Geschichten:Eine Frage der Ehre - Teil 2: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 6. Februar 2016, 17:53 Uhr

Eine Frage der Ehre – Im Nebachotenzelt


Eslamsgrund, 1. Ingerimm 1033 BF, Turnierzelt von Eslam von Brendiltal:

Eslam von Brendiltal saß mit entblößtem Oberkörper auf einem Diwan in seinem Zelt, nahe des Turnierplatzes, während ein alter, nebachotischer Heiler dessen arg blessierte Schulter untersuchte und Irian von Brendiltal, der jüngere Bruder Eslams besorgt nebendran stand. „Wie sieht äs aus Alkim?“ Fragte Irian den Heiler.

„Nicht gudt S'aratan (Verwalter/Vogt), ich ratä dringänd davor ab, dass där Marbän (Baron) dän nächsten Wettkampf bestraitet.“ Erläuterte Alkim. „Wuänn är so raitet, kuann ich fir nichts garantierän.“ Mürrisch herhob sich Eslam daraufhin von seinem Diwan und schüttelte Alkim ab, der protestieren wollte. Doch mit einer Geste brachte der Baron ihn zum Schweigen und entließ den Heiler, der sich daraufhin mit einer Verbeugung verabschiedete, sein Bündel unter seinem Arm klemmte und rückwärts aus dem Zelt verschwand.

„Du huast gehert wuas där Hailär gesagt hat. Diesär Bartäl Hälmdahl von Stolzänfurt hat Dich schlimm ärwischt. Du kuannst nicht gägen Nimmgalf anträten und schuon gar nicht nach pär’vaslchen Rägel‘n.“ Irian war an seinen Bruder herangetreten und redete nun bestimmend auf ihn ein. „Mit dainär verwundäten Schultär wird är Dich teten.“

„Ach wuas!“ Eslam tat die ganze Sache als Bagatelle ab, ging zu einem kleinen Beistelltisch hinüber auf dem einige Getränke, Gläser und vergoldete Pokale standen. Er goß sich etwas in ein Kristallglas und leerte das Glas in einem Zug. „Fir Nimmgualf wird äs schuon raichen. Und wuän nicht.“ Eslam zuckte mit den Schultern. „Die Getter haben unsär Schicksal vorbestimmt, wuenn sie wuollen, duass ich heutä stärbe, dann ist äs so, dann wird sich nichts daran ändern. Und wuenn sie dies nicht wuollän… Nun, dann wird Äderlindä sich wohl nach ainem andären Gemahl umschauän missän.“

„Du bist verrickt!“ Widersprach Irian weiter und trat wieder an seinen Bruder heran, bevor er mit einem beschwörenden Ton weiter fortfuhr. „Wir habän ungefähr die glaiche Statur. Laß mich fir Dich raiten. Wuenn ich dainä Ristung anziehä und mir ein Tuch vor duas Gäsicht hänge, wird dies niemandän auffallen. Ich kuann fir Dich raiten und dän verfluchtän Pfertner in dän Bodän stampfen, ihn zerträten wie aine lästige Schabä.“ Bei den letzten Worten wechselte der Ton Irians von beschwörend in eine aggressive Tonlage.

Doch Eslam sah seinen Bruder nur überrascht, ja fast belustigt an. „Du willst fir mich raiten? Har, har…. Irian… Nimmgalf mag ain Waichling nach unsären Maßstäben sain. Aber Du…. Du hast doch nie Daine raulsche Ausbildung in der Kriegsraiterai (Anmerkung: gemeint ist hier zum Ritter) abgä’schlossen.“

„Pah.“ Knurrte nun Irian seinerseits. „Ich wärde ihn bä’siegen und euch damit allän bewaisen, duass ich äs wärt bin bei den Puley’shar aufgä’nommen zu wärden.“

„Duas mußt Du ain andärmal bä’waisen Irian.“ Versuchte nun Eslam seinen Bruder zu beschwichtigen. „Ich waiß, duass Du nach Euräm Zwischänfuall beim lätzten Adelsträffen brennst, äs ihm heim zu zahlän, doch duas muß wartän. Ich habä mich noch niemals vor ainer Herausforderung gä’drickt, zumal dies alläs andäre als praiosgefällig wäre. Zudäm….“ Wie beiläufig schenkte sich Eslam aus der Karaffe mit Dattelwein ein und bot nun auch Irian etwas an, der aber mit einem Kopfschütteln ablehnte. „Außädem will ich sälbst wissän wie gut Nimmgalf wirklisch ist. Ich dänke, ich bin äs ihm schuldig. Immärhin, duamals beim Kongräss in Waiden, als die Sachä gegen diese verfluchtän Schwuarzpälze war, strittän wir Saitä an Saitä.“

In diesem Moment wurde die Zeltplane zur Seite geschlagen und zwei jüngere Krieger traten ein, um Eslam für das bevorstehende Finale anzukleiden und zu rüsten. Eslam stellte daraufhin sein Glas zur Seite und trat in die Mitte des Zeltes und wartete darauf, dass die Krieger beginnen würden.

„Gädt!“ Blaffte Irian die beiden an, noch bevor sie mit ihrer Aufgabe beginnen konnten. „Ich wärdä mainen Brudär anklaidän.“

Als Eslam Irian daraufhin fragend anschaute, meinte dieser nur trocken. „Wuänigstens duas wirst Du mir nicht verwähren, oder?“

Anerkennend nickte Eslam und entließ damit auch die beiden Krieger, die sich daraufhin wieder aus dem Zelt zurückzogen. Eslam hatte, als er sich wieder umdrehte und Irian seinen Rücken zudrehte nicht bemerkt, wie dieser einer der goldenen Pokale zur Hand nahm und diesen kurz abwog.

So sah niemand, wie Irian seinen Bruder von hinten mit dem goldenen Pokal niederschlug, ihn dann fesselte, knebelte und hinter dem Diwan versteckte.

Die Krieger, die vor dem Zelt mit dem Ross des Marbens (Barons) warteten, um diesen zum Turnierplatz zu geleiten, sahen kurze Zeit später nur, wie ‚ihr‘ Marben angekleidet und voll gerüstet aus dem Zelt trat und sich ein Tuch vor das Gesicht gebunden hatte. Doch sie sahen ihm nicht in die Augen und bemerkten den Schwindel daher nicht als solchen.

Alle Aufmerksamkeit war auf den bevorstehenden Kampf gerichtet. Niemand schaute mehr in das Zelt Eslams ...



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1. Ing 1031 BF zur mittäglichen Ingerimmstunde
Im Nebachotenzelt
Panem et Circenses


Kapitel 2

Das Schicksalsduell
Autor: Alex K.