Geschichten:Ankunft - Teil 4: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 28. Februar 2014, 16:28 Uhr
Tsaiana lächelte zurück. „Ich war an der Kaiserlichen Kavalleriekadettenakademie zu Gareth. Ich vermag mich durchaus zu wehren, jedoch hab ich diese erst abgeschlossen und wollte eigentlich die Welt kennenlernen, doch die familiären Pflichten und die Verbundenheit zu meiner Tante hindern mich daran. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. So darf ich das Abenteuer bestehen, mich auf dem Parkett der gehobenen Gesellschaft zu recht zu finden.“ Sie seufzte und verdrehte die Augen. „Aber, bei Tsa, öfter mal was neues. Und es wär doch gelacht, wenn ich das nicht hinbekomme. Und ihr? Habt ihr schon viel erlebt?“ Sie sah in plötzlich mit riesigen, wunderbar grünen Augen an und beugte sich leicht zu ihm herüber. Ihre Neugier schien jetzt doch gewonnen zu haben.
„Kavalleriekadett, so so, und die Welt kennen lernen ... und ich hoffte ihr wärt kein Nichtsnutz.“ Freundlich kam dieser Satz über Raulbrins Lippen, dann wurde sein Grinsen immer breiter und er lachte. „Nur Spaß Tsaiana, ich habe es nicht anders gemacht, wollte nach meinem Ritterschlag die Welt sehen. Von Olport bis nach Al`Anfa reisen und wieder zurück. Wollte all die Sachen sehen von denen man so viel von Reisenden hört.
All die wunderlichen Wesen sehen, einfach Abenteuer erleben. Aber wisst ihr was das schönste ist?“ Neugierig schaute er Tsaina an.
Verwirrt und etwas unsicher über seine Aussage schaute sie zurück. „Nein, was?“ Erwartungsvoll schaute sie ihm in die Augen.
„Das Schönste ist zu Wissen das man etwas Gutes getan hat, sei es in der Schlacht oder das man einfachen Leuten geholfen hat. Es gab Situationen, da wäre ich mit einem Lächeln zu Boron gegangen, mit dem Wissen, dass ich in meinen jungen Jahren etwas geleistet habe.“ Raulbrin schaute Tsaiana kurz an, mit einem Blick welcher nicht einzuordnen war. „Ich werde euch morgen nach Hause begleiten und sei es nur kurz vor das Tor, aber ich habe noch einiges zu erledigen und könnte das so mit einander verbinden.“
„Ähm, ihr kennt euch doch etwas besser hier aus, könntet ihr mich evtl. bis zu der Abzweigung zur Burg meiner Tante geleiten? Wie gesagt, ich hab´s nicht so mit Orientierung und Wege finden und so was.“ Sie schaute etwas peinlich berührt zu Boden. „Aber ihr habt gewiss Recht, ich hoffe, ich werde auch bald etwas leisten können.“
„Das war ja auch mein Vorschlag. Und was meint ihr mit etwas leisten können? Ich bin nicht zum Vergnügen unterwegs, die Zeiten sind erst einmal vorbei.“
„Oh, dass meinte ich auch gar nicht. Verzeiht, ich hab mehr zu mir selbst gesprochen. Es wär schon schön, wenigstens als Vertretung meiner Tante etwas zu leisen, zu beweisen, was ich kann. Aber naja, kommt Zeit, kommt Rat.“ Tsaiana lächelte Raulbrin freundlich an. „Ich hoffe, ich kann euch irgendwann als Gast bei meiner Tante empfangen, falls eure Zeit dieses zulässt.“ Sie schaute ihm fest in die Augen.
Raulbrin nahm noch eine guten Schluck aus seinem Krug und erwiderte dann Tsaianas Blick: „Ich denke wenn ich all die Unannehmlichkeiten beseitigt habe, wäre das durchaus eine mir willkommene Einladung welche ich nur zu gerne Annehme. Ihr wisst ja wohin ihr den Boten schicken müsst.“ Raulbrin ging zum Kamin, nahm sich einen glühenden Scheit und zündete sich eine Zigarre an, welche wie von Zauberhand plötzlich in seinem Mundwinkel erschienen war. „Welche Zeit habt ihr denn für unseren morgigen Aufbruch angedacht? Ich frage, weil ich dann den Spaßvögeln da unten den Auftrag gebe euch zu wecken. Es sei denn ihr möchtet das nicht. Hat man euch denn überhaupt schon ein Zimmer gezeigt?“, wandte sich Raulbrin an Tsaiana.
Tsaiana überlegte kurz:“ Nein, bisher noch nicht. Ich dachte so an die 9. Stunde um aufzubrechen, es ist ja schon recht spät. Oder ist euch das zu früh?“ Ihr Blick huschte unmerklich über den Weinkrug. Da hatte Ungolf wohl recht, er trank gewiss mehr, als für ihn gut war.
„Nein, ich denke das lässt sich einrichten.“ Raulbrin goss erneut Wein nach, um auch diesen Krug wieder halb zu leeren. „Ich denke wir sollten uns dann einmal nach einem Zimmer für euch umsehen.“ Raulbrin stand auf, nahm noch mal seinen Krug und leerte ihn. „Wir wollen ja nichts von dem guten Wein vergeuden,“ sagte er, einer Entschuldigung gleich. „Bitte folgt mir, Aldar wird bestimmt schon eines der Gemächer für euch hergerichtet haben.“ Ohne ein weiteres Wort öffnete er die Türe und ging auf die Treppe.
Etwas verdutzt schaut Tsaiana hinterher, stand auf und schüttelte wegen dem leeren Kelch kurz den Kopf. Dann folgte sie Raulbrin. Innerlich versuchte sie ihn einzuschätzen, aber so wirklich schlau wurde sie aus diesem Mann nicht. Naja, er hatte ein schweres Los zu tragen. Aber egal, genug des trüben Gegrübele, der Gedanke an ein Bett war momentan auch viel verlockender, sie war doch schon recht müde.
Raulbrin führte sie die Treppe herunter und in einen anderen Trakt, während Lampen ihnen den Weg erhellten. Er öffnete eine Tür und spähte hinein, um sie kurz darauf ganz zu öffnen. Er machte eine einladende Geste und lächelte Tsaiana freundlich an.
„Das soll dann euer Zimmer für die Nacht sein, Aldar hat alles ein wenig hergerichtet.“
Er gab Weg und Blick frei auf ein gemütliches Zimmer, in dessen Mitte ein großes Bett stand. Die Daunendecken waren zurück geschlagen und im Kamin prasselte ein kleines Feuer für die Nacht. Des weiteren waren dort ein kleiner Tisch mit einem Stuhl und ein schwerer Eichenschrank zusehen. Noch immer lächelte Raulbrin: „Ich hoffe es ist so zu eurer Zufriedenheit und falls ihr doch noch etwas benötigen solltet, werde ich schauen das ihr es bekommt.“
„Habt dank. Es ist alles zufriedenstellend, mir fehlt nicht. Obwohl, eine Waschschüssel und eine Kanne Wasser wären nicht schlecht. Aber nur, wenn es euch keine Umstände bereitet.“ Sie schaute ihn dankbar an und lächelte.
Raulbrin lachte: „Nun, wenn ihr hinter die Türe schaut werdet ihr dort alles finden was ihr vermisst habt.“ Und ja da stand ein kleines Tischchen mit den von Tsaiana gewünschten Utensilien, sogar ein kleiner angelaufener Spiegel hing an der Wand.
„Ruhet sanft“, sagte Raulbrin lächelnd und wandte sich zum gehen. „Morgen früh in alter Frische.“ Dann verschwand er durch den Gang.
Tsaiana grinste in sich hinein, schloss die Tür hinter sich und begab sich erstmal zu dem Waschtisch. Nachdem sie sich gewaschen hatte, legte sie sich in das warme Bett und schlief sofort ein. Am nächsten Morgen, Aldar wollte sie grade wecken, saß sie aber bereits auf dem Bettrand und streckte sich genüsslich. Nach einem freundlichen „Guten Morgen“ machte sie sich fertig und kam frisch und gut gelaunt hinunter.
Als sie die Küche betrat, standen schon ein wenig Milch, Brot, Wurst und Käse für Tsaiana bereit. „Guten Morgen“ ,sagte Aldar lächelnd, „der junge Herr und Wulf bereiten schon die Pferde vor. Ich hoffe es fehlt euch nichts am Frühstück, wenn doch sagt es mir, ansonsten gehe ich jetzt wieder meiner Arbeit nach.“
„Nein, es fehlt nichts, alles wunderbar.“ Tsaiana lächelte Aldar an und widmete sich dann genüsslich ihrem Frühstück. Nach dem sie es sich schmecken gelassen hatte, begab sie sich zum Hof.
Das Bild welches sich ihr bot war schon recht seltsam.
Ihr Pferd und auch Raulbrins Reittier standen auf dem Hof bereit, und Wulf schien hinter ihrem Schimmel in Deckung gegangen zu sein und Raulbrin bewarf ihn mit trockenem Brot welches für die Tiere bestimmt war. Er war mit seiner geschwärzten Rüstung bekleidet und trug auch seine Waffen, einen Anderthalbhänder, welcher schon bessere Zeiten erlebt hatte, und eine verzierte Streitaxt bei sich. Nachdem er seine Munition verbraucht zu haben schien, rannte Wulf unter seinem Gelächter in Richtung Stall. Zurück kam er mit einer Mistgabel, auf der Mist aufgespießt war und rief: „Hier seht ihr den Rallerspforter-Aufstand. Der Pöbel erhebt sich gegen den Tyrannen von Rotkrähenborn!“ Raulbrin machte Anstalten wegzulaufen, als Edo, welcher aus einem Tor zu einem anderen Festungshof getreten war, rief: „Sieh zu, dass du das Ding weglegst und mach deine Arbeit, sonst setzt`s was und der Aufstand von Rallerspfort wird mit `nem saftigen Tritt in den Allerwertesten beendet. Und ihr Raulbrin, stachelt den Jungen nicht immer zu so einem Unsinn an, ihr seid mir ein schöner Herr !“ Edo lachte schallend und wandte sich wieder von der Szenerie ab. Wulf schaute seinem Vater verdutzt hinterher und Raulbrin musste sich vor Lachen den Bauch halten, dann nutze er die Verblüffung des Jungen aus, entriss im die Mistgabel und gab ihm einen Tritt in den hintern: „Tyrann, ja ? Ich zeig die gleich was ein Tyrann ist ...“ Und jetzt sieh zu das die Pferde fertig werden.“ Wulf wand sich wieder den Pferden zu und rieb sich dabei immer wieder die Stelle an der Raulbrin getroffen hatte. Dieser brachte die Mistgabel wieder in den Stall und bemerkte erst auf dem Rückweg, dass Tsaiana in der Tür stand und sie beobachtete. Breit grinsend sagte er nur : „Guten Morgen ... ausgeschlafen?“ Er ging an Wulf vorbei, nicht ohne ihm noch einen leichten Klaps auf den Hinterkopf zu geben und murmelte noch mal : „Na warte Bürschen, ich zeig dir, was ein Tyrann ist.“ Dann wand er sich seinem Pferd zu.
„Guten Morgen, auch euch Wulf. Ja, ich habe vorzüglich genächtigt. Doch sagt… ist das hier gang und gebe das ihr den Tyrannen mimt? Es ist doch sehr amüsant dem beizuwohnen. Verzeiht mir meine Neugier… Aber ihr scheint bessere Laune als gestern Abend zu haben?“ Sie sah ihn fragend an, bedachte auch Wulf mit einem netten lächeln und kam in den Hof um ihren Silberschweif zu kraulen. „Ist dies euer Ross? Ein stattliches Tier.“ Sie musterte Raulbrins Pferd. Und dachte bei sich: Aus diesem Menschen kann man wohl nicht schlau werden…
„Nein, den Tyrannen habe ich nur gemimt, weil Wulf so danach geschrien hat, wir haben nur ein wenig herumgealbert und der kleine gewitzte Bursche hat sich das aus der Nase gezogen.“ Raulbrin zwinkerte Wulf zu. „Und ja, das ist meine Ross, es heißt Nachtwind, dachte mir, dass es zu ihm passt ... und was meine Laune angeht, ja, die ist besser geworden, da ich mal endlich eine Nacht durchgeschlafen habe, was bei mir einem Mirakel gleich kommt.“ Er lachte und stieg in den Steigbügel. „Wollen wir los? Ich denke, es wäre alles bereit.“
Kopfschüttelnd und grinsend stieg Tsaiana auf ihr Pferd. „Natürlich, gern. Aber freut mich, dass ihr auch gut geschlafen habt. Und dass eure Laune besser ist.“ Sie schaut ihn herausfordernd an. „Kleines Rennen? Und Wulf, dank bitte noch mal Edo, Aldar und Ungolf, ich habe mich hier sehr wohl gefühlt.“ Mit diesen Worten blickte sie Raulbrin wieder an und machte sich startbereit.
Raulbrin setzte sein Pferd langsam in Bewegung und sprach: „Kein Rennen, aber wir sollten zügig reisen, ich würde gerne noch heute in Luring ankommen..“
„Pffff ... Seid ihr laaaaangweilig“, Tsaiana machte eine abwinkende Handbewegung. „Na ja, ich will euch gewiss nicht übervorteilen. Aber da sieht man mal wieder, das Tyrannen keinen Spaß mitmachen.“ Und ritt grinsend an Raulbrin vorbei.
„Ich will euch ja nicht den Spaß verderben, nur möchte ich Nachtwind auch nicht allzuviel zumuten, es wird ein langer Tag für uns und die letzten Monate waren schon hart für ihn“, sagte Raulbrin, während er zu Tsaiana aufschloss. „Ich werde irgendwann, wenn ich Euch und Eure Tante besuchen komme, gerne die Herausforderung annehmen, aber nicht heute.“ Raulbrin machte etwas mehr Tempo: „So können wir weiter reisen.“
„Ok, aber ich werde euch daran erinnern.“ Tsaiana schielte hinüber zu Raulbrin. „Dann hoffe ich, dass Ihr uns bald besuchen werdet.“ Tsaiana zügelte Silberschweif etwas, um neben Raulbrin zu gelangen. „Darf ich, neugierig wie ich bin, fragen, was Ihr in Luring wollt?“
„Ich möchte Graf Danos meine Aufwartung machen, da unser Lehen, die Baronie, ja mehr als zwei Jahre brach lag, möchte ich als Erbe Anspruch auf das Lehen erheben und Danos den Lehnsschwur leisten und ich möchte ihn nach meinem Vater fragen, wie er sich geschlagen hat, wie er starb, wie er als Lehnsherr war. Ich hoffe, etwas zu lernen.“
Raulbrin schaute Tsaiana an. „Wie ihr seht, eine äußerst gewichtige Angelegenheit von oberster Priorität.“
„Gewiss. Da gebe ich euch Recht. Aber keine Angst, Tsa ist mit euch, ein neuer Anfang unter eurer Führung bedeutet eine Veränderung, eine neue Möglichkeit, ein neues Wagnis und eine neue Chance für euer Lehen und euch selbst. Veränderung ist das einzig beständige im Leben. Die ewig junge Göttin bietet euch eine neue Herausforderung, mit der ihr wachsen könnt. Ihr solltet sie einfach nutzen ohne es groß zu hinterfragen. Es ist, wie es ist. Und es wird sein, was ihr daraus macht.“ Sprach Tsaiana überzeugend und doch mit ungezwungener Leichtigkeit.
„Der Herr Boron, Herrin Rondra, nein, eher sogar ihr Sohn Kor haben mich, wie mir manchmal scheint, des Öfteren geprüft, darum werde ich diese Probe Tsas auch annehmen. Ihr tragt euren Namen zu Recht, warum seid ihr nicht einem Tempel der jungen Göttin beigetreten?“ Raulbrin schaute sie mit ernstem Blicke an.
„Weil meine Eltern anderes im Sinn hatten. Wir sind der jungen Göttin, wohl wahr, sehr verbunden, aber ich habe leider Pflichten. Vielleicht, wenn meine Tante genesen ist, werde ich mich auf eine Neue Aufgabe vorbereiten. Aber im Moment werde ich gebraucht.“ Sie schaut etwas traurig, aber im nächsten Moment lächelt sie wieder. „Ein neuer Anfang kann immer überraschend kommen und ich warte auf die neue Herausforderung Tsas, wenn es soweit ist.“
Die Reise durch die Grafschaft Reichsforst wurde von kleineren Sprints, Witzeleien und Spöttereien über den Reitstil des anderen verbracht, und ehe es sich die beiden versahen, waren sie an der vereinbarten Abzweigung angelangt. „So“, sagte Raulbrin, „das sollte wohl reichen. Dort oben ist der Sitz eurer Tante, das heißt ihr solltet sie sogar finden wenn ihr einfach der Nase nach reitet. Ihr werdet von mir hören, sobald alle dringenden Geschäfte erledigt sind, werde ich eine Nachricht schicken. Lebt wohl bis dahin und die besten Wünsche für eure Tante.“ Raulbrin zog sich den rechten Lederhandschuh aus und hielt Tsaina die Hand hin.