Geschichten:Verborgene Macht - Prolog: Unterschied zwischen den Versionen
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Ein Geruch von feuchtem Moder und Pilzen tränkt die dunstschwangere Herbstluft. Diese aufsaugend blähen sich die Nüstern des Pferdes wie Blasebälge, während sein Kopf mit der dunklen Mähne im Rhythmus der gedämpften Hufschläge auf dem dahingleitenden Waldboden nach vorn zuckt. Wie der Wind fährt das Tier unter den regennassen Zweigen hindurch, ändert plötzlich immer wieder seine Richtung und überspringt einige Wurzeln, die gleich den Schlingen eines Fallenstellers aus dem Laub ragen. Mit dampfendem Atem jagt das Ross zwischen den Bäumen dahin, angetrieben von den Sporen und den Zügeln seines Reiters, der sich weit nach vorn übergebeugt an den Hals des Tieres presst. Sein dunkler Mantel flattert standartengleich hinter ihm her. Tiefer, immer tiefer hinein, in den herbstlichen Feidewald und hinauf, immer weiter hinauf, bis zu den umwehten Höhen, den moosbewachsenen Felsen, wo die Quellen ans trübe Tageslicht treten und sich als Bächlein ihre Wege in die tiefen Schluchten und umnebelten Täler suchen. Überströmt vom Schweiß und mit bebenden Flanken wird das Ross auf das Geheiß seines Reiters schließlich langsamer. Vor sich am Rand eines Abgrundes eine einzelne Eiche, deren Blätter längst verfärbt und in Scharen vom Wind davon gewirbelt wurden, und deren zersplitterter und von Spalten und Rissen durchzogener Stamm sich trotzig gen Himmel reckt, während seine Wurzeln sich an das kahle Gestein klammern und dort tatsächlich Halt zu finden scheinen. Der bärtige Mann ruckt kurz an den Zügeln und bringt sein Reittier zum Stehen. Sitzt ab. Dann zieht er die hirschledernen Handschuhe aus, steckt sie unter seinen Gürtel, und tritt sinnierend näher an den Baum heran. Wie der Baum von Sturm und Blitz beschädigt und zerzaust wurde, so deucht er ihm ein Abbild seiner selbst: Ausgesetzt den Stürmen und Wirren der Zeit und mitgenommen von dem Grauen, das er selbst erlitten, mit erlebt und verursacht hat. Zäh hält er sich fest, balanciert am Abgrund zwischen Himmel und Erde und drängt die Wurzeln in jeden Spalt, der ein wenig mehr Stabilität und Leben verheißt. Doch wie gichtige Finger strecken sich die verdrehten Zweige knarrend in der kalten Herbstluft und greifen jäh zu. Wie Fangeisen klemmen sie seine Beine und Arme ein mit einer Kraft, die sofort allen Widerstand sinnlos erscheinen lässt. Der Baum wird ihn erdrücken, zerquetschen oder zerreißen. Immer mehr Äste legen sich um den hilflosen Körper. Seine Brust wird so stark zusammengedrückt, dass er nicht einmal mehr nach Atem ringen kann. Dann vernimmt er das Knacken seiner Knochen, als er nach oben gerissen wird. | Ein Geruch von feuchtem Moder und Pilzen tränkt die dunstschwangere Herbstluft. Diese aufsaugend blähen sich die Nüstern des Pferdes wie Blasebälge, während sein Kopf mit der dunklen Mähne im Rhythmus der gedämpften Hufschläge auf dem dahingleitenden Waldboden nach vorn zuckt. Wie der Wind fährt das Tier unter den regennassen Zweigen hindurch, ändert plötzlich immer wieder seine Richtung und überspringt einige Wurzeln, die gleich den Schlingen eines Fallenstellers aus dem Laub ragen. Mit dampfendem Atem jagt das Ross zwischen den Bäumen dahin, angetrieben von den Sporen und den Zügeln seines Reiters, der sich weit nach vorn übergebeugt an den Hals des Tieres presst. Sein dunkler Mantel flattert standartengleich hinter ihm her. Tiefer, immer tiefer hinein, in den herbstlichen Feidewald und hinauf, immer weiter hinauf, bis zu den umwehten Höhen, den moosbewachsenen Felsen, wo die Quellen ans trübe Tageslicht treten und sich als Bächlein ihre Wege in die tiefen Schluchten und umnebelten Täler suchen. Überströmt vom Schweiß und mit bebenden Flanken wird das Ross auf das Geheiß seines Reiters schließlich langsamer. Vor sich am Rand eines Abgrundes eine einzelne Eiche, deren Blätter längst verfärbt und in Scharen vom Wind davon gewirbelt wurden, und deren zersplitterter und von Spalten und Rissen durchzogener Stamm sich trotzig gen Himmel reckt, während seine Wurzeln sich an das kahle Gestein klammern und dort tatsächlich Halt zu finden scheinen. Der bärtige Mann ruckt kurz an den Zügeln und bringt sein Reittier zum Stehen. Sitzt ab. Dann zieht er die hirschledernen Handschuhe aus, steckt sie unter seinen Gürtel, und tritt sinnierend näher an den Baum heran. Wie der Baum von Sturm und Blitz beschädigt und zerzaust wurde, so deucht er ihm ein Abbild seiner selbst: Ausgesetzt den Stürmen und Wirren der Zeit und mitgenommen von dem Grauen, das er selbst erlitten, mit erlebt und verursacht hat. Zäh hält er sich fest, balanciert am Abgrund zwischen Himmel und Erde und drängt die Wurzeln in jeden Spalt, der ein wenig mehr Stabilität und Leben verheißt. Doch wie gichtige Finger strecken sich die verdrehten Zweige knarrend in der kalten Herbstluft und greifen jäh zu. Wie Fangeisen klemmen sie seine Beine und Arme ein mit einer Kraft, die sofort allen Widerstand sinnlos erscheinen lässt. Der Baum wird ihn erdrücken, zerquetschen oder zerreißen. Immer mehr Äste legen sich um den hilflosen Körper. Seine Brust wird so stark zusammengedrückt, dass er nicht einmal mehr nach Atem ringen kann. Dann vernimmt er das Knacken seiner Knochen, als er nach oben gerissen wird. | ||
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[[Hauptdarsteller ist::Garetien:Praiodan von Steinfelde|Praiodan von Steinfelde]] öffnete die Augen, starrte in die Dunkelheit seines Himmelbetts. Schwer hob und senkte sich seine Brust. Schweiß rann ihm übers Gesicht. Nebenan vernahm er das leise Schnarchen seines Töchterleins in der Wiege. Nur ein Albtraum. | [[Hauptdarsteller ist::Garetien:Praiodan von Steinfelde|Praiodan von Steinfelde]] öffnete die Augen, starrte in die Dunkelheit seines Himmelbetts. Schwer hob und senkte sich seine Brust. Schweiß rann ihm übers Gesicht. Nebenan vernahm er das leise Schnarchen seines Töchterleins in der Wiege. Nur ein Albtraum. | ||
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Aktuelle Version vom 7. Februar 2016, 18:10 Uhr
Irgendwo im Feidewald, Travia 1037 BF
Ein Geruch von feuchtem Moder und Pilzen tränkt die dunstschwangere Herbstluft. Diese aufsaugend blähen sich die Nüstern des Pferdes wie Blasebälge, während sein Kopf mit der dunklen Mähne im Rhythmus der gedämpften Hufschläge auf dem dahingleitenden Waldboden nach vorn zuckt. Wie der Wind fährt das Tier unter den regennassen Zweigen hindurch, ändert plötzlich immer wieder seine Richtung und überspringt einige Wurzeln, die gleich den Schlingen eines Fallenstellers aus dem Laub ragen. Mit dampfendem Atem jagt das Ross zwischen den Bäumen dahin, angetrieben von den Sporen und den Zügeln seines Reiters, der sich weit nach vorn übergebeugt an den Hals des Tieres presst. Sein dunkler Mantel flattert standartengleich hinter ihm her. Tiefer, immer tiefer hinein, in den herbstlichen Feidewald und hinauf, immer weiter hinauf, bis zu den umwehten Höhen, den moosbewachsenen Felsen, wo die Quellen ans trübe Tageslicht treten und sich als Bächlein ihre Wege in die tiefen Schluchten und umnebelten Täler suchen. Überströmt vom Schweiß und mit bebenden Flanken wird das Ross auf das Geheiß seines Reiters schließlich langsamer. Vor sich am Rand eines Abgrundes eine einzelne Eiche, deren Blätter längst verfärbt und in Scharen vom Wind davon gewirbelt wurden, und deren zersplitterter und von Spalten und Rissen durchzogener Stamm sich trotzig gen Himmel reckt, während seine Wurzeln sich an das kahle Gestein klammern und dort tatsächlich Halt zu finden scheinen. Der bärtige Mann ruckt kurz an den Zügeln und bringt sein Reittier zum Stehen. Sitzt ab. Dann zieht er die hirschledernen Handschuhe aus, steckt sie unter seinen Gürtel, und tritt sinnierend näher an den Baum heran. Wie der Baum von Sturm und Blitz beschädigt und zerzaust wurde, so deucht er ihm ein Abbild seiner selbst: Ausgesetzt den Stürmen und Wirren der Zeit und mitgenommen von dem Grauen, das er selbst erlitten, mit erlebt und verursacht hat. Zäh hält er sich fest, balanciert am Abgrund zwischen Himmel und Erde und drängt die Wurzeln in jeden Spalt, der ein wenig mehr Stabilität und Leben verheißt. Doch wie gichtige Finger strecken sich die verdrehten Zweige knarrend in der kalten Herbstluft und greifen jäh zu. Wie Fangeisen klemmen sie seine Beine und Arme ein mit einer Kraft, die sofort allen Widerstand sinnlos erscheinen lässt. Der Baum wird ihn erdrücken, zerquetschen oder zerreißen. Immer mehr Äste legen sich um den hilflosen Körper. Seine Brust wird so stark zusammengedrückt, dass er nicht einmal mehr nach Atem ringen kann. Dann vernimmt er das Knacken seiner Knochen, als er nach oben gerissen wird.
Praiodan von Steinfelde öffnete die Augen, starrte in die Dunkelheit seines Himmelbetts. Schwer hob und senkte sich seine Brust. Schweiß rann ihm übers Gesicht. Nebenan vernahm er das leise Schnarchen seines Töchterleins in der Wiege. Nur ein Albtraum.