Geschichten:Beginn der Erkenntnis: Unterschied zwischen den Versionen
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'''[[Garetien:Reichsstadt Alt-Gareth|Gareth]] im Herbst 1043 BF - mit Rückblenden in die letzten Jahre in den [[Handlungsort ist::Garetien:Nandus-Tempel Sankta Niobara zu Dornensee in Eslamsgrund|Nandus-Tempel zu Eslamsgrund]]''' | |||
"Klick" - strahlend beobachtet [[Hauptdarsteller ist::Garetien:Palinai Holtzer|Palinai]], wie ein Teil der Mauer des Alt-Garether Bürgerhauses zur Seite schwenkt. Die beiden Statuetten auf dem First links und rechts der Öffnung, eine Händlerin und ein Lehrer, sind der entscheidende Hinweis gewesen. Und dann ein einfaches Abzählen: Die zehnte Steinreihe von unten, der sechste Stein von links. Wie konnte [[Hauptdarsteller ist::Garetien:Roban Nando Elmenbarth|Meister Elmenbarth]] dieses Rätsel nicht lösen? | |||
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Palinai erlebte gerade ihren 15. Winter, als sie die Handschrift hinten auf ihrem Brevier entdeckte. Irgendjemand hatte zu stark durchgedrückt. Mit etwas Graphit pauste sie die Schriftzeichen ab: "Mysterium Unicornis" stand dort und dann ein zum Teil nicht lesbarer Text in der Handschrift des Meisters. Offensichtlich hatte dieser sich selbst als junger Mann mit dem Rätsel beschäftigt. | |||
Sie hatte Monate unter dem wohlwollenden Blick Elmenbarths die Bibliotheken durchforstet, um sich den Rest zusammenzureimen. Der Meister hatte wohl geglaubt, sie widmete sich ihren Studien, was sie ja auch irgendwie tat. War nicht Nandus der Gott der Mysterien? | |||
Über den Sommer und den anschließenden Winter hatte sie das Rätsel wieder vergessen, eine zuerst glückliche, dann unglückliche, erste Liebe forderte den Großteil ihrer Aufmerksamkeit - eine Tatsache, die Elmenbarth nicht entgangen war. Aber der Meister war ihr in dieser Zeit mehr väterlicher Freund als Lehrer. Das Leben selbst war zu dieser Zeit Lehrer genug. Nie wieder würde sich Palinai mit einem dieser aristokratischen Schnösel einlassen. Sie waren mit dem goldenen Löffel im Mund geboren und sahen nicht, wie sie in ihrem ach so praiosgefälligem Selbstverständnis gierig mehr und mehr von den Armen nahmen. | |||
Dann aber, im letzten Sommer bei einer dieser versteckten Reisen in die Kaiserstadt, fand sie im dortigen Hesindetempel den entscheidenden Hinweis im "Libro ænigmata" der sie an das Bürgerhaus führen sollte. | |||
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Vorsichtig huscht Palinai in den Gang. Sie versucht, die Geheimtür einen Spalt offen zu lassen, diese schließt sich aber mit dem gleichen leisen "Klick" wieder hinter ihr. Palinai atmet gegen die Beklemmung einmal tief ein und blendet dann vorsichtig ihre Laterne auf. Es gibt nur einen Weg, die grobe Holztreppe vor ihr hinab, also wird sie diesem folgen müssen. Belehrend hört sie Elmenbarths Stimme in ihrem Kopf... | |||
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"Du musst verstehen, dass es nicht immer nur diesen einen ausgetretenen Weg gibt. Viele leben ihr ganzes Leben auf einem solchen Pfad, sie wissen dass sie in der gleichen armen Kate in der sie geboren wurden auch dereinst sterben werden. Ist das die göttliche Ordnung? Hat uns Hesinde dafür unseren Verstand gegeben und Phex uns die Schläue, die Regeln zu brechen?", wenn Elmenbarth erst ins Dozieren kam, war er schwer aufzuhalten. | |||
"Warum gibt es wohl einige Söldner, die es trotz schlechterer Ausbildung mit jedem Ritter - der sogenannten Spitze der mittelreichischen Armee - aufnehmen können?", er schaute Palinai mit seinem durchbohrend fragenden Blick an, die aber zuckte mit den Schultern, "Naja, weil er nicht nur dem ausgetretenem Pfad von Attacke und Parade folgt. Er verlässt das Regelwerk der Ehre und der Erfolg gibt ihm recht. Tritte, Angriffe mit dem Knauf, versteckte Klingen, das sind alles Dinge, die auf dem ausgetretenen Pfad des reinen Ritters nicht sichtbar sind." | |||
"Oder nimm diese Musiker auf dem letzten Marktfest, deren Melodeien Du noch tagelang vor Dich hingepfiffen hast. Warum gefallen sie Dir?", wieder der Blick, wieder das Schulterzucken, "Weil sich nicht an die musikalischen Regeln halten, die Du im Hesindetempel gelernt hast. Die Spannung, wenn Der ausgetretene Pfad verlassen wird, macht sie so besonders." | |||
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Palinai pfeifft die Melodei - sie war ihr schon ewig nicht mehr in den Sinn gekommen. Sie lächelt in die Dunkelheit, geht auf der Treppen in die Knie und späht zwischen den Stufen hindurch. Da, im Lichtschein ihrer Laterne, ist eine weitere Tür unter der Treppe. | |||
Sie probiert vorsichtig mit ihrem Kopf - er passt. Und wenn der Kopf passt - das weiß sie von ihren heimlichen Besuchen bei ihrer vergangenen Liebschaft durch das vergitterte Fenster - dann passt bei ihr auch der Körper. Es hat eben auch Vorteile, wenn man etwas flacher gebaut ist. | |||
Palinai kommt auf dem Boden an und angelt den Rest ihrer Ausrüstung durch die Stufen. Hier ist sie richtig: Über der Tür prangt ein steinernes Ornament eines Einhornkopfs. | |||
Hinter der Tür öffnet sich ein größerer Raum. Nach ein paar Schritten erkennt Palinai im Halbdunkel einen steinernen Thron. Sie erschrickt, als das Licht der Fackel auf eine Gestalt mit einer grauen Maske fällt. Dann erkennt sie zwischen den Säulen mindestens vier weitere maskierte Personen. Während sie, bereit zu Flucht, alle Personen aus den Augenwinkel gleichzeitig zu erfassen versucht, entzünden diese auf ein ungehörtes Signal hin mehrere Feuerschalen. | |||
"Warum ist das heilige Tier unseres Herrn ein Einhorn?", fragt die Gestalt auf dem Thron. Irgendetwas bekanntes klang in der Stimme mit (oder in der Frage?), aber das Rätsel verbarg sich hinter dem hohlen Klang der Maske. | |||
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"Warum ist das heilige Tier unseres Herrn nur ein Einhorn? Hier, meine liebe Palinai, helfen Dir die ganzen Bücher nicht. Dein Wissen ist nur Werkzeug, Dein Verstand ist das eigentliche schöpferische Element! Denke also nach, warum ist es das Einhorn und nicht, sagen wir mal, der Schmetterling, die Katze oder gar der Oger?" | |||
Palinai hatte sich Monate ihres jungen Lebens mit dieser einen Frage beschäftigt. Der Meister hatte recht: Ihr Wissen half ihr, konnte aber die Frage nicht beantworten. Auch wenn der Meister, wie so oft, keine Anwort erwartet hatte, hatte diese doch so lange im Geiste gewälzt, dass sie sie eines Tages würde aufsagen können. | |||
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Palinai beendet ihren Monolog. Es ist, als sei die Suche ihres jungen Lebens an einen Wendepunkt gekommen. Alle Maskierten schweigen, Palinai merkt erst nach einigen Momenten, dass sie den Atem anhält und atmet aus - viel zu laut und an diesem geheimen Ort zu unpassend. | |||
"Palinai Holtzer, unweit dieses Ortes brachte der Herr Nandus Dich dereinst als Schülerin in unsere Gemeinschaft", spricht einer der Maskierten zu ihrer linken. | |||
"Meister Elmenbarth hat Dich alles gelehrt, um mit Deiner lebenslangen Erkenntnis beginnen zu können", spricht eine Maskierte zu ihrer rechten. | |||
"Du konntest das Einhornrätsel entdecken und lösen, das wir Dir gestellt haben", spricht der Maskierte auf dem Thron. | |||
Jetzt erkennt sie seine Stimme, es ist Elmenbarth: "Palinai Holtzer, möchtest Du also die [[Hauptakteure sind::Nandus-Kirche|Weihen des Herrn Nandus]] empfangen?" | |||
Sie schluckt den Kloß im Hals herunter und bejat mit kratziger Stimme. | |||
"Dann nenne uns Deinen Weihenamen", sprechen die Maskierten im Chor. | |||
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"Wisst Ihr Meister: Ihr könnt ein Mädchen wie mich aus der Gosse holen, aber niemals die Gosse aus dem Mädchen." | |||
Elmenbarth, der im Licht des Fensters die Korrespondenz las, schaute auf: "Ist das nicht ein ein wenig hartes Selbsturteil?" | |||
Palinai grinste: "Ganz im Gegenteil, ich verstehe das als Eigenlob. Ich habe in meinen jungen Jahren schon so viel tiefer als Ihr erfahren, was es bedeutet 'ganz unten' zu sein, dass meine Abscheu gegenüber 'ganz oben' nicht größer sein könnte." | |||
"Als ich in Deinem Alter war, oder etwas älter, lernte ich den jungen Grafen kennen. Bis dahin dachte ich genauso wie Du - Wer jung ist und keine Revolution will, hat kein Herz, wer alt ist und sie noch immer will, hat keinen Verstand. Vielleicht wird es Zeit, dass Du seine Schriften liest und verstehst - ich habe ein Exemplar, ich schenke es Dir, nur zeige es bitte nicht in der Öffentlichkeit." | |||
"Aber ist er nicht gescheitert?" | |||
"Das würde ich so nicht sagen: Er hat eine Saat gesät, deren Früchte erst Jahrzehnte später geerntet werden können. Wichtiger ist aber: Er war einer von 'ganz oben' - sein Werk können wir nur fortführen, wenn wir die richtigen 'ganz oben' in Nandus' Wegen unterrichten. Vielleicht bist ja sogar Du es, die seine Früchte dereinst erntet?" | |||
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Palinai lächelt, auf die gleiche Frage hätte sie vor einigen Momenten noch keine Antwort gefunden. | |||
Mit wiedergefundener fester Stimme antwortet sie den Maskierten: | |||
"Yesatania" | |||
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|Titel=Beginn der Erkenntnis | |Titel=Beginn der Erkenntnis |
Aktuelle Version vom 20. April 2020, 19:20 Uhr
Gareth im Herbst 1043 BF - mit Rückblenden in die letzten Jahre in den Nandus-Tempel zu Eslamsgrund
"Klick" - strahlend beobachtet Palinai, wie ein Teil der Mauer des Alt-Garether Bürgerhauses zur Seite schwenkt. Die beiden Statuetten auf dem First links und rechts der Öffnung, eine Händlerin und ein Lehrer, sind der entscheidende Hinweis gewesen. Und dann ein einfaches Abzählen: Die zehnte Steinreihe von unten, der sechste Stein von links. Wie konnte Meister Elmenbarth dieses Rätsel nicht lösen?
Palinai erlebte gerade ihren 15. Winter, als sie die Handschrift hinten auf ihrem Brevier entdeckte. Irgendjemand hatte zu stark durchgedrückt. Mit etwas Graphit pauste sie die Schriftzeichen ab: "Mysterium Unicornis" stand dort und dann ein zum Teil nicht lesbarer Text in der Handschrift des Meisters. Offensichtlich hatte dieser sich selbst als junger Mann mit dem Rätsel beschäftigt.
Sie hatte Monate unter dem wohlwollenden Blick Elmenbarths die Bibliotheken durchforstet, um sich den Rest zusammenzureimen. Der Meister hatte wohl geglaubt, sie widmete sich ihren Studien, was sie ja auch irgendwie tat. War nicht Nandus der Gott der Mysterien?
Über den Sommer und den anschließenden Winter hatte sie das Rätsel wieder vergessen, eine zuerst glückliche, dann unglückliche, erste Liebe forderte den Großteil ihrer Aufmerksamkeit - eine Tatsache, die Elmenbarth nicht entgangen war. Aber der Meister war ihr in dieser Zeit mehr väterlicher Freund als Lehrer. Das Leben selbst war zu dieser Zeit Lehrer genug. Nie wieder würde sich Palinai mit einem dieser aristokratischen Schnösel einlassen. Sie waren mit dem goldenen Löffel im Mund geboren und sahen nicht, wie sie in ihrem ach so praiosgefälligem Selbstverständnis gierig mehr und mehr von den Armen nahmen.
Dann aber, im letzten Sommer bei einer dieser versteckten Reisen in die Kaiserstadt, fand sie im dortigen Hesindetempel den entscheidenden Hinweis im "Libro ænigmata" der sie an das Bürgerhaus führen sollte.
Vorsichtig huscht Palinai in den Gang. Sie versucht, die Geheimtür einen Spalt offen zu lassen, diese schließt sich aber mit dem gleichen leisen "Klick" wieder hinter ihr. Palinai atmet gegen die Beklemmung einmal tief ein und blendet dann vorsichtig ihre Laterne auf. Es gibt nur einen Weg, die grobe Holztreppe vor ihr hinab, also wird sie diesem folgen müssen. Belehrend hört sie Elmenbarths Stimme in ihrem Kopf...
"Du musst verstehen, dass es nicht immer nur diesen einen ausgetretenen Weg gibt. Viele leben ihr ganzes Leben auf einem solchen Pfad, sie wissen dass sie in der gleichen armen Kate in der sie geboren wurden auch dereinst sterben werden. Ist das die göttliche Ordnung? Hat uns Hesinde dafür unseren Verstand gegeben und Phex uns die Schläue, die Regeln zu brechen?", wenn Elmenbarth erst ins Dozieren kam, war er schwer aufzuhalten.
"Warum gibt es wohl einige Söldner, die es trotz schlechterer Ausbildung mit jedem Ritter - der sogenannten Spitze der mittelreichischen Armee - aufnehmen können?", er schaute Palinai mit seinem durchbohrend fragenden Blick an, die aber zuckte mit den Schultern, "Naja, weil er nicht nur dem ausgetretenem Pfad von Attacke und Parade folgt. Er verlässt das Regelwerk der Ehre und der Erfolg gibt ihm recht. Tritte, Angriffe mit dem Knauf, versteckte Klingen, das sind alles Dinge, die auf dem ausgetretenen Pfad des reinen Ritters nicht sichtbar sind."
"Oder nimm diese Musiker auf dem letzten Marktfest, deren Melodeien Du noch tagelang vor Dich hingepfiffen hast. Warum gefallen sie Dir?", wieder der Blick, wieder das Schulterzucken, "Weil sich nicht an die musikalischen Regeln halten, die Du im Hesindetempel gelernt hast. Die Spannung, wenn Der ausgetretene Pfad verlassen wird, macht sie so besonders."
Palinai pfeifft die Melodei - sie war ihr schon ewig nicht mehr in den Sinn gekommen. Sie lächelt in die Dunkelheit, geht auf der Treppen in die Knie und späht zwischen den Stufen hindurch. Da, im Lichtschein ihrer Laterne, ist eine weitere Tür unter der Treppe.
Sie probiert vorsichtig mit ihrem Kopf - er passt. Und wenn der Kopf passt - das weiß sie von ihren heimlichen Besuchen bei ihrer vergangenen Liebschaft durch das vergitterte Fenster - dann passt bei ihr auch der Körper. Es hat eben auch Vorteile, wenn man etwas flacher gebaut ist.
Palinai kommt auf dem Boden an und angelt den Rest ihrer Ausrüstung durch die Stufen. Hier ist sie richtig: Über der Tür prangt ein steinernes Ornament eines Einhornkopfs.
Hinter der Tür öffnet sich ein größerer Raum. Nach ein paar Schritten erkennt Palinai im Halbdunkel einen steinernen Thron. Sie erschrickt, als das Licht der Fackel auf eine Gestalt mit einer grauen Maske fällt. Dann erkennt sie zwischen den Säulen mindestens vier weitere maskierte Personen. Während sie, bereit zu Flucht, alle Personen aus den Augenwinkel gleichzeitig zu erfassen versucht, entzünden diese auf ein ungehörtes Signal hin mehrere Feuerschalen.
"Warum ist das heilige Tier unseres Herrn ein Einhorn?", fragt die Gestalt auf dem Thron. Irgendetwas bekanntes klang in der Stimme mit (oder in der Frage?), aber das Rätsel verbarg sich hinter dem hohlen Klang der Maske.
"Warum ist das heilige Tier unseres Herrn nur ein Einhorn? Hier, meine liebe Palinai, helfen Dir die ganzen Bücher nicht. Dein Wissen ist nur Werkzeug, Dein Verstand ist das eigentliche schöpferische Element! Denke also nach, warum ist es das Einhorn und nicht, sagen wir mal, der Schmetterling, die Katze oder gar der Oger?"
Palinai hatte sich Monate ihres jungen Lebens mit dieser einen Frage beschäftigt. Der Meister hatte recht: Ihr Wissen half ihr, konnte aber die Frage nicht beantworten. Auch wenn der Meister, wie so oft, keine Anwort erwartet hatte, hatte diese doch so lange im Geiste gewälzt, dass sie sie eines Tages würde aufsagen können.
Palinai beendet ihren Monolog. Es ist, als sei die Suche ihres jungen Lebens an einen Wendepunkt gekommen. Alle Maskierten schweigen, Palinai merkt erst nach einigen Momenten, dass sie den Atem anhält und atmet aus - viel zu laut und an diesem geheimen Ort zu unpassend.
"Palinai Holtzer, unweit dieses Ortes brachte der Herr Nandus Dich dereinst als Schülerin in unsere Gemeinschaft", spricht einer der Maskierten zu ihrer linken.
"Meister Elmenbarth hat Dich alles gelehrt, um mit Deiner lebenslangen Erkenntnis beginnen zu können", spricht eine Maskierte zu ihrer rechten.
"Du konntest das Einhornrätsel entdecken und lösen, das wir Dir gestellt haben", spricht der Maskierte auf dem Thron.
Jetzt erkennt sie seine Stimme, es ist Elmenbarth: "Palinai Holtzer, möchtest Du also die Weihen des Herrn Nandus empfangen?"
Sie schluckt den Kloß im Hals herunter und bejat mit kratziger Stimme.
"Dann nenne uns Deinen Weihenamen", sprechen die Maskierten im Chor.
"Wisst Ihr Meister: Ihr könnt ein Mädchen wie mich aus der Gosse holen, aber niemals die Gosse aus dem Mädchen."
Elmenbarth, der im Licht des Fensters die Korrespondenz las, schaute auf: "Ist das nicht ein ein wenig hartes Selbsturteil?"
Palinai grinste: "Ganz im Gegenteil, ich verstehe das als Eigenlob. Ich habe in meinen jungen Jahren schon so viel tiefer als Ihr erfahren, was es bedeutet 'ganz unten' zu sein, dass meine Abscheu gegenüber 'ganz oben' nicht größer sein könnte."
"Als ich in Deinem Alter war, oder etwas älter, lernte ich den jungen Grafen kennen. Bis dahin dachte ich genauso wie Du - Wer jung ist und keine Revolution will, hat kein Herz, wer alt ist und sie noch immer will, hat keinen Verstand. Vielleicht wird es Zeit, dass Du seine Schriften liest und verstehst - ich habe ein Exemplar, ich schenke es Dir, nur zeige es bitte nicht in der Öffentlichkeit."
"Aber ist er nicht gescheitert?"
"Das würde ich so nicht sagen: Er hat eine Saat gesät, deren Früchte erst Jahrzehnte später geerntet werden können. Wichtiger ist aber: Er war einer von 'ganz oben' - sein Werk können wir nur fortführen, wenn wir die richtigen 'ganz oben' in Nandus' Wegen unterrichten. Vielleicht bist ja sogar Du es, die seine Früchte dereinst erntet?"
Palinai lächelt, auf die gleiche Frage hätte sie vor einigen Momenten noch keine Antwort gefunden.
Mit wiedergefundener fester Stimme antwortet sie den Maskierten:
"Yesatania"