Geschichten:Dreihügeler Familienzusammenführung - Unruhige Nachtruhe: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 10. September 2014, 20:04 Uhr
Unruhige Nachtruhe
Waldstein, auf der Straße nach Greifenfurt, Mitte Praios 1036 BF
Ein dumpfes Geräusch ließ Wulfhart mitten in der Nacht aus seinem leichten Schlaf aufschrecken. Ein rascher Blick zum Wagen, wo Leuthardt Wache halten sollte, zeigte ihm eine kleine Gruppe dunkler Gestalten, die vom schwachen Mondlicht beschienen wurden. Von seinem Knappen fehlte jede Spur. Fast sofort war er auf den Beinen und hatte sein griffbereit liegendes Schwert blank gezogen. Das Geräusch des Stahls ließ die Gruppe kollektiv zusammenzucken.
"WER DA? GEBT EUCH ZU ERKENNEN IN PRAIOS NAMEN!" Der Greifenfurter Ritter trat gegen die Glut und ließ das niedergebrannte Feuer damit ein wenig aufflammen. Er erkannte vier Menschen, drei Männer und eine Frau, die in lederne Kleidung gehüllt waren und schwere Knüppel in den Händen trugen. Einer der Unbekannten ließ ein kleines Kästchen fallen, dass er offensichtlich gerade vom Wagen genommen hatte. Zwischen ihren Füßen lag Leuthardt am Boden, der offensichtlich bei der Wache überrascht und niedergeschlagen worden war. Zu Wulfharts Erleichterung war sein Knappe aber noch bei Bewusstsein und versuchte gerade wieder sich aufzurappeln.
"Verdammt, da ist noch einer! Los, macht ihn fertig."
Der größte der Männer zeigte mit der freien Hand auf den Ritter. Sofort wandten sich die anderen drei gegen Wulfhart und kamen mit bedrohlich erhobenen Knüppeln auf ihn zu. Der Ritter warf einen schnellen Blick in die Runde und entschied sich dann dazu nicht abzuwarten, bis sie ihn erreicht hatten. Er stürmte auf die Frau zu, die rechts von ihren Gefährten ging, um so zwischen die Angreifer und das Zelt mit Rahjamunde und Edelbrecht zu kommen. Überrascht von seinem Ausfall vergaß die Räuberin sich zu verteidigen. Als Wulfharts Schwert sich wuchtig zwischen Halsbeuge und Schlüsselbein grub, sah sie noch einen Moment ungläubig auf den blanken Stahl, bevor sie stöhnend zusammenbrach. Ihre Spießgesellen waren nun jedoch gewarnt und näherten sich dem Ritter deutlich vorsichtiger. Mit einem Handzeichen verständigten sie sich und nahmen den Greifenfurter nun von zwei Seiten in die Zange. Fast gleichzeitig schlugen sie zu und Wulfhart blieb nichts übrig, als sich einen Schritt in Richtung des Zeltes zurückzuziehen. Doch ihm fiel auf, dass die Räuber ihren Abstand nach dem ersten Angriff nicht einhielten, sondern ihm stur folgten und dadurch wieder zusammenrückten. Bei jedem der folgenden Schläge zog sich Wulfhart nun ein wenig weiter zurück und beließ es dabei zu parieren. So zog er seine unerfahrenen Gegner immer weiter zusammen und als er nur noch einen Schritt vom Zelteingang entfernt war, standen sie wieder Seite an Seite vor ihm. Dass er nicht weiter zurückweichen konnte, war auch den Räubern nicht entgangen, die mit jedem Schritt Boden, den sie dem Ritter abgenommen hatten, selbstsicherer geworden waren. Erneut gelang es Wulfhart, sie mit einem Ausfall zu überraschen. Sein Schwert bohrte sich in die Magengrube des rechten Angreifers, der vor Schmerzen gekrümmt auf die Knie fiel. Zu Wulfharts Pech blieb das Schwert im Leib des Getroffenen stecken und wurde ihm aus der Hand gerissen. Der zweite Angreifer nutze seine Chance sofort und schlug zu. Reflexartig hob der Ritter den Schildarm um die schwere Keule abzulenken. Kleine eiserne Dornen bohrten sich in seinen Unterarm und ließen ihn vor Schmerz aufkeuchen. Doch bevor der verbliebene Räuber seinen Vorteil weiter ausnutzen konnte, hatte Wulfhart seinen Langdolch aus dem Gürtel gezogen. Vom Wagen her erklang ein weiterer Schmerzenslaut. Besorgt schaute der Räuber zur Seite und sah seinen Bandenchef in die Dunkelheit entfliehen. Einen derben Fluch ausstoßend sprang er über seinen sterbend am Boden liegenden Kumpan hinweg und war innerhalb weniger Augenblicke ebenfalls im Wald verschwunden.
Wulfhart wollte nach seinem Knappen schauen, doch Leuthardt kam sogleich hinter dem Wagen hervor in den Feuerschein getreten. Seine hellblonden Haare waren blutgetränkt, aber auch an seinem gezückten Kurzschwert schimmerte es dunkelrot. Er wankte, als er auf seinen Ritter zuging und ihm ein kleines Kästchen übergab, doch er hielt sich mit sichbarer Mühe aufrecht.
"Als er den Zweiten fallen sah, schnappte er sich das hier und wollte fliehen. Zu seinem Pech dachte er wohl, ich sei schon erledigt, und hat nicht mehr auf mich geachtet. Ich erwischte ihn noch an der Hand und er verlor das Kästchen zusammen mit einem seiner Finger." Leuthardts Blick war so grimmig, wie er bei einem Dreizehnjährigen nur sein konnte, aber er senkte auch sofort schuldbewusst den Kopf. "Bitte verzeiht mir meine Unachtsamkeit, Herr. Ich habe mich auf meiner Wache von diesen Dieben übertölpeln lassen."
"Oh nein!" Hinter den beiden hatte Rahjamunde, nachdem die Kampfgeräusche verstummt waren, vorsichtig die Zeltplane geöffnet und hinausgespäht und hatte jetzt das blutverschmierte Kästchen in der Hand des Ritters entdeckt. Sie richtete den Blick fest auf Wulfharts Gesicht, um nicht in die starren Augen der am Boden liegenden Toten blicken zu müssen. "Seid Ihr schwer verletzt worden?"
"Kaum mehr als ein paar Kratzer, und die Knochen sind wohl auch heil geblieben." Er bewegte probeweise seinen verletzten Arm und reichte Rahjamunde dann das Kästchen. Sie nahm es erst nach kurzem Zögern entgegen, wobei sie darauf achtete, es an einer unbeschmierten Ecke zu greifen. "Seid so gut und kümmert Euch um Leuthardt. Ich werde derweil unser Lager säubern."
"Natürlich. Kommt mit mir ans Feuer, junger Mann." Die Edeldame verschwand eilig wieder im Zelt und kam kurz darauf mit einem großen Leinentuch und einem kleinen Messer wieder zurück. Hinter ihr kam nun auch Wulfharts Page heraus und sah mit großen Augen auf den verwüsteten Lagerplatz. "Edelbrecht, geh bitte und hole sauberes Wasser aus dem Bach. Ich will die Wunde erst waschen und sehen, wie schlimm es ist."
Der Greifenfurter Ritter säuberte erst sein Schwert an der Kleidung des toten Mannes und machte sich dann daran, im Schein einer Fackel nach einem geeigneten Baum zu suchen. Nachdem er eine alte Eiche ein paar Dutzend Schritt weiter am Wegesrand gefunden hatte, holte er sich zwei Stück Seil und knüpfte die toten Räuber an einen starken Ast. Mochten ihre Spießgesellen sie holen, um sie borongefällig zu begraben, oder sich die wilden Tiere darum kümmern. Wulfhart war es gleich. Die wenigen Habseeligkeiten und Münzen aber, die die beiden dabei gehabt hatten, nahm der Ritter an sich, um sie in Kressenburg den Kirchen zukommen zu lassen.