Geschichten:Ein wehmütiger Abschied: Unterschied zwischen den Versionen
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Dann wandte er sich mit einem Anflug von Melancholie in der Stimme seiner Gattin zu. „Bitte entschuldige mich, meine Liebe. Ich möchte noch einmal, ein letztes Mal, vermutlich, für ein paar Stunden ausreiten und dieses Land noch einmal spüren, noch einmal seine Essenz in mich aufnehmen, noch einmal Zwiesprache mit meinen Ahnen halten.“<br> | Dann wandte er sich mit einem Anflug von Melancholie in der Stimme seiner Gattin zu. „Bitte entschuldige mich, meine Liebe. Ich möchte noch einmal, ein letztes Mal, vermutlich, für ein paar Stunden ausreiten und dieses Land noch einmal spüren, noch einmal seine Essenz in mich aufnehmen, noch einmal Zwiesprache mit meinen Ahnen halten.“<br> | ||
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Leodane nickte kurz stumm und verließ den Raum. Auch wenn dieser Ausritt aus gesundheitlichen Gründen ausgesprochen töricht war, so | Leodane nickte kurz stumm und verließ den Raum. Auch wenn dieser Ausritt aus gesundheitlichen Gründen ausgesprochen töricht war, so mochte sie Aldron diesen – ungewohnt emotionalen – Wunsch nicht ausreden wollen.<br> | ||
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Am nächsten Morgen schleppte sich der Landvogt geradezu zum gemeinsamen Frühstück mit seiner Gattin; der gestrige Ausritt hatte ihn zwar körperlich sehr mitgenommen, aber dennoch spiegelte sich auf seinem Antlitz eine innere Ruhe, ja, beinahe heitere Gelassenheit wieder, die Leodane schon lange nicht mehr bei Aldron gesehen hatte.<br> | Am nächsten Morgen schleppte sich der Landvogt geradezu zum gemeinsamen Frühstück mit seiner Gattin; der gestrige Ausritt hatte ihn zwar körperlich sehr mitgenommen, aber dennoch spiegelte sich auf seinem Antlitz eine innere Ruhe, ja, beinahe heitere Gelassenheit wieder, die Leodane schon lange nicht mehr bei Aldron gesehen hatte.<br> | ||
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Aktuelle Version vom 1. September 2022, 21:42 Uhr
„Es reicht langsam, Aldron!“
Schwer atmend schaute der Angesprochene seine Gattin fragend an.
„Was genau meinst Du, Leodane?“
„Na was wohl? Dass Du immer weiter Deine Gesundheit ruinierst und bald die Burg, geschweige denn Arvepass, nicht mehr verlassen können wirst! Und ich glaube kaum, dass Deine Ahnen das von Dir erwarten oder gar verlangen.“ Leodane wusste um Aldrons Interesse am Ahnenkult, auch wenn sie dieses nicht teilte. Aber vielleicht ließ sich mit deren 'Hilfe' ihr sturköpfiger Gemahl ja eher überzeugen, wenn ihre Worte allein dafür nicht auszureichen schienen.
Der Landvogt ließ als Antwort lediglich ein unwilliges Schnauben vernehmen.
Doch so sehr es den einstigen Heermeister auch schmerzte – und das durchaus im Wortsinne – an dem Umstand, dass sich seine Gesundheit in den letzten Götterläufen zwar langsam aber beständig verschlechtert hatte, gab es leider nichts zu deuteln. Insbesondere seine Knie machten dem früher so agilen Mann sehr zu schaffen. Nicht nur das Treppensteigen hatte sich zu einer regelrechten Qual entwickelt, auch Ausritte waren kaum noch möglich. Leodane hatte recht: Bald wäre er auf Angareth mehr oder weniger gefangen, konstatierte er bitter.
„Ist das alles, was Du dazu zu sagen hast? Dafür habe ich also den weiten Weg von Matlakur aus auf mich genommen?“, frage seine Gemahlin kühl.
„Was soll ich denn bitteschön sonst dazu von mir geben? Meine Knie sind mehr oder weniger durch und meine Hüfte fängt langsam ebenfalls an, Scherereien zu machen. Das weiß ich alles, aber was ich nicht weiß, ist, was ich dagegen tun soll oder kann. Oder hast Du vielleicht einen klugen Rat für mich, Leodane?“
„Ja, den habe ich in der Tat. Allerdings dürfte er Dir nicht gefallen – zumindest solange, bis Dich die Schmerzen noch stärker peinigen und es Dir eher früher als später nicht mehr möglich sein dürfte, irgendwohin zu reisen: Komm´ zu mir in den Süden, nach Matlakur. Das milde Klima dürfte Dir guttun, das hat auch der Medicus-“
„Ach, was weiß der denn schon? Aber davon abgesehen: Wie soll ich denn von da unten aus die Baronie ordentlich verwalten? Für ein paar Wochen mag das gehen, aber dann? Nein, wenn ich hier zu lange weg bin, macht doch jeder was er will, aber nicht, was er soll.“
„Soso, der Herr hält sich für unersetzlich. Die Boronanger sind übrigens voll von derlei Leuten und siehe da: Die Welt dreht sich auch ohne sie weiter!“
Aldron wollte gerade zu einer empörten Entgegnung ansetzten, doch ließ ihn seine Gattin gar nicht erst zu Wort kommen.
„Sieh´ Dir das perricumer Heer an! Deine Verdienste bei dessen Aufbau und Organisation sind zweifelsohne immens, aber wird es seit Deinem Abgang nun von Zivko schlechter geführt?“
„Naja, das nicht unbedingt, aber-“
„Kein Aber! Die Wahl vor der Du stehst, ist eigentlich ganz einfach: Deine Gesundheit oder Dein Stolz!“
„Was hat denn mein Stolz damit zu tun?“ Der Landvogt stand abrupt auf, ließ sich aber mit schmerzverzerrter Miene sofort wieder in seinen Sessel fallen. Diese verdammten Knie!
„Die Frage hast Du Dir soeben doch wohl selbst beantwortet, oder?“
„Hm. Umzug nach Matlakur – und Demission als Landvogt zu Arvepass. Das ist es doch, worauf Du hinauswillst, nicht wahr?“ Mochten die Knie des einstigen Heermeisters auch malad geworden sein, sein Verstand war es nicht.
„Ja. Du bist Herr des wohl größten und reichsten Junkertums der gesamten Provinz, hast Dich aber immer auf Dein Amt als Landvogt eines unwirtlichen und nicht gerade reichen Landstrichs konzentriert. Solange Du Heermeister warst und Arvepass am Rande der Schwarzen Lande lag, war das sicherlich eine kluge Entscheidung. Aber die Zeiten haben sich geändert, Aldron. Und wir sollten uns mit ihnen ändern. Zudem steht mit Oswin ein möglicher Nachfolger bereit, den der Markgraf bei der Neubesetzung wohl nicht unberücksichtigt lassen wird.“
Leodane wusste, dass sie von ihrem Gatten viel verlangte, etwas, das vor ein paar Götterläufen für diesen noch undenkbar gewesen wäre. Aber selbst dieser Dickschädel musste doch einsehen, dass er bald nirgendwo mehr hinginge, wenn er sich nicht mehr Ruhe in einem deutlich freundlicheren Klima gönnte.
Ihr Gemahl nickte nur bedächtig, während er seinen Blick aus dem Fenster hinaus über die Trollzacken schweifen ließ. Nach einem schier endlosen Augenblick brütenden Schweigens sprach er mehr zu sich selbst als zu Leodane:
„Ja, man sollte wissen, wann eine Schlacht verloren ist. Und diese hier ist es zweifellos.“
Dann wandte er sich mit einem Anflug von Melancholie in der Stimme seiner Gattin zu. „Bitte entschuldige mich, meine Liebe. Ich möchte noch einmal, ein letztes Mal, vermutlich, für ein paar Stunden ausreiten und dieses Land noch einmal spüren, noch einmal seine Essenz in mich aufnehmen, noch einmal Zwiesprache mit meinen Ahnen halten.“
Leodane nickte kurz stumm und verließ den Raum. Auch wenn dieser Ausritt aus gesundheitlichen Gründen ausgesprochen töricht war, so mochte sie Aldron diesen – ungewohnt emotionalen – Wunsch nicht ausreden wollen.
Am nächsten Morgen schleppte sich der Landvogt geradezu zum gemeinsamen Frühstück mit seiner Gattin; der gestrige Ausritt hatte ihn zwar körperlich sehr mitgenommen, aber dennoch spiegelte sich auf seinem Antlitz eine innere Ruhe, ja, beinahe heitere Gelassenheit wieder, die Leodane schon lange nicht mehr bei Aldron gesehen hatte.
Wortlos überreichte er ihr eine Ledermappe. In dieser befand sich ein vom Landvogt unterzeichnetes und gesiegeltes Dokument, dass seine Frau rasch durchlas und danach ihren Gatten spontan auf die Wange küsste.
Aldron lächelte. Zum ersten Mal seit geraumer Zeit war er mit sich vollkommen im Reinen und auch die Ahnen schienen seinen Entschluss gutzuheißen.