Geschichten:Natternbrut - Tragisches Treideln: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 28. Februar 2014, 16:58 Uhr

Feste Bogenbrück, 26. Tsa 1036 BF, Auszug aus dem Bericht an den ersten polizeylichen Aufklärer der Grafschaft Hartsteen

1.) Aussage von Brendil Bugenhoger, 42 Götterläufe, Anführer einer Gruppe Natterntreidler

„Angeheuert wurden wir [Anshag „Halberork“ Treidlinger & Perlinde „Mannweib“ Natzung] vor einer Woche von einem Soldaten im Wappenrock des Grafen. Er ließ uns einen Schwur beim Herren Phex schwören, dass wir kein Sterbenswörtchen über die Aktion verlieren dürfen. Der verabredete Preis waren 10 Dukaten, davon gab er uns die Hälfte vorab. Worum es eigentlich ging, erfuhren wir erst kurz vor Abfahrt. Jedenfalls mussten wir am 25. in Rabensbrück schon die Kisten auf den Kahn laden. Ich weiss nicht, was drin war, aber der Kahn lag danach ziemlich tief im Wasser. Anshag [Treidlinger] hatte zu viel gesoffen, weshalb das Mannweib [Perinde Natzung] und ich die ganze Arbeit verrichten mussten. Beaufsichtigt wurden wir dabei von dieser alten Rondra-Geweihten aus dem Nachbarflecken. Hat die ganze Zeit grimmig geschaut und darauf geachtet, dass keiner von uns dreien mehr Zeit bei den Kisten verbrachte als nötig. Neben der Rondra-Geweihtin war noch diese feine Dame anwesend, die sich aber hauptsächlich im Hintergrund aufgehalten hat. Aufgebrochen sind wir dann weit vor Morgengrauen. Kurz bevor wir los sind, sag ich noch zur [Perlinde] Natzung, dass die Wellen der Natter seltsame Geräusche machen, fast wie ein Schmatzen oder Rülpsen. War aber nichts zu sehen und dann habe ich nicht mehr dran gedacht. Wir haben die dreissig Meilen stromaufwärts in guter Zeit geschafft, der Treidelweg war gut begehbar und vom Frost noch ganz hart. Auf dem Fluss war der übliche Verkehr, einzelne Kähne nach Rommilys und ein paar Fischerboote. Die beiden Frauen waren auch die einzigen Passagiere bei der Fracht, viel haben sie sich nicht unterhalten. Kurz vor dem Seitenarm der Natter, wo es zum Efferdsquell geht, sollten wir übersetzen, um sie in den Schlund zu ziehen. Während wir als mit einem kleinen Floss übersetzten, gab es ein lautes Krachen und Schreien. Ich habe genau gesehen, wie aus der Flut ein grausiges, beschupptes Wesen aufstieg, seine Pranken in die Seitenwände des Kahns schlug und riesige Löcher hinein riss. Das war ganz klar der Natternunhold, so wie mein alter Oheim ihn beschrieben hat, der ihn kurz vor seinem Tod gesehen hat. Das war kurz nachdem die Oger das Reich angegriffen haben und mein ältester Bruder als Soldat an der Trollpforte gefallen ist. Sowohl die grimmigen Augen, sowie die glitzernden Schuppen und das schreckliche Kreischen waren genauso, wie mein Oheim es immer beschrieben hat. Mir gefror das Blut in den Adern und ich habe den Zwölfen gedankt, als wir lebendig das andere Ufer gekommen sind. Da war der Kahn auch schon gesunken und der Natternunhold hatte die Geweihte und die feine Dame bereits zu sich in das kalte Grab geholt.“

2.) Aussage von Anshag Treidlinger, 39 Götterläufe, Natterntreidler

„Ich arbeite jetzt seit zehn Götterläufen für [Brendil] Bugenhoger, gleich nachdem ich aus der Reichsarmee ausgetreten bin. So bin ich um Wehrheim und die ganze dreckige Schoße des Jahrs des Feuers herumgekommen, von den alten Kameraden ist ja kaum einer mehr lebendig zurück gekommen. Treideln ist ehrliches Handwerk, wenn mir auch in den Fehdejahren meine Ausbildung an der Waffe das eine oder andere Mal sehr dienlich war. Der letzte Auftrag war wohl von irgendeinem reichen Adligen, der seine Gattin und eine unerträgliche Rondrianerin geschickt hat. Wir sollten irgendetwas von Rabensbrück nach Nettersquell treideln, etliche Holzkisten. Ich hatte mir den Rücken verhoben, so dass ich nicht beim Einladen mithelfen konnte. Also habe ich einen guten Blick auf die Umgebung werfen können, und da habe ich den Zwerg das erste Mal gesehen. Da war erst eine Bewegung im Augenwinkel und dann habe ich den kleinen Kerl zwischen den Kisten verschwinden sehen. Ich bin sofort hinterher und wollte ihn ergreifen, als mich diese giftgeifernde Rondrianerin am Kragen packte und mir eine ungebetene Moralpredigt hielt. Ich habe nur noch sehen können, wie der Zwerg, der hinter den Kisten kauerte, sich eine Kappe aufsetzte und dann verschwand! Ich habe der Geweihten davon erzählt, aber die hat mich nicht für voll genommen. Es ist ja eine gängige Erfahrung mit diesen hochnäsigen Löwinnendienern, dass sie auf das Wort von einfachen Soldaten nicht viel geben. Jedenfalls sind wir dann beim ersten Sonnenstrahl aufgebrochen und sind auch gut vorangekommen. Am späten Nachmittag etwa wollten wir nach Nettersquell einbiegen, als ich den Zwerg auf einmal auf dem Kahn wieder gesehen habe. Hämisch gegrinst hat er und mit einem Zwergenschlägel den Kahn, der ziemlich tief im Wasser lag, ein so großes Loch geschlagen, dass das Boot in wenigen Augenblicken untergegangen ist. Wir wollten noch helfen, aber es war zu spät.“

3.) Aussage von Perlinde Natzung, 23 Götterläufe, Natterntreidlerin

„Ich arbeite als Treidlerin seitdem mein Gatte im Suff vor drei Jahren den Hof in Natzungen verspielt hat. Seitdem habe ich nichts mehr von dem Idioten gehört, wahrscheinlich lebt der inzwischen in der Gosse in Gareth, da wollte der jedenfalls immer hin. Der letzte Auftrag nach Nettersquell war schon etwas Ungewöhnliches. Vor allem weil die Gräfin selber mit an Bord war, ich habe sie nämlich erkannt, weil ich zur Grafenkrönung in Hartsteen war. Ich habe aber nichts gesagt, denn offensichtlich sollte niemand erfahren, dass die Hartsteens irgendein Geschäft mit dem Nettersqueller treiben, jedenfalls hat sich die Gräfin die ganze Zeit sehr schweigsam und zurückhaltend gegeben. Die Fahrt ging soweit ereignislos vor sich, bis wir kurz vor Nettersquell waren. An der Stelle ist die Natter sehr tückisch, da sind schon andere Kähne, die weit weniger beladen waren, gegen irgendwelche Steine unter der Wasseroberfläche getrieben und Leckgeschlagen. Soweit ich aber weiß, ist da bisher noch nie ein ernster Unfall geschehen. Als wir gerade übersetzen muss eine der Halteleinen gerissen sein, die den Kahn auf dem Fluss halten sollte. Und dann muss der Kahn unkontrolliert in die Untiefe getrieben sein, wo er sofort unterging. Treidlinger hat die ganze Zeit über streng nach Schnaps gestunken und irgendeinen Unfug von Zwergen gefaselt. Und Bugenhoger erzählt jedem, der es hören will, wieder und wieder diese Geschichte von dem Natternunhold und seinem Oheim. Er hat dann auch die Nerven verloren und durch seine völlig verwirrte Reaktion haben wir die nötige Zeit verloren, um den beiden Frauen noch irgendeine Hilfe zukommen zu lassen. Ein bitterer Unfall war das und eine echte Tragödie für den armen Grafen.“



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26. Tsa 1036 BF
Tragisches Treideln
Löwe gegen Schlange


Kapitel 7

Autor: Hartsteen