Geschichten:Sommer auf Rosskuppe - Wo Rauch ist...: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 11. September 2014, 20:08 Uhr

Breitenau

In der Baronie Donfanger

Mitte Ingerimm 1033 BF

Dramatis Personae

Die Knappin und der Novize reihten sich hinter den Soldaten ein, die langsam eine Kette durch den Wald bildeten und nach und nach gen Südosten umschwenkten. Sobald sie allein waren übernahm Mechthild wie selbstverständlich die Führung und leitet ihr Pferd an den geeigneten Stellen sicher durch das Unterholz. Unter den Bäumen war die Mittagshitze inzwischen erdrückend und selbst der Schatten der Blätter bot kaum Linderung. Allenthalben knackten trockene Ästchen und raschelten vergilbte Blätter unter den starken Hufen der Pferde. Doch Insekten und Vögel hatten sich um diese Tageszeit zurückgezogen, so dass der Wald bis auf die gelegentlichen Rufe eines Soldaten ungewöhnlich still war.

Mit einem Mal traten die Bäume zurück und die beiden jungen Reiter standen mit ihren Tieren auf einer ausgedehnten Wiese. Mechthild sah sich sofort gen Norden um und er kannte tatsächlich den Taleinschnitt den Urion erwähnt hatte. Beruhigt, dass sie sich nicht verirrt hatten wollte sie sich gerade wieder abwenden, als ihr aus dem Augenwinkel eine kleine schwarze Rauchfahne auffiel.

„Siehst du das?“ Aufgeregt stieß sie Praiolin an, der sich erschrocken zu ihr umwandte.

Der junge Novize hatte mit der Hand über den Augen gen Süden gespäht um die Soldaten und seine Onkel zu finden, die wohl alle noch in dem Waldstück steckten. Reflexartig flog seine Hand an den Schwertgriff, bis er feststellte, dass keine akute Gefahr bestand. Mit zusammengekniffenen Augen sah er in Richtung des Taleinschnitts und erkannte nun auch den aufsteigenden Rauch. Der Ursprung war nicht zu erkennen, da ein kleiner mit Büschen bewachsener Hügel ihnen die Sicht versperrte. „Was kann das sein? Ein Lagerfeuer? Vielleicht sind dort Hirten oder Jäger die rasten.“

Mechthild neigte zweifelnd den Kopf. Seit frühester Kindheit war sie mit dem Wald aufgewachsen und hatte mit ihrem Vater und den Onkeln am Lagerfeuer gesessen. „Möglich. Aber für ein Lagerfeuer nimmt man trockenes Holz und dann müsste der Rauch heller sein. Bei der Hitze wäre ein Waldbrand möglich, aber dafür ist die Rauchsäule wieder zu klein. Irgendetwas stimmt da nicht. Lass uns auf den Hügel dort reiten, dann sehen wir besser.“ Sie fasste die Zügel entschlossen fester und trieb ihr Pferd an.

Schnell gewannen sie die Höhe des Hügels. Auf dem Rücken der Pferde konnten sie leicht über die niedrigen Sträucher auf der Kuppe hinwegsehen und hatten nun freie Sicht auf das Seitental. Neben den ausgedehnten Wiesenflächen fiel ihnen sofort ein kleiner Bergbauernhof ins Auge. Drei etwas windschiefe Häuser standen dort nahe am Talausgang, die man als Wohnhaus, Scheune und Stall erkennen konnte. Letzterer war unschwer als Ursache der Rauchfahne zu erkennen, stand er doch lichterloh in Flammen.

Mechthild sah die Bewegung neben sich und griff Praiolin in die Zügel. Der Novize hatte Anstalten gemacht seinem Pferd die Sporen zu geben und durch die Büsche hindurch zum Bauernhof zu reiten.

„Wo willst du denn hin?“

„Wir müssen doch helfen.“ Verständnislos sah der Junge die Knappin an. Er war sich sicher, dass sein Onkel Rondrian keine Sekunde länger gezögert hätte und zur Hilfe geeilt wäre. „Dort brauchen wahrscheinlich Menschen unsere Hilfe und sei es nur um das Feuer zu löschen.“

„Denk nochmal nach. Siehst du dort drüben irgend jemanden?“ Mechthild warf einen prüfenden Blick ringsherum bevor sie den Novizen wieder ansah. „Wer immer dort lebt, sollte das Feuer inzwischen bemerkt haben und versuchen es zu löschen. Aber niemand ist zu sehen. Und wir zwei stehen wie Statuen auf einem Marktplatz hier oben und sind weithin sichtbar. Das gefällt mir garnicht. Los, zurück zu den anderen. Baron Ardo und deine Onkel sollen entscheiden was hier zu tun ist.“

„Aber wir müssen doch helfen...“ Unentschlossen ließ Praiolin sein Pferd tänzeln, dessen Zügel Mechthild noch immer hielt.

„Was denkst du können wir beiden dort ausrichten? Wenn wir die anderen schnell finden, haben wir eine Lanze Grenzreiter. Was denkst du wie den Bewohnern des Hofes dort eher geholfen ist?“

Gegen seinen Willen überzeugt beugte sich der Junge ihren Argumenten und gemeinsam ritten sie zurück in Richtung des Waldes. Kurz bevor sie die Stelle erreichten an der sie die Bäume zuvor verlassen hatten, sahen sie bereits die ersten Soldaten auf sich zukommen. Winkend und rufend machten Mechthild und Praiolin auf sich aufmerksam um sie zu alarmieren.

Urion hing seinen Gedanken nach, während er dem Weibel bei der Erkundung in geringem Abstand folgte. Wie sollte er die komplizierte Situation mit dem Leutnant lösen. Es stand zweifelsfrei fest, dass der junge Offizier in Bezug auf die soldatischen Fähigkeiten und Verhaltensweisen Defizite hatte. Dennoch war er ein talentierter Taktiker und verfügte über eine gute Auffassungsgabe. All dies wollte Urion jetzt in sinnvolle Bahnen lenken. Er war sich jetzt sicher, dass Leutnant von Bärwirtz zwar mit der frühen Verantwortung für eine ganze Schwadron überfordert war. Er brauchte noch etwas Zeit um sich zu entwickeln. Als Lanzenführer bei der Dritten würde er das Handwerkliche lernen können. Urion war sich sicher, dass Rittmeister von Rothenbrück schon einen guten Soldaten aus ihm machen würde. Diesen Vorschlag würde er dem Meister der Mark unterbreiten. Die Führung der Zweiten Schwadron würde Urion dem Leutnant der Dritten übergeben. Dieser war von Bärwitz zwei Jahre voraus und stand in nächster Zeit für ein eigenes Kommando an.

Rufe rissen Urion aus seinen Gedanken. Die Soldaten auf der linken Flanke hatten bereits den Waldrand erreicht und wiesen nach Nordosten. Auch der Weibel hatte den Ruf vernommen und trieb nun sein Pferd an. Urion traf die Erkenntnis wie ein Blitz, die Knappin und sein Neffe, es musste etwas geschehen sein. Mit einem kurzen Handzeichen gab er Ardo und Rondrian das Signal, ihm zu folgen und trieb ANTLITZ an. Das Pferd machte einen Satz nach vorn und in Bruchteilen eines Augenblicks hatten sie den Waldrand erreicht.

Kaum aus dem Wald heraus konnte Urion die beiden im gestreckten Gallop auf die Grenzer zureiten sehen. Mechthild ritt voraus und als sie seine Lanze mit dem Wappen des Marstalls und die ihres Schwertvaters erkannte, korrigierte sie leicht ihren Kurs.

Urion, Ardo und Rondrian preschten ihnen entgegen, denn ein solche Verhalten würde die Knappin auch sein Neffe nicht unbegründet an den Tag legen. Sie trafen sich auf der Hälfte der Strecke. Alle konnten jetzt erkennen, dass die beiden zumindest unverletzt waren.

Als Mechthild ihr Pferd zum Stehen gebracht hatte, berichtete sie atemlos und suchte dabei abwechselnd den Blick der drei Männer.

„Am Taleingang steht ein kleines Gehöft und der Stall steht in Flammen. Die Bewohner sind nirgendwo zu sehen gewesen. Vielleicht sind sie alle auf den Weiden und haben es noch gar nicht bemerkt. Auf jeden Fall kann es noch nicht lange brennen, denn dass Gebäude steht noch.“

Erwartungsvoll blickten die Kinder die Erwachsenen an was nun zu tun sei.

„Wenn wirklich überhaupt niemand weiter in der Nähe ist,“ Ardo sah seine Knappin forschend an die sogleich bestätigend nickte, „dann hat vielleicht diese Hitze den Brand ausgelöst. Merkwürdig ist es schon. Wir sollten auf jeden Fall nach dem Rechten schauen.“

Urion nickte zustimmend. „Ich schließe allerdings einen Brand auf Grund der Hitze aus, in den letzten Tagen hat es genügend geregnet als dass es hier zu einem Brand kommen könnte. Das muss eine andere Ursache haben. Außerdem kenne ich die Bauern, es ist immer jemand auf dem Hof und der würde den Brand bemerkt haben und sofort löschen. Wir sollten uns zügig aber vorsichtig annähern. Mechthild, führe uns sofort zu der Stelle von der du das Feuer sehen konntest und denk daran, dass wir ungesehen bis dahin kommen, sollte irgendwelches Raubgesindel hinter diesem Feuer stecken.“

Der Rittmeister gab der Lanze ein Handzeichen und diese sammelte sich hinter dem Weibel. „Möglichst keinen Staub aufwirbeln, Grenzer und haltet die Pferde ruhig wenn sie den Brandgeruch in die Nase bekommen.“

Mechthild wählte wieder den Anritt vom nördlichen Waldrand aus, da hier der Hügel genau im Sichtfeld des Gehöfts lag. Für alle war nun die schwarze Rauchfahne deutlich zu erkennen. Am Fuß der flachen Kuppe ließ Urion halten und deutete Ardo, Rondrian, Praiolin, Mechthild und dem Weibel mit ihm abzusitzen. Sie übergaben ihre Zügel den Soldaten und liefen geduckt den Hügel hinauf. Zwischen den Büschen ließen sie sich ins Gras nieder und robbten sich die letzten Meter voran, bis sie an Blättern und Zweigen vorbei freien Blick auf den Hof hatten.