Geschichten:Albernische Gäste - Teil 9: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 25. Januar 2014, 09:12 Uhr
Für Ra’oul war es bereits jetzt zuviel. Zornig zuckten seinen Lippen, als er versuchte den Ärger herunter zu schlucken, doch wollte es ihm bei diesem Mann der am Tode seiner Großmutter und der Entführung seiner kleinen Schwester beteiligt gewesen war nicht gelingen.
“Du dreckigäs Balg ainer stinkändan und billigän Hafänhurä. Ist dir där Helm zu eng gewordän? Bekommst Du darunter nischt genigend Luft? Isch ratä dir dainän verkimmärtan Schwanz zwischän dainä Bainä zu klämmen und zu rännen was das Zeug hält, da die ädle Lyn ansonstän räscht haben wird und dainä Aingewaidä auf diesäm Platz verteilt werdän. UND DU DA,” mit diesen Worten riss Ra’oul seinen Säbel aus der Scheide und deutete auf den Schützen. “wirst där ärstä sain där von mainär Klingä wie ainä Schlachtsau aufgeschlitzdt wird!”
Der Nebachote wusste, dass diese Aktion sehr riskant war, doch wollte er dadurch den Armbrustschützen bringen von Linea abzulassen. Lyn, die Ra’oul bereits von verbalen Auseinandersetzungen aus Albernia kannte, wo sie ihn zum ersten male gesehen hat, wusste dass der Nebachote kurz vor einem Wutausbruch stand. Seine eigene Verletzungen hatte er anscheinend vollkommen vergessen...
“STILL JETZT!” donnerte Cyberian über den Platz. Seine Stimme hatte jetzt ganz den gewohnten Ton des Hauptmanns übernommen. “DAS IST DOCH WAHNSINN!”
Verärgert, aber das Schwert stecken lassend, brachte er sein Pferd vor Linea, bevor er sehr laut weiter sprach.
“Junker von Firunshöh, Ihr werdet weder diese Damen ebenso wenig mitnehmen, wie Ihr sonst noch jemanden aus unserer Gesellschaft entführen werdet. Bei einem solchen Versuch würdet nicht nur Ihr, sondern auch all Eure Mannen zu Boron fahren, bei Praios!” Von Firunshöh wollte dazwischen reden, doch brachte Cyberian ihn zum Schweigen. “Jetzt rede ich und Ihr werdet mir zuhören. Danach mögt Ihr entscheiden, wie es weitergehen wird.”
Radulf von Firunshöh und Cyberian von Silberblick kannten sich zumindest vom Sehen und Hören einzelner Turniere. Sie waren zwar noch nicht gegeneinander angetreten, doch hatten sie stets den anderen den entsprechenden Respekt gezollt.
“Wir wissen nicht wovon Ihr sprecht, Junker, das schwöre ich bei Praios! Und wenn Ihr wagt mein Wort anzuzweifeln, dann tretet wie ein Mann vor und lasst uns dies wie Ritter zu Ende bringen. Ansonsten aber, fordere ich Euch auf zu erklären was Eure unerhörten Anschuldigen sollen?” Mit festem Blick taxierte der gallsteiner Hauptmann den Junker mit dem Wurmspieß.
“Mit Euch habe ich in der Tat keinen Streit, Herr von Silberblick,” erwiderte Radulf kühl. “Eurem Wort glaube ich auch. Aber allein dieser nebachotische Schakal dort lügt doch, sobald er nur das dreckige Maul aufmacht!”
“Ich stimme dem Herrn von Silberblick zu,” warf Rondrigo ein. “Wir sollten das ritterlich lösen. Ihr bringt schwere Vorwürfe vor. Ein Götterurteil im Zweikampf soll dann entscheiden, was rechtens ist.” Doch Radulf ignorierte Rondrigo von Ahrenstedt schlichtweg.
Der Armbrustschütze hatte in der Tat seine Aufmerksamkeit nun Ra’oul gewidmet, der den Säbel schon drohend in der Faust hielt. Keiner wusste später, wer zuerst handelte, sicher war nur, dass der Schütze blitzschnell abdrückte und Ra’oul vorpreschte, um den Junker von Firunshöh zu Boron zu schicken. Der Bolzen schlug dumpf in Ra’ouls Brust und riss ihn von seinem prächtigen Ross. Ächzend krachte der Nebachote auf den dunklen Boden des Turnierplatzes, dessen Erde er schon einmal hatte kosten müssen.
Das Geschoss war durch seinen Ringelpanzer geschlagen, als wäre dieser nicht im Geringsten vorhanden. Ra’oul wollte sich zwar nochmals aufrappeln, doch misslang dieser Versuch, als seine Arme kraftlos den Dienst versagten.
Lyns Herz tat einen Satz und fassungslos musste sie mit ansehen, wie der Nebachote stürzte. Ein solcher Treffer war oftmals tödlich – der Schütze hat gut gezielt.
Sie riss ihr eigenes Schwert nun aus der Scheide, genau wie der Junker von Silberblick und auch Rondrigo von Ahrenstedt löste den Morgenstern von seinem Gürtel.
Linea lenkte ihr aufgeregtes Pferd ein Stück zurück, während ihre Begleiter nun zum Angriff übergingen.
Cyberian ließ sein Schert mit einem mächtigen Schwinger heransausen und verfehlte den ersten nach vorne preschenden Söldling nur knapp.
Lyn wollte sich den Junker von Firunshöh direkt vorknöpfen, doch einer seiner Begleiter kam ihm zuvor. Er schwang das Schwert hoch über den Kopf, doch Lyns geschickte Parade wehrte das Unheil ab. Das Klirren von Stahl erfüllte den Turnierplatz, auf dem sonst nur zur Übung gefochten wurde.
Lyn parierte einen weiteren schnell geführten Streich und ihre Hand schmerzte bereits. Der Söldner war sehr stark und führte seine Klinge mit Geschick und Mut. Die Albernierin lenkte ihr Pferd ein Stück zur Seite und griff nun selbst an. Der erste Hieb ging fehl, doch der zweite saß und brachte den Söldling beinahe aus dem Gleichgewicht. Er hatte das Schwert gerade noch hoch gerissen, um dem Treffer zu entgehen.
Rondrigo war nun auch heran geeilt und drosch mit seinem Morgenstern nach dem Junker von Firunshöh. Die Stahlkugel flog heran, doch Radulf zog den Kopf im letzten Moment noch ein. Sein Spieß zuckte vor und prallte klirrend auf den Holzschild des Greifenfurters.
Der verbliebene Söldner hatte seinem Ross die Sporen gegeben und hatte Linea in der Zwischenzeit erreicht. Seine Hand schoss vor und schloss sich um die Zügel ihres Pferdes. Geistesgegenwärtig, griff Linea zu dem unter ihren Satteltaschen hängenden Kurzschwert und riss es aus der Scheide. Die scharfe Klinge senkte sich rasch und schnitt durch die bloße Hand des Mannes. Aufheulend zog er die Hand zurück, nun zweier Finger beraubt. Frisches Blut quoll aus dem tiefen Schnitt und den Stümpfen seiner Finger.
Fluchend wollte er mit seinem Säbel losschlagen, doch Linea hatte schneller reagiert. Die Spitze ihres Kurzschwertes drang vor und bohrte sich in den Oberschenkel des Mannes. Aufheulend ruderte er mit den Armen, als sein Pferd bockte und glitt schließlich aus dem Sattel. Linea sprang ihrerseits vom Pferd und eilte zum reglos am Boden liegenden Ra’oul.
Lyn hatte ihre Mühe mit dem Feind. Er saß solide im Sattel und war nicht einfach auszumanövrieren. Sie tauschten Hieb um Hieb, immer wieder verbiss sich der gehärtete Stahl in einer tödlichen Umarmung ineinander.
Der Söldner legte seine ganze Kraft in einen neuerlichen Hieb und durchbrach Lyns Parade. Ihr Schwert hatte die meiste Wucht abgehalten, aber die Schneide hatte ihren linken Oberarm geritzt. Ein stechender Schmerz pochte durch Arm und Schulter und der Stoff ihres Wamses färbte sich dunkel.
Wütend trieb sie ihr Pferd heran und ließ einige wuchtige Hiebe auf den Mann nieder prasseln. Den ersten wehrte er ab, doch beim zweiten kam die Parade zu spät. Sein Arm war offenbar auch schon schwer geworden. Lyns Anderthalbhänder schnitt durch Leder und Fleisch und bahnte sich seinen Weg durch die Seite des Mannes.
Schreiend kippte der Getroffene vom Pferd und entließ seine Waffe aus dem festen Griff. Er schlug hart auf und rollte sich keuchend zur Seite, um nicht von seinem Pferd zu Tode getrampelt zu werden.
Sie hielt nun Ausschau nach dem Junker von Firunshöh, doch sie konnte ihn nirgends erkennen. Während des Kampfes hatte sie sich mit ihrem Pferd mehrere Male um die eigene Achse gedreht.
Kampfeslärm war noch hinter ihr zu hören, also bewegte sie ihr Ross mir forschem Schenkeldruck in diese Richtung. Cyberian von Silberblick richtete sich im Sattel auf und fällte seinen deutlich angeschlagenen Kontrahenten mit einem mächtigen Streich. Der Hieb riss dem Reiter den halben Kopf ab und schickte eine Fontäne tief roten Blutes in einem feinen Regen auf den Grund.
Der leblose Leib des Mannes fiel, gleich einem Mehlsack aus dem Sattel, woraufhin sein Ross einige Schritte zur Seite tänzelte und vom Tjostenplatz flüchtete. Doch darauf achtete der Ritter nicht. Sogleich suchte er sich einen neuen Gegner.
Lyn blickte sich hastig um, der Schweiß stand auf ihrer Stirn und ihr Arm schmerzte niederhöllisch. Ihr Blick blieb an Ra’oul haften, der in einer Blutlache lag, Linea über ihn gebeugt. Sie sog die Luft scharf ein und spürte, wie die Kraft sie verließ. Das durfte nicht sein!
“Vorisicht!” hörte sie Rondrigos Ruf und ruckte herum. Ein krachender Laut ertönte , und Rondrigo war mit seinem Ross an ihr vorbei geprescht. Aus seinem Schild ragte der Wurfspieß des Junkers von Fiurnshöh, der in einiger Entfernung auf seinem Pferd saß, den hasserfüllten Blick auf sie gerichtet. Der Angriff hatte ihr gegolten ...
Rondrigo wendete sein Pferd und ritt nun auf Radulf zu, Cyberian kam von der anderen Seite.
Das Gesicht des Junkers von Breitenhof war schmerzverzerrt und jetzt erst erkannte Lyn, dass der kräftige Wurf den Schild und wohl den Arm Rondrigos durchbohrt hatte.
Sie trieb ihr Reittier ebenfalls noch einmal an, um den dreisten Hartsteener das Fürchten zu lehren.
Cyberian erreichte von Firunshöh zuerst. Sein Schwerthieb fegte die Streitaxt aus den Händen des Junkers, und dann war er an ihm vorbei. Radulf wollte nun die Flucht ergreifen, doch Rondrigos Morgenstern traf ihn auf der gepanzerten Brust und fegte ihn aus dem Sattel.
Kaum hatte er sich wieder aufgerichtet, spürte er bereits Lyns Schwertspitze an seinem Hals.
“Genug davon”, fauchte sie zornig.
“Cyberian!” rief Rondrigo außer Atem. “Kümmert Euch doch um unseren ‚Gast’. Sorgt dafür, dass er keinen Unfug mehr anstellt!”
der Angesprochene nickte und stieg von seinem Ross. Er nahm das Seil von seinem Sattel und begann Hände und Beine des nun sehr schweigsamen Junkers von Firunshöh zusammen zu schnüren. “Diese Tat wird Euch teuer zu stehen kommen, mein Herr,” sagte Cyberian in sehr ernstem Tonfall.
Lyn stürzte sofort zu Linea und Ra’oul, der nach wie vor reglos am Boden lag. Seine Verletzung am Arm war wohl bei dem Sturz erneut aufgebrochen und blutete nun stark.
Linea hatte bereits etliche Verbände angelegt und wieder gewechselt, denn die Blutungen schienen nicht aufhören zu wollen.
“Es sieht schlimm aus,” sagte sie bedrückt. “Wenn er so weiter blutet, wird Boron in bald zu sich rufen.”
Ein Aufschrei war zu hören und ein kurzer Blick zeigte den Anwesenden, dass Rondrigo soeben den Speer aus seinem Schild und Arm gezogen hatte. Die Spitze war blutrot und der Junker auffällig blass.
Zwei der Söldner waren geflohen, einer bereits tot und der dritte nicht mehr weit entfernt davon.