Geschichten:Die Würfel sind gefallen – Schweigen: Unterschied zwischen den Versionen

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|Zusammenfassung=Über ein Schweigen, das man hört und ein Lächeln, welches tröstet.
|Zusammenfassung=Über ein lautes Schweigen und ein Lächeln, welches selbst über den Tod hinweg tröstet.
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Aktuelle Version vom 18. Juli 2019, 19:41 Uhr

Ritterherrschaft Praiosborn, Donnerhof, 1. Travia, am Abend

Wie lange Yolande weinte, wie lange sie ihr tränennasses Gesicht gegen den Hals ihres Pferdes presste und stumme Tränen weinte, hätte selbst Nurinai nicht sagen können. Doch jede einzelne Träne, die sie voller Schmerz vergoss, schien immer mehr der Verzweiflung von ihrer Seele abzuwaschen und als da keine Tränen mehr waren, die sie hatte weinen können, flüsterte sie leise: „Ich habe Euch... Euch nichts erzählt und mir ist trotzdem... trotzdem als würdet Ihr wissen... alles wissen...“

Nurinais Hand ruhte noch immer auf der Yolandes.

„Der Schweigsame ist mein Herr“, erwiderte Nurinai leise, „Er trägt diesen Namen nicht etwa, weil er sich oftmals ausschweigt, sondern weil er hört, obgleich man schweigt.“

Yolande schmiegte sich weiter an den Hals ihres Pferdes.

„Seid versichert, dass ER auch Euer schweigen hört.“

Da blickte Yolande sie mit ihren grünen Augen direkt an. Hübsche Augen hatte die Raukenfelserin, selbst jetzt, da sie geweint hatte. Außerordentlich hübsche Augen. Grün wie der aufkeimende Frühling nach einem langem, harten Winter. Sie kündeten von Hoffnung, vom Erwachen aus einem langen tiefen Schlaf, vom...

„Ob ER mein Schweigen hört?“, erwiderte sie während sie sich aufsetzte und hielt Nurinai noch immer mit ihrem Blick gefangen, „Ihr hört es!“

Nurinais Mund wurde trocken.

„Das ist alles, was zählt.“

Nurinai schluckte.

„Als würde ich Euch schon mein Leben lang kennen. Mein ganzes Leben…“, die Stimme der Raukenfelserin war nur noch ein leises Wispern.

Nurinai hielt den Atem an.

„Da ist eine Vertrautheit zwischen uns. Eine ganz tiefe Vertrautheit, wie ich sie noch nie erl...“

Nebelstreif stand auf und der Bann, den Yolande über Nurinai allein mit ihrem Blick gewirkt hatte, zerbrach jäh. Ihre Hände lösten sich voneinander. Doch an der Stelle, an der Yolandes Hand unter Nurinais gelegen hatte, verspürte die Geweihte ein merkwürdiges Kribbeln. Ein seltsames Kribbeln, wohlig und fremd zugleich. Doch eines, ja eines war es nicht: Unangenehm.

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Und während Yolande Runde um Runde mit Nebelstreif ging, die ganze Nacht, im diesigen Licht, ließen Nurinai ihre Worte nicht mehr los und mehr noch: Yolande ließ sie nicht mehr los. Diese Frau, von der sie kaum mehr als ihren Namen wusste, fesselte sie. Da war etwas, was sie verband. Yolande hatte es als tiefe Vertrautheit bezeichnet und wie bezeichnete Nurinai es? Sie dachte nach, dachte angestrengt nach. Das einzige was dem ähnelte, war das Urvertrauen von Kindern zu ihren Eltern, welches an keinerlei Bedingungen geknüpft war. Aber... konnte man für eine Fremde überhaupt so empfinden?

Sie beobachtet die Raukenfelserin aufmerksam. Musterte jede ihrer Bewegungen. Yolande war eine große, schlanke Frau mit einem wallenden blondem Haarschopf. Ihr Gang sicher, aber mit einer gewissen Leichtigkeit. Ihr Hüftschwung dezent. Ihr Gesicht fein. Die Linie von Wange zu ihrem Kinn ganz weich. Ihre Lippen lieblich geschwungen. Ihre Augenbrauen einen zarten Bogen bildend. Die frühlingsgrünen Augen groß und glänzend, dazu dichte, lange, dunkle Wimpern und ein Augenaufschlag der Nurinai den Atem raubte. Die Nase etwas zu groß, kein richtiger Makel, aber wer konnte schon von sich behaupten, absolut perfekt zu sein? Und trotzdem: Irgendwie war diese Fremde perfekt. Auf eine seltsamer Art und Weise war sie es.

Nurinai musste lächeln.

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„So gefallt Ihr mir schon besser“, ertappte Yolande Nurinai sogleich. Die Wangen der Geweihten röteten sich, was allerdings im diesigen Licht für ihre Gegenüber nicht zu erkennen war, zumindest hoffe Nurinai das.

„Mit einem Lächeln auf den Lippen seht Ihr noch weitaus bezaubernder aus“, fügte die Raukenfelserin nickend hinzu.

Wieder einmal wusste Nurinai nicht, was sie sagen sollte.

„Ihr solltet viel öfter lächeln und... viel öfter lachen.“

„Mein Herr ist ein strenger und unbarmherziger Herr. Er nimmt und gibt nicht etwa.“

„Auch ein Lächeln kann etwas Tröstliches haben“, erwiderte Yolande, „Und wenn Golgari zu mir käme und er Euch vorausschickte und es Euer Lächeln wäre, welches ich zuletzt sähe, dann folgte ich ihm gerne.“