Geschichten:Splitter aus Linara - Wiederbeschaffung: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 17. Januar 2023, 21:16 Uhr
Brauntal, Baronie Linara, Anfang Peraine 1031 BF
Es war weit nach Einbruch der Dunkelheit. Um diese Zeit wagte sich kaum einer in die schmutzigen Gassen von Brauntal; wenn dann in kleinen Gruppen. Selbst dann setzte man sich der Gefahr aus, überfallen zu werden: sei es durch Räuber oder durch einen Ghul, der Appetit auf frisches Fleisch hat. Um so verwunderlicher war es, dass eine einzelne Person sich im Schatten der Häuser bewegte, leise und zielstrebig den Gefahren ausweichend auf ein Gasthaus zu: Das "Füllhorn", das "beste" Haus am Platze, in Brauntal.
Gegenüber vom Eingang vom "Füllhorn" hielt die Gestalt kurz inne, beobachtete und horchte in die Umgebung. Nachdem sie sich sicher war, dass niemand in Hörweite war, sang sie leise ein kleines Lied und hielt dabei die Hand an die Brust. Dann war sie bereit, die Straße zu überqueren um das Lokal zu betreten.
Das "Füllhorn" war wie immer um diese Zeit gut besucht, aber nicht überfüllt. Wer jetzt da war, hatte nicht vor, vor Anbruch des nächsten Tages zu gehen. Viele der Gäste machen nicht unbedingt einen vertrauenswürdigen Eindruck. An einem der Tische wurde Boltan gespielt, ein Barde spielte muntere Trinklieder. Zwei Schankmaiden und ein Schankbursche wuselten im Raum umher, um den Wünschen der Gäste nachzukommenen. Am größten Tisch hält Quenya Bibernell "Hof", um sie herum versammelt ihre Garde von Schlägern und Halsabschneidern. Wer Quenya zum ersten Mal sah, brachte ihre Person nicht mit ihrem Ruf in Einklang. Sie war eine unscheinbare, 8 1/2 Spann große Frau in den Mit-Zwanzigern. Allerdings sollte keiner den Fehler machen, sie zu unterschätzen. Sie war für manchen der Erdhügel auf dem Boronanger vor dem Dorf und auch anderswo verantwortlich. Im Gegensatz zu ihren Tischnachbarn machte sie einen gepflegten Eindruck, speiste mit Messer und Gabel, während sie den Erzählungen und Berichten ihrer Leute lauschte, als sich auf einmal die Wirtshaustür öffnete. Fast schon automatisch wanderte der Blick aller Anwesenden in Richtung Tür.
Hinter sich die Tür schließend betrat ein junger Mann die Schankstube, etwas über 8 1/2 Schritt groß und schlank, gekleidet in Lederzeug, Lederstiefel, einem breitkrempigen Hut mit Federn, darunter sichtbar Teile eines Kopftuches, so wie er auf dem Meer getragen wird und bewaffnet mit einem reichverzierten Rapier. Die grauen Augen wanderten suchend im Raum umher. Sie verblieben einen kurzen Moment bei Quenja, wanderten schließlich weiter bis an einem Tisch mit drei Männern und verweilten dort für einen kurzen Augenblick. Alle drei machten den Eindruck kampferprobter Söldner. Einer von ihnen zeigte stolz seine Neuerwerbung: einen Bogen, aus makellos Holz gefertigt. Bemerkenswert an ihm war die Narbe die halbkreisförmig seinen Hals verzierte. Hier hatte der Henker nur halbe Arbeit geleistet. Der neue Gast beendete seine Bestandsaufnahme, ging in Richtung Theke. Dort angekommen wurde er vom Wirt gefragt: "Was darf es sein ?"
"Zwei große Becher Brandwein!" Die Stimme des Neuankömmlings war leise, fordernd aber nicht. Der Junge konnte nicht älter als 16 Praiosläufe sein, dachte sich der Wirt und fragte: "Etwas zu essen?"
"Nein, ich bleibe nur kurz!", kam kurz angebunden die Antwort.
Etwas verwundert stellte der Wirt die beiden gefüllten Becher auf die Theke und kassierte das Geld vom dem jungen Mann. Als er dem jungen Mann sein Wechselgeld geben wollte, hatte sich dieser schon abgewendet. Achselzuckend steckte der Wirt das wieder Geld ein. Mit einem Krug rechts und links bewaffnet wendete sich der junge Mann dem Tisch mit den drei Söldnern zu. Der Bogenbesitzer saß im gegenüber, während seine beiden Kumpanen sich rechts und links sitzend befanden.
"Guten Abend die Herren", spracht der junge Mann die drei an.
"N'abend", war es teilweise verständlich von den dreien zu hören. Der mit der Narbe ergänzte: "Was willst du?"
Ruhig sprach der junge Mann weiter: "Ich möchte es kurz machen: Dieser Bogen gehört dir nicht! Der Mann, dem du diesen Bogen für nur einen Bruchteil seines Wertes abgekauft hast, hat ihn seinem Sohn abgenommen. Er hatte nicht das Recht, dir den Bogen zu verk..."
"Das interessiert mich nicht!" wurde der junge Mann von dem Bogenbesitzer unterbrochen. "Ich habe den Bogen gekauft, bezahlt und behalte ..."
Weiter kam er nicht. Plötzlich schleuderte der junge Mann den Inhalt der Brandweinbecher in die Gesichter der rechts und links sitzenden Söldner. Die beiden brüllen auf, als der Brandwein in ihren Augen anfing zu brennen, aber nur um im nächsten Moment zu verstummen, als ein schwerer Brandweinbecher auf ihren Köpfen zerbrochen wurde. Der stolze Besitzer des Bogens versucht seine Waffen zu ziehen. Er musste feststellen, dass sein Gegenüber schneller war und die Spitze eines Rapiers in Höhe seines Adamsapfel sich befand.
"Keine Bewegung, wenn dir dein Leben lieb ist. Ich werde jetzt den Bogen nehmen, und wir werden als Freunde auseinander gehen. Ich werde den Bogen seinem rechtmäßigen Eigentümer zurückgeben. Solltest du versuchen, den Bogen wieder an dich zu nehmen, werde ich nicht so freundlich wie heute sein."
Missmutig übergab er den Bogen und fragte: "Was ist mit meinem Geld?"
Eisig antwortete der junge Mann: "Das ist nicht mein Problem, wende dich an den Verkäufer. Aber mach dir da nicht allzu viel Hoffnung. Er hat mit Sicherheit das Geld in Alkohol umgesetzt. Noch ein Wort dazu: Da das eine Sache zwischen dir und ihm ist, ziehst du niemanden aus seiner Familie da mit hinein. Habe ich mich klar ausgedrückt?"
Noch missmutiger antwortete der Söldner: "Ja".
"Gut! Ach eine Bitte habe ich noch: Die Hände hoch und umdrehen." Der Söldner tat, wie ihm befohlen wurde.
Erst leise rückwärts, dann mit schnellen Schritten wendet sich der junge Mann dem Ausgang zu!
"Ich wünsche noch einen schönen Abend."
Und ehe der ehemaligen Bogenbesitzer sich versah, war der junge Mann draußen und in der Nacht verschwunden.
Quenya Bibernell beobachtete das Ganze von ihrem Platz aus. Sie hielt Ihre Leute zurück sich einzumischen, als der junge Mann die beiden Söldner mit Brandwein begoss. Sie hatte keinen Zweifel, wie dieser "Streit" ausgehen würde. Sie raunte ihrem Stellvertreter etwas ins Ohr, deutete Vieren ihrer Männer an, ihr zu folgen und verließ das Gasthaus durch den Hinterausgang.
Der junge Mann huschte durch die Gassen des Dorfes. Am Dorfausgang hält er inne und schaute sich um.
"Guten Abend, Frau Bibernell!", grüßte der junge Mann ironisch in den Schatten.
Aus dem Schatten lösten sich fünf Gestalten.
"Guten Abend, Baronin Tahlmare" antwortete die Angesprochene mit einen ebenso ironischen Unterton.
"War ...", sie räusperte sich und ihre Stimme war nur merklich anders, weiblicher, "... war meine Verkleidung soo schlecht?"
"Nein, Nein, das war sie nicht, aber der Hut! Aber was macht Ihr hier? Schließlich ist das mein Dorf!" fragte Bibernell.
"Normalerweise halte ich mich notgedrungen an unsere Übereinkunft auch wenn sie mir nicht gefällt. Aber dass hier war eine persönliche Sache. Es war ein persönliches Geschenk. Ich konnte nicht zulassen, dass dieser Bogen die Baronie verlässt." antwortete Tahl mit fester, schon strenger Stimme.
"Das ist mir vollkommen egal! Aber werde noch einmal darüber hinweg sehen. Dafür habe ich etwas gut bei euch, Baronin!" stellte Bibernell fest.
Tahlmare seufze ein wenig gernervt: "Wie immer werde ich die Rechnung präsentiert bekommen, wenn ich es am wenigsten gebrauchen kann. Also gut! Ich schulde euch, über unser Vereinbarung hinaus, etwas! Aber ..."
"Bitte keine Warnungen, gut gemeinte Ratschläge oder ähnliches!", unterbrach Bibernell Sie. "Der Letzte, der der Meinung war, mich damit beglücken zu müssen, wandelt jetzt in Borons Hallen!"
Fast gleichzeitig mit den letzten Worten von Bibernell antwortete Tahlmare: "ICH MÖCHTE, danke das ich weitersprechen darf, noch einmal darauf hinweisen, dass der Grund, warum ich hier bin, nicht ewig sein wird, und dann habe ich keine Veranlassung mehr, Rücksicht zu nehmen. DANN solltet ihr weit, weit weg sein."
"Warten wir ab, bis es soweit ist. Eine schöne Nacht noch Frau Baronin!"
"Lebt wohl Frau Bibernell!"
Quenya Bibernell verschwand mit ihren vier Männern in die Dunkelheit des Ortes.
Baronin Tahlmare suchte sich eine versteckte Stelle. Dort ging sie in die Knie, gibt einige kaum verständliche Laute von sich. Einige Augenblicke später tauchte wie aus dem Nichts ein wunderschönes weißes Pferd auf. Tahlmare stieg auf und verließ diesen ungastlichen Ort.
Neu-Überdiebreite, Baronie Linara, Anfang Peraine 1031 BF, am nächsten Morgen
Kurz nach dem ersten Hahnenschrei, kam eine wunderschöne junge Frau im Bauschkleid auf einen Pferd reitend in dem Dorf an. Sie lenkte das Pferd in Richtung eines der Häuser, die sich am Dorfrand befanden zu Dort angekommen stieg sie ab, trat auf die Tür zu und klopfte an.
Eine Frau in den mittleren Jahren öffnete ihr.
"Guten Morgen", begrüßte Tahlmare die Frau. "Ich möchte mit Jost kurz sprechen!"
"Gut... guten Morgen Frau Baronin, kommt doch herein!", antwortete die Frau.
Ein halbes Dutzend Kinder sitzen am Frühstücktisch und schauten Tahlmare mit großen Augen an.
"Guten Morgen Kinder, guten Morgen Jost." begrüßte Tahlmare die ganze Schar. "Hier hast du deinen Bogen wieder, den dein Vater dir abgenommen hat!"
Tahlmare überreichte dem Jungen den Bogen und wendete sich der Mutter zu
"Wie ich sehe, schläft euer Mann noch. Richtet ihm bitte aus, dass er ein großes Problem hat, wegen dem Bogenverkauf. Er wird außerdem ein großes Problem mit mir bekommen, sollte er noch einmal seinem Sohn den Bogen abnehmen um ihn zu verkaufen. Ich werde heute Mittag jemanden schicken, der nach dem Rechten sehen wird."
Dann wendete Tahlmare sich Jost zu: "Ich werde heute Abend vorbekommen, und dann zeige ich dir wie man mit dem Bogen umgeht. Bis heute Abend!" Kurz bevor sie das Haus verlies, wendete sich noch allen anderen zu: "Auf Wiedersehen!"
"Auf Wiedersehen und die Götter mit euch", antwortete die Kinder zusammen mit ihrer Mutter.
Tahlmare verließ die Hütte, stieg auf ihr Pferd, das geduldig vor der Tür gewartet hatte und machte sich auf, um nach Leustein zu reiten.
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