwei Tätigkeiten zu bestehen schien: schlafen und sich direkt vor Answins Füße zu schleichen, um ihn zum Stolpern zu bringen. | |||
Irgendwann war es ihm zu dumm geworden und er besorgte sich mechanische Mäusefallen, ein ganzes dutzend. Tag um Tag fand er jedoch weder die Köder noch eine einzige tote Maus. Als er dann eines morgens in eine Mausefalle trat, die er am Abend zuvor sicher nicht vor sein Bett gestellt hatte, fasste er einen neuen Plan. | |||
Er besorgte sich in den umliegenden Dörfern die drei fiesesten, gewalttätigsten und rundheraus bösartigsten Katzen, die er finden konnte. Die Vorfreude seines Sieges wurde zwar ein wenig durch die zahllosen Bisse und Kratzer getrübt, die er sich beim Transport zugezogen hatte, doch seit langem konnte er sich abends völlig zufrieden ins Bett legen. In der folgenden Woche allerdings wurde eine Katze von einem herabstürzenden Folianten erschlagen und Answin fragte sich sicherlich hundert mal, wie das geschehen konnte. Die zweite lief davon und wehrte sich so vehement dagegen, den Tempel wieder zu betreten, dass Answin mit zerschunden Armen schließlich den Versuch aufgab. Die dritte Katze schließlich verschwand einfach, und so intensiv er auch suchte, er konnte sie weder tot noch lebendig finden. | |||
So entschied er sich schließlich für seine letzte verzweifelte Idee: er schloss einen Pakt mit den Tieren. Jeden Abend stellte er einen Teller mit ein wenig Brot, Speck und Käse an die Kellertreppe. Morgens war das meiste verschwunden und im Gegenzug ließen die Mäuse die Bücher in Ruhe. | |||
Er wusste nicht, was ihn mehr überraschte: dass er verzweifelt genug für diesen Schritt gewesen war, oder dass er funktionierte. | |||
Im Laufe der Jahre freundete er sich mit den Mäusen an. Dies lag hauptsächlich daran, dass sein Ziel, den Bewohnern Tannwirks den Hesindeglauben näher zu bringen, mehr oder weniger katastrophal scheiterte. In den Tempel hatten sie sich sowieso nie verirrt, aber als er während einer Predigt auf dem Marktplatz offen gegen allzu blinden Gehorsam gewettert hatte, sprachen sie nicht einmal mehr mit ihm. | |||
So blieben ihm nur die Mäuse und insgeheim argwöhnte er, dass diese ohnehin klüger waren. Vor allem Pip. | |||
Ganz besonders Pip. | |||
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Aktuelle Version vom 28. Februar 2014, 17:15 Uhr
Answin von Prailind, Hesindegeweihter und Praetor der Trutzburg der Weisheit in Tannwirk, sprach mit Mäusen.
Nicht mit allen natürlich, manche von ihnen waren arrogante, kleine Dreckskerle! Aber mit Pip redete er gerne. Er hatte sich zwar nicht vorgestellt, doch Answin fand, dass er wie ein Pip aussah, mit seinen dunklen Knopfaugen und den weißen Schnurrhaaren. Vielleicht auch wie ein Maxi, (aber groß war er nun wirklich nicht!), und nichts läge dem Geweihten ferner, als sich über die Maus lustig zu machen.
Natürlich wusste Answin, dass Mäuse nicht sprechen können, daher musste er notgedrungen den mausigen Part der Konversation mit piepsiger Stimme selbst übernehmen. Er war sich auch darüber im Klaren, dass sein Verhalten im besten Fall als leicht wunderlich, viel eher aber als total verschroben abgetan würde, sollte es je bemerkt werden. Darum achtete er strengstens darauf, mit Pip nur laut zu reden, wenn sie allein waren. In Anwesenheit der anderen Geweihten ignorierte er den Mäuserich geflissentlich, was diesem aber nichts auszumachen schien.
Im Grunde seines Herzens wusste Answin, dass er wirklich, wirklich einsam war. Früher hatte das Feuer des Glaubens heiß in ihm gebrannt. Jetzt aber musste er sich eingestehen, dass auch ein noch so gutes Buch nachts das Bett nicht so wärmen kann, wie der Leib einer Frau. Er konnte nicht sagen, seit wann er so empfand. Vielleicht als er merkte, dass seine Versuche, Weisheit unter die Bauern Tannwirks zu tragen, zum Scheitern verurteilt waren. Vielleicht als die beiden Geweihten aus dem Horasreich gekommen waren, die sich viel lieber untereinander als mit ihm unterhielten. Wahrscheinlich gab es aber wohl kein konkretes Erlebnis.
Damals hatte er ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, sich eine veritable Trunksucht anzueignen (er hatte gehört, sein Vorgänger habe es so gehalten), aber ein Blick in die Tempelkasse hatte auch diesen Plan zum Scheitern gebracht. Zum Glück lernte er da Pip kennen.
Er kannte ihn seit nunmehr über 20 Jahren (was ein mehr als nur erstaunliches Alter für eine Maus war, was Answin jedoch nicht bewusst war). Als er den Tempel übernahm, hatte er einen regelrechten Krieg gegen die bücherfressenden Mäuse von Tannwirk geführt. Die damalige Tempelkatze war ein faules Mistvieh, deren Leben nur aus zwei Tätigkeiten zu bestehen schien: schlafen und sich direkt vor Answins Füße zu schleichen, um ihn zum Stolpern zu bringen.
Irgendwann war es ihm zu dumm geworden und er besorgte sich mechanische Mäusefallen, ein ganzes dutzend. Tag um Tag fand er jedoch weder die Köder noch eine einzige tote Maus. Als er dann eines morgens in eine Mausefalle trat, die er am Abend zuvor sicher nicht vor sein Bett gestellt hatte, fasste er einen neuen Plan.
Er besorgte sich in den umliegenden Dörfern die drei fiesesten, gewalttätigsten und rundheraus bösartigsten Katzen, die er finden konnte. Die Vorfreude seines Sieges wurde zwar ein wenig durch die zahllosen Bisse und Kratzer getrübt, die er sich beim Transport zugezogen hatte, doch seit langem konnte er sich abends völlig zufrieden ins Bett legen. In der folgenden Woche allerdings wurde eine Katze von einem herabstürzenden Folianten erschlagen und Answin fragte sich sicherlich hundert mal, wie das geschehen konnte. Die zweite lief davon und wehrte sich so vehement dagegen, den Tempel wieder zu betreten, dass Answin mit zerschunden Armen schließlich den Versuch aufgab. Die dritte Katze schließlich verschwand einfach, und so intensiv er auch suchte, er konnte sie weder tot noch lebendig finden.
So entschied er sich schließlich für seine letzte verzweifelte Idee: er schloss einen Pakt mit den Tieren. Jeden Abend stellte er einen Teller mit ein wenig Brot, Speck und Käse an die Kellertreppe. Morgens war das meiste verschwunden und im Gegenzug ließen die Mäuse die Bücher in Ruhe.
Er wusste nicht, was ihn mehr überraschte: dass er verzweifelt genug für diesen Schritt gewesen war, oder dass er funktionierte.
Im Laufe der Jahre freundete er sich mit den Mäusen an. Dies lag hauptsächlich daran, dass sein Ziel, den Bewohnern Tannwirks den Hesindeglauben näher zu bringen, mehr oder weniger katastrophal scheiterte. In den Tempel hatten sie sich sowieso nie verirrt, aber als er während einer Predigt auf dem Marktplatz offen gegen allzu blinden Gehorsam gewettert hatte, sprachen sie nicht einmal mehr mit ihm.
So blieben ihm nur die Mäuse und insgeheim argwöhnte er, dass diese ohnehin klüger waren. Vor allem Pip.
Ganz besonders Pip.