Geschichten:Rahja vor Travia - Auf der Burg: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 24. Januar 2014, 20:40 Uhr
Gemütlich war das Wetter nicht gerade an diesem Tag im Travia. Von den hohen Gipfeln der südlichen Trollzacken fegte ein kalter Wind hinab zum Golf und ließ die Wimpel auf den Türmen Angareths flattern. Der mächtige, asymmetrische Bergfried hob sich auch im schwachen Licht des langsam weichenden Herbsttages weiß gegen die Flanke des, hinter der von Dämonenkraft hoch aufgetürmten Grenzfeste, aufragenden Berges ab. In seinem Schatten gruppierten sich fast klein wirkend die für sich betrachtet ebenfalls stattlichen Nebengebäude der markgräflichen Grenzbastion.
Im Torweg zum obersten Hof standen einigermaßen windgeschützt die Kastellanin des steinernen Kolosses und der Spross ihres Herren und beobachteten die Kämpfer des jungen Ritters, die im mittleren Hof gerade gegeneinander ein Übungsgefecht austrugen. Dabei wurden sie regelmäßig von ihrem muskelbepackten Ausbilder abwechselnd in zwei Sprachen aber stets auf phantasievolle Weise motiviert, korrigiert oder - selten - auch einmal für eine gute Angriffsserie gelobt.
"Firunslicht, mir scheint fast, ihr wolltet aus diesem Banner die Garde der Kaiserin formen.", warf Inelde von Seehof amüsiert ein.
Die Mittdreißigerin, die ihre Haare zu einem praktischen Pferdeschwanz zurückgenommen hatte, kam nicht umhin, gewisse Parallelen zwischen ihrem Hauptmann und dessen Vater festzustellen. Auch der damalige Oberst von Firunslicht hatte viel Wert auf möglichst perfekte Ausbildung gelegt. Allerdings ging seinem Sohn glücklicherweise bislang die übertriebene Pedanterie ab, für die Aldron berüchtigt war. Nein, sie hatte Oswin als durchaus umgänglichen jungen Mann kennengelernt, der jedoch als Knappe auch durch die harte Schule des Krieges am Ochsenwasser gegangen war.
"Ich hoffe doch, dass sie uns erhalten bleiben, jetzt, wo sich endlich und allmählich so etwas wie eine Einheit aus den Teilen formt, die mir meine Vorgängerin hinterlassen hat. Und wenn sich durch gemeinsame Duldsamkeit auch noch die Finesse mit der Klinge steigern läßt, solls mir recht sein. Außerdem müssen die Neulinge ja integriert werden."
Inelde wog leicht den Kopf. Der stete Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Rotten des zweiten Banners mit ihren unterschiedlichen Hintergründen war ihr nicht verborgen geblieben. Die damalige Hauptfrau Malina von Niederriet und der jetzige Leutnant Sayid ibn Jarrah hatten mit ihrer gegenseitigen Abneigung das Dilemma nur noch weiter befeuert.
Und dann kam Oswin von Firunslicht - frisch zum Ritter geschlagen und zum Hauptmann bestallt. Es war ein offenes Geheimnis, dass sein heermeisterlicher Vater dem Oberst des Bombardenregimentes "vorgeschlagen" hatte, Oswin aufzunehmen. Aber irgendwie hatte es sich ausgezahlt. Skeptisch betrachtet und anfangs eher belächelt denn ernstgenommen, hatte der Spross des Heermeisters es geschafft, sich den ersten Respekt zu verschaffen. Zuerst hatte er bewußt die aus Perricum geschickten Rekruten so auf die Rotten verteilt, dass es heute keine rein aus Nebachoten zusammengesetzte Truppe mehr gab. Dann hatte er es irgendwie geschafft, eine Prügelei zwischen dem zweiten Banner und den Bergschützen zu provozieren. Seitdem schwelte eine gewisse Konkurrenz zu den Schlundern, die aber dem Zusammenhalt der leichten Infantrie zugute kam. Und dazu kam noch der verordnete Schliff durch Leutnant ibn Jarrah - den er den Soldaten aber auch schonmal mit einem Faß Met versüßt hatte, dass er auf eigene Kosten eigens aus Perricum hatte herschaffen lassen.
"Irgendwann müßt Ihr mir mal erklären, wie ihr den erzkonservativen Nebachoten auf Eure Seite gebracht habt. Ich weiß, dass er alles andere als begeistert war, "sein" Banner wieder mit einem Vorgesetzten Teilen zu müssen."
Nach Malinas Weggang war Sayid ja zum Leutnant befördert und komissarisch zum Befehliger des Banners ernannt worden. Oswin nickte lächelnd und hob an: "Nun, eigentlich habe ich nur ..."
In diesem Augenblick wurde das Gespräch vom Türmer unterbrochen, der laut ausrief: "Reiter, ein Dutzend, von Süden hinauf, kein Banner zu erkennen!"
Inelde und Oswin sahen hinauf zum Bergfried, dann tauschten sie einen Blick und setzten sich in Bewegung, um den oberen Hof zu überqueren. Zwar kam es in letzter Zeit wieder öfter vor, dass Pilger oder Nachschubzüge nach Beilunk oder Warunk den Pass überquerten, aber wirklich zahlreichen Durchgangsverkehr gab es nicht gerade.
Oswin schob sich die Haare aus dem Gesicht. Sein brauner Haarschopf gebärdete sich im steifen Wind auf den Zinnen wie von eigenem Leben erfüllt, was ihm zusammen mit den Stoppeln von vorgestern ein recht verwegenes Aussehen verlieh. Sein Vater würde sein eher loses Verhältnis zum Barbier mit Sicherheit streng tadeln. Glücklicherweise sahen die Ankömmlinge nicht so aus, als wäre es die Eskorte des Heermeisters und auch die Farben des Vellbergers fehlten, womit der Oberst auch ausschied. Unmerklich entspannte sich Oswin etwas, sah aber abwartend hinüber zu Inelde, die ihr hochmodernes Schauglas ans Auge gesetzt hatte.
"Hmm ... Sturmfels ... ah, ich sehe das Zeichen der Baronie Gluckenhang. Das kenn ich noch recht gut von Hochgeborens letztem Auftritt hier ..." Die Kastellanin setzte das Fernrohr ab und sah mit einem Schmunzeln zu Oswin. "Ich glaube, der Besuch gilt euch, Hauptmann. Nehmt euch ruhig Zeit und macht euch frisch. Ich übernehme die Aufsicht über die Übungslektion."