Geschichten:Bündnistreue - Neue Wacht II.: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 29. April 2022, 20:25 Uhr

Schloss Sammetmohn, Junkertum Feldwacht, Ende Ingerimm/Anfang Rahja 1043 BF

Leomar versuchte aus dem Wirrwarr der Worte seines Freundes ein Sinn zu verstehen. Es war nicht mehr zu leugnen, Selo hatte sich verändert, oder vielmehr, etwas hatte ihn verändert. Er kannte dieses Ringen mit sich selbst nur zu gut. Sein Schwert Seelensäufer, eines der alten Schwerter der Goldenen Au, zerrte Tag ein Tag aus an seiner Seele. Fast wäre er daran zerbrochen. Doch je länger er über die Worte seines Seelenfreundes nachdachte, desto mehr formten sie sich zu einem Großen und Ganzen zusammen. Es lag Wahrheit in Selos Wahn und womöglich brauchte es etwas Irrsinn um vor den Mächten des Landes zu bestehen. „Ich erkenne Licht in den Schatten deiner Worte, mein Freund. Die Achse Wuchsenwald, Landehr, Feldwacht mag den Schutz unserer verbliebenen Ländereien in der Sighelmsmark garantieren. Aber mehr noch, ich sehe dunkle Wolken in meinen Träumen über der Goldenen Au. Unser Fokus sollte sich auf das Herz des Königreichs richten.“

Selo schien in Gedanken eine imaginäre Linie nachzufahren während Leomar sprach, lächelte dann krumm und legte den Kopf ein wenig schief: „Diese Wolken haben wir zum Teil selbst beschworen, sie sollen Regen bringen für das Land, doch folgen dadurch auch Gewitter und aufgeweichter Boden. Dieses Land muss bestellt werden, ja, doch wer wäre dafür besser geeignet als wir DIENSTbaren Leute am Land, die sich doch nicht zu schade sind, im Dreck zu wühlen, weil es doch der Dreck ist aus dem wir kommen und in den wir gehen. Und schau dir unsere Werkzeuge an für diese Mission. Ziehe die Linie weiter – Wuchsenwald, Feldwacht, Landehr - das Land der Vier Eichen und in all dessen Mitt, weitere Zufluchtsorte unsereins und unserer Verbündeter. Wir müssen diese Linie stärken und im Dreck derer wühlen, die uns hinderlich sind und denken, ihr Mist würde nicht stinken, ich sage nur Isppernberg und Konsorten, lästige Schmeißfliegen, die um uns kreisen und sich an uns laben wollen. Dabei nicht wahrhaben wollen, was sie da speisen und was das wiederum für sie bedeutet.“ Selo schüttelte sich und prüfte für sich selbst nochmal ob das Gesagte für ihn selber überhaupt einen Sinn ergab, war anscheinend nicht zufrieden und fügte hinzu: „Sprich, wir sollten sie das Fallen lehren und unsere Ländereien zu einer Kette machen, die es nur schwer sein wird zu sprengen. Aber ich bin nur inspirativer Geist, Du der Herr der konkreten Idee, erhelle mich, mein Einhornigster.“

Die Augen des Zweifelfelsers verfinsterten sich und sein Gesicht verzog sich zu einem undeutbaren Grinsen. Dabei legte er seine rechte Hand auf sein Schwert Seelensäufer, „Das Land der Goldenen Au wird sich in Blut tränken, das säuseln mir die verlorenen Seelen in meinen Träumen. Der Thron der Goldenen Au, ich sehe ihn jede Nacht verwaist. Das Zeitalter derer, die dem Land dienen, ist gekommen.“ Die Gesichtszüge Leomars formten sich wieder zu einem milden Lächeln. „Mein treuer Freund, unsere Zeit wird kommen, wenn sich die Bilder der Nacht bewahrheitet haben. Bis dahin, werden wir unsere Güter bewehren und die unsrigen schützen – komme was wolle!“

Die beiden ergaben in diesem Moment ein eigentümliches Bild, der eher kleine und schelmisch drein-blickende Narren-Gockel, der sich die Hände rieb und der eher große und stattliche, mit finster-entrücktem Blick, dessen Schwerthand auf dem Seelensäufer ruhte. Beide verharrten kurz in sich und dieser Haltung. Bis sich der Pfiffenstocker wieder rührte und etwas zu eifrig nickte. „Auf diesen Moment haben wir gewartet und hingearbeitet, mein Traumgesichtiger, nach der Heerschau werde ich wieder an die Seite des Fuchsprinzen eilen, ihn treiben und beflüstern und wir werden uns auf die Ernte unser süß-bitteren Früchte vorbereiten. Der Thron soll nicht länger verwaist sein. Und die stählerne Kette unser LÄNDereien werden uns dafür Basis, Mutterboden und Schild sein. Lass uns die dafür nötigen Dinge veranlassen und diesen, unsrigen Pakt erneut mit Blut beträufeln. Die Zeit von Aufstieg und Fall ist gekommen und wer weiß, ob wir uns so noch einmal sehen, mein morbider Prinz.“ Mit diesen Worten zog sich ein unsichtbarer Schleier vor Selos Augen, er zog einen Dolch hervor, reichte ihn seinem Verbündeten und umarmte ihn erneut, beinahe zärtlich, gab ihm einen ehrlichen Kuss, so dass es sich fast anfühlte wie ein Abschied.

„So sei es, mein rastloser Seelenfreund.“ Leomar, der die Umarmung seines Freundes erwidert hatte, nahm den reich verzierten Dolch entgegen und schnitt sich damit in die linke Handfläche. „Für die Großgaretischen Lande, auf das wir Mutter Garetias Schwert und Schild in uns vereinen. Möge Blut das Land reinigen von den Verblendeten, bis der achtfache Flügelschlag von Schwingenrauschen sie läutert und sie vor dem Altare der gerechten Herrschaft niederknien.“

„Wie du das immer so hochdramatisch schön ausdrücken kannst, mein Dramaturgister.“, erwiderte Selo nahm den Dolch ebenfalls zur Hand und pikte sich ein lustiges Muster in die Hand, aus dem sein Blut rann. „Aber an eines muss ich mich immer noch gewöhnen, Schwingenrauschen mit dem Gesicht vom Schwingenfels. Hahaha." Mit der blutigen Hand wischte er sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln, beruhigte sich aber abrupt, sein Gesicht wurde sanft-finster. „Aber ein gewisses Rauschen kann ich schon vernehmen, gerecht und tatsächlich soll es sein, so denn…“, Selo drückte seine Hand in die Leomars: „GARETIA!“, Selo grinste.

„SUPERIOR.“, Leomar drückte fest zu. Selo verstand.