Geschichten:Zwischen Rondra und Hesinde - Eine Herzenssache: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 4. Juli 2024, 08:33 Uhr
Schloss Auenwacht, Kaiserlich Gerbaldsmark, Anfang Travia 1046 BF
Bärfried von Hardenstatt blickte auf die Turniertafel und kratzte sich nachdenklich am Kinn. Ein goldener Baum auf blauem Grund, das war das Wappen seines Kontrahenten. Wenn er jetzt noch wüsste zu welcher Familie oder besser welcher Person dieses Wappen gehörte. Aus der Markgrafschaft sicher nicht, da war sich der Einäugige beinahe sicher. Also aus dem Königreich? Wäre er doch nur besser in der Heraldik doch das war ein Feld, dass er gänzlich anderen überlies. Sein Gedächtnis brachte andauernd die Farben, Symbole und Namen durcheinander…
„Morena von Herzgrund, mein Herr“, meldete sich die vertraute Stimme Garralds neben ihm. Der Landvogt vom Arvepass blickte überrascht zum Hauptmann seiner Wache. Ein Schmunzeln huschte über die sonst so ernsten Gesichtszüge des Bürgerlichen, der nun hinter sich deutete. „Hab zufällig zwei Garetier sich darüber unterhalten hören“, offenbarte er die Quelle seines heraldischen Wissens; woraufhin der Hardenstätter verstehend nickte und sich abwandte. Er hatte noch etwas Zeit ehe er in die Schranke reiten musste und wollte diese für ein Gespräch mit seinem Bruder nutzen. Dieser weilte bereits seit geraumer Zeit in Auenwacht und hatte sogar eines der begehrten Zimmer im Schloss ergattern können. Die Frage wie es Salix schaffte solche Annehmlichkeiten zu erhalten brannte Bärfried, seit dem er davon erfahren hatte, unter den Fingern.
Er drehte sein Pferd und blickte zur Herzgrund, die sich bereits aufrappelte nachdem Bärfried sie aus dem Sattel hievte. Was für ein Ritt, dachte sich der Einäugige und konnte seinen Erfolg immer noch nicht ganz glauben! Die erste Runde hatte alles andere als gut ausgesehen und er rechnete bereits damit hier aus dem Turnier auszuscheiden. Doch die Götter waren mit ihm gewesen und so fand, in der zweiten Runde, seine Lanze den Weg am Schild Morenas vorbei in die Mitte ihres Körpers. Der Aufprass hatte das Holz splittern lassen doch es war noch genug Kraft darin gewesen, um die Fuhrmeisterin des Großfürstenhofs aus dem Sattel zu schleudern!
Er schob das Visier seines Gestechhelms auf und hob seine Rechte zur Siegesgeste gen Himmel. Seiner Kontrahentin schenkte er dabei ein anerkennendes Nicken, was diese mit einem ebenso anerkennenden Lächeln quittierte. Wahrlich, das Turnier des Großfürsten stand gänzlich im Zeichen der aufrechten Ritterschaft! Beinahe war es ihm, als ob die letzten Götterläufe unter der Strahlkraft des neuen Oberhaupts verblassten und keiner mehr an die blutigen und verbissenen Kämpfe dachte. Wenn da nicht diese Gruppe von Adliger aus dem Schlund gewesen wäre, die ihn daran erinnert hatten, dass sein Wirken während der Fehde in diesem Teil Garetiens nicht vergessen war.
Er schüttelte diese bedrückenden Gedanken ab und begab sich zur seiner Seite des Turnierfelds, wo bereits Garrald und zwei Waffenknechte darauf warteten ihrem Landvogt vom Pferd zu helfen.
Die Fuhrmeisterin blickte dem einäugigen Perricumer amüsiert hinterher und trank den Rest des Weines in ihrem Glas aus. Was für eine interessante Persönlichkeit der Landvogt vom Arvepass doch war. Er hatte das Angebot eines kleinen Umtrunks, zwischen den Runden, gerne angenommen und war doch völlig unvorbereitet auf ihre Avancen gewesen. Bärfried war sich ihnen anfänglich auch gar nicht bewusst und erst später war der Groschen gefallen - so kam es Morena jedenfalls vor. Immerhin hatte er, als er ihre Intentionen verstanden hatte, etwas mitgespielt. Ihm war das Wissen dieser Art von Lanzengang (trotz seines Ehebundes) ganz offensichtlich nicht gänzlich abhandengekommen. Ob der so integer auftretende Ritter doch nicht so streng nach Travias Geboten lebte, wie es den Schein hatte?
Sie würde jedenfalls beim Ball versuchen einen Tanz mit dem Perricumer zu ergattern und ihr kleines Spielchen fortsetzen. Wer wusste schon was diese Verbindung bringen könnte? Immerhin stand dieser Bergtroll von einem Mann recht hoch im Ansehen des Kaiserinnengemahls und hatte - soviel wusste Morena - auch darüber hinaus die ein oder anderen Kontakte, die ihr sicherlich nützlich sein konnten. Mit einem hintergründigen Lächeln goss sie sich ein weiteres Glas ein.
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