Geschichten:Die Lanze des Löwen - Eslamsgrunder Hölzchenziehen: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 28. Februar 2014, 16:40 Uhr
30ter Peraine 1036 BF
Missmutig stand Heidrik von Sturmfels im Hof der Akademie und blickte auf seinen Großonkel Voltan, der unter den Schülern als einer der härtesten Ausbilder galt. Mit seinem zackigen Gebell hatte der altgediente Veteran ihn, Davina, Fruma und Rinaldo vor wenigen Minuten aus ihren Zimmern gescheucht.
„Ihr wollt bald Eure Kriegerbriefe in den Händen halten, Kadetten?“, brüllte er. „Dann solltet Ihr vielleicht noch ein wenig an Eurer Geschwindigkeit feilen, wenn Ihr zusammengetrommelt werdet! Hätten wir vor Jergan so rumgegammelt wie Ihr Schnecken, wäre der Dschungel über uns gewachsen, bevor wir die Schwerter gezogen hätten!“
Heidrik unterdrückte ein Seufzen und zwang sich wie seine Mitkadetten in ordnungdgemäßer Positur strammzustehen, während Voltan nun in die Seitentasche seines speckigen Lederwamses griff und vier angeknitterte, aber gesiegelte Briefe hervorkramte.
„Für jeden von Euch ist eines der Pergamente bestimmt, Kadetten,“ verkündete Heidriks Großonkel, während er die Papiere demonstrative in die Höhe hielt .
Die vier zukünftigen Akademieabgänger versuchten ihren Blicken die Neugier nicht ansehen zu lassen, und dennoch konnte sich die kleine, zähe Davina nicht zurückhalten: „Was für Schriftstücke sind das?“
Heidrik erwartete ob dieser kecken Nachfrage ein neuerliches Donnerwetter Voltans und begann, sich innerlich dafür zu wappnen, doch der Sturmfelser schnaubte nur verächtlich durch die Nase.
„Anweisungen des Herrn vom Berg für die bevorstehende Reise.“
Heidriks angedeutetes Stirnrunzeln erfor auf seiner Stirne, als Rinaldo einen flotten Schritt auf den Ausbilder zutrat, um die Pergamente näher in Augenschein zu nehmen.
„Na prima“, knirschte der junge Liebfelder. „Welches ist meines?“
„Pfoten weg, impertinenter Bursche“, ranzte Voltan ihn an. „Ihr kennt doch das Faible des Akademieleiters für allerlei krude Spiele. Sein Geheiß war, dass ein jeder von Euch eines ziehen solle. Aber merkt Euch eins: Die Schlacht von Jergan wurde eben nicht auf einem Spielbrett gewonnen!“
Heidrik zuckte ein wenig innerlich zusammen, verstand er die Spitze gegen Herrn Konnar vom Berg zwar sehr wohl, doch wusste er auch, dass sein Großonkel sich wissentlich irrte. Denn der ehemalige Baron von Jennbach war, trotz Voltans Unterstellungen, bei nahezu jeder der bedeutenden Schlachten der Vergangenheit dabei gewesen, von der Dritten Dämonenschlacht bis hin zum Gang der Drei Kaiser, wo Dom Konnar gar für einen kurzen Moment die Klingen mit seinem verhassten Vetter, dem Reichsverräter Leomar, gekreuzt hatte, bevor sie im Schlachtengetümmel voneinander getrennt wurden. Selbst auf dem Mythraelsfeld soll der Akademieleiter gewesen sein, wo er angeblich seine quer über das Gesicht velaufene Narbe erhalten hatte und sein Haar durch die Schrecken jenes Tages schlohweiß geworden war. Heidrik wusste zwar, dass dies nur ein Gerücht und wahrscheinlich auch falsch war, und dass die Geschichte, die Davina ausgegraben hatte – dass nämlich jene äußerliche Zeichnung Herrn Konnars von einer Expedition in die schwarzen Lande vor vielen Jahren herrührte -, doch tat dies der kriegerischen Eignung des ehemaligen Barons keinen Abbruch. Erst vor gut einem Jahr war der Akademieleiter für Wochen verschwunden gewesen, und die Schüler munkelten, dass sich Dom Konnar in den Wirren der Befriedung der Wildermark abermals auf die Fährte seines verräterischen Vetters gesetzt hatte.
Fruma war indessen ebenfalls zu Voltan getreten. „Dann lasst mich eines ziehen, Herr von Sturmfels. Ich beabsichtige nicht, mein Schicksal durch das letzte Pergament, das übrig bleibt, bestimmen zu lassen.“
„Wohlan denn“, verkündete Voltan und hielt den vier Kadetten die gesiegelten Briefe entgegen.
Heidrik wartete geduldig, bis seine Kammeraden jeweils eines der Schriftstücke gezogen hatten und nahm dann schulterzuckend das letzte, das sich noch in den Händen seines Großonkels befand. Schweigend erbrach er das Siegel, entfaltete das Pergament und las, wobei er, wie es seine Art war, die Worte leise mit den Lippen formte.
„Abgänger des Götterlaufes 1037,
Auf der bevorstehenden Reise, die ich in ritterlicher Tradition zu unternehmen gedenke, werdet Ihr mir als meine Lanze Begleitung sein. Der Empfänger dieses Schreibens ist dazu ausersehen, mir als Bannerträger zur dienen. Über die damit einhergehenden Verpflichtungen und Aufgaben seid Ihr während Eurer Ausbildung unterrichtet worden. Rüstet Euch wohl für diese Aufgabe.
Zeichen und Siegel des Hauses vom Berg“
Heidrik faltete das Schreiben bedächtig wieder zusammen und blickte fragend in die Runde.
„Wie es scheint, darf ich dem Herrn als Schreiber assistieren“, frohlockte Davina, die augenscheinlich mit Ihrem Los zufrieden war.
„Und ich kann mich als Waffenknecht beweisen“, gab Fruma kund.
Während Rinaldo mit leichtem Lächeln stöhnte: „Während für mich wohl nur übrig bleibt, hinter seiner Wohlgeboren herzuräumen und ihm das Wams zu schnüren… Das kann ja heiter werden.“