Geschichten:Obrigkeit lässt verschimmeltes Notkorn verteilen: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 2. April 2011, 09:06 Uhr
Im Sommer hatten Hitze und Dürre die Ackerfrucht halb verdorren lassen, und der Bauer nahm’s mit Gram. Doch nun ist Firuns Jahreszeit eingezogen in die Gassen der Capitale Gareth, und Gram macht sich bei den armen Bewohnern der Garether Vorstädte breit: Denn nichts zu fressen steht auf dem Tisch. Um einem allgemeinen Hunger und den zu befürchtenden Tumulten beizukommen, ließ Markvogt Berdin von Vierok nun im Einvernehmen mit der Stadtobrigkeit Gareths die Speicher des Notkorns öffnen. Doch statt die Mägen zu füllen, die Preise zu senken und die Unruhe der Städter zu beruhigen, erhebt sich lautes Geschrei ...
Bereits Ende Hesinde 31 Hal war für den einfachen Tagelöhner, die Schmiedegesellin oder den tobrischen Flüchtling allein schon der Kauf von Brot nahezu unerschwinglich geworden. Die Bäcker und Brothändler verlangten Preise für einen Kanten Grambuscher Schwarzbrot, dass nicht einmal der Listenreiche unter den Göttern darüber noch hätte erfreut sein können. Allein – die Preise steigen, wenn die Ware knapp wird. Dieses Gesetz ist so alt wie das Geld. Angesichts des ersten Hungermarsches der Meilersgrunder (AB 89) und des drohenden zweiten, der womöglich ein Feuer der Gewalt entfachen mochte, wurden nun die Speicher des Kaiserlichen Notkorns geöffnet. Ein Seufzen ging mit dieser Kunde durch die Stadt, ein Seufzen, wie es der zur Ader gelassenen Patient bei der Linderung seins Leidens von sich gibt. Doch wie wurde das Seufzen laut und schlug um in Wut und Empörung, als auf dem Zwölfgötterplatz die ersten Scheffel Getreide und die ersten Körbe mit Winteräpfeln an die wartende Menge ausgegeben wurde!
»Verdorben ist’s!« – »Gewalt geschrieen!« – »Hungern müssen wir! Und uns nun verspotten lassen?« – »Diesen wurmigen Apfel in der Emerin Hals!« So schrie das Volk und drohte mit Fäusten, Knütteln und Messern. Garether Spießbürger und eilig gesammelte Bärengarde bildeten einen Ring um die Vertreter der Stadtobrigkeit, die feststellen mussten, dass das Getreide, das sie mildherzig verteilen sollten, ganz und gar verschimmelt war, als hätte ein unheiliger Fluch oder ein böser Zauber es getroffen. (Das war freilich nicht der Fall, wie jeder Bauer den unerfahrenen Städtern hätte sagen können – ja: sollen!)
Mit Geschrei und Protest drängte die Masse vor, allen voran Zylva »die Große«, die unlängst den Zug der Meilersgrunder angeführt hatte. »Wir sollen hungern während Ihr Kuchen und Pasteten esst? Ist das die gerechte Ordnung?« Hob sie an und hätte sicherlich noch lästerlicher gesprochen, wenn nicht auf seinem weißen Rosse der Oberst der Garde herangesprengt wäre: Alrik vom Blautann, der Sieger wieder die Orks! Jener, der Gareth schon einmal vor dräuender Gefahr gerettet hatte! Zwischen die empörte Menge, in die langsam Ruhe einzog, und die Gardisten, bei denen sich schnell Unruhe breit machte, lenkte Alrik von Blauthann sein Ross und baute sich in seiner ganzen Kriegerherrlichkeit auf: »Bürger von Gareth! Groß ist Eure Not! Und jeder sieht und hört sie! Glaubt ihr braven Bürger denn, Adel und Patrizier wollten eurer spotten? Glaubt ihr denn, diese wären nicht ebenso getroffen von der Strafe der Götter, die uns prüfen soll?« Gemurmel und Raunen kam in die Menge. Manch einer zweifelte nun am eigenen Ärger. Doch Zylva die Große rief lauthals: »Solange Ihr Euer Ross füttert statt uns, glaube ich Euch kein Wort«, und warf einen wurmstichigen Apfel auf den wackeren Oberst. Dieser jedoch zog blitzgschwind sein Schwert und fing mit dessen Spitze die faule Frucht aus dem Flug. Den Apfel am Schwert beschwor Blauthann: »Bürger von Gareth! Ihr kennt mich! Denn auf mein Wort konntet Ihr Euch stets verlassen! Bei diesem meinem Schwerte schwöre ich Euch, dass ich mich um euch verwenden werde! Ich verspreche, dass Eure Not gelindert werden möge! Bei meinem Wort!«
Nun erst zerstreute sich langsam die Menge, halb beruhigt durch des Obersts Worte. Doch in den Schänken und Tavernen von Meilersgrund und Rosskuppel erhitzten sich die Gemüter erneut. manch einer bedauerte, auf dem Zwölfgötterplatze heute nicht ein paar Büttel und Handlanger des Adels verdroschen zu haben.
Die Herrscher über Gareth und die Mark hingegen rauften sich die ganze Nacht die Haare, wie man dem Hunger beikommen könne – und der Unverfrorenheit dieser Bürger, die nicht wussten, auf welchen Platz die Ordnung der Zwölf sie gestellt hatte. Die Priester und Geweihten der Zwölfe hingegen sammelten Nahrung in den haushalten der reicheren Bürger und beteten um die Gnade der Götter, allen voran die Vorsteherin der Garether Badilikaner, Mutter Yadewine Gumbertinger.
(Aventurischer Bote No. 91)
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Plant der garetische Adel einen Siegestempel? | ▻ |