Geschichten:Der uralte Bund - In den Vogtstuben: Unterschied zwischen den Versionen
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
(2 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 85: | Zeile 85: | ||
|Autor={{Briefspieler|Benutzer:Bega|Bega}}, {{Briefspieler|Benutzer:Wallbrord|Wallbrord}}, {{Briefspieler|Benutzer:Orknase|Orknase}}, {{Briefspieler|Benutzer:Vlad|Vlad}} | |Autor={{Briefspieler|Benutzer:Bega|Bega}}, {{Briefspieler|Benutzer:Wallbrord|Wallbrord}}, {{Briefspieler|Benutzer:Orknase|Orknase}}, {{Briefspieler|Benutzer:Vlad|Vlad}} | ||
|Logo=Wappen Kaiserlich Randersburg.svg | |Logo=Wappen Kaiserlich Randersburg.svg | ||
|Alternativreihen= | |Alternativreihen={{Reihenindex|Im Dienste der Krone|}}, {{Reihenindex|Freund oder Feind?|}} | ||
|Postille= | |Postille= | ||
|Ausgabe= | |Ausgabe= | ||
Zeile 92: | Zeile 92: | ||
|Barde= | |Barde= | ||
|Anderswo= | |Anderswo= | ||
|Zusammenfassung= | |Zusammenfassung=Die "Ermittler" tauschen sich zu den bisherigen Geschehnissen und gewonnenen Erkenntnissen aus | ||
}} | }} |
Aktuelle Version vom 26. September 2023, 20:13 Uhr
Amtsstube der Seneschallin in den Vogtstuben der Pfalz Randersburg, Ende Hesinde 1043 BF
Hauptmann Hagen von Rallerau führte die Herrschaften aus dem Kerker, der offenbar unterhalb des Amtshauses neben dem Bergfried lag, zurück ins Freie. Der ein oder andere atmete tief durch und war scheinbar froh wieder an der frischen Luft zu sein.
Die winterlich kalte Dunkelheit hatte nunmehr Besitz vom Burghof ergriffen. Die wild flackernden Fackeln tauchten den Hof in diffuses Licht. Vor dem Bergfried, Pallas und den Vogtstuben - dem Ziel der kleinen Gruppe - patrouillierten kaiserlich-randersburger Gardisten. Einige liefen eilig von einem Gebäude in das nächste. Außer den hin und her stapfenden Stiefeln und deren Widerhall war es verdächtig still in der Pfalz. Hauptmann Rallerau versuchte, betont gelassen zu wirken, doch seine Gesichtszüge, die ihm immer wieder für einige wenige Augenblicke entglitten, sprachen eine andere Sprache. Irgendetwas war hier im Gange, doch fassen könnte es keiner so richtig.
Während die Herrschaften über den Burghof gingen, ja fast schon schlichen, schälte sich ein kleiner Schatten aus einer der Steinwände. Es war Lingmar, der zu Salix lief und diesen per Handschlag begrüßte, sie tauschten kurz einige freundliche Worte aus und verabschiedeten sich mit einer Umarmung, bevor der Junge wieder verschwand.
Eine Handvoll Wachen salutierte vor dem Eingang, als Hauptmann Rallerau die Gruppe in die Vogtstuben führte. Im zweiten Stock befand sich schließlich das Arbeitszimmer der Seneschallin. Der Raum war verhältnismäßig groß, wirkte aber wegen der Fülle an Mobiliar und Dekor etwas überfrachtet. Josline von Eslamsgrund saß in einem Sessel in einem der Erker. An ihrer Seite eine Frau, die ungefähr 30 Götterläufe zählte. Ihre dunkelblonden Haare trug sie in einem ordentlichen Kurzhaarschnitt. Sie war sauber und tadellos gekleidet, wirkte jedoch sehr dünn und etwas kränklich um die Nase. Sie trug schwarze Samthandschuhe und machte nach dem Eintreffen der Gäste einen eher verkrampften Gesichtsausdruck. Die andere war eine einfach gekleidete Frau. Ihre Gesichtszüge wirkten verhärmt und ausdruckslos und zeugten doch von der vergangenen Anmut ihrer jüngeren Jahre. Die vollen Haare hatte sie zu einem einfachen Zopf gebunden und standen wegen ihrem vollen braunen Farbton im Gegensatz zu dem mutmaßlichen hohen Alter der Frau - sie durfte die 60 schon lange überschritten haben.
“Ach, meine gute Fredegard”, die Seneschallin wirkte sehr erfreut, “welche Erkenntnisse konnten gewonnen werden?”
“Höchst bemerkenswerte, meine Teure”, antwortete die Angesprochene lakonisch mit einer knappen Verbeugung. Interessiert musterte sie für einen kurzen Moment die beiden Frauen neben der Herrin der Pfalz, welche Fredegard aber gänzlich unbekannt waren. Da die Damen aber offenbar das Vertrauen Joslines zu genießen schienen und jene zugleich einen Bericht erwartete, zögerte die Reichsedle nicht und gab schnörkellos die wichtigsten Erkenntnisse des Verhörs wieder. Dann überreichte sie der Seneschallin das Protokoll, bevor die Perricumerin noch anmerkte: “Es scheinen sich sowohl in den Schatten als auch unter Praios´ glänzendem Himmelsrund Dinge abzuspielen, die einer genaueren Betrachtung lohnen, ja nachgerade geboten sind. Dieser Angroscho, Albrax, verlangte übrigens nach einem Geweihten des Praios; aber nicht nach irgendeinem, sondern explizit nach dem Hofkaplan, seine Gnaden Silvano von Hagenau-Ehrenfeldt. Außerdem bot der Zwerg am Ende seiner Befragung an, uns bei etwaigen Ermittlungen begleiten und dadurch unterstützen zu wollen." Wie sie zu den Wünschen Albrax´ stand, behielt die Reichsedle zunächst für sich; sie wollte erst die Reaktionen der übrigen Anwesenden abwarten, bevor sie sich dazu positionierte.
Der Raukenfelserin war die dunkelhaarige Frau an der Seite der Seneschallin aufgefallen und ihr war so, als ob sie sie kenne. Es dauerte einige Augenblicke, bis sie glaubte zu wissen, woher. So, dachte die Ritterin bei sich, nun war sie aber gespannt. Ob das nun ein wenig Licht ins Dunkel bringen würde?
“Euer Hochgeboren”, hob sie da plötzlich an, nachdem die Altbaronin geendet hatte, “Könnt Ihr bitte nach Ihro Gnaden Rían schicken lassen? Ich denke, eine Borongeweihte könnte vielleicht mehr zu dem… hm… durchaus merkwürdigen Verhalten des Zwerges sagen.”
Die Seneschallin blickte kurz von dem Protokoll der Vernehmung hoch, nickte und gab Hauptmann Rallerau zu verstehen, das eben gesagte auszuführen.
Salix verbeugte sich vor der Seneschallin, ging dann an eines der Fenster und blickte in die dunkle, sich ausbreitende Nacht.
Erst jetzt wagte er einen Blick aus dem Augenwinkel auf seine Handinnenfläche. Er las den kleinen Zettel geschwind durch und ließ ihn dann in einer seiner Taschen verschwinden. Stirnrunzelnd blieb er am Fenster stehen und kaute, augenscheinlich, nachdenklich auf seiner Unterlippe herum. Tatsächlich hatte er die Gruppe in der Spiegelung des Fensters im Blick.
Nachdem die Seneschallin das Vernehmungsprotokoll zu Ende gelesen hatte, reichte sie das Schriftstück an die hagere, jüngere Frau neben ihr weiter. Dies nahm es zögerlich und fast schon angewidert mit ihren samtenen Fingerspitzen entgegen. “So so, die Familie Amselhag schleust also in meine Küche einen zwergischen Meisterkoch ein, um geheime Umtriebe aufzudecken und meine Küchenmeisterin zu bespitzeln. Eine Frage am Rande, wer bei den Göttern ist die Familie Amselhag? Da frage ich mich doch, in welchem Auftrag wiederum die Familie Amselhag handelte? Auch scheint der Angroscho zu implizieren, die Vergiftung der Suppe sei nur fingiert. Nun, dem ist nicht so, denn es wurde tatsächlich Gift in dem besagten Kessel nachgewiesen, und zwar Tulmadron. Zu den Eigenschaften des auf dem Index Wehrheimium stehenden Giftes zählt, dass Zwerge dagegen immun sind.”
Der Perricumer Adlige drehte sich von der dunklen Fensterscheibe weg und der Gruppe zu. Mit wenigen Schritten stand er neben Fredegard und vor der Seneschallin, “die Familie Amselhag ist eine alte Rittersfamilie aus dem Schlund, Eure Hochgeboren. Der uns bekannte Adeptus ist, soweit mir das bekannt ist, ein Angehöriger dieser”, erklärte er mit einem Kratzen am Kinn.
Für einen kurzen Moment wirkte die Reichsedle ehrlich verblüfft darüber, dass dieser nervtötende Magier offenbar mehr zu wissen und tiefer in alledem verstrickt zu sein schien, als bisher bekannt oder auch nur vermutet. Dann merkte Fredegard mit einem süffisanten Lächeln und deutlichem Spott in der Stimme an: “Nun, dann sollten wir die Amsel doch einmal herholen und uns von ihr ein Lied zu alledem vorsingen lassen. Zumindest mich interessierte ihr Geträllere hierzu ungemein, auch wenn ihre schrägen Töne für meine Ohren eigentlich nur schwer zu ertragen sind.”
“Die Amsel wird ihren Weg zu uns finden, schließlich haben wir etwas, das ihr gehört.” Die Seneschallin ließ sich zu einem wölfischen Grinsen hinreißen. “Agiert die Amsel allein oder sind noch weitere Amseln in Randersburg?”
“Davon ist zumindest mir nichts bekannt”, antwortete Fredegard mit unbewegter Miene, “doch wusste ich bis zu meiner Ankunft hier vor einigen Tagen nicht einmal, dass diese unbedeutende Familie menschlichen Federviehs überhaupt existiert.”
“Wenn ich eine Überlegung anstellen dürfte, euer Hochgeboren?”, wandte sich der Perricumer an die Seneschallin. “Was, wenn diese Vergiftung tatsächlich eine sehr gute Finte ist? Wenn es geplant war, dem Zwerg die Tat in die Schuhe zu schieben, mit einem tatsächlich tödlichen Gift, um unsere Aufmerksamkeit auf diese offensichtliche Tat zu lenken?”.
Salix räusperte sich kurz. “Mir scheinen die Beweise, die wir hier fanden, fast schon aufdringlich in eine Richtung zu gehen und dabei die bisherigen Erkenntnisse vollends außer Acht zu lassen”, erklärte sich der blonde Adlige.
“Wohl gesprochen, Herr von Hardenstatt”, pflichtete die Seneschallin dem Perricumer bei, “Praios ist der Herr der Wahrheit und der Gerechtigkeit. Der Götterfürst verbietet es uns, voreilige Schlüsse zu ziehen und gemahnt uns, die Fakten nach bestem Gewissen zu prüfen. Sehr wohl könnte es sich also, wie Ihr sagtet, um eine perfide Finte handeln. Doch, zu welchem Zweck? Uns ablenken? Aber wovon? Die Faktenlage, die uns zu diesem Zeitpunkt offenbar ist, zwingt uns nahezu dazu, unser Augenmerk auf diese ominöse Familie Amselhag zu lenken. Auf dem Weg zur Wahrheit werden sich die Amseln erklären müssen.”
“Wohl wahr, meine Liebe.”, merkte Fredegard ein wenig nachdenklich wirkend an. “Aber wieso sollte sich jemand die Mühe machen, diesen Zwerg dermaßen zu kompromittieren? Ein solches Gift auch nur zu besitzen, ist schon mit schweren Strafen verbunden, soweit ich weiß und stellt für den Betreffenden ein großes Risiko da. Und ich bezweifle doch sehr, dass man es - Verbot hin oder her - einfach so für kleines Geld bei irgendeinem zwergischen Krämer erwerben kann. Und zu guter Letzt machte eine solche ‘Finte’, wie Ihr es zu nennen beliebtet, Herr Salix, doch nur dann Sinn, wenn der oder die Urheber schon lange vor dieser Festlichkeit davon wusste, dass dieser Albrax hier als Küchenhilfe arbeiten würde. Und wenn dem so sein sollte, dann frage ich, warum jemand einen solchen Aufwand betreibt, nur um den Spitzel einer unbedeutenden Adelsfamilie zu diskreditieren. Nein, das passt alles nicht so recht zusammen. Aber ich denke, letztlich kann uns, wenn überhaupt, nur dieser Magier mit dem kaum auszusprechenden Namen weiterhelfen.
“Recht habt Ihr und dennoch, dennoch spricht auch der Herr von Hardenstatt ein wahres Wort”, mischte sich nun Yolande ein, “Vielleicht platziert man etwas nur allzu offensichtlich, um uns von dem abzulenken, was sonst offensichtlich wäre. Etwas, das vor unser aller Augen geschieht…” Dabei musterte sie die jüngere der beiden Frauen an der Seite der Seneschallin. “... und uns dennoch verborgen bleibt. Abgesehen davon, ist es wie bei einer Schlacht: Manch´ lange geplantes Ablenkungsmanöver scheitert, obgleich ein kurzfristig angesagtes obsiegt. Warum wäre der Koch sonst noch am Leben? Warum riskieren, dass das alles auffliegt? Eine lange Planung hätte gewiss auch auf diese Fragen eine Antwort.”
“Alles schön und gut”, entgegnete die Perricumerin ungerührt. “Aber warum kam mit Tulmadron ausgerechnet ein Gift zum Einsatz, das für Zwerge ungefährlich ist? Hätte man irgendein anderes Gift verwendet, meine Dame, so pflichtete ich Eurer Argumentation durchaus bei. Aber dass man mangels Alternativen ‘zufällig’ zu Tulmadron gegriffen hat, weil man es ‘zufällig’ gerade dabeihatte und der erst kurz zuvor eingestellte Koch für die Suppe ‘zufällig’ ein Angehöriger des kleinen Volkes ist, erscheint mir in summa dann doch eher auffällig denn zufällig.”
“Interessant, dass Ihr so viel darüber wisst”, meinte die Ritterin da nur, “Und dennoch, es bleiben Fragen. Ganz gleich, wie man es dreht und wendet.” Sie nahm sich vor, Nurinai noch einmal dazu zu befragen.
“Wieso ‘interessant’? All´ das, was ich gerade zu dem verwendeten Gift anmerkte, war doch lediglich einer Wiederholung dessen, was die ehrenwerte Frau Josline zuvor bereits ausgeführt hatte!”, merkte Fredegard kühl an. “Und das noch eine Reihe von Fragen einer Antwort harren, dürfte, denke ich, unstrittig sein.”
Salix räusperte sich etwas und setzte ein Lächeln auf. “Der Familie Amselhag Unbedeutendheit zu attestieren, wird ihr nicht gänzlich gerecht, wenn Ihr erlaubt.” und blickte er fragend zur Seneschallin, bevor er fortfuhr, “Soweit mir bekannt, ist der ehemalige Großgaretische Marschall mit dieser verbandelt”, er stockte kurz, ehe er ein “wie auch immer” nachschob.
Dann wandte er sich sowohl der Altbaronin als auch der danebenstehenden Ritterin zu. “Dann sind wir uns ja einig, dass es noch einige Fragen gibt, die es zu beantworten gibt, ehe wir den “Komplott” als aufgeklärt ansehen”.
Der Perricumer blickte sich um und wurde augenscheinlich erst jetzt der beiden neuen Frauen gewahr. Mit einer schwungvollen Bewegung verbeugte er sich vor den beiden Damen. “Wo sind denn meine Manieren geblieben?! Bitte verzeiht vielmals! Salix von Hardenstatt. Erfreut, Euch kennenzulernen”, lächelte er beide Damen nacheinander freundlich zu.
Die jüngere der beiden riss pikiert ihre Augen auf, als ob der Erzverräter persönlich sie gerade zum Tanze aufgefordert hätte, während die Ältere den Perricumer einfach ignorierte. Die Seneschallin hob an etwas zu sagen, wurde jedoch von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. Hauptmann Rallerau trat mit der Borongeweihten in das Arbeitszimmer.
“Ah, hier haben wir nun die verlangte Boroni.”
“Boron zum Gruße”, hob Nurinai ni Rían an und schaute ein wenig fragend in die Runde, “Ihr habt nach mir verlangt, Hochgeboren?”
“Ich habe darum gebeten, nach Euch schicken zu lassen”, stellte Yolande klar, “Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass Ihr eine der Begleiterinnen der Seneschallin kennt. Die Jüngere. Soweit Ihr mir erzählt habt, habt Ihr sie im ‘Zum goldenen Stiefel des Kaisers’ getroffen, nicht wahr? Kurz nachdem Ihr diese Fuchsstatue fandet?”
Die Geweihte schaut sich die Jüngere der beiden Frauen an der Seite der Seneschallin genau an. Dann nickte sie. “So war es”, bestätigte sie, “Was habt Ihr dort gemacht?”
Ob der kecken Worte sichtlich irritiert, fixierte die dürre Gestalt die Boroni mit kalten Augen. “Mein Name ist Perainka Adersin von Dunkelsfarn. Ich bin niemand Geringeres als die Hofmarschallin der Winterhochzeit und was ich im goldenen Stiefel gemacht habe? Nun, dasselbe, wie wahrscheinlich jeder Gast dort.” Die Adersin rümpfte verächtlich die Nase. “Ich habe dort ein Mahl zu mir genommen.”
“Hm, mag sein”, meinte die Geweihte da nur, “Ich erinnere mich, dass Ihr einen besonderen Wert auf die Sauberkeit Eures Platzes legtet. Dann habt Ihr vielleicht gesehen, wer dort diese Statue platziert hat?”
“Ich erinnere mich an Euch.” Die Hofmarschallin musterte die Boroni genau. “Kurz nachdem Ihr Euren Platz verlassen habt, habe auch ich das Gasthaus verlassen. Viel zu viele … Menschen, viel zu … eng, viel zu … schmutzig.”
“Aber die Hesindegeweihte, die habt Ihr doch gesehen, nicht wahr?”
“Ich habe einen scharfen Blick und ein hervorragendes Gedächtnis”, entgegnete die Greifenfurterin schnippisch, “aber die besagte Geweihte habe ich nicht gesehen. Womöglich saß sie außerhalb meines Sichtfeldes. Sehr wohl aufgefallen ist mir jedoch dieser ungehobelte Hüne, der den Schankknecht angerempelt hat. Zu meiner Bestürzung muss ich sagen, dass dieser Unhold auch ein Märker war, wie ich aus seiner Mundart heraushören konnte. Ich entschuldige mich entschieden für so ein Verhalten, wir Greifenfurter sind doch keine Orks.”
Fredegard hatte diese eigentümliche “Unterhaltung” mit zunehmender Ungeduld verfolgt. Weder war ihr klar, was diese ungewöhnlich redselige Boroni mit ihren seltsamen Fragen bezweckte, noch, wie eine solch´ amateurhaft geführte Befragung irgendwelche Erfolge bei Leuten zeitigen sollte, deren Intellekt oberhalb dem eines Rotpelzes lag.
Und dann dieser Hardenstatt! Sich bei den zwei Frauen vorzustellen, die offenbar so unbedeutend waren, dass die Herrin der Pfalz es nicht selbst zu Beginn der Zusammenkunft als nötig erachtet hatte, alle miteinander bekannt zu machen. Ts, ts. Gleichwohl konnte auch die Perricumerin eine gewisse Neugier über deren Identität nicht verhehlen.
Dann wandte sich die Reichsedle Nurinai zu. “Verzeiht, aber worauf wollt Ihr mit Euren Fragen eigentlich hinaus? Ich fürchte, ich kann da leider nicht folgen.”
Etwas verwundert blickte die Geweihte die Altbaronin an: “Es scheint doch recht offensichtlich: Finden wir jenen, der diese Statuen platziert hat, dann sind wir schon einen erheblichen Schritt weiter bei der Aufklärung dieser Untat.” Sie nickte energisch. “Und kurz bevor mir diese Statue zugespielt wurde, habe ich Euch, Frau von Dunkelsfarn, gesehen. An den Greifenfurter kann ich mich auch noch gut erinnern…” Erneut nickte sie. “Sagt”, wandte sie sich dann an die Seneschallin, “Wir sind bei unseren Nachforschungen auf eine weitere Person gestoßen, die vielleicht etwas wissen könnte, sagt Euch Elenore von Karseitz etwas?”
“Verzeiht, Eure Gnaden, aber eine Elenore von Karseitz ist mir nicht bekannt.” Die Seneschallin wandte sich nun von der Boroni hin zu der älteren Frau neben ihr. “Frau von Erlenfall, ich denke, wir haben Eure Geduld nun schon zu lange strapaziert. Nach den Ereignissen in der Küche solltet Ihr Euch etwas ausruhen. Nehmt Euch den Abend frei!”
“Sehr wohl”, sprach die Angesprochene und stand auf, “Ich werde mich nun zurückziehen.” Mit schnellen Schritten ging die Adlige Richtung Tür des Arbeitszimmers der Seneschallin.
Als die Frau zur Tür eilte, rief ihr Fredegard noch mit einem Lächeln einen Rat hinterher: “Als Rückzugsort empfehle ich den Bergfried: er bietet nicht nur eine herrliche Aussicht, man ist - meistens - für sich allein und vielleicht bekommt ihr dort auch eine Idee, warum dieser illiterate und neugierige Angroschim uns allen jüngst die Suppe, nun ja, gehörig versalzen wollte.”
Nachdem sie die Worte der Perricumer Edeldame vernommen hatte, blieb die alternde Frau ruckartig im Türrahmen stehen, drehte ihren Kopf leicht schräg zur Seite, sodass ihr Blick Fredegard im Augenwinkel traf - und ging dann schließlich wortlos aus dem Raum.
Interessiert blickte die Geweihte der Erlenfallerin hinterher.
Salix blickte der Frau von Erlenfall mit ihren braungefärbten Haaren hinterher, augenscheinlich immer noch etwas belämmert, dass weder sie noch die jüngere Dame seinen Gruß erwidert hatten.
Dann wandte er sich wieder ab, blickte Nurinai an und ein Lächeln schien den bedrückten Gesichtsausdruck hinwegzufegen, “Ihr habt neue Informationen? Eine Frau von Karseitz? Was ist denn mit dieser Frau?”, wollte der Perricumer wissen.
“Leider keine neuen Informationen”, meinte die Geweihte da nur, “Lediglich das, was uns die Hesindegeweihten gesagt haben. Ihr erinnert Euch doch gewiss an die durch Euch aufgefundenen Aufzeichnungen mit dem Kürzel EvK?” Und Nurinai erinnerte sich noch an etwas weiteres: “Eine Frau mit gefärbtem braunem Haar?” Sie hielt einen Moment inne und schaute Yolande fragend an, weil sie das auch nur von ihr wusste. “Oder?”
“Elenore von Karseitz, E-V-K” zustimmend nickte Salix um sich dann an die Stirn zu fassen. “Entschuldigt! Das Gespräch, ich hatte es ganz vergessen. Aber wurde nicht gesagt, dass sie graue Haare hatte? Oder habt Ihr mehr über diese Frau herausgefunden?”
“Ich meine, dass irgendjemand etwas von einer Frau mit gefärbten braunen Haaren erzählt hat…”, glaubte sich Yolande zu erinnern, “Das hat doch der Wirt zu Euch gesagt, nicht wahr? Ihre Gnaden sei von einer Frau mit braun gefärbtem Haar besucht worden. Sie arbeite auf der Pfalz.”
Es klopfte an der Tür und ein Diener trat herein. Er überbrachte als erstes der Hofmarschallin einen gefalteten Zettel, die diesen mit spitzen Fingern und verdrießlichem Gesichtsausdruck entgegennahm. Ein zweiter Zettel war für die Senschallin gedacht. Beide Damen lasen aufmerksam das Geschriebene, verzogen dabei jedoch keine Miene.
“Herrschaften, ach wie die Zeit vergeht”, begann die Seneschallin, “es ist nun schon spät. Wir treffen und in der ersten Tsa-Stunde hier in den Vogtstuben wieder. Ich wünsche allen eine angenehme Nachtruhe!”
“In der Tat, die Zeit schreitet unaufhaltsam voran. Ich wünsche den Anwesenden ebenfalls eine angenehme Nacht und freue mich auf das morgige Wiedersehen. Bleibt zu hoffen, dass wir dann mehr Licht ins Dunkel dieser unappetitlichen Machenschaften bringen können. Doch nun Boron befohlen!”
Mit einer kurzen Verbeugung in Richtung Joslines verabschiedete sich Fredegard und verließ den Raum. Jetzt galt es, sich noch um eine andere Angelegenheit zu kümmern.
◅ | Praioten unter sich |
|
Wirtshausgespräche | ▻ |
◅ | Im Kerker |
|
Wirtshausgespräche | ▻ |
◅ | Im Kerker |
|
Geweihte (fast) unter sich | ▻ |