Geschichten:Im Sturm - Gesandter eines Grafen: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 12. Februar 2016, 15:15 Uhr

Festung Feidewald, 03. Efferd 1030 BF


Hadrumir sah die Festung Feidewald nicht zum ersten Mal, trotzdem hatte er ein flaues Gefühl im Magen. Würde er jetzt die lange erwartete Rache Geismars zu spüren bekommen? Er lenkte sein Pferd auf den Hof.

Ungefähr zwei Stunden später saß er mit Anselm von Quintian-Quandt in einem kleinen Arbeitszimmer. Der Baron zu Hutt hatte Hadrumir Balihoer Bärentod eingeschenkt und begann das Gespräch sehr direkt: „Was wisst Ihr über die Baronie Natzungen?"

„Nicht viel! Wird doch von dieser Aldare von Natzungen regiert? Kenne da ein oder zwei Familien“, sprach Hadrumir emotionslos.

Anselm zeigte keine Reaktion. „Was wäre, wenn ich Euch sagen würde, dass Aldare von Natzungen tot ist? Tot, ohne einen Erben zu hinterlassen.“

Hadrumir nahm den angebotenen Schnaps, leerte das Glas und fragte: „Was geht mich das an?“

„Eine ganze Menge! Im Stammbaum derer von Natzungen taucht ein Name auf, den auch Ihr kennt: Bodebert von Windischgrütz!“

Jetzt hatte der Baron Hadrumirs Interesse geweckt. „Wie kommt dies?“

Anselm blätterte in seinen Notizen. „Nun, Gilbert von Windischgrütz hat Ehrtrut von Natzungen geheiratet. Diese hatte allerdings bei der Heirat ihren Familiennamen abgelegt. Leider konnte ich den Grund dafür nicht herausbekommen.“

„Diese Namen sagen mir alle überhaupt nichts!“ sprach Hadrumir nun eher gelangweilt.

„Dies ist bisher auch noch nicht von Brisanz. Aber die Mutter von Ehrtrut war Leowine von Natzungen, die Schwester von Wulfhelm von Natzungen. Dieser Wulfhelm war Baron in Natzungen von 946 bis 957 BF.“

„Na und? Glaubt Ihr, dass es mich interessiert, dass Bodebert eine entfernte Verwandte verloren hat?“

„Das ist ja eben das Problem. Wulfhelm hatte drei Kinder: Hagen, Wallmir und Larissa. Hagen wurde Baron und von seinen Töchtern Thyria und dann Maline beerbt. Maline hat dann den Titel an Aldare vererbt, eine Tochter Thyrias. Über Larissa konnte ich leider nichts in Erfahrung bringen. Wallmir hatte eine Tochter, welche als Answinistin verurteilt wurde und nach Rulat geschickt wurde.“

Langsam begriff Hadrumir. „Ihr wollt damit sagen, dass in der Hauptlinie keine Nachkommen mehr vorhanden sind.“

„Genau dies. De jure wäre damit Bodebert von Windischgrütz Baron von Natzungen“, sprach Anselm ruhig. „Er hat Luidor von Hartsteen bereits den Lehenseid geleistet.“

„Und was gedenkt Graf Geismar dagegen zu unternehmen?“

Anselm lehnte sich zurück. „Nun, bei meinen Recherchen habe ich festgestellt, dass diese Answinistin eine Tochter besitzt – Tanira von Natzungen. Leider ist sie der Armee beigetreten und für uns nicht auffindbar.“

„Das heißt, Bodeberts Anspruch ist unrechtmäßig!“

„Nun, ich denke, dass dies von den Windischgrütz ein wenig anders gesehen wird. Auf der einen Seite hat sich Aldare zu keiner Seite in der Natterndorner Fehde bekannt. Damit verfällt ihr Anspruch. Und auf der anderen Seite war Taniras Mutter Answinistin.“

„Und deshalb hat sie keinen Erbanspruch?“

„Es gibt da einige Präzedenzfälle. Die Entscheidungen waren meist Einzelfallentscheidungen, aber so wird man vermutlich argumentieren."

’Bin ich Schreibtischtäter’ fragte sich Hadrumir, dem dieses Geschwafel mittlerweile auf die Nerven ging. „Und warum habt Ihr mir dies alles erzählt?“

„Graf Geismar wird Euch nach Natzungen entsenden!“

Hadrumir schaute verwirrt. „Und was soll ich da?“

„Eure Aufgabe ist sehr klar: Verhindert mit allen Mitteln, dass Bodebert die Baronie unter Kontrolle bekommt. Als Begründung schiebt Ihr vor, dass Graf Geismar den Erbanspruch der Tanira von Natzungen prüfen lässt. Zieht so viele Familien Natzungens wie möglich auf Eure Seite!“

„Solltet Ihr dafür nicht vielleicht einen Politiker entsenden. Stellt mich vor ein militärisches Problem und ich löse es Euch!“

Anselm wirkte belustigt. „Ihr versteht mich nicht ganz. Seid lieber froh, dass Geismar Euch überhaupt noch traut. Ich war es, der ihm klar gemacht hat, dass man Euch noch brauchen kann. Ihr steht vor einem militärischen Problem. Die Familie Weisenstein hat sich nämlich auf die Seite Bodeberts gestellt. Er hat mit seinen Truppen in der letzten Woche Ebenhain verlassen und marschiert über Reichsgau in den Norden der Baronie. Es heißt, Luidor habe ihm die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt. Versteht diesen Auftrag als Bewährungsprobe!“

„Welche Mittel bekomme ich zur Verfügung gestellt?“

„Nur Eure eigenen Orbetreuer Schwingen! Ich sagte ja, dass dies eine Bewährungsprobe ist.“

„Na, dann muss ich Euch ja unheimlich dankbar sein!“ sprach Hadrumir sarkastisch.

Anselm von Quintian-Quandt lächelte: „Keine Angst, den Preis dafür werde ich Euch bei Gelegenheit nennen.“

Hadrumir wandte sich zum Gehen. ’Phexverflucht!’ dachte er bei sich.

„Ach, Schwingenfels! Eines noch: Da wir nicht wissen, was mit Tanira von Natzungen ist, wäre ich vorsichtig.“

„Inwiefern?“ fragte Hadrumir über die Schulter.

„Sie könnte sich auch in Natzungen befinden!“

Nun drehte sich Hadrumir erneut zu seinem Gegenüber. „Und wenn sie genauso wie Aldare keine Einmischung der Grafen in Natzungen wünscht?“

„Dann habt Ihr ein Problem. Graf Geismar hat mir aufgetragen, Euch mitzuteilen, dass Ihr in einem solchen Fall alles daran setzen müsst, ein Bündnis herzustellen!"

„Ein Bündnis? Also doch eine Aufgabe für einen Politiker!“

„Nicht wirklich! Euch stehen alle Kompetenzen zu. Macht mit Ihr, was Ihr wollt. Ihr könnt frei entscheiden. Keiner wird sich über Eure Entscheidungen beschweren. Entführt sie wegen mir nach Orbetreu. Ich habe mir sagen lassen, was das angeht, habt Ihr Erfahrung. Tragt aber Sorge dafür, dass ihr nichts geschieht. Sie könnte für die Sache Geismars nützlich sein. Das ist sie aber nur lebend! Ich hoffe, was das angeht, habe ich mich klar ausgedrückt. Wichtig ist, dass die Baronie nicht unter die Kontrolle Luidors fällt.“