Geschichten:Aidaloê - Teil 2: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 26. Juli 2008, 10:50 Uhr

Just nachdem der Vogt die Schreibkanzlei verlassen hatte, sprach Traviadane. „Wir sollten uns auch darum kümmern, unseren Rücken zu stärken. Aus Syrrenholt können wir kaum Hilfe erwarten, wie uns mitgeteilt wurde.“

Aidaloê horchte auf und fuhr sich nachdenklich mit den zarten Fingern über das linke Ohr, entlang der deutlichen Ohrenspitze. Immer, wenn sie über etwas wirklich nachdachte und somit für Augenblicke abwesend war, tat sie es, strich sich über das Elfenohr. Traviadane lächelte, als sie diese vertraute Geste bemerkte – denn Reto Hagenius, ihr verstorbener Gemahl und Vater der neuen Junkerin, hatte es auch immer getan.

Nach einigen kurzen Augenblicken schien sich Aidaloê mit diesem Gedanken angefreundet zu haben. Sie legte die fein manikürte Hand wieder auf den Tisch, beide Hände lagen nun ordentlich parallel zu den Pergamentbögen, die die Junkerin stets vorbereitet sauber auf dem Tisch liegen hatte.

„Ich glaube, ich sollte die Beziehungen zu Baron Bibur von Schwarztannen und Baron Radulf von Hirschfurten erneuern, nicht wahr?“ meinte sie mit fragendem Blick zu ihrer Stiefmutter.

Die Beziehungen der von Gorsingen zum Baron von Hirschfurten waren stets sehr wichtig gewesen, grenzte doch die Baronie Hirschfurten praioswärts an die Baronie Syrrenholt und auch an das Junkergut Ferinstein. Gern gesehene Gäste waren die Hirschfurtens immer gewesen im Gorsinger Haus, doch waren die Besuche selten gewesen. Gleiches galt auch für den Baron von Schwarztannen, dessen Lehen an der efferdwärtigen Grenze der Grafschaft Reichsforst und damit des Königreiches Garetien lag. Bevor jedoch die Junkerin ihre Ausführungen erläutern konnte, klopfte es an der Tür zur Schreibstube. Traviadane und Aidaloê sahen auf.

„Tritt ein?“ kam es dann halb fragend und sofort öffnete sich die schwere Tür zur Stube.

Luitperga, die füllige, aber hilfsbereite Zofe der Edlen von Syrrenmaar – Traviadane – schob sich herein und hielt in der Hand ein hölzernes Tablett mit Maisküchlein und Kräutertee. Doch weit wichtiger als Küchlein und Tee war das, was sie eigentlich hergetrieben hatte.

„Ritter Ailgrimm Finglan von Fuchsstein ist von einem Ritt zurück mit den maarblicker Schützen. Er bittet darum, vorgelassen zu werden, nachdem er sich entsprechend gekleidet hat.“

Aidaloê schüttelte verwirrt den Kopf – was für eine dumme Anfrage. Als ob sie den Ritter aus einem weidener Landadelsgeschlecht jemals abgewiesen hatte.

„N-Natürlich darf er kommen...“ antwortete sie halb verwirrt, halb entrüstet.

Luitperga, die wie ihre Herrin Traviadane aus den Nordmarken stammte und es sich damals vor vielen Jahren nicht hatte nehmen lassen, ihren Schützling in das Königreich Garetien zu begleiten, schritt nun mit liebevoller Eleganz und wogenden Hüften vor, um das Tablett auf den Tisch zu stellen. Herzhaft dufteten die frischen Maisküchlein, welche die Köchin Tertia Feinspeis für die Herrschaften zubereitet hatte, und Aidaloê lief das Wasser im Munde zusammen. Seit einem kargen eiligem Morgenmahl bestehend aus Brot, Butter und Käse, hatte sie nichts mehr zu sich genommen außer Wasser. Und jetzt war es schon weit nach Mittag.

Mit einem ergebenen Buckler verabschiedete sich die Zofe, doch bevor sie die Tür hinter sich hatte verschließen können, hielt Aidaloê sie noch einmal auf: „Luitperga, bitte richte doch Ritter Trautmann von Haderstein aus, dass ich ihn dringend sehen möchte.“

Jetzt klappte die Tür in die Angel. Traviadane griff sich ein Maisküchlein.

„Warum möchtest du den Ritter denn dringend sehen?“ fragte sie und biss hungrig in das herzhafte würzige Küchlein.

Aidaloê vergriff sich lieber am Tee, der mild und angenehm frisch roch. Mit gezieltem Griff nahm sie die Keramikkanne und goss sich frischen Tee in die Tasse gleicher Art. Sie stammten von den Töpfern Hoeckmann aus der maarblicker Sporengasse – exquisite Qualität und weit über Maarblick hinaus bekannt für ihre Töpferwaren.

Nachdem sie sich in Ruhe den heiß dampfenden Tee eingegossen hatte, beantwortete sie die Frage ihrer Stiefmutter: „Ich habe eben beschlossen, nach Schwarztannen zu reisen, um Seiner Hochgeboren Bibur von Schwarztannen einen Besuch abzustatten. Meinst du, das ist richtig?“

Wieder einmal nickte Traviadane zustimmend. Es war sicherlich klug, die Beziehungen zu anderen Baronen und Junkern zu fördern – auf dass das Haus Gorsingen von Ferinstein nicht allein dastehe. Es war nicht zu verhehlen, dass die Alt-Junkerin von Ferinstein enttäuscht war vom Baron in Syrrenholt.

„Und Ritter Trautmann wird mich geleiten.“

Auch das war sicherlich eine sinnvolle Entscheidung. Denn gerade heute morgen war Ritter Ailgrimm von Fuchsstein mit 20 Ferinsteiner Schützen aufgebrochen, um wieder einmal einer plündernden Mietlingsbande den Garaus zu machen. Jetzt würde er demnächst Bericht erstatten.


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