Greifenfurt:Vom Bettelvolk und Bresthaftigen: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 25. Januar 2014, 06:36 Uhr

Mehr als anderswo im Reiche kann man in der Mark und vornehmlich in der Stadt Greifenfurt Versehrte sehen, arme Seelen, die in den Orkenschlachten um Heil und Gesundheit gekommen sind.

Glücklich sind die, die noch eine Familie haben, die sie versorgen kann, doch viele haben Haus, Gut und Sippe verloren, oder die ihren sind zu arm, den Krüppel durchzufüttern. Solchen aber bleibt nur, ihren Erhalt durch Bettelei zu besorgen, ein mühseliges, bitteres Gewerbe, zumal in einem Land, da Armut ein täglicher Gast an der Tafel ist.

Allerorten trifft man Unglückliche, die ihre Gebrechen zeigen, auch viele Kinder, die durch den Krieg oder den Hunger ihre Eltern und Verwandten verloren haben. Vornehmlich tummelt sich die zerlumpte Schar in der Markgrafenstadt: vor den Stadttoren und den Tempeln suchen sie von Mildherzigen ein Almosen zu erringen. Und wiewohl bis auf den heutigen Tag Not und Entbehrung das Land in ihrem eisigen Griff halten, geben die, die wenigstens etwas haben, freien Herzens ihr Scherflein den Armen, Travia zum Lobe. Wohl nicht zuletzt in der Hoffnung dessen, die milde Göttin würde sie darob vor solch schlimmem Schicksal behüten..

Längst sind es nicht mehr allein Waisen, Versehrte und andere Bedürftige, die die Bettelschale tragen: auch anderes, entwurzeltes Volk ist hierher geströmt, an der Mildtätigkeit teilzuhaben.

Die wachsende Zahl der Bettler - zumal in diesen Zeiten, da tobrische Flüchtlinge in großer Zahl in die Mark kommen - hat den Magistrat dazu bewogen, im Namen der Markgräfin einen Erlaß zu verfügen, nach dem es allein den Bresthaften, Kranken und Schwachen erlaubt sei, der Bettelei nachzugehen. Zu diesem Behufe ward ein Armendiener bestallt, die Bedürftigkeit in Augenschein zu nehmen.

Alle anderen aber, die keine Gnade vor den gestrengen Augen des Büttels finden (oder sich die Bettelmarke nicht durch ein paar Silberlinge Bestechungsgeld erkaufen können) - werden gedungen, gegen geringen Tagelohn und ein Mahl beim Wiederaufbau der Stadt, namentlich der Befestigungen, mitzuhelfen.

(M. Schwefel)