Geschichten:Warnung beim Weine: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 12. Januar 2023, 08:30 Uhr
Es war spät am Abend als Kolbert Runkelhals den gewundenen Weg vom Hügel, auf dem sich die Burg Bleusingk erhob, hinab ins gleichnamige Dorf schlenderte. Der Tag war sonnig und schön gewesen. Auch die Nacht war sternenklar. Noch immer war es warm und schwül. Wahrscheinlich würde es die nächsten Tage gewittern. Rahja hielt diesen Sommer wahrlich ihre segnende Hand über Bleusingk. Entsprechend üppig wuchsen die Reben, nicht nur zu beiden Seiten des Weges am Burghügel sondern an allen Hängen der Herrschaft. Die Ernte dieses Jahr würde reichlich und der Wein ausgezeichnet werden.
Im Dorf war nicht mehr viel los. Nur beim Winzer Gerbald war die gute Stube voll. Er hatte diese Woche das Schankrecht - in den Sommermonden wechselte es zwischen den einzelnen Weinbauern des Dorfes und nach dem Duft, der aus der Stube wehte, hatte seine Gertrude ihre in der Herrschaft viel gerühmten "Wingertsknorze" gebacken.
Für einen Augenblick war Kolbert wirklich versucht die Bitte auszuschlagen und einfach einen bechern zu gehen. Doch heute Morgen bei der Arbeit im Weinberg hatte der gute Valpo wirklich aufgeregt geklungen. Vielleicht war es besser, mal mit ihm zu sprechen. So marschierte Kolbert dann doch am Hoftor des Winzers Gerbald vorbei und klopfte an die Tür des etwas abseitsgelegenen Hofes vom Weinbauern Valpo. Dessen Tochter, ein schmuckes Kindchen von kapp fünfzehn Wintern, führte ihn in die gute Stube und brachte ihm einen Becher gewürzten Roten. Dann trollte sie sich auf Geheiß ihres Vaters.
Valpo nahm einen guten Schluck aus seinem eigenen Becher, bevor er seinen Gegenüber mit kleinen Schweinsäuglein ansah und meinte:
„Herr Runkelhals, gut das Ihr gekommen seit. Dacht' schon Ihr schlagt meine Bitte in den Wind. Spät seit Ihr.“
„Und in Eile Valpo, in Eile. Ein Rittergut lenkt sich nicht von selbst.“
„Recht habt ihr, nur passt auf das ihr bald noch was zu lenken habt!“
Die Augen des Weinbauern verengten sich, wenn dies irgendwie möglich war, noch ein bisschen mehr, dann fuhr er fort.
„Nun gut. Also ihr wisst ja, dass die Ältere von meiner Schwester, der ersten Frau vom Gerbald, Boron hab sie selig, nach Gareth geheiratet hat, 'nen kleinen Weinhändler mit nem Stand auf'm Ostmarkt in der Altstadt. Und die ham auch schon wieder Kinder. So, deren Jüngster is' nu' in der Weststadt auf die Hensindeschule gegangen und hat fleißig gelernt. Schreiber ist der jetzt. Bei 'ner Familie, die heißen Weidenirgendwas. Kaufleute, aber von Adel...“
„Guter Valpo, bitte komm doch zum Punkt, ja?“
Die Wingersknorze gingen Kolbert nun wirklich nicht mehr aus dem Kopf … konnte man sie bis hierher riechen?
„Jaja Herr, also. Schreiber bei diesen Weidendingsbums ist der. So und der hat letzte Woche was mitbekommen. Bei dem Weiden... naja da, wo der gute Alrik arbeitet, waren Verwandte zu Besuch so 'n Ritter und der hat seinem Weidenvetter Eure Bücher gegeben - also die hier von der Herrschaf, Eure Listen und Rechnungen und so. Und der Weiden... der Kaufmann guckt die jetzt durch und schnüffelt und der Alrik musst für ihn einen Brief an die Herrin, also unsere Ritterin hier, sauber abschreiben. Und er meint, das kläng nich' gut.“
Mit einemmal waren alle Gedanken an Backwerk verschwunden. Kolbert spürte wie seine Hände kalt wurden. Mit betonter Ruhe wandte er sich an den Weinbauern:
„Und wie bist du an dieses Wissen gekommen, Valpo?“
„Ja das war reines Glück Herr, also ich hab Wein geliefert, also an den Händler, nicht den Weidenmann, sondern den, der meine Nichte geheiratet hat. Und da seh' ich doch den jungen Alrik wie er den Brief abschreibt und als ich seh', dass da steht "An ihre Wohlgeboren Jendwina von Bleusingk", da werd' ich doch gleich neugierig. So hat mir der Bursch das alles erzählt. Und ich dacht' mir, das musst du dem Herrn Verwalter sagen, is' sicher 'n Missverständnis. Also nur dass Ihr 's wisst, wir im Dorf stehen hinter Euch. Ich auf jedenfall. Unter euch hatten wir 's immer gut.“
„Danke Valpo, das war sehr umsichtig von dir. Ich befürchte aber 'was viel Schlimmeres. Wir werden sehen. Am Praiostag trifft sich der Dorfrat wieder, dann sehen wir weiter.“