Geschichten:Kressenburger Neujahrsstechen 1042 BF - Teil 2: Unterschied zwischen den Versionen
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''Junkergut Waltvaerre, [[Handlungsort ist::Herzogtum Weiden|Baronie Moosgrund]], Rahja 1041 BF'' | |||
Aardor war neugierig. Deshalb hielt es ihn nicht im Haus, in dem es hübsch dunkel und einigermaßen kühl war. Als ihm das Nahen seiner Gäste angekündigt wurde, wischte er lieber raus in den Innenhof und stellte sich in die pralle Sonne. Gleich, dass seine helle, von etlichen Feenküsschen gezierte Haut ihm das übel nehmen würde, wenn die beiden Reisenden nicht schnell machten und recht bald auftauchten. Er konnte einfach nicht an sich halten, denn es waren zwei neue Gesichter, die er hier erwartete. Weder die Base noch den Vetter hatte er je zuvor gesehen – und war deshalb gespannt wie ein Flitzebogen. | |||
Fählindis von Habechhegen hieß die eine, Algirdas von Stockach der andere. Somit waren sie nach außen beide nicht als seine Verwandten erkennbar – was aber nur in einem Fall mit der Angewohnheit der Rauhenecks zu tun hatte, ihren Namen allzu leichtfertig aufzugeben. In | |||
Algirdas’ Fall wäre das anders gar nicht denkbar gewesen. Der Bursche war ein Bankert und bei seiner Mutter aufgewachsen, die bis zu ihrem Tod nicht mit dem Namen des Vaters herausrücken wollte: Widderich von Rauheneck. Aardor grinste breit. So ging ihr Patriarch mit gutem Beispiel voran, indem er sich getreulich an die alte Familientradition hielt. | |||
Widderich durfte sich glücklich schätzen, mit einer Frau verheiratet zu sein, die über so etwas herzlich lachen konnte. Denn nach allem, was Aardor wusste, hatte Satijana genau das getan, als Algirdas 1040 irgendwann überraschend auf dem Klagenfels aufgetaucht war und mehr oder minder unverhohlen nach einer Anstellung am Hof seines völlig unvorbereiteten Vaters verlangte. Es hieß sogar, die Beziehung zwischen Satijana und dem jungen Kerl sei deutlich weniger angespannt als die zu seinem Vater, dessen Namen er nicht annehmen und Wappen er nicht tragen wollte. Aardor schüttelte den Kopf – belustigt halb, halb aber auch missgestimmt. Er konnte das beim besten Willen nicht verstehen. | |||
Vielleicht würde er seinen Vetter während der gemeinsamen Zeit mal darauf ansprechen. Fragen, was der sich dabei dachte. Wenn er den Eindruck gewann, das gefahrlos tun zu können, schien ihm das mehr als angezeigt. Wenn! Offenbar hatte der Kerl nämlich ein recht feuriges Temperament – und das war wohl einer der Gründe dafür, dass er nicht allein nach [[Ortsnennung ist::Greifenfurt:Baronie Kressenburg|Kressenburg]] reiste. Wenn Aardor richtig deutete, was zwischen den Zeilen im letzten Brief aus Rotenforst stand, war Fählindis in erster Linie deshalb mit von der Partie, weil sie Algirdas davon abhalten sollte, irgendwelche Dummheiten zu machen. | |||
Ob das so eine gute Idee war, würde sich erst noch zeigen müssen. In jedem Fall war die Habechhegenerin kaum älter als das Mündel, das sie beaufsichtigen sollte. 24 Winter hatte sie gesehen, Algirdas und Aardor 23. Sie waren allesamt Jungspunde und ritten nicht zur Turney im Greifenfurtschen, um etwas zu gewinnen – außer an Erfahrung. Gleich wie: Zumindest eine gute Schule hatte die einzige Frau im Bunde durchlaufen, das wusste Aardor. Mengotus von Binsböckel lautete der Name ihres Schwertvaters, und der Mann war einst Waffenmeister bei den Sichler Spießlingen gewesen. Einer der besten Speerkämpfer der Grafschaft, wie | |||
es hieß. Augenscheinlich noch dazu jemand mit einer Schwäche für die Beizjagd. Jedenfalls wurde gemunkelt, dass er sich die Ausbildung Fählindis’ mit einem vorzüglichen Habicht aus der Zucht von deren Mutter entgelten ließ. | |||
Aardor musste schon wieder grinsen. In seinen Ohren klang das alles sehr spannend. Er freute sich schon seit Monden darauf, mit seinen beiden Verwandten nach Greifenfurt rüber zu machen und die feine Gesellschaft dort ein bisschen aufzumischen. Ohne den gestrengen Blick Widderichs die ganze Zeit auf sich lasten zu haben, würde ihm das sicher auch viel leichter fallen als im vergangenen Jahr im Kosch. | |||
So weit waren seine Gedanken gediehen, als die Gäste endlich ums Eck gebogen kamen. Aardor kniff die Augen zusammen und saugte alles, was er sah, wie ein furztrockener Schwamm in sich auf: Den kräftigen Warunker, auf dem der Stockacher saß. Eigentlich eine Nummer zu klein für einen Ritter, der was auf sich hielt. Die mausgraue Nordmähne der Habechhegen. Schon etwas breiter und sicher mit den besten Eigenschaften für ein Brauereipferd gesegnet. Weiß-blaues Wappen mit dickem Bastardbalken zuoberst links. Eine Habichtschwinge über einem T rechts. Dunkles Haar in einer verwegenen Tolle links. Ein rötlichbrauner, mit Federn und Holzperlen verzierter Zopf rechts. Dunkelblaue Augen unter buschigen Brauen links. Schmales Gesicht mit einer langen, geraden Nase rechts. Ein prüfender, fast schon skeptisch Blick links und im klaren Widerspruch dazu rechts ein offenes Lächeln. | |||
Aardor spiegelte die freundliche Miene der Habechthegen. Er musste nicht lange überlegen, wen er zuerst begrüßen wollte. Mit weit ausgebreiteten Armen und einem „Travia zum Gruße ihr zwei!“ steuerte er auf seine Base zu. | |||
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Aktuelle Version vom 13. Oktober 2019, 19:40 Uhr
Teil 2
Junkergut Waltvaerre, Baronie Moosgrund, Rahja 1041 BF
Aardor war neugierig. Deshalb hielt es ihn nicht im Haus, in dem es hübsch dunkel und einigermaßen kühl war. Als ihm das Nahen seiner Gäste angekündigt wurde, wischte er lieber raus in den Innenhof und stellte sich in die pralle Sonne. Gleich, dass seine helle, von etlichen Feenküsschen gezierte Haut ihm das übel nehmen würde, wenn die beiden Reisenden nicht schnell machten und recht bald auftauchten. Er konnte einfach nicht an sich halten, denn es waren zwei neue Gesichter, die er hier erwartete. Weder die Base noch den Vetter hatte er je zuvor gesehen – und war deshalb gespannt wie ein Flitzebogen.
Fählindis von Habechhegen hieß die eine, Algirdas von Stockach der andere. Somit waren sie nach außen beide nicht als seine Verwandten erkennbar – was aber nur in einem Fall mit der Angewohnheit der Rauhenecks zu tun hatte, ihren Namen allzu leichtfertig aufzugeben. In Algirdas’ Fall wäre das anders gar nicht denkbar gewesen. Der Bursche war ein Bankert und bei seiner Mutter aufgewachsen, die bis zu ihrem Tod nicht mit dem Namen des Vaters herausrücken wollte: Widderich von Rauheneck. Aardor grinste breit. So ging ihr Patriarch mit gutem Beispiel voran, indem er sich getreulich an die alte Familientradition hielt.
Widderich durfte sich glücklich schätzen, mit einer Frau verheiratet zu sein, die über so etwas herzlich lachen konnte. Denn nach allem, was Aardor wusste, hatte Satijana genau das getan, als Algirdas 1040 irgendwann überraschend auf dem Klagenfels aufgetaucht war und mehr oder minder unverhohlen nach einer Anstellung am Hof seines völlig unvorbereiteten Vaters verlangte. Es hieß sogar, die Beziehung zwischen Satijana und dem jungen Kerl sei deutlich weniger angespannt als die zu seinem Vater, dessen Namen er nicht annehmen und Wappen er nicht tragen wollte. Aardor schüttelte den Kopf – belustigt halb, halb aber auch missgestimmt. Er konnte das beim besten Willen nicht verstehen.
Vielleicht würde er seinen Vetter während der gemeinsamen Zeit mal darauf ansprechen. Fragen, was der sich dabei dachte. Wenn er den Eindruck gewann, das gefahrlos tun zu können, schien ihm das mehr als angezeigt. Wenn! Offenbar hatte der Kerl nämlich ein recht feuriges Temperament – und das war wohl einer der Gründe dafür, dass er nicht allein nach Kressenburg reiste. Wenn Aardor richtig deutete, was zwischen den Zeilen im letzten Brief aus Rotenforst stand, war Fählindis in erster Linie deshalb mit von der Partie, weil sie Algirdas davon abhalten sollte, irgendwelche Dummheiten zu machen.
Ob das so eine gute Idee war, würde sich erst noch zeigen müssen. In jedem Fall war die Habechhegenerin kaum älter als das Mündel, das sie beaufsichtigen sollte. 24 Winter hatte sie gesehen, Algirdas und Aardor 23. Sie waren allesamt Jungspunde und ritten nicht zur Turney im Greifenfurtschen, um etwas zu gewinnen – außer an Erfahrung. Gleich wie: Zumindest eine gute Schule hatte die einzige Frau im Bunde durchlaufen, das wusste Aardor. Mengotus von Binsböckel lautete der Name ihres Schwertvaters, und der Mann war einst Waffenmeister bei den Sichler Spießlingen gewesen. Einer der besten Speerkämpfer der Grafschaft, wie es hieß. Augenscheinlich noch dazu jemand mit einer Schwäche für die Beizjagd. Jedenfalls wurde gemunkelt, dass er sich die Ausbildung Fählindis’ mit einem vorzüglichen Habicht aus der Zucht von deren Mutter entgelten ließ.
Aardor musste schon wieder grinsen. In seinen Ohren klang das alles sehr spannend. Er freute sich schon seit Monden darauf, mit seinen beiden Verwandten nach Greifenfurt rüber zu machen und die feine Gesellschaft dort ein bisschen aufzumischen. Ohne den gestrengen Blick Widderichs die ganze Zeit auf sich lasten zu haben, würde ihm das sicher auch viel leichter fallen als im vergangenen Jahr im Kosch.
So weit waren seine Gedanken gediehen, als die Gäste endlich ums Eck gebogen kamen. Aardor kniff die Augen zusammen und saugte alles, was er sah, wie ein furztrockener Schwamm in sich auf: Den kräftigen Warunker, auf dem der Stockacher saß. Eigentlich eine Nummer zu klein für einen Ritter, der was auf sich hielt. Die mausgraue Nordmähne der Habechhegen. Schon etwas breiter und sicher mit den besten Eigenschaften für ein Brauereipferd gesegnet. Weiß-blaues Wappen mit dickem Bastardbalken zuoberst links. Eine Habichtschwinge über einem T rechts. Dunkles Haar in einer verwegenen Tolle links. Ein rötlichbrauner, mit Federn und Holzperlen verzierter Zopf rechts. Dunkelblaue Augen unter buschigen Brauen links. Schmales Gesicht mit einer langen, geraden Nase rechts. Ein prüfender, fast schon skeptisch Blick links und im klaren Widerspruch dazu rechts ein offenes Lächeln.
Aardor spiegelte die freundliche Miene der Habechthegen. Er musste nicht lange überlegen, wen er zuerst begrüßen wollte. Mit weit ausgebreiteten Armen und einem „Travia zum Gruße ihr zwei!“ steuerte er auf seine Base zu.