Geschichten:Hartsteener Herbst - Vier Wunden: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 21. Juli 2009, 14:59 Uhr
2. Efferd 1030 BF, etwas später am Tage
Der wackere Landmann Goppelt war so schnell ihn seine kurzen Beine tragen konnten in die Stadt geeilt, um dem Rat von seiner furchtbaren Entdeckung zu berichten. Schweißnass und ob des etwas unpläsierlichen Geruches von einigem Fliegenvolk umschwärmt, hatte er am Stadttor seinen schrecklichen Fund herausgestammelt und war eilends von einem am Tore wachhabenden Soldaten die Kaiser-Gerbald-Straße zum Ratsgebäude geführt worden.
„Hoffentlich treffen wir an einem so schönen Praiostage dort überhaupt jemanden an“, hatte sich Goppelts soldatischer Begleiter gesorgt. Doch waren seine Bedenken – den Zwölfen sei Dank – verflogen, als er an den Tischen vor der Taverne Ritterstolz gleich zweier Mitglieder des Stadtrates gewahr wurde. Dort nämlich waren die junge Waffenherrin Isweine Dragenwacht und der Siegelbewahrer Stipen Hauberker mitsamt dem Freund Fräulein Isweines, einem landlosen Ritter aus dem Tobrischen namens Jarlak, im Begriff gewesen, sich den heißen Sommertag mit einem Humpen kühlen Bieres zu versüßen.
Umso bestürzter waren sie gewesen, als Goppelt sie - noch immer schnaufend und schwitzend - von seiner Entdeckung in Kenntnis gesetzt hatte. Allerdings hatte sich die Bestürzung bald gelegt, und nachdem Ratsherrin Isweine den Wachsoldaten zum Hause Beisweil geschickt hatte, waren die drei hohen Herrschaften Goppelt eilig aus den Mauern der Stadt gefolgt.
Hier also waren sie nun, während ein formidables Gewitter auf die Grafschaft Hartsteen niederging und die Fliegen, die um den armen Goppelt geschwirrt hatten, endlich vertrieben. Klatschnass standen die viere dort in dem kleinen Wäldchen, keine 100 Schritt von der Reischsstraße und keine halbe Meile von der Stadt entfernt, und blickten betreten auf den am Boden liegenden Leichnam des Hartsteener Ratsmeisters.
Und während Goppelt prustend und keuchend nur tumb dastehen konnte, begannen die beiden Mitglieder des Stadtrates den leblosen Körper Adhemar von Hartsteen-Beisweils behutsam im strömenden Regen zu untersuchen. Ihr Begleiter hatte sich derweil ein kleines Stückchen in den Wald geschlagen und kam nur kurze Zeit später mit der Stute des Ratsmeisters am Zügel zurück.
„Ein treues Tier“, sprach er. „Es scheint, als hätte es seinen guten Herrn nicht hier alleine lassen wollen."
„Ein treues Tier, Jarlak?“ gab Isweine zurück. „Der Regen hat die meisten Spuren zwar fortgewaschen, aber es scheint, als habe es hier gebockt und den armen Adhemar abgeworfen.“
„Das ist wohl möglich, Liebes“, erwiderte Jarlak und gab Goppelt die Zügel in die Hand, während er den Weg passierte und sich an einem Baum auf der anderen Seite des kleinen Waldwegs umsah. „Aber es gibt dort keine Wurzeln oder natürliche Hindernisse, die das Pferd hätten straucheln lassen können.“
„Das nicht“, gab Stipen Hauberker zu. „Aber vielleicht hat irgendein Wild gewechselt, und das Pferd erschrak.“
Mit ruhigem Gang und trauriger Mine kehrte Jarlak zu der kleinen Gruppe um den toten Ratsmeister zurück. „Auch möglich, mein Freund. Aber es gibt hier vier Wunden, die uns ein gänzlich anderes Bild zeigen.“
„Vier Wunden?“ japste Goppelt. „Der Ratsmeister hat doch gar keine. Er scheint sich den Hals gebrochen zu haben, das sehe selbst ich.“
Daraufhin schaute der tobrische Ritter seine Begleiter ernst an. „Ich spreche auch nicht von irgendwelchen Verwundungen, die der Ratsmeister davon getragen hätte. Die beiden ersten Wunden, von denen ich spreche befinden sich an den Fesseln der Vorderbeine dieses hübschen Pferdes hier.“
Ungläubig blickte Goppelt auf die Stellen, die der Ritter gewiesen hatte. „Fürwahr. Abschürfungen, und was für welche. Als sei das Pferd aus vollem Lauf gegen ein schmales Hindernis gerannt.“
„Es muss ein Tier gewesen sein!“ rief der Siegelbewahrer entrüstet, da er diesen Einwand nun schon ein zweites Mal vorbrachte. „Es gibt hier kein Hindernis!“
„Was aber nicht bedeutet, dass hier keines gewesen wäre“, sprach Isweine in das Prasseln des Regens hinein und sah Jarlak fragend an.
„Ganz recht, Liebes.“ Jarlak wies auf einen Baum links des Weges. „Eine weitere Wunde befindet sich an dem Stamm jenes Baumes dort. Die andere lässt sich in der Rinde des Baumes, den ich gerade untersucht habe, auf der gegenüberliegenden Seite finden. Ich nehme an, dass in den einen Baum ein Haken geschlagen wurde, um ein Seil oder eine leichte Kette daran zu vertäuen. Auf der anderen Seite wird sich eine übergroße Öse befunden haben, durch die dieses Seil oder diese Kette leicht hochgezurrt werden konnte. Im Freiheitskampf für Tobrien haben wir mitunter ganz ähnliche Strategien angewandt.“
Betreten starrten sie sich an, und eine ganze Zeit lang war nur Donnergrollen und das Platschen des Regens zu vernehmen.
Dann war es Goppelt, der als erster die Worte wiederfand. „Aber das bedeutet ja...“. Der Landmann musste schwer schlucken, denn die Wahrheit schien zu abscheulich und ungeheuerlich zu sein.
„Wer könnte es gewesen sein?“ fragte Jarlak ruhig.
Mit beißendem Spott in der Stimme antwortete Isweine: „Ich könnte Dir eine Aufstellung der Mitglieder des Hauses Quintian-Quandt geben und zudem eine Liste aller Verbündeten Geismars. Such Dir einen aus...“
(*Der nächste Teil dieser Storyline erscheint Ende März/Efferd 1030 BF*)