Benutzer:Orknase/Briefspiel: Unterschied zwischen den Versionen

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Zusammen mit [[Garetien:Gerbald von Luring-Schneitzig|Gerbald von Luring-Schneitzig]] versorgte ich die Verwundeten. Inzwischen gab es keinen einzigen unverletzten mehr unter uns. Die Stimmung war wieder einmal äußerst schlecht. Erst spät in der Nacht, war auch die letzte Wunde verbunden, da sah ich den Baron, wie er in die Sterne blickte.
 
Zusammen mit [[Garetien:Gerbald von Luring-Schneitzig|Gerbald von Luring-Schneitzig]] versorgte ich die Verwundeten. Inzwischen gab es keinen einzigen unverletzten mehr unter uns. Die Stimmung war wieder einmal äußerst schlecht. Erst spät in der Nacht, war auch die letzte Wunde verbunden, da sah ich den Baron, wie er in die Sterne blickte.
  
„Was soll ich tun, [[Garetien:Lindegard Tempeltreu|Schwester Lindegard?“, wollte er schulterzuckend wissen, „Kämpfe ich um [[Garetien:Baronie Schwarztannen|Schwarztannen]], lasse ich meine Männer und Frauen sinnlos sterben, denn schlagen können wir die Waldsteiner nicht. Tue ich es nicht, fällt alles den Waldsteinern in die Hände. Ganz gleich was ich tue, es ist immer falsch...“ Er seufzte schwer. „Ich kann ihnen Schwarztannen einfach nicht so überlassen, aber mehr als es ihnen schwerer machen kann ich auch nicht.“ Wieder zuckte er mit den Schultern. „Ich habe mir das alles anders vorgestellt...“
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„Was soll ich tun, [[Garetien:Lindegard Tempeltreu|Schwester Lindegard]]?“, wollte er schulterzuckend wissen, „Kämpfe ich um [[Garetien:Baronie Schwarztannen|Schwarztannen]], lasse ich meine Männer und Frauen sinnlos sterben, denn schlagen können wir die Waldsteiner nicht. Tue ich es nicht, fällt alles den Waldsteinern in die Hände. Ganz gleich was ich tue, es ist immer falsch...“ Er seufzte schwer. „Ich kann ihnen Schwarztannen einfach nicht so überlassen, aber mehr als es ihnen schwerer machen kann ich auch nicht.“ Wieder zuckte er mit den Schultern. „Ich habe mir das alles anders vorgestellt...“
  
 
„Ja“, erwiderte ich da, „Das geht uns wohl allen so. Ich habe mir das auch anders vorgestellt, das könnt Ihr mir glauben, aber...“ Ich stockte. „Auch wenn es mir im Augenblick schwer fällt, aber so vertraue ich darauf, dass meine [[Peraine-Kirche|Herrin]] einen guten Grund hatte, ausgerechnet mich an Eure Seite zu stellen.“
 
„Ja“, erwiderte ich da, „Das geht uns wohl allen so. Ich habe mir das auch anders vorgestellt, das könnt Ihr mir glauben, aber...“ Ich stockte. „Auch wenn es mir im Augenblick schwer fällt, aber so vertraue ich darauf, dass meine [[Peraine-Kirche|Herrin]] einen guten Grund hatte, ausgerechnet mich an Eure Seite zu stellen.“

Version vom 23. April 2021, 08:56 Uhr

Hier entstehen meine Briefspieltexte und werden sorgsam verwahrt, bis ich weiß, wohin sie sollen.
Es ist ausdrücklich erlaubt, Rechtschreibfehler sowie Fehler der Zeichensetzung zu korrigieren, genauso wie verloren gegangene Buchstaben richtig zu ergänzen und überzählige einzusammeln - dies gilt auch für meine anderen Texte.


Schwarz, Schwärzer, Schwarztannen

(...)

Gerbachsroth, Firun 1044

Alderan stand etwas ratlos am Grab seiner Frau. Er hatte sie aus politischen Gründen geheiratet und sie eigentlich auch kaum gekannt, aber er fühlte sich dennoch für ihren Tod verantwortlich, war sie doch bei der Geburt ihrer Kinder gestorben. Er war ehrlich traurig und verfluchte sich nicht an ihrer Seite gewesen zu sein. Gut es war langweilig in Gerbachsroth, aber er hatte ihr gegenüber eine Verantwortung gehabt. Es war wohl eine äußerst schwere Geburt gewesen. Das erste Kind war gesund und munter gewesen, aber das zweite war nur noch todgeboren worden und hatte bald darauf seine Mutter mit sich auf die Reise über das Nirgendmeer genommen. Er hätte wohl nichts daran ändern können, aber er hätte wenigstens an ihrer Seite sein sollen.

Er hatte sie während ihrer Schwangerschaft nur einmal besucht, ein Umstand der ihn nicht gerade mit Stolz erfüllte. Auch wenn er dafür von seinen Freunden aufgezogen worden war hatte er sich am Hof des Markvogtes stets an die Gebote der Travia gehalten. Andere mochten ihn als lebenslustig und feierfreudig einstufen, aber er war doch immer noch aus altem Koscher Adel. Freilich hatte er bis auf Kindertage nie im Kosch gelebt, aber eine gewisse Verantwortung brachte der Name „von Nadoret“ doch mit sich.

Nun war er nach nicht einmal einen Jahr Ehe bereits Witwer und für ein Kleinkind verantwortlich, darüber hinaus auch noch für Stordan, Sigmundes Sohn aus erster Ehe. Der Bursche war auch erst sieben Jahre alt. Immerhin war Stordan bereits in Pagendiensten und damit außer Hause. Seine sonstige Familie bestand nur aus Kindern, aber er war bei seiner Pagenmutter in guten Händen. Sie würde sich schon um den Vollwaisen kümmern.

Alderan hielt es ganze acht Tage auf Gerbachsroth aus, dann nahm er seine Tochter Brinhild, genannt nach dem Zweitnamen ihrer Mutter, mit sich und ritt nach Scharfenstein um bei Baron Drego vorzusprechen. Das Gespräch währte nicht sehr lange. Weder Baron, noch die vielen Rians an seinem Hof schienen seiner Gattin eine Träne nachzuweinen und hatten ihn kurzerhand zum neuen Edlen ernannt, konnte ein Kind doch in Zeiten von schweren Fehden kein Lehen führen.

Am Rande traf er sogar kurz auf Meara ni Rían, die Gattin seines gefallenen Bruders. Er hatte sie vorher noch nie kennengelernt und war durchaus daran interessiert die zurückgezogene Frau etwas näher kennenzulernen, aber Meara schien auf seine Familie nicht gut zu sprechen zu sein und fand bald einen Grund das Gespräch abzubrechen. Die nächsten zwei Tage ging sie ihm dann aus dem Weg.

Also brach Alderan schließlich mit Klein-Birnhild auf. Er wusste nicht so recht was er mit einem Kleinkind anfangen sollte, drum entschied er sich sie zu seiner Mutter bringen. Sie würde seine Tochter sicher gerne aufziehen. Er wusste ja auch gar nicht wie man so etwas machte und außerdem war der Hof des Marktvogtes nichts für kleine Kinder. Er würde sie auch bitten ihm einen Vogt zu empfehlen, der die Amtsgeschäfte vor Ort erledigen konnte und Alderan die Rendite des Lehens direkt an den Hof schickte. Am besten ein Koscher aus altem Adel, der seiner Familie gegenüber loyal war und nicht in seine eigene Tasche wirtschaften würde.

Autor: Sindelsaum

Weiß wie Schnee

Schicksal bleibt Schicksal

Hexenwald

[...]

Sternguckerin

Eine Peraine-Novizin erhält ihre Weihe und muss sich kurz darauf in der Fehde beweisen, dabei muss sie sich nicht nur den den menschlichen Abgründen der Fehdeparteien stellen, sondern auch sich selbst.

Verloren

Dorf Doriant, Ende Phex 1043 BF

Doriant war verloren. Daran konnten auch Baron Drego und seine Begleiter einfach nichts mehr ändern. Die Waldsteiner waren einfach zu viele. Vollkommen unerwartete hatten sie die Reichsforster Truppen erwischt, schienen den rechten Moment abgepasst zu haben und hatten die Gunst der Stunde genutzt. Die Ritter um Drego sicherten noch den Rückzug der Reichsforster Truppen hinter den Mühlbach ab. Vermutlich wäre das nicht notwendig gewesen, aber sie taten es trotzdem, denn die Waldsteiner plünderten lieber Doriant anstatt die Reichsforster zu verfolgen. Ritterlich war das für mich nicht, aber was verstand ich schon von Ritterlichkeit?

Mit Gerbald von Luring-Schneitzig versorgte ich die Verwundeten. Es gab viele. Für einige konnten wir leider nur wenig tun, für manche sogar gar nichts mehr. Wir hatten bereits Tote zu beklagen, unter ihnen Bolzer von Nadoret. Ein einziger Tag hatte genügt, um verheerendes in Schwarztannen anzurichten. Von Waldstein aus waren sie über Wegscheid bis nach Doriant eingefallen und hatte vermutlich bereits jetzt mehr geplündert als sie wegschaffen würden können.

Zusammen mit Yolande von Raukenfels versuchte Baron Drego mit ihnen zu verhandeln, um einen Abzug der Waldsteiner zu bewirken, doch Irberod von Leustein und Hermine von Alka wollten nicht reden. Sie wollten plündern. Einfach nur plündern. Es genügte ihnen dabei nicht, dass Drego ihnen eine erhebliche Kriegsbeute anbot, sollten sie wieder abziehen. Vielleicht ließen sie sich nicht darauf ein, weil sie sehr wohl wussten, dass man ihnen hier in Schwarztannen nicht viel entgegensetzten konnte. Ob sie hofften mehr durch das Plündern zu erbeuten als durch Verhandlungen? Es hatte etwas mit dem Schiedsspruch zu tun, so sagte man mir.

Fael ui Rían und Albur von Nordingen sprachen unterdessen mit jenen, die bei dem verhängnisvollen Aufeinandertreffen mit dabei gewesen waren. Dass sie tapfer gekämpft hatten, war auch für mich offensichtlich, aber dennoch muss es für sie niederschmetternd gewesen sein. All ihre Mühe hatte sich nicht ausgezahlt. Sie hatten verloren. Die Erkenntnis war bitter genug, noch bitterer war jedoch, dass es sehr wahrscheinlich nicht das letzte Mal sein würde, dass die Reichsforster sich zurückziehen mussten. Die Stimmung war schlecht. Baron Drego hatte alle Mühe seine kläglichen Truppen zusammenzuhalten, er schaffte es nur, weil die Ritter - allen voran die Raukenfelserin - an seiner Seite ihm beistanden. Ohne sie hätten sich die restlichen Reichsforster vermutlich an dieser Stelle zerstreut und die Waldsteiner hätten ohne jegliche Gegenwehr auch noch den Rest Schwarztannens plündern können.

Wahrheit

zwischen Doriant und Perainewiesen, Ende Phex 1043 BF

„Es ist schön, dass Ihr gekommen seid, Schwester Lindegard“, erklärte mir mein Glaubensbruder Gerbald von Luring-Schneitzig am späten Abend. Wir hatten getan, was wir hatten tun können, nun mussten wir warten. Abwarten. Ich war zwar müde, aber an Schlaf war nicht zu denken. Mir gingen so viele Dinge durch den Kopf. „Als im Hesinde klar wurde, dass die Waldsteiner kommen werden, da habe ich an Hochwürden Immenhort geschrieben und darum gebeten Euch zu schicken. Und nun seid Ihr hier...“

Er schenkte mir einen freundlichen Blick.

„Hat es einen Grund“, hob ich an, „Warum Ihr ausgerechnet nach mir gefragt habt?“

Nun lachte er: „Was ich so gehört habe, seid Ihr eine willensstarke, junge Frau zu sein. Zumindest erzählt man sich das von Euch. Ihr habt Hochwürden viel abgerungen und interessanterweise hat er Euch das auch durchgehen lassen. Und wer sollte besser mit dem Elend hier umgehen können als Ihr?“

„Wisst Ihr... wisst Ihr was passiert ist, dass sich die Hebammen und die Peraine-Geweihten in Schwarztannen nicht ausstehen können?“

„Man hat es Euch nicht gesagt?“

Ich schwieg.

Der Geweihte seufzte: „Dann ist nun die Zeit der Wahrheit wohl gekommen. Wenn nicht jetzt, wann denn dann? Ich weiß es nicht genau, aber... aber man erzählt sich Folgendes: Hochwürden hatte wohl eine Liason mit Folgen. Über die Frau kann ich Euch nichts berichten. Ich kann Euch auch nicht sagen, wie ernst es den beiden war oder ob es nur das berühmte eine mal gewesen ist. Wie dem auch sei, keiner wusste von ihr. Weiter wusste auch keiner, dass sie ein Kind von ihm erwartete. Es ist noch nicht einmal sicher, ob er selbst von diesem Umstand wusste. Anzunehmen, dass dem nicht so war. Und als die Stunde ihrer Niederkunft kam, da war Eure Lehrmeisterin, die alte Hild, an ihrer Seite. Die Geburt muss wohl sehr schwer und äußerst schwierig gewesen sein. Als das Leben von Mutter und Kind in Gefahr zu geraten drohte, da schickte sie nach einem Peraine-Geweihten. Es kam – das ist nicht schwer zu erraten, die Götter haben einen seltsamen Humor – Baldur von Immenhort, der damals noch nicht Prätor war, sondern lediglich ein einfacher Geweihter. Doch er kam zu spät. Mutter und Kind waren tot. Sein Kind war tot.“

Er machte eine Pause.

„Der Immenhorter warf der Hebamme vor, zu lange gewartet zu haben. Er gab ihr die Schuld am Tod seines Kindes. Er glaubte, wenn sie ihn nur früher gerufen hätte, dann hätte er sie retten können, sie und sein Kind. So waren beide gestorben. Die Hebamme jedoch rechtfertigte sich, sie habe alles getan, was sie hatte tun können. Sobald sie gemerkt habe, dass Mutter und Kind in Lebensgefahr schwebten, habe sie nach einem Geweihten geschickt. Diese Einschätzung teilte auch ihre Schülerin. Doch der Immenhorter beharrte darauf, dass die Hebamme sich schuldig gemacht habe, weil sie zu lange gewartet hatte. Erst wandte er sich an die Stadtwache, dann an den Praios-Tempel zu Schwarztannen. Passiert ist nichts. Die Hebamme und ihre Schülerin mussten zwar wieder und wieder ihre Aussage vor Zeugen wiederholen, aber Beweise, dass sie einen Fehler begangen hatte, gab es keine und es fanden sich auch keine, ja nicht einmal die Praios-Kirche hat welche gefunden und das soll etwas heißen! Es war – so bedauerlich es auch klingt – ein schreckliches Unglück. Wir alle wissen, dass eine Geburt tödlich enden kann, vor allem dann, wenn das Kind nicht günstig liegt...“

„Dann war es eine Steißgeburt?“

„Nein, es soll eine Sternguckerin gewesen sein“, erwiderte er, „So wie auch Ihr.“ Nun zuckte er mit den Schultern. „Schon seltsam, oder nicht?“

Ich konnte nichts darauf erwidern. In meinem Kopf waren so viele Gedanken und alles ging durcheinander, doch recht hatte er: Es waren ungewöhnlich viele Sterngucker oder war es vielleicht nur ein Zufall? Ein merkwürdiger Zufall?

„Wann... wann war das?“

„Das muss, denke ich, wenige Monde vor Eurer Geburt gewesen sein“, er zuckte etwas verunsichert mit den Schultern, „Es ist schon lange her. Und vermutlich, ja vermutlich hat er sich stets wie ein Vater um Euch gekümmert, weil er immer in Euch sein Mädchen gesehen hat, jenes Kind, das er noch heute glaubt retten hätte zu können.“

Einen Moment hielt er inne: „Ja, das ist sie, die Geschichte. Und wenn ich ehrlich bin, ich kann Hochwürden ja verstehen, es ist einfacher die Schuld für den Tod des eigenen Kindes bei jemand anderem zu suchen. Ein Kind zu verlieren ist schon schwer genug, doch wenn man wenn selbst auch einen Teil der Schuld trägt? Es scheint zu viel Zeit vergangen zu sein, zwischen jenem Moment, da die Hebamme nach dem Geweihten schickte und dessen eintreffen. Doch wo ist diese Zeit geblieben?“ Er zuckte mit den Schultern. „Bis zum heutigen Tag gibt es darauf keine Antwort, als hätte Satinav die Zeit schneller vergehen lassen, als habe jemand nicht gewollt, dass Mutter und Tochter überleben...“

Ich nickte nachdenklich: „Und ich habe mir sie ausgerechnet als Lehrmeisterin ausgesucht.“

„Ja“, er lachte, „Wie ich bereits sagte, die Götter scheinen einen gar seltsamen Humor zu haben.“

Verstärkung

zwischen Doriant und Perainewiesen, Ende Phex 1043 BF

„Wir hatten Zeit uns vorzubereiten“, erklärte Gerbald von Luring-Schneitzig am nächsten Morgen der kleinen Runde um den Baron, zu der man mich – warum auch immer – auch dazugebeten hatte, „Seit Hesinde lauerten die Waldsteiner an der Grafschaftsgrenze und warteten nur auf die nächst beste Gelegenheit um in Schwarztannen einzufallen. Die Zeit, wir haben sie gut genutzt. Wir haben das Wertvollste und Wichtigste gut versteckt. Wir werden auch gut über den nächsten Winter kommen, zumal sie die Felder bisher verschont haben. Die Waldsteiner werden dennoch reiche Beute machen. Es soll uns hier in Schwarztannen schließlich niemand nachsagen, wir seien arm...“

Er hielt einen Moment inne und musterte ein jeden von uns aufmerksam.

„Meine werte Gattin, Hardane von Doriant, hat wohl ihren Wehrhof geopfert. Ich denke nicht, dass sie das ganz freiwillig getan hat, aber...“, er hielt einen Moment inne, „.. irgendwo müssen die Waldsteiner nun mal ein, wenn auch nur temporäres Quartier beziehen. Damit hat sie uns auch etwas Zeit verschafft, da dort im Augenblick – so vermute ich zumindest – auch Waldsteiner gebunden sind.“

Wieder kehrte Stille ein.

„Wann erwartet Ihr Verstärkung?“, wollte der Peraine-Geweihte wissen.

Keiner antwortete ihm. Alle schauten ihn nur an.

„Ihr erwartet doch Verstärkung, nicht wahr?“, hakte er erneut nach.

Noch immer schwieg Baron Drego. Es war Yolande von Raukenfels die dem Geweihten an seiner statt antwortete: „Es ist keine zu erwarten. Graf Drego wird uns niemanden schicken, ganz einfach weil er keine verfügbaren Truppen mehr hat. Alle sind in Kämpfen gebunden: Die meisten gegen die Kaisermark, weitere gegen Hartsteen und der klägliche Rest muss sich um Waldstein und Eslamsgrund kümmern. Wir hier sind aber der klägliche Rest, die einzigen, die abkömmlich waren. Und die meisten von uns sind nicht etwa auf Geheiß des Grafen hier, sondern auf Bitten des Barons. Mehr jedoch wird es nicht geben. Wir müssen mit den Männern und Frauen zurecht kommen, die wir jetzt haben.“

„Dann steht es schlecht um Schwarztannen“, schloss der Geweihte bitter, „Sehr schlecht. Zumal davon auszugehen ist, dass die Waldsteiner demnächst Verstärkung erwarten.“ Er schluckte schwer. „Es ist nicht, dass ich das sicher wüsste, aber es ist nun mal anzunehmen.“ Nun zuckte hilflos mit den Schultern. „Sie werden euch vor sich durch Schwarztannen treiben“, prophezeite er, „und ihr werdet ihnen kaum etwas entgegensetzten können...“ Und an mich gewandt sagte er: „Ihr solltet wieder nach Schwarztannen gehen, Schwester Lindegard, das hier ist nichts für einen so jungen und unschuldigen Geist wie den Euren.“

„Mein Platz ist hier“, erwiderte ich mit etwas zu zarter Stimme, „An der Seite des Barons. Hier werde ich gebraucht. Hier werde ich bleiben.“

Scheitern

Baringen, Anfang Peraine 1043 BF

Um nach Salzkotten zu kommen mussten die Waldsteiner über eine Brücke, darunter floss der Mühlbach entlang, der genug Wasser führt um eine Mühle anzutreiben und so eine Durchquerung zu Fuß oder zu Pferd zwar nicht unmöglich war, aber eben mühsamer. Hier wollte man die Waldsteiner in die Falle locken. Wenn es irgendwo gelingen könnte, dann hier an dieser Engstelle. Es gelang nicht. Es lag nicht an dem Umstand, dass diese Stelle nicht geeignete gewesen war oder der Plan nicht wirklich durchdacht, es lag an der bloßen Unterzahl der Reichsforster oder viel eher an der Überzahl der Waldsteiner. Der Versuch war gescheitert. Und wieder floh wir. Dieses Mal zogen wir uns bis nach Baringen zurück.

Zusammen mit Gerbald von Luring-Schneitzig versorgte ich die Verwundeten. Inzwischen gab es keinen einzigen unverletzten mehr unter uns. Die Stimmung war wieder einmal äußerst schlecht. Erst spät in der Nacht, war auch die letzte Wunde verbunden, da sah ich den Baron, wie er in die Sterne blickte.

„Was soll ich tun, Schwester Lindegard?“, wollte er schulterzuckend wissen, „Kämpfe ich um Schwarztannen, lasse ich meine Männer und Frauen sinnlos sterben, denn schlagen können wir die Waldsteiner nicht. Tue ich es nicht, fällt alles den Waldsteinern in die Hände. Ganz gleich was ich tue, es ist immer falsch...“ Er seufzte schwer. „Ich kann ihnen Schwarztannen einfach nicht so überlassen, aber mehr als es ihnen schwerer machen kann ich auch nicht.“ Wieder zuckte er mit den Schultern. „Ich habe mir das alles anders vorgestellt...“

„Ja“, erwiderte ich da, „Das geht uns wohl allen so. Ich habe mir das auch anders vorgestellt, das könnt Ihr mir glauben, aber...“ Ich stockte. „Auch wenn es mir im Augenblick schwer fällt, aber so vertraue ich darauf, dass meine Herrin einen guten Grund hatte, ausgerechnet mich an Eure Seite zu stellen.“

„Ihr seid eine gute Heilkundige“, erwiderte er, „Was könnte in unserer derzeitigen Situation nützlicher sein?“

„Mag sein, Hochgeboren, aber meine Schwester Perainidane ist auch eine gute Heilkundige und im Tempel in Schwarztannen gibt es noch weitere. Trotzdem bin ich an Eurer Seite und nicht meine Schwester oder ein anderer Geweihter, neben Euer Gnaden Luring-Schneitzig selbstredend. Vielleicht werde ich irgendwann begreifen, was sich meine Herrin dabei gedacht hat. Und gewiss, ja gewiss gibt es auch einen guten Grund, warum die Götter Euch genau diese Aufgabe zugedacht haben.“

„Damit ich das Scheitern lerne?“, entgegnete er mir voller Zynismus.

Ein Lächeln legte sich unweigerlich über meine Lippen: „Vielleicht? Vielleicht seid Ihr aber auch der Einzige, dem die Götter genau das zugetraut haben?“ Ungläubig blickte er mich an. „Bedenkt: Wie viele hätten bereits aufgegeben, aufgrund der Aussichtslosigkeit dieser Auseinandersetzung? Offensichtlich sind die Waldsteiner uns zahlenmäßig überlegen und mangels Verstärkung auf unserer Seite wird das gewiss auch so bleiben.“ Nun nickte er zaghaft. „Die Götter haben sich etwas dabei gedacht, Euch an diese Stelle zu setzten. Graf Drego hat sich etwas dabei gedacht. Ihr seid keiner dieser Emporkömmlinge, die sich nach Ruhm und Ehre sehnen und nur auf die nächst beste Gelegenheit warten um sich zu profilieren. Ihr seid ein aufrechter Ritter, der den seinen loyal und treu ergeben ist. Für Euch zählt die Sache und die Sache ist, dass es Unrecht ist was die Waldsteiner da tun. Freilich verstehe ich recht wenig von dem, was eine Fehde ausmacht und wer sie führt, aber warum solltet Ihr und Eure Untertanen für das bezahlen, was zwischen den Häusern Luring und Hartsteen passiert ist?“ Einen Moment hielt ich inne. Auch der Baron schwieg. „Ihr, Hochgeboren, seid hier, weil Ihr genau hier gebraucht werdet und weil Ihr vermutlich der einzige seid, der angesichts der aussichtslosen Lage noch immer erbittert weiterkämpft: Gebt nicht auf, Hochgeboren, die Götter stehen Euch bei.“

Und Drego von Altjachern gab nicht auf. Er versucht immer wieder mit den Waldsteinern zu verhandeln, auch wenn die nicht wollten. Meine Worte hatten also getan, was ich gehofft hatte. Und was hätte ich ihm auch anderes sagen sollen? Die Wahrheit etwa?

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