Geschichten:Aufbruch gen Dragenfels - Teil 2: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 28. Februar 2014, 16:33 Uhr

Alissa war schnellstmöglich in ihrer Kammer verschwunden und legte sich zunächst kurz auf ihr Bett. Die Übelkeit verging wieder und auch die Gesichtsfarbe kehrte allmählich in Alissas Wangen zurück. „Puuh, das war knapp. Ich muss nächstens besser aufpassen…“

Alissa machte sich daran, die nötigsten Sachen zusammenzupacken. Als sie damit fertig war, nahm sie ihr geschnürtes Bündel mit in den Hof, wo sie es einem der Stallburschen übergab und dieser es am Sattel ihres geliebten Teshkalers befestigte.

Auch Luigi Belcampo war wieder auf den Beinen. Jedoch mehr schlecht als recht. Seine Verletzungen machten ihm immer noch zu schaffen, und ihm graute vor dem langen Ritt gen Dragenfels. Weniger wegen der Wunden, die noch nicht ganz verheilt waren, sondern vor der Situation mit Alissa.

Ihm war die ganze Geschichte außerordentlich peinlich. Er hatte nicht gewollt, dass Alissa erfuhr, was für ein Weiberheld er denn eigentlich war. Daher ging er ihr Größtenteils aus dem Weg und blieb auch die meiste Zeit in seinem Zimmer, um auch nicht Gefahr zu laufen, ihr vielleicht irgendwo auf dem Gang zu begegnen.

Da er jedoch die Zeit dazu hatte, schaute er Alissa unentwegt dabei zu, wie sie mit dem Hauptmann die Geschützmannschaft und auch die Waldläufer auf Trab hielt. Immer noch verspürte er eine Leidenschaft in sich, wenn er Alissa sah, jedoch konnte er ihr nicht in die Augen sehen. So hielt er sich eher bedeckt.

Nachdem er dann die Nachricht von einem der Burschen erhalten hatte, dass Alissa alles für den Aufbruch zum Dragenfels vorbereitete und es am selben Tag noch losgehen sollte, wurde ihm ganz und gar unwohl in seiner Haut. Er wusste nicht, was er tun sollte. So suchte er die Baronin auf, um ihn, aufgrund seiner immer noch nicht verheilten Wunden, von diesem Auftrag zu entbinden. Die Baronin blieb jedoch hart und machte Belcampo klar, dass niemand außer ihm die Geschützmannschaft betreuen könne, während Alissa mit ihren Waldläufern beschäftigt sei. Belcampo versuchte, sich irgendwie aus dieser Sache herauszureden, aber die Baronin ließ keinerlei Ausflüchte zu. So machte sich also auch Luigi Belcampo daran, seine Siebensachen für diese Reise zu packen.

Die Baronin ging nach ihrem Frühstück in den Hof, um dort die Vorbereitungen zu überwachen. Sie sprach mit Ole ab, welche Munition das Trebuchet erhalten sollte. Grosse Steinblöcke. Das Trebuchet sollte jedoch für den Fall der Fälle eine Ladung Hylailer Feuer mit auf den Weg bekommen. Mehr würde sich jedoch nicht lohnen, da der Dragenfels zuvor durch ein Feuer erheblich beschädigt worden war.

Alissa koordinierte den Abmarsch und brüllte hier und dort einige Befehle im Hof herum.

Ihre Tante betrachtete das Treiben und murmelte zu Ole: „Wie macht sie sich?“

„Es ist unglaublich!“, antwortete Ole. „Wenn ich mich an das letzte Jahr zurückerinnere, war ihre Schwester immer die treibende Kraft. Eure Nichte hat sich komplett geändert. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, sie ist ein anderer Mensch.“

„Nun, das sind wirklich gute Aussichten. Dann wird der Dragenfels fallen!“ Die Augen der Baronin funkelten wild und sie schickte Ole wieder an die Arbeit.

Den ganzen Vormittag über herrschte reges Treiben im Hof der Burg Freudenstein. Soldaten liefen herum, das Trebuchet wurde abgebaut und verladen und alle machten sich daran, das Nötigste für diese Mission einzupacken.

Alissa begab sich zur Baronin, um mit ihr das Vorgehen am Dragenfels zu besprechen.

„Ich werde versuchen, ihn aus der Burg herauszubekommen, um ihm dann den Garaus zu machen. Er wird einsehen müssen, dass er einen großen Fehler begangen hat, als er Euren Sohn verschleppt hat. Ich werde ihn dazu bringen, mir zu sagen, wo Euer Sohn ist, und ihn dann zurückholen.“

Alissa klang entschlossen, die Baronin sah ihrer Nichte jedoch an, dass da noch etwas anderes war. „Ich bin wirklich begeistert von deiner Entschlossenheit, mein Kind, aber gib gut auf dich Acht. Ich möchte nicht, dass dir etwas passiert.“ Die Baronin lächelte geheimnisvoll, Alissa konnte aber aus diesem Lächeln wieder nichts deuten. „Ist es denn nicht viel wichtiger, Euren Sohn endlich wieder zurück zu holen?“, fragte Alissa ein wenig ungläubig und zog die Stirn kraus. „Sicher ist das wichtig. Aber Rohajan Praiodan ist noch zu klein, um mir bei den Regierungsgeschäften zu helfen. Ich brauche dich und deine Fähigkeiten. Und nicht nur ich… Pass also auf dich auf!“ Alissa zog die Augenbrauen hoch, erwiderte aber nichts, weil sie nicht wusste, was sie hätte antworten sollen. Die Baronin stand auf und drückte ihre Nichte an sich. „Mögen die Zwölfe dich auf deiner Mission beschützen und dich heil zurück bringen.“ Alissa erwiderte diese Umarmung, löste sich aber schnell und gab an, die Truppen zum Aufbruch zusammen zu rufen.

Auch Belcampo schlich schon die ganze Zeit im Hof herum und wusste nicht, wohin mit sich. Als er dann den Ruf zum Aufbruch vernahm, schwang er sich in den Sattel seines Pferdes und reihte sich bei den Wagen mit dem Trebuchet ein.

Als Alissa ihn erblickte, verengten sich ihre Augen zu Schlitzen. Sie ignorierte ihn aber weitestgehend und brachte die gesamte Mannschaft dazu, noch ein paar Abschiedsworte ihrer Baronin zu empfangen.

„Geschützsoldaten und Waldläufer,“, hob die Baronin an. „Ihr habt eine schwierige Aufgabe vor euch. Aber besinnt euch auf eure gute Ausbildung und auf das Ziel dieses Unterfangens. Setzt alles daran, dem Junker vom Dragenfels einzuheizen und bringt mir meinen Sohn und meine Nichte heil zurück.“

„Ein Hoch auf die Baronin von Erlenstamm!“, rief Alissa und streckte ihr Schwert in die Höhe. „Hoch!!!“, brüllten die Soldaten und der Zug setzte sich in Bewegung.

Ein paar Stunden ritt Alissa an der Spitze des Zuges mit. Sie genoss es, Freudenstein wieder einmal ein paar Tage hinter sich lassen zu können. Was ihr allerdings überhaupt keine Freude bereitete, war der Horasier, der am Ende des Zuges bei den Wagen ritt.

Um eben dort nach dem Rechten zu sehen, ließ Alissa sich zurückfallen und trieb die Wagenlenker zu etwas mehr Eile an. Sie drohten den Anschluss zu verlieren.

Diese Gelegenheit wollte Alissa aber auch noch zu etwas anderem nutzen. Luigi hielt sich sehr bedeckt, schien auch noch an seinen Verletzungen zu leiden, versuchte aber trotz allem im Sattel eine gute Figur zu machen. Jedoch verließ ihn seine gute Haltung, als er sah, dass Alissa geradewegs zum Ende des Zuges ritt, um mit den Wagenlenkern ein paar Worte zu wechseln. Diese zogen daraufhin das Tempo an und Belcampo fiel ein wenig zurück.

Alissa nutze die Gelegenheit, um endlich mit dem Dottore zu reden. Sie ließ sich zu ihm zurückfallen und ritt eine Weile auf gleicher Höhe, ohne etwas zu sagen.

Belcampo wurde nervös, da er nicht wusste, wie er Alissa einzuschätzen hatte. Alissa jedoch schien mehr als gelassen zu sein. Er musterte sie von oben bis unten, und sein Herz flatterte wieder vor Verzückung.

Plötzlich und ohne Vorwarnung sagte Alissa: „Wann hattest du vor, mir von Alma und meiner Tante zu erzählen?“ Alissa blickte stur nach vorne und versuchte ruhig zu bleiben, jedoch krallte sie ihre Finger in Connars Mähne.

Belcampo blickte betreten zu Boden. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Ihm war diese ganze Situation überaus unangenehm. Er wusste aber auch, dass er Alissa nicht noch mehr verletzen wollte, als er es ohnehin schon getan hatte. „Mia Bella“, setzte er an. Doch er wurde von Alissa ziemlich ungehalten unterbrochen. „Nenn mich nie wieder so!“, fauchte sie ihn an. „Wer weiß, wen du noch so genannt hast.“

Luigi war enttäuscht. Er schien bei Alissa keine Rolle mehr zu spielen. „Es tut mir wirklich leid, Euer Hochgeboren.“ Er versuchte sich innerlich von ihr zu distanzieren, was ihm aber nicht so recht gelingen wollte. „Ich habe mich selbst bei so vielen schönen Frauen nicht im Griff. Eure Tante, wie auch Alma und ihr habt mich überwältigt. Ich war geblendet und konnte mich nicht im Zaume halten. Ich bin eben auch nur ein Mann.“

‚Ich bin eben auch nur ein Mann’. Diese Worte hallten in Alissas Kopf wider und wühlten sie auf. Ist denn wirklich jeder Mann so? Sie wurde zornig, sehr zornig. „Ach so, auch nur ein Mann…“, sagte Alissa spöttisch. „Warum besteigst du dann nicht gleich noch ein paar von meinen Waldläuferinnen? Oder gleich im nächsten Dorf die Mädchen auf der Straße?“ Luigi schoss es durch den Kopf, dass er durchaus an so etwas bereits gedacht hatte, doch verdrängte er diese Gedanken schnell wieder. „Ich, ich…“, stotterte er. Er versuchte sich zu rechtfertigen, doch Alissa reagierte sofort. Sie verpasste ihm eine schallende Ohrfeige und ritt wieder zur Spitze des Zuges. Er versuchte noch ein paar Mal, an Alissa heranzukommen, diese schickte jedoch immer einen ihrer Waldläufer vor, und Luigis Bemühungen blieben erfolglos. Nach und nach erkannte er, dass er Alissa tatsächlich verloren hatte. Er nahm sich jedoch vor, nicht aufzugeben, sondern mit seinem Charme Alissa wieder und wieder zu betören.

Alissa ließ ihn dennoch vorerst links liegen. Sie kannte seine Spielchen und war bereits einmal darauf herein gefallen. Ein zweites Mal würde das nicht passieren. Sie würde überhaupt sehr vorsichtig sein, was Männer anging. Sie wollte nicht noch einmal so enttäuscht werden. So ging sie ihm lieber aus dem Weg, als noch ein einziges Wort mit ihm zu wechseln.



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Texte der Hauptreihe:
K1. Teil 1
K2. Teil 2
K3. Teil 3
K4. Teil 4
K5. Teil 5
K6. Teil 6
K7. Teil 7
11. Ing 1028 BF
Teil 2
Teil 1


Kapitel 2

Teil 3
Autor: Alissa