Geschichten:Trügerischer Schein - Teil 85: Seegefecht I: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 13. Dezember 2022, 12:17 Uhr

Baronie Wasserburg, auf dem Darpat, später Praios 1034 BF


Das schlechte Wetter machte den erfahrenen Seemännern und -frauen der Admiral Dozman nur wenig aus. Der Regen und die Wolken behinderte allerdings ihre Sicht und sie mussten schon sehr genau hinsehen, wollten sie etwas durch diese Regenwand hindurch erspähen. Doch war dies nichts, verglichen mit einem Sturm auf hoher See. Der Sturmfelser stand konzentriert neben dem Ruder und starrte in die Dunkelheit. An Tagen wie diesen vermochte ihn seine Arbeit auf dem Darpat zu erfreuen. Zu seinem Leidwesen waren sie jedoch selten geworden. Wenn es Schmuggler gab, dann würde es heute zum Kampf kommen. Nicht nur er war gespannt, was kommen würde. Hoffentlich endlich wieder einmal ein Gegner, der seiner Ausbildung und der Bireme gerecht würde. Auch die Frauen und Männern waren bereit. Die Waffen schon vor Stunden ausgegeben und Netze und Leinen gespannt worden.

„Wir sind schon zu weit gefahren, Kapitän!“, hörte Hakon seinen ersten Offizier neben sich sagen. „Wir haben die Anlegepunkte passiert.“ Der Kapitän musste seinem ersten Offizier zustimmen, sie waren schon zu weit und hatten nichts entdecken können. Aber bei diesem Regen war alles möglich. Doch auch das offensichtlichste mochte passiert sein, die Schmuggler hatten einen anderen Ort gewählt.

Er wollte bereits den Befehl zum wenden geben, als eine der Matrosin auf ihrem Spähposten etwas sah. „Abgedunkeltes Schiff backbord voraus, Kapitän!“ Der Sturmfelser spähte sofort mit zugekniffenen Augen in die gewiesene Richtung. Wirklich, das konnten Umrisse eines Schiffes sein, eines Schiffes ohne Positionsleuchten. Und das bei diesem Wetter. Also entweder mussten die dort drüben total verrückt sein oder sie hatten etwas zu verheimlichen. So oder so, Grund genug sich ihrer anzunehmen. Ohne sich zum ersten Offizier umzudrehen, gab er ruhig die nötigen Anweisungen. „Schiff klar zum Gefecht. Geschütze besetzen und ausrichten. Die Seesoldaten sollen die Bögen bereit machen.“ Wie zuvor besprochen, machte sich die Besatzung möglichst leise daran, die Anweisungen umzusetzen. Wer immer ihr Feind war, sie wollten ihn nicht unnötig auf sich aufmerksam machen.

„EIN SCHIFF!“, rief einer der Matrosen der Selene entsetzt, als er den schwarzen Schatten hinter sich erblickte. Fluchend wand sich auch die Kapitänin der Richtung zu, in der der Matrose deutete. „Bei allen Kreaturen der Niederhöllen! AUF EURE POSTEN!“ Omen stockte fast der Atem. Sie erkannte trotz der Dunkelheit den Bug der da auf sie zukam. Es war die Admiral Dozman. Also doch eine Falle … „Sardis, wenn Du Dein Gemächt nicht am Mast angenagelt sehen willst, dann rufst Du jetzt Shedir und verschaffst uns Zeit!“ Weitere Befehle brüllend eilte sie auf ihren Posten und hoffte inständig, dass die Zeit zur Flucht ausreichen würde. „Was ist mit Kraven und den anderen?“, fragte Sardis beiläufig, während er die Augen schloss und sich auf seine Kreatur konzentrierte. 
„Kümmere Du Dich nur um Shedir, alles andere ist zweitrangig“, blaffte Omen zurück, wusste sie doch, dass sie verloren waren, würde die Dozman erst einmal ihren Rammbock in die Selene bohren. Die vielen Geschütze gar nicht mitgerechnet war die Dozman alleine von der Besatzung her ihnen weit überlegen. Flucht … Das war die einzige Möglichkeit …

Erleichtert stellte sie fest, wie sich neben der Selene der riesige Kopf Shedirs aus dem Wasser schälte und sich mehr als 5 Schritt in die Luft erhob, bevor das Untier einen infernalischen Schrei ausstieß. Jetzt oder nie… Die Selene nahm Fahrt auf und hoffte in der Dunkelheit zu entwischen, während die Dozman sich mit Shedir beschäftigen würde.

„Seeschlange backbord voraus!“, hallte sofort der Ruf von der Dozman zur Selene herüber. Sie hatten Shedir entdeckt. „Aufblenden!“ Hakon war zur Reling geeilt und brüllte seine Befehle zur Besatzung hinab. Der Feind hatte sie entdeckt und gebot offenbar über eine Seeschlange. Nun galt es nicht länger Heimlichkeit zu wahren, sondern möglichst gute Sicht zu haben. Schon wurden die Sturmlaternen aufgeblendet und tauchten die Bireme und das umliegende Wasser in einen unheimlichen Schein. „Hornissen klar, Schützen bereit halten! Harpunen ausgeben!“ Der Kapitän hatte nie selbst gegen eine dieser Kreaturen gekämpft, doch er hatte mehr als einen Bericht über einen Kampf gehört oder gelesen. Sie würde versuchen sie zu untertauchen. Womöglich Ruder beschädigen und dann über die Reling angreifen. Das war zugleich ihre Chance. Wenn sie dicht genug heran käme, könnten sie das Untier treffen.

Der Blick des Kapitäns galt aber auch dem Segler, der versuchte zu entkommen. Mochten Efferd und Rondra geben, dass sie das Untier nicht zu sehr aufhielt. „Rotze mit Öl bereit machen. Freies Feuer auf das Schiff!“ Auf die Entfernung würden sie nicht gut treffen. Doch darum ging es ihm nicht. Würden sie treffen, könnten sie das Schiff besser verfolgen. Es war normales Brandöl, doch auch das konnte einen lange genug beschäftigen, wie er selbst mehr als einmal erlebt hatte. Der erste Schuss ging fehl und der Darpat wurde einige Augenblicke von dem brennenden Öl erleuchtet. Beim nächsten Schuss traf das Geschoss jedoch den Heckaufbau des Schiffes. Nun war das Schiff auch erstmals klarer zu erkennen. Es schien eine Art Thalukke zu sein. Doch die Besatzung der Dozman konnte sich kaum über diesen Erfolg freuen, kam doch das Untier schnell heran. Als wolle es die Bireme seitwärts rammen, schoss es auf sie zu. Sein Kopf ragte nur leicht aus den Fluten. Schon feuerten die beiden Hornissen der Dozman. Die kleinen Geschosse schienen das Monster jedoch kaum mehr den Fliegen zu stören. Schnell folgten die Harpunen der Frauen und Männer und Pfeile sausten durch die regnerische Nacht. Kurz vor der Dozman tauchte das Tier dann unerwartet ab und verschwand in den dunklen Fluten. Hatten sie getroffen?

Nur kurz darauf tauchte das Tier in der Nähe des Hecks der Dozman auf. Erneut ließ es seinen Schrei ertönen, der nicht wenigen kalten Schauer über den Rücken jagte. „Das Vieh ist schnell“, kommentierte Maat Dergelstein das Auftauchen an unerwarteter Stelle. Erneut schoss es kurz darauf auf die Dozman zu. Dieses Mal traf immerhin eine der Harpunen eindeutig und ragte aus seinem Leib hervor. Sie ragte auch kurz darauf noch aus dem Tier, als es auf der Backbordseite der Dozman wieder auftauchte. Einmal mehr wiederholte die Seeschlange ihren Angriff. Als sie sich darauf auf der Steuerbordseite zeigte, schoss auch die noch immer mit Brandgeschossen geladene Rotze auf das Untier. Der Treffer an seinem Kopf wurde von der Besatzung mit begeisterten Hochrufen quittiert. So am Kopf getroffen, tauchte es gleich wieder ab und es blieb nur das auf dem Wasser treibende und brennende Öl zurück.

Die Mannschaft starrte aufmerksam in die Nacht und suchte das Wasser ab. Das Schiff des Feindes war schon kaum noch auszumachen. Wo mochte das Vieh als nächstes auftauchen? Auch Hilberian von Sandfelden blickte am Bug auf das Wasser. Plötzlich schraubte sich nicht unweit von ihm der Kopf des Tiers mehrere Schritt aus dem Wasser. Der erste Offizier starrte das Untier an. Es dauerte eine ganze Weile, bis es ihm auffiel. Die Pfeile der Seegardisten trafen es noch und blieben dort stecken. Doch flog die Harpune dort nicht durch das Tier? Schon war es wieder verschwunden.

Konnte es sein? „Dergelstein, übernehmt den Bug!“ Noch während er den Befehl gab, bahnte er sich den Weg zum Sturmfelser. Bevor dieser noch fragen konnte, was das Verlassen seines Kommandos bedeutete, rief er seinem Kapitän zu, mit was sie da kämpften. „Es ist eine Illusion, Sturmfels! Die Geschosse gehen durch.“ Erst jetzt fiel dem Sturmfelser ein, was er schon vor Monden gesagt hatte. Die Spuren passten nicht zu einer Seeschlange. Auch Hochwürden Taseco war es damals komisch vorgekommen. Hätte eine Seeschlange nicht auch schon lange tatsächlich angegriffen? Ruder beschädigt? Da brach das Tier schon an anderer Stelle erneut hervor. „Kein Feuer auf die Seeschlange! Es ist eine Illusion!“ Und tatsächlich, jetzt fiel es auch anderen auf. Dort wo sie eindeutig getroffen hatten, zeigten sich keinerlei Wunden. War der Kamm der Schlange vorhin nich auch anders gewesen? Beinahe schien es, dass die Illusion an Kraft verlor, desto weiter das feindliche Schiff sich entfernte …

„Der Feind hat uns zum Narren gehalten! Nun soll er sehen, was in der Dozman und ihrer Besatzung steckt!“ Hakon stand an der Reling und er war nicht der einzige, der darauf brannte dem Feind diese Narretei zu vergelten. „Dozman auf Geschützreichweite heranbringen. Offiziere zu mir!“




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Texte der Hauptreihe:
K99. Politik
Autor: Eslam, Hakon