Geschichten:Albernische Gäste - Teil 8: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 22. März 2011, 18:17 Uhr
Am Rande des Platzes stand ein Schuppen, in dem die Ausrüstung für die Tjostenübungen untergebracht war.
“Das ist also Eure neue Wirkungsstätte,” sagte Lyn keck und wartete neugierig auf Ra’ouls Reaktion.
Der Nebachote setzte sich gerade auf im Sattel. “Ja, so ist äs! Hier war äs auch, wo diesär hintärhältige Kerl mich aus däm Sattel geworfen hat!” Er nickte lächelnd in Cyberians Richtung, der sich so gar nicht angesprochen fühlte.
Langsam schritten die Pferde auf den Turnierplatz, der keinem Vergleich mit einer wirklichen Tjostenbahn standhalten würde.
Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen, der Ort Schwarzberg war noch gut zwei Meilen entfernt.
Ein Rascheln aus Richtung Wald ließ Rondrigo kurz herum fahren. Eine kleine Gruppe von vier berittenen Männern bahnte sich in diesem Moment ihren Weg aus dem Unterholz.
Sie trugen allesamt Harnisch und Waffen, darüber jedoch bis auf einen von ihnen keinen Wappenrock. Die Farben des geteilten Rockes waren gelb und blau und das Gesicht des Mannes war Ra’oul und Rondrigo wohl bekannt.
Junker Radulf von Firunshöh! Der Handlanger und Gefolgsmann des Pfalzgrafen Bernhelm von Wetterfels.
Einer der Söldner in seinem Gefolge hielt eine gespannte Armbrust bereit. “Ihr habt Euch wohl verlaufen, mein Herr!” rief Rondrigo fordern, während seine Hand bereits nach dem Schwertgriff tastete.
Die Gruppe kam langsam näher und auf dem Gesicht des Edlen von Firunshöh spiegelte sich bereits blindwütiger Hass und tief sitzende Verachtung.
“Keinesfalls. Ich bin nur hier, um die Freilassung meiner Frau zu erwirken.” Rondrigo schaute deutlich verdutzt drein. “Verzeiht, aber ich kenne Eure Gemahlin nicht. Und obendrein kann ich Euch versichern, dass sie sich hier bestimmt nicht aufhält.” Mit einer ausladenden Geste deutete Rondrigo auf den Turnierplatz.
“Na Radulf, hat Disch Dain Herr geschickt, damit Du vollbringst, was ihm damals misslungän ist?” Ra’oul konnte sich noch sehr gut an die letzte Begegnung mit dem Junker von Firunshöh erinnern. Jedoch hielt selbst die gespannte Armbrust den Nebachoten nicht davon ab seinen Gefühlen freien lauf zu lassen und Radulf weiter zu reizen. “Wänn Dir dain Weib weggelaufän ist, dann kann man sie für Hesindäs Gabe nur beglickwinschän. Und jätzt schärr Disch von dannän, ansonstän wärdä isch zuände bringän, was mir damals versagt gebliebän ist.” Während Ra’oul seinen Hohn über den Garetier von sich gab, brachte er sich und sein Ross langsam, aber unbewusst zwischen die ankommende Gruppe und Lyn.
“Gemach, gemach bei Praios!” versuchte Cyberian einzuschreiten, bevor es zu einem zu großen Blutvergießen kommen sollte. “Was soll dieser Unfug Euer Wohlgeboren? Sprecht und erklärt Euch, was Ihr hier auf dem Land des Edlen von Breitenhof zu tun habt und obendrein noch Soldaten mit einer gespannten Armbrust mitbringt!”
Cyberian sprach diesen in einem deutlichen Ton, der klar machte, dass er keinen Widerspruch dulden wollte.
Irritiert sah Lyn zu den beiden Männern. Sie hatte keine Ahnung, wer Rondrigos Gegenüber war, aber es sah nicht so aus, als wären sie einander freundlich gesonnen. Und von welcher Frau sprach der Kerl? So lange kannte sie Rondrigo nun auch noch nicht, aber er erschien ihr nicht wie jemand, der anderer Männer Frauen gefangen nahm. Wachsam beobachtete sie die vier Männer, insbesondere den Armbrustschützen.
Von Firunshöh lachte abfällig. “Wie schön zu hören, dass sich unsere Freunde aus Nebachot noch immer nicht benehmen können. Da reitet man durch Greifenfurt und selbst hier trifft man das Gezücht mit der güldenen Schärpe in großen Rudeln.” Das Pferd des hartsteener Junkers tänzelte nervös zur Seite, doch mit unnachgiebigem Schenkeldruck bracht er es wieder zur Raison.
“Ihr wisst genau wovon ich spreche. Unbekannte sind in das Landgut meiner Verlobten eingedrungen und haben sie feige überfallen und entführt. Wer außer den Pulethanern, wer außer Euch und Euren Spießgesellen würde so etwas wagen?”
Er spuckte verächtlich aus.
“Ihr und eure bis nach Alveran stinkende Selbstgerechtigkeit! Ihr seid doch an Praios’ Ordnung genau so viel interessiert wie der Namenlose selbst!”
Radulf von Firunshöh war rasend vor Zorn. Er atmete schwer und sein Gesicht war bereits rot angelaufen.
Rondrigo mischte sich nun auch ein. “Hütet Eure Zunge, Mann! Und sprecht nicht von solch ketzerischen Götzen in unserer Gegenwart. Eure Lügen und Anschuldigungen könnt Ihr Euch sparen! Wir haben Eurer Frau nichts zuleide getan und das werden wir auch nicht. Also zieht Eurer Wege und lasst und uns in...” “Ich glaub’ Euch kein Wort!” fauchte von Firunshöh bösartig. “Ihr wollt meinen Herrn den ehrenwerten Pfalzgrafen mit Euren Lügen und Eurer scheinheiligen Falschheit ersticken und nun raubt Ihr mein Weib! Doch diesmal wird Eure Rechnung nicht aufgehen.”
Sein Blick wanderte zur halb verdeckten Lyn. “Und wer ist die da? Euer Flittchen?”
Lyn traute ihren Ohren nicht. Wie kam dieser daher gelaufene Fremde ohne Manieren dazu sie aufs Übelste zu beschimpfen?
Sie spürte, wie sie innerlich zu kochen begann und nur unter Anstrengung konnte sie sich beherrschen, ihrer Wut freien Lauf zu lassen. Nur die Anwesenheit des Armbrustschützen verhinderte, dass dieser daher gelaufene Fatzke zu spüren bekam, was es hieß, eine Albernierin zu beleidigen.
“Ich denke, man wird sicher bereit zu Verhandlungen sein, wenn ich meinerseits Eurer Herzensdame meine Gastfreundschaft anbiete. Oder wie wäre es mit Eurer Dame, Herr von Ahrenstedt?” Auf einen kurzen Wink hin hob der Schütze seine Armbrust und legte auf Linea an, die völlig überrascht ein Stück auf ihrem Ross zurück wich.
Rondrigo knirschte merklich mit den Zähnen. Für einen Sturmangriff waren die Feinde zu weit entfernt. Der Schütze würde auf jeden Fall seinen Bolzen auf die Reise schicken können.
“Das werdet Ihr nicht wagen,” sagte Rondrigo mit einem bedrohlichen Unterton. Eine gefährliche Stille legte sich für einige Herzschläge über die Szenerie. Radulf von Firunshöh nestelte an dem Wurfspieß, der an seinem Sattel hing und seine Finger schlossen sich um den harten Schaft. Seine Gedanken weilten bei seiner mit Sicherheit gequälten Frau und ein Zittern erfasste seine Hände.
“Die beiden Damen werden mich begleiten als Faustpfand für meine Verlobte, oder ich schwöre, dass ich sie hier und gleich zu Boron schicken werde! Und den Rest von Eurer verdammten Horde gleich mit!”
Das was Lyn jetzt hörte und sah, war zuviel für sie. Sie zügelte ihr albernisches Temperament und entgegnete mit fester und ruhiger Stimme : “Das glaube ich kaum. Wenn Ihr sie erschießt, werdet weder Ihr, noch einer Eure Männer diesen Platz lebend verlassen.” Bei diesen Worten ließ sie ihr Pferd langsam ein paar Schritte nach vorne gehen, so dass sie dem Angesprochenem in die Augen sehen konnte. In Ihren Augen lag eine feste Entschlossenheit, die keine Zweifel daran aufkommen ließen, dass sie gedachte, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Ihre rechte Hand ruhte auf dem Schwertknauf ihres Anderthalbhänders.“Und nun gebt den Befehl, die Armbrust zu senken, es gibt sicher eine Möglichkeit diese Angelegenheit ohne Blutvergießen zu klären.” Sie hoffte inständig, dass ihre ruhigen Worte den Mann wieder zur Besinnung bringen würden, doch sah dieser aus, als wäre er in seiner Verzweifelung zu allem bereit.