Geschichten:Auf Freiersfüßen - Warnungen und Mahnungen: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 26. Juli 2008, 07:04 Uhr
Als Felan mit Leuward die Gaststube betrat, um sich dort an die Tafel zu setzen, erwarte man ihn bereits und führte ihn zu dem Tisch, an dem bereits Hilbert von Hartsteen saß. Dieser erhob sich nicht, aber prosteten ihm mit einem gefüllten Kelch und machte eine einladende Geste. Felan setzte sich und griff beherzt zu. Derart sich stärkend wandte er sich dem Pfalzgrafen zu.
"Hochwohlgeboren, ich möchte mich entschuldigen dafür, dass ich Euch noch nicht gedankt habe, dass ihr mich nach Waldstein und in die Baronie Uslenried begleitet, obschon ich sehr bedauere, dass Graf Luidor diese Gelegenheit nicht nutze selbst mit uns zu reisen. Nichts desto trotz, weiß ich, dass ihr natürlich in der Grafschaft beheimatet und somit sicherlich der best unterrichteste Ratgeber und Begleiter seid, den sich ein einfacher Ritter nur wünschen kann", begann Felan das Gespräch mit gebotener Höflichkeit und Bescheidenheit. "Vielleicht mögt ihr mir dazu das eine oder andere sagen, was mich in Uslenried erwarten wird, denn ich bin sicher ihr werdet euch dort vortrefflich auskennen Und vielleicht könnt ihr mir noch mehr über meine zukünftige Braut verraten, da ich bisher kaum mehr weiß, als das Volk spricht." Mit diesen Worten nimmt Felan einen Zug aus seinem Bierkrug, den er in Wandleth dem Wein vorzieht und sieht den Pfalzgrafen dabei erwartungsvoll an.
"Nach allem, was man hört, soll die Nichte des Uslenrieders tatsächlich eine sehr ansehnliche Person sein. Mein Vetter hat Euch tatsächlich eine vielversprechende Partie herausgesucht", Hilbert griff zu seinem Weinkelch und nahm einen guten Schluck. "Überhaupt kann Euch die Verbindung zu den Streitzigs durchaus etwas einbringen. Die Familie ist zwar zerstritten, aber sie hat ziemlichen Einfluss. Luidor wird sich etwas dabei gedacht haben, als er für Euch den Kuppler spielte."
Wie er das spitze Lächeln in den Mundwinkeln des Pfalzgrafen deuten sollte, wusste Felan nicht genau. "Ihr ergeht Euch in Andeutungen, Hochwohlgeboren."
"Ja, tatsächlich. Diese leidigen Reisen im Dienste der Diplomatie für die Familie korrumpieren mich wohl", lachte Hilbert auf. Nachdem er einen weiteren Schluck genommen hatte, fuhr Hilbert ein wenig vorgebeugt fort: "Ich gebe Euch einen guten Rat. Nehmt Euch vor dem Baron von Uslenried in Acht. Er ist ein guter Mann, der sich um Reich und Krone viele Verdienste geleistet hat. Aber vertraut ihm nicht zu sehr. Er ist, wie meine Familie, von uraltem Adel und verfolgt seine eigenen Ziele. Nehmt als Beispiel die Waldsteiner Wölfe, die Söldnertruppen, die er damals mit meiner Schwester Lydia Yasmina zusammen ausgehoben hat, als noch keine Gefahren von Leihenbutt oder einer Wildermark ausgingen. Er huldigt dem Korkult, man sagt auch mit Blutopfern. Eine Reise nach Uslenried kann für einen unvorsichtigen Mann zu einer Reise in die Höhle des Mantikors werden."
Felan schaute den jungen Pfalzgrafen skeptisch an. Ob dem Hartsteener der Wein in den Kopf gestiegen war, dass er so sprach? Er überlegte kurz bevor er bedächtig antwortete. "Nun Kor ist der Sohn der göttlichen Leuin, deren Name mir in die Wiege gelegt wurde", erinnerte er Hilbert an seinen Zweitnamen Rondrik. "Und ich ehre jeden der Zwölfgötter und der Alveraniare, wie es Ihnen zusteht. Solange der Baron keine widerzwölfgöttlichen Praktiken hegt oder versucht Hand an mich oder die Meiningen zu legen sehe ich darin keinen Grund zum Verdruß. Und ich kann nicht glauben, dass jemand, der einen Versschmied wie Geldar von Zweistetten, den Vater meiner Zukünftigen, beherbergt ein dürstender Blutsäufer ist wie ihr mir weismachen wollt. Außerdem ist seit dem Zweikampf anno ´25 mit Carthen von Roda sein Ruf als rondrianischer Kämpfer wiederhergestellt.", fuhr er fort und nahm einen Schluck aus seinem Krug. "Außerdem...selbst wenn er so sein sollte wie ihr sagt, und natürlich habt ihr keinen Grund mir Angst einjagen zu wollen: mit mir ist auch nicht zu spaßen und ich lasse mich äußerst ungerne benutzen. Und wenn ich dazu noch meine Verlobte von dort fortführe kann es auch nur zu ihrem Besten sein." Der Schallenberger sah die Augen des Pfalzgrafen belustigt aufblitzen. "Oh, glaubt nicht ich ließe mich vom Grafen benutzen. Dazu hat er mich zu vieles gelehrt. Doch habe ich ebenso sehr Treue geschworen. Dem Grafen und Hartsteen. Und ich kenne Graf Luidor nicht als jemanden der ehrenrühriges von einem seiner treuen Ritter fordern würde, nur weil er ihm einen Gefallen getan hat."
Felan beobachtete genau die Reaktion Hilberts während er sich ein Stück Fleisch in den Mund steckte.
"Nein, als einen solchen kennt man Luidor von Hartsteen tatsächlich nicht...", Hilbert ließ die Worte im Raume stehen, "andererseits konnte ich meinen Vetter noch nie richtig einschätzen. Warum er etwa den Namen von Ederlinde von Luring so völlig unnötig ins Gespräch gebracht hat, ist mir noch heute nicht klar. Er hat ihn damit verbrannt und sie um jede Hoffnung gebracht, so aussichtsreich ihre Chancen auch gewesen sein mögen, als ein Mitglied des Hauses Luring. Übrigens habe ich neueste Gerüchte vernommen, wonach die Kaiserin im Praios einen neuen Staatsrat ernennen will. Mein Vetter Rondrian berichtete mir, dass derzeit der Name des Fremmelsfelder Barons häufiger zwischen Rohaja und Paligan gefallen sei."
"Der Fremmelsfelder...ein blutloser Bürokrat wie der als Staatsrat. Ich hätte beinahe gesagt Praois möge dem armen Kerl gnädig sein, der dieses Amt übernimmt, aber mit dem hätte sogar noch die die frohe Herrin Tsa ihren Ärger...", antwortete Felan zunächst spottend. "Und wenn Graf Luidor eines nicht tut: dann etwas ohne Bedacht. Wenn er den Namen Luring einbrachte dann mit dem weck sie auszuschließen als Staatsrätin, bevor ihr Name von jemand anderem gebracht werden konnte. Allerdings mir schleierhaft warum, da die Wetterfelser, deren Tochter sie mütterlicherseits ist, auf unserer Seite stehen und mit ihrem Ehemann Nimmgalf von Hirschfurten wir außerhalb Hartsteens zumindest verwandtschaftlich Hilfe hätten erreichen können.... "
Felan bemerkte jedoch deutlich, dass der Pfalzgraf ihm auswich. Während Hilbert über die aktuellen Fragen der garetischen Politik philosophierte, entschied er sich seinem Begleiter ein wenig auf den Zahn zu fühlen. So warf er während einer kurzen Pause von Seiten Hilberts ein: "Das mag ja alles gut und schön sein, aber damit habt Ihr mir meine Frage nicht beantwortet. Weder habt Ihr mir gesagt, warum Euer Vetter keine Zeit für diese Reise aufbringen konnte, noch habt Ihr auch nur angedeutet, was Ihr mit Euren Reden über den Baron von Uslenried sagen wolltet."
Hilbert verzog ein wenig verstimmt seine Miene. "Von Schallenberg, eines muss man Euch lassen, Ihr seid sehr direkt und kommt gleich zum Punkt. Ich versuche Eure Neugier also so gut es mir möglich ist zu befriediegen. Zum einen kann ich nur ahnen, welche Gründe Luidor von einer Reise in den Reichsforst abhalten. Wahrscheinlich ist es die ungewisse Lage in weiten Teilen im Norden des Königreiches, die für einen Mann in Luidors Position eine Gefahr für Leib und Leben darstellt. Ihr selbst wisst, was für eine Schlange in Feidewald nur darauf wartet, dass sich sein Erzfeind eine bloße Stelle erlaubt. Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass er sich eine solche Gelegenheit für einen feigen Meuchelmord entgehen lassen wird, oder? Zudem habe ich selber mehr als einmal erlebt, welche Gefahren in den Tiefen und den Ausläufern des Reichsforstes drohen", Hilbert schien kurz ein wenig zu erbleichen, um sich aber schnell wieder zu fassen. "Verwechselt seine Vorsicht nicht mit Feigheit, ich sehe es Eurer Miene genau an, was Ihr denkt. Ihr meint, ein Mann solle der Gefahr ins Auge blicken und auf die Götter vertrauen. Das ist edel und götterfürchtig gedacht, aber die Götter beschützen einen Reisenden nicht vor einem Giftpfeil aus dem Unterholz, wenn Ihr mich versteht. Und es geht um viel Macht und Gold bei dieser Fehde, und auch wenn unsere Seite auf bestimmte Mittel verzichtet, so wissen wir, dass unsere Feinde genau diese Mittel für ihre eigenen Zwecke nutzen. Ein Grund mehr, weswegen die Grafschaft zurück in vertrauensvolle Hände kommen muss!"
Hilbert hatte sich ein wenig in Rage geredet, aber Felan merkte, dass der Zorn des Pfalzgrafen nicht gegen ihn, sondern offensichtlich gegen den verfluchten Feidewalder gerichtet war. Deshalb verzichtete er darauf hinzuweisen, dass es kaum Luidors Zwecken dienlich sein könne sich in Oberhartsteen zu verkriechen und das die Götter jene vor heimtückischen Mord beschützen, die sich selbst zu helfen wissen und nicht diejenigen, die sich zurückziehen.
"Was nun Eure zweite Frage anbelangt, so ist es an Euch, den Baron von Uslenried persönlich kennen zu lernen. Er wird sich mit Sicherheit von seiner besten Seite zeigen und versuchen einen guten Eindruck zu machen. Und wie ich bereits sagte, er ist ein Mann von Ehre und großen Verdiensten. Aber gedenkt meiner Worte, schenkt Euer Vertrauen mit Bedacht und lasst Euch nicht blenden."
"Seid versichert, Hochwohlgeboren", entgegnete Felan ein wenig überheblich, "dass ich durchaus nicht so leicht zu täuschen bin, wie Ihr es vielleicht glaubt."
Hilbert stutzte ein wenig und schaute den Ritter ein wenig überrascht an. Dann erhellte sich sein Gesicht und mit einem amüsierten Ton erwiderte er: "Verzeiht, Wohlgeboren, aber ich wollte Euch nicht zu nahe treten. Ich bin mir wohl bewußt, dass Ihr als ehemaliger Knappe meines Vetters durchaus ein schwer zu täuschender Mensch seid."
Kurze Zeit später entschuldigte sich Hilbert und begab sich zu Bett. Felan saß noch eine Weile bei einem weiteren Kelch Wein und dachte über die Worte des Pfalzgrafen nach. Er wusste nicht, ob der Hartsteener ein Aufschneider war, oder ob der Pfalzgraf tatsächlich mehr über diese Reise wusste, als er nach außen hin vorgab zu wissen. So begab sich auch Felan zur Ruhe.