Geschichten:Neues aus Breitenhof - Teil 2: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 25. Januar 2014, 09:28 Uhr
Dramatis Personae:
- Rondrigo von Ahrenstedt, Junker von Breitenhof
- Dorian, sein Knappe
- Grimmwulf, Wildhüter des Barons von Gallstein
Mit langen, kalten Fingern fuhr der eisige Wind durch Rondrigos Haar. Alle Bewohner von Breitenhof hatten sich auf Geheiß des Junkers auf dem Dorfplatz versammelt.
Dorian, der beinahe schon volljährige Knappe des Junkers, stand einige Schritte hinter seinem Herrn. Den Blick grimmig auf die Menge gerichtet, verriet die Miene des jungen Mannes keine Gefühlsregung.
Als Rondrigo langsam und majestätisch seinen rechten Arm hob, verstummte das leise Getuschel unter den versammelten Dorfbewohnern. Erwartungsvoll blickten zahlreichen Augenpaare auf den stellvertretenden Herrn dieses Landstrichs.
„Bewohner von Breitenhof.“ Die Stimme Rondrigos schallte klar und laut über den schlammbedeckten Platz. „Die Gesetze der Mark Greifenfurt,“ in diesem Moment machte der Junker eine Pause um seinen Worte die nötige Schwere zu verleihen; „sprechen von Ordnung, Recht und praiosgefälliger Tugend. Und wie die heiligen Worte des ewig strahlenden Götterfürsten, so künden die auch die Gesetze der Mark nicht nur von Recht und Ordnung; sondern auch von Strafe.“
„Strafe für den Tor, der es wagt, die vom Herrn Praios gegebene Ordnung zu stören. Unser Herr, Baron Yendor von Gallstein, ist ein großzügiger, und vor allem gerechter Mann. Niemand, der sich ein getreuer Untertan nennt, muss Hunger leiden, oder sich vor umherstreifendem Gesindel fürchten.“ Rondrigo legte wieder eine kleine Pause ein, um seine Worte wirken zu lassen. Noch immer blickten ihn alle Versammelten aufmerksam an, obwohl sich auf manchen Gesichtern, ob der ernsten Worte des Junkers, langsam Furcht ausbreitete.
„Umso törichter ist es, sich am Wild unseres Herrn zu vergreifen. Wer hungrig ist, der soll auf seinen Äckern die Feldfrüchte anbauen und nicht greinen. Dennoch muss niemand vor Hunger darben. Die großzügige Hand unseres Herrn wird niemanden, der wirklich Not leidet in den Dreck stoßen. Im Gegenteil, sie wird euch am Schopfe packen und am Leben erhalten. Denn das ist auch die Pflicht des Lehnsherren. Und eure Pflicht ist es ihn und sein Eigentum zu achten!“
Mit einem kurzen Wink gab der Junker einem seiner Knechte das Signal, den gefesselten und geknebelten Wilderer nach vorne zu bringen. Grob schleifte man den verwahlosten Mann auf den Platz und stieß ihn hart zu Boden.
„Dieser Hund hier hat es gewagt, mit seinem Komplizen in den umliegenden Wäldern dem edlen Wild des Barons nachzustellen.“ Rondrigos Stimme wurde lauter und er spürte, wie Zorn in ihm aufstieg. „Weiterhin hat dieses Gesindel aus Greifenhorst die Unverfrorenheit besessen, mich anzugreifen.“ Bei diesen Worten versetzte der Edelmann dem Gefesselten einen harten Tritt mit den schweren Reiterstiefeln. Der Getroffene zuckte zusammen und rollte sich gekrümmt auf die Seite.
„Einen der Schurken hat die gerechte Strafe schon ereilt, aber jetzt werde ich euch zeigen, welche Früchte es trägt, wenn man glaubt über den Gesetzen zu stehen. Ein Angriff auf mich, ist wie ein Angriff auf den Baron selbst; denn an seiner statt herrsche ich hier. Und was glaubt ihr, tut der Baron mit solchem Abschaum, der die Hand gegen ihn erhebt?“
Viele der Dorfbewohner zuckten zusammen und einige blickten bang unter sich. Nur ein Torfkopf würde wissentlich den berechtigten Zorn des Herrn von Gallstein auf sich ziehen.
Rondrigo straffte sich und fand nach einigen langen Herzschlägen die Fassung wieder.
„Herr Praios, sei Zeuge unserer Taten und erleuchte unsere Pfade mit deinem weisen und rechtschaffenen Ratschluss.“
Der Junker senkte seinen Blick auf den Gefesselten und versuchte nicht einmal die Abscheu, die sich in seinem Gesicht widerspiegelte zu verbergen. „Ich, Rondrigo von Ahrenstedt, Junker von Breitenhof, befinde dich für schuldig, im Wald seiner Hochgeboren, Baron Yendor von Limpurg, Herr von Gallstein, gewildert zu haben. Die Strafe dafür, ist der Tod.“
Das Opfer begann heftig zu zappeln und zu winseln. Die Knechte traten heran und packten den Delinquenten an den Armen, um ihn davon zu zerren. Rondrigo gebot ihnen kurz Einhalt und ließ den Knebel entfernen.
„Was ist noch, Bursche?“
„Ihr seid ein herzloses Ungeheuer, das keine Gnade kennt! Genau wie der Baron!“ schrie der Wilderer. Einige der Einwohner zuckten zusammen, denn sie befürchteten, dass der Junker eine solche Beleidigung sofort sühnen würde.
Rondrigo bliebt jedoch wider alle Erwartungen ganz ruhig. „Du täuschst dich. Der Baron ist ein edelmütiger, ehrenhafter und ritterlicher Mann. Ich bin vielleicht hart, aber ich bin nicht ohne Herz. Ich werde für deine arme Seele und ihre Läuterung beten. Möge Boron dir Einlass in seine Hallen gewähren.“ Ohne die Miene zu verziehen, drehte er sich zu den beiden Knechten. „Hängt ihn auf!“
Der versammelten Menge keine weitere Beachtung schenkend, lenkte der Junker seine Schritte dem herrschaftlichen Haus entgegen. „Komm Dorian.“ Der Knappe nickte kurz und folgte dem Adeligen.
Es war an der Zeit das von den Wilderern erlegte Reh zubereiten zu lassen. Rondrigo schmunzelte bei dem Gedanken an einen warmen, würzig duftenden, saftigen Braten, noch während er im Hintergrund die verzweifelten Schreie des zu einem Baum gezerrten Delinquenten vernahm.
Jetzt wo das Reh tot war, konnte man das gute Fleisch doch nicht verkommen lassen...