Geschichten:Fremde und Freunde - Genzmer grübelt: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 21. Juli 2009, 11:37 Uhr

Baron Genzmer von Radulfshausen hatte das lästerliche Verhalten des Beldenhagers mit ansehen müssen und litt merklich darunter. Wie konnte er es wagen hier in der Mark so aufzutreten? Die Gedanken rasten durch seinen Kopf: In schlechten Zeiten gilt es zusammenzustehen, und von schlechten Zeiten gab es in Greifenfurt wahrlich genug. Hatte man nicht die Gebote TRAvias bereitwillig und voller Stolz befolgt und den gebeutelten Tobriern eine neue Heimat gegeben? Greifenfurt war und ist arm und hatte dennoch zahlreiche Flüchtlinge aus dem Osten aufgenommen. Mit offenen Herzen hatte man sie empfangen und ihnen alle Hilfe gegeben, die sie benötigten. Auch Finsterrode hatte Tobrier aufgenommen. Die anfängliche Scheu hatte sich bald in Freundschaft zwischen den Neuankömmlingen

und den Alteingesessenen gewandelt. Die Tobrier in Finsterrode sind schon lange keine Fremden mehr, sie sind Teil der großen Greifenfurter Familie geworden. Sie sind Greifenfurter.

Während Genzmer diesen Gedanken nachgegangen war, hatte er sich aufgemacht der Rittfrau zu ihrem Gemach zu folgen. Er konnte noch sehen wie sich ihre Tür schloss, und kurz darauf klopfte er an das schwere Holz.

»Werte Rittfrau Faduhenne, ich habe mitanhören und -sehen müssen welch pflegelhaftes Verhalten dieser bornierte Möchtegernbaron an den Tag legte. Wie kann er es wagen Euch so zu beleidigen? Nein, er hat nicht nur Euch beleidigt, er hat allen Greifenfurtern der Mark gezeigt, aus welchem faulenden Holz er geschnitzt ist. Nein.

Nein.

Nein.

Es ist gut zu wissen, dass Ihr ihn morgen in seine Schranken weisen werdet. Ich denke, er bekommt die Tracht Prügel, die er verdient. Seid nicht zu mitleidig mit ihm.

Und wenn Ihr mir die Ehre erweisen würdet: Ich wäre hocherfreut Euch am morgigen Tage sekundieren zu dürfen.«

Bevor der Baron das Zimmer wieder verließ drehte er sich noch für eine letzte Bemerkung um: »In einer Sache hat die Plaue aber Recht: Er ist wahrlich kein Greifenfurter und das wird er auch nie sein. Aber er ist auch kein Tobrier, denn die Tobrier, die ich kennengelernt habe, waren und sind ehrenhafte Männer und Frauen. Er bringt mit seinem Verhalten Schande über sie.«


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