Geschichten:Frühlingssturm - Standesdünkel und ständische Probleme: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 29. März 2011, 08:11 Uhr
Und so kam es, dass einige Zeit später tatsächlich ein recht scheuer Garrald den Saal am unteren Ende betrat, sich halb unter der dafür eigentlich viel zu hohen Decke bückend, um bloß nicht aufzufallen, während eine schlanke Frau ihn an der Hand gepackt zum untersten Ende der Tafel hinüberzerrte, wo auch die Hauptleute der beiden auf Angareth stationierten markgräflichen Gardebanner ihren Sitzplatz hatten.
“Ah, Garrald! Wurd’ aber auch Zeit, dass du dich endlich blicken lässt. Rotzblitz! Hättst fast die Suppe verpasst ...“ Wie zur Bestätigung tunkte der korpulente Mann mit den Brandflecken im Gesicht ein Stück Brot in seine eigene Portion, um es dann schlürfend in den Mund zu stecken. Seine Nebenfrau wand sich pikiert von ihm ab. Es war kein Geheimnis das Hauptfrau Malina von Niederriet nicht viel von ihrem bürgerlichem Ranggenossen hielt. Und in diesen Augenblicken fühlte sie sich wieder vollauf bestätigt.
Lieber sprach sie da die nicht fern sitzende Thara von Bodiak an. „Ihr seid doch im Gefolge des Heermeisters angereist, hohe Dame ... von der Trollpforte her. Ich habe gehört, der Markgraf enteigne nun systematisch alteingesessene Familien – was habt ihr davon gehört?“
In Anbetracht der vielen Geweihten, die als Ehrengäste die Festtafel schmückten, hatte sich der Baron zu Aschenfeld etwas abseits positioniert. Hier im schummrigen Zwielicht des Kaminfeuers, vermochte er entspannt den Gesprächen zu lauschen, ohne im Blickpunkt der Allgemeinheit zu stehen. Die Tatsache, dass der riesenhafte Troll ihm Unwohlsein bereitete, mochte jedoch eine noch wichtigere Rolle bei seiner Entscheidung gespielt haben.
Ein gequältes Nicken und ein gemurmeltes "Euer Hochgeboren", war alles zu dem Welfert sich zwingen konnte. Er hasste Situationen, in denen er nicht überlegen war, nicht die Kontrolle hatte. Erst der Blick auf sein Waffengehänge normalisierten seinen Herzschlag soweit, dass er sich dem Geprasse hingeben konnte, auch wenn ihn das sittsame Treiben bald begann zu langweilen.
Mit einem Anflug von Schadenfreude, vernahm er daher die Frage nach den Plänen seines erlauchten Bruders. Er stützt sich auf die Ritters seines Rabengottes, folgt den Orakeln einer hochnäsigen Göre. Es nimmt kein Wunder, dass der Adel aufbegehrt und Fragen stellt.
Wahrlich, Gernot hatte sich mit seinen einsamen Entscheidungen nicht viele Freunde gemacht. Wenngleich, so einsam sie nicht gewesen sind, wie er mit wölfischem Grinsen, noch im Geiste hinzufügte. Seine vor Jahren gelegte Saat begann aufzugehen. Neugierig fiel sein Blick auf Thara von Bodiak, seine rechte Hand. Nicht zuletzt wegen ihrer diplomatischen Fähigkeiten, hatte er die von den Rabenrittern geschasste Kriegerin zu sich genommen. Kaum einer, der sich nicht von ihrem engelsgleichem Äußeren täuschen ließ.
Einige der Gäste kamen Praionna von Adelsversammlungen des Perricumer Landes bekannt vor, andere wiederum kannte sie überhaupt nicht. Auch die wuchtige Gestalt des Trolls blieb ihr natürlich nicht verborgen und auch von den Bannstrahlern war noch keiner zu sehen, doch kümmerte sie dies plötzlich weniger, da ihr Augenmerk innerhalb von kürzester Zeit auf dem Gespräch zweier Damen ruhte. Anscheinend hatte eine der Soldatinnen eine Edle der Rabenmark auf die Vorgehensweise Großkomtur Gernots in der Mark angesprochen.
Thara von Bodiak nahm gerade einen Schluck des vorzüglichen herben Trollzacker Weines, als sich eine nicht weit von ihr entfernt sitzende Dame, offensichtlich zu den Truppen des Gastgebers gehörig, ein wenig nach vorne lehnte und an sie wandte. Die Edle verkniff sich ein süffisantes Lächeln, dass diese sie mit der falschen Anrede versehen hatte – denn obwohl sie nach wie vor landlos war, blieb sie dennoch eine Edle.
Deshalb setzte sie langsam den Weinkelch mit ihrer behandschuhten Rechten ab und antwortete: „Ganz recht, ich kam mit seiner Hochgeboren Welfert von Mersingen hier an. Wenn ich mich vorstellen darf, Thara von Bodiak, Edle von Aschenfeld. Verzeiht, wie ist gleich Euer Name?“
Mit etwas verkniffenem Gesicht gab die Angesprochene zurück: „Malina von Niederriet, zweites Banner des markgräflichen Garderegiments Trollpforte.“ Leicht reckte sie das schmale Kinn vor und taxierte die Edle kühl. Das blässliche Gesicht drückte dabei ihre Gleichgültigkeit auf vortrefflichste aus und es war schwer auszumachen, ob ihr Fehltritt ihr nun leid tat oder nicht. „Aber nun, wenn ihr tatsächlich aus Aschenfeld kommt, so werdet ihr ja gut wissen, was es damit auf sich hat.“
Thara setzte zu einer samtweichen Antwort auf die ursprüngliche Frage an, die dennoch keineswegs warmherzig klang: „Ach, wisst Ihr… der Markgraf wird schon wissen, was er tut. Aber auch mir kam zu Ohren, dass nicht alle Familien ganz glücklich mit seiner Lehenspolitik sind…“ Ein weiterer Schluck Wein floss ihre Kehle hinunter, während sie die Hauptfrau unablässig mit den Augen fixierte. „Aber erhält nicht letztendlich doch jeder, was er verdient?“ gab sie die Frage geschickt zurück. Ihr Blick schweifte dabei über die versammelten Gäste, von denen die meisten ihr unbekannt waren.
Ein Schnauben war die direkte Antwort auf Tharas Äußerung. Ohne Umschweife wechselte sie leichthin die Anrede, als wäre nichts gewesen. „Oh, natürlich. Die Frage dabei ist letztendlich nur wann, meint ihr nicht? Ich glaube kaum, dass die Nekromanten die Lande am Radrom verdienen – und dennoch besetzen sie sie gerade und handeln nach eigenem Gutdünken. Wollt ihr etwas behaupten, ihnen stünde das zu?“ Mit einer flüssigen Geste griff sie nach dem Weinpokal vor sich und nippte an der roten Flüssigkeit.
Answin Gerofan nahm wenig Notiz von den Gästen an der Tafel, er hätte sowieso keinen gekannt und es war wohl auch besser so, denn sonst hätte er die beiden Golgariten ebenfalls entdeckt!
Mit schmerzenden Gliedern ließ er sich nahe Welferts und Tharias nieder und versuchte die Schrammen und blauen Flecken, die ihm der Aschenfelder am Nachmittag zugefügt hatte, möglichst zu verdecken. Sichtlich gelangweilt ob des höfischen Benehmens lauschte er erst den Ausführungen der Edlen zu Aschenfeld, als sein Blick auf die Tafel der Ehrengäste fiel und er dort den weißen Wappenrock der Golgariten erblickte. In kürzester Zeit waren seine körperlichen Schmerzen vergessen, denn die Diener des Raben und neuen Herren seiner Heimat waren ihm ein Dorn im Auge und so galt seine ganzes Streben nun der Beobachtung der Rabenritter.
Ein sanftes Lächeln umspielte beschwichtigend die Lippen der Edlen von Aschenfeld. Sie würde diese unmögliche Person an einer vermuteten Schwachstelle packen. Ihr Ton war überaus liebenswürdig und offen, als sie erneut antwortete: „Nun, nun... Nicht nötig, wegen eines solchen Themas mit der Contenance zu kämpfen. Ihr habt natürlich ganz und gar recht, werte Dame, die Nekromanten sind nach wie vor nicht vertrieben. Und glaubt nicht etwa, dass ich nicht auch zur Genüge gelitten hätte... Dennoch, Geduld, Hoffnung und Mut sind eine ritterliche Zier, Götterglauben auch – nicht wahr?“ Das Wort „ritterlich“ erfuhr eine ganz besondere Betonung. „Mag sein, dass dies eine Prüfung ist, der wir uns erst noch würdig erweisen müssen. Den Willen der Götter sollen besser die erkunden, die sich darauf verstehen, nicht?“ Dabei streifte ein forschender Blick die anwesenden Geweihten, die größtenteils am Kopfende beim Gastgeber saßen. „Aber lasst uns das Thema wechseln, mir scheint es ein wenig schwerverdaulich zum Essen. Wo seid ihr stationiert?“
Was bildet diese Edle sich ein, den Ratspruch der Götter hier so zu fordern? Sollen wir die Ritter des Golgarit ihre Ansprüche stützen, an einer festlichen Tafel mit Brimborium und Gelächter? - Schwester Praionna konnte es nicht fassen, was sich diese Märker Adeligen herausnahmen. Oft schienen sie dem Orden den Namenlosen an den Hals zu wünschen und dann wieder den Orden als Schutzschild gegen ihre Spötter anzuführen. Was die Soldatin betraf, so fand sie deren Ansinnen ebenso spöttisch, doch erkannte Praionna in ihr eine erfahrene Streiterin wieder den Verdammten was ihre Wort wohl vor Rethon ebenwiegen würde.
Diese Hofdirne des Mersingers jedoch war ihr kein Name und deswegen auch nicht als Streiterin wider dem Gezücht bekannt. - Von Leid spricht sie, doch ich frage mich wo war dieses Leid am Pass und vor Beilunk? Soll sie doch erst kundtun was sie "erlitten" hat, bevor sie sich den Priestern gleich im Dunklen hütet! Von all dem erkannte man auf dem Antlitz der Ritterin keine Regung und so war das einzige was man vernehmen konnte das stechende Blicken beider Augen, als sie dem Gespräch weiter zuhörte.
Der Antwort Malinas hörte Thara schon nicht mehr zu, da sie sich mit einem Mal unbehaglich fühlte. Sie suchte, den Grund hierfür zu erkunden und bemerkte schließlich, dass ein Augenpaar ganz in der Nähe auf ihr ruhte. Die Tatsache, dass die Besitzerin eindeutig eine Golgaritin war, ließ Tharas Wohlgefühl nicht wieder zurückkehren. Ihre Miene verfinsterte sich, und sie starrte mit unterdrücktem Zorn in ihren Weinkelch. Diese Verräter – ein Leben gilt ihnen nichts, wenn es um die Verfolgung ihrer Ziele geht.
Sie spielen mit dem Tod und dem Leben, ganz wie es ihnen beliebt! Ihre Gedanken wurden nun zynisch: Wahrhaft borongefällig! Innerlich rümpfte die Edle ihre Nase, dann stürzte sie ihren Wein in einem Zug hinunter und ließ sich den Kelch erneut füllen. Als dann unweigerlich die Erinnerungen an die scheinbar unendlichen Tage der Gefangenschaft in den Händen der Nekromantenschergen sie überwältigten, begannen ihre behandschuhten Hände merklich zu zittern – vor Grauen und vor eiskaltem, glühenden Zorn.