Geschichten:Ehre wem Ehre gebührt? - Teil 6: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 26. August 2009, 16:54 Uhr

Ungewöhnlich kühl war jener Ingerimmsmorgen in der Stadt Saljeth, welche indes besser bekannt ist unter dem geheiligten Namen Greifenfurt, dort, wo jener Tage seit mehreren Praiosläufen nunmehr die Festlichkeiten zu Gedenken des Sieges über der Orken Gezücht in ruhmreichem Turnieren begangen wurde.

Am Rande der bereits zu dieser frühen Stunde recht belebten Turnierstatt und daher abseits des üblichen Turnierablaufes begab sich eine Begebenheit, die das Augenmerk für eine kurze Weile von eben jenem gewöhnlichen Turniergeschehen ablenkte.

Dort, auf einem recht eben zu bezeichnenden Platze, fanden sich in großer Zahl verschiedenste Ritters- und Adelsleut ein, welch selbige zumeist anhand ihrer bunten Schärpen einer von zwei Parteien zuzuordnen waren. So konnte man sowohl Anhänger des garetischen Ritterbundes der Trollpfortensieger, angetan mit blauem Flor aus edelstem Stoff, sowie die Gruppierung um den selbst nicht anwesenden Gaugrafen von Mühlingen, allesamt die Insignien der Pulethaner tragend, erblicken. Solcherart scharte man sich zusammen, daß sowohl die Ritter der Pulethaner als auch ihre politischen Gegner, angeführt vom Grafen von Luring selbst, dastanden. Gemein war beiden unterschiedlichen Gruppen die gespannte Erwartung, die sich in den Gesichtszügen eines jeden einzelnen abzeichnete.

Diese Anspannung verflog just, als sich je von einer Seite des Platzes - will meinen, aus der Mitte jeder der beiden Gruppierungen - je ein Reitersmann auf den freien Platz ritt.

Der linker Hand eintreffende, welcher sich anhand einer blau-leuchtenden Armbinde als Pfortenritter zu erkennen gab, war der garetische Baron zu Syrrenholt, erkennbar am dreifachgekreuzten Zankenblatt.

Aufrecht sitzend und begleitet von manch aufmunternden Zurufen seiner Pfortenbrüder, ließ er seinen elenvina Falben grazil auf die Mitte des Platzes tänzeln. Indes stand des Barons Graf zu Reichsforst unbewegt und mit ausdrucksloser Miene während er weiterhin aufmerksam das nun folgende beobachtete.

Erlan von Zankenblatt, Baron zu Syrrenholt, war gewandet in den Farben seiner Lehnslande. Blau und gelb leuchteten die Flächen auf seinem Gambeson und auch die weite Pferdeschabracke war in diesen Farben gefertigt. Zu seiner linken hing ein fein geschmiedetes Langschwert, das der aufmerksamen und kundigen Beobachter schnell anhand der gerundeten Spitze und der fehlenden Schärfe als Turnierschwert erkannte. Halb verdeckt wurde besagtes Schwert indes von einem ehernen Wappenschild, das der Baron locker an seinem linken Unterarm gegurtet trug. Aus der Beuge seines rechten Armes ragte ein edler Gestechhelm hervor, welcher durch drei hölzerne Zankenblätter als Helmzier gekrönt wurde. Erwartungsvoll gewahrte er und die übrigen Anwesenden die Ankunft des zweiten Ritters, der sich nur um eine kurze Weile später auf dem Platz einfand. Jener war kein geringerer als der Al'Shar a Korim, der Kriegsfürst der Nebachoten auf einem prachtvollem brendiltaler Stichrappen, welcher voller Kraft und Energie unruhig auf der Stelle tänzelte. Auch jener zeichnete durch das Tragen einer Binde die Zugehörigkeit zu einer politischen Gruppierung. Jedoch wies die goldene Schärpe auf die Pule'ey'shar hin - den Bund zur Bewahrung der praiosgefälligen Ordnung zu Puleth...




Adran Bredenhag von Aarenstein, der während des Turniers das Amt des Ehrenritters bekleidete, beendete gerade sein morgendliches Gebet, als sein Knappe Anjun aufgeregt in das Zelt gestürmt kam.

"Verzeiht Eure Exzellenz, aber Ihr müsst sogleich kommen, man schlägt sich außerhalb des Turniers."

Der Großmeister machte vor seinem Gesicht das Zeichen der Rondra, erhob sich dann sogleich, drehte sich würdevoll zu seinem Knappen und sah dem Jungen beruhigend ins Gesicht.

"Gemach, gemach Anjun! Sammle Deine Gedanken und berichte dann im Ruhigen! Und jetzt nochmals, was ist geschehen?"

Anjun immer noch leicht außer Atem berichtete nun, von seinen Befürchtungen, auf dass sich 'die Ritter' außerhalb des Turniers in einem Zweikampf duellieren würden, ganz ohne rondrianischen Schiedsspruch und Einverständnis.

Sorgenfalten zeichneten sich auf der Stirn des Großmeisters, waren sie doch, sollte es sich um von Brendiltal und von Zankenblatt handeln, eindeutig zwei Stunden zu früh.

"Um welche Ritter handelt es sich Anjun?"

"Ich konnte die Farben der Ritterschaft der Trollpforte und den blutroten Greifen der Streiter Puleths erkennen, Herr."

Die Sorgenfalten wichen nun Zornesfalten.

"Anjun, geh und gib dem Turniermarschall bescheid. Ich selbst werde nachsehen was da vor sich geht."

"Jawohl!" und damit eilte Anjun auch schon wieder aus dem Zelt. So kam es denn auch, daß der Knappe nicht mehr die Worte des Großmeisters hörte die er mehr zu sich denn zu irgendwem sprach.

"Simold, Ihr seid ein Fuchs. Ihr wußtet, daß Euer Freund Eslam Schwierigkeiten machen würdet und habt daher den Zeitpunkt des Wettstreits ohne das Wissen des Marschalls, dessen bin ich mir sicher, vorverlegt. Hoffen wir, daß kein Schaden daraus entstehen mag, auch wenn ich froh bin, dass dadurch die Ehrlichkeit des Kampfes unbeeinträchtigt blieb."

Innerlich kannte von Aarenstein aber auch den Mut Erlans von Zakenblatt an. Hatte er sich doch schon persönlich von seiner Kampfeskunst überzeugen können, als sie weiland gemeinsam die Mordbande verfolgt hatten die einen Anschlag auf die Königin verübt hatte, und wusste somit, wie unterlegen er dem Nebachotem, Kriegsheld viele Schlachten sein würde.....

Als der Großmeister schließlich vor das Zelt trat, schaute er gen Firun, wo er in einiger Entfernung mehrere Adeligen des Reiches versammelt und zwei von ihnen sich gegenseitig mit dem Schwert traktieren sah.

"Oh Herrin, hoffentlich habe ich Dein Zeichen nicht falsch verstanden indem ich diesen ungleichen Kampf nicht verhindert habe." dachte der Großmeister sich im Stillen, während er sich zügig aufmachte, zum ungleichen Wettkampf zu kommen.




Erlan war indes nicht wenig irritiert über die Aufmachung seines Kombattanten, trug jener doch nicht die notwendige Zimit am Helm, die nach den Regeln des Turnierwesens unabdingbar ist, da der Sieg einzig und alleine durch das Abschlagen eben jenes Helmziers errungen werden kann. Doch noch ehe der garetische Baron dies zur Sprache bringen konnte, rief sein Gegner in seinem eigenen nebachotischem Idiom den Schlachtruf der Ammayin a Korosan, der Korkrieger, und gab seinem wilden Roß die Sporen. Vollends überrascht über jenes Verhalten gelang es dem Baron zu Syrrenholt gerade noch rechtzeitig seinen Helm aufzusetzen und sich unter dem ersten wütenden Hieb seines Gegners, der erschreckend nahe der Kehle des Barons geschlagen wurde, wegzuducken. Bereits zu diesem Zeitpunkt schwante dem Baron zu Syrrenholt, daß diese Stunden weit weniger von der alveranischen Leuin als vielmehr durch deren blutdürstigen Sohn ausgezeichnet werden würde.

Nicht nur das Fehlen der Helmzier sondern auch das Auslassen des verbalen Disputes, der sich bei solcherart Händel als vorab Präsentation empfielt und in dem nochmals für alle Ohren weit vernehmlich die Anschuldigungen und der Hintergrund des Händels aufgezeigt werden, irritierte den garetischen Ritter in so starker Weise, daß er den ersten ungestümen Angriffen des Nebachoten nur mit Mühe zu entgehen vermochte. Mehr und mehr mußte sich Erlan eingestehen, daß er sich in den vergangenen Stunden seit der schicksalsträchtigen Begegnung mit Eslam etwas vorgemacht hatte, als er sich eingeredet hatte, Eslam werde den Streit nicht so hitzig ausfechten wie der vorangegangene verbale Schlagabtausch.

Die Einsicht, daß der Marben han Breshir'a Danal die feinen Regularien des ritterlichen Turnierens übergangen - ja gar mit einem verächtlichen Lachen weggewischt hatte, kam dem Baron zu Syrrenholt erst nach einem weiteren Angriff Eslams, dem es dabei mit einem wuchtigen Hieb beinahe glückte, den bis dato lethargischen Erlan aus dem Sattel zu hebeln. In letzter Minute gelang es dem Zankenblatter sein Schwert in die Bahn des mächtigen Reitersäbels zu heben und diesen mit der flachen Seite von seinem Ziel abzulenken. Doch alleine die innewohnende Kraft des Schlages zwang Erlan in eine abermals mißliche Lage, die es Eslam noch leichter machte, den Baron zu Syrrenholt zu bedrängen.

Nach einer kurzen Schlagfolge ließ Eslam seinem Hengst ein paar Schritte ausholen, um so erneut und mit genügend Anritt wider seinen Gegner anzustürmen. Voller wilder Entschlossenheit und tiefster Verachtung, daß der Marben han Syrrenholdt sich hinter einem Schild versteckte, hieb er, sobald er auf gleicher Höhe mit dem Zankenblatter war, einen wuchtigen Schlag wider dessen Kopf. Jener konnte nur mit äußerster Anstrengung parieren. Während die körperliche Kraft des Pfortenritters dem mächtigen Hieb standzuhalten ausreichte, war das geführte Turnierschwert dem enormen Druck des Angriffs nicht gewachsen und zerbarst kurz oberhalb des Handgriffs.

Eslam erkannte den Nachteil seines Gegners sofort, zeigte jedoch keinerlei Nachsicht - es galt einen Kampf zu fechten, und darin gelten alleine Kors Gesetze!

Daher setzte er nach und drang unerbittlich auf den Garetier ein, der sich indes überraschend geschickt mit seinem Wappenschilde den Schlägen Eslams zu erwehren wußte. Der Marben, der wiederholt das Schild des Gegners zum Dröhnen brachte, spie verächtlich aus über die Fertigkeiten seines Gegners, der sich weit besser auf das Führen eines Schildes als auf das eines Schwertes zu verstehen schien.

Doch das Geschick im Umgang mit dem Schilde nützte dem Baron zu Syrrenholt auf Dauer wenig und man konnte bereits erkennen, daß die steten Schläge insbesondere den Paradearm des Barons ermüdeten.

"Sollten mir heuer meine letzten Stunden auf Dere beschienen sein? Was gilt schon die Ehre, wenn's nunmehr ans Sterben geht?" dachte der Baron in einem Anflug von Mutlosigkeit, ehe erneut die stumpfe aber nunmehr bereits blutige Klinge des Kriegsherrn aller Nebachoten niederfuhr und ein kurzer schmerzhafter Stich Erlan verriet, daß er ein weiteres mal getroffen worden war.

"Überrasche ihn!" hallten urplötzlich die Worte des Haselhainer Barons in Erlans Kopf wieder, die jener ihm vor einer halben Ewigkeit gesagt hatte. Und, waren es die Worte jenes Simold, die den Baron von Zankenblatt bewegten, oder der Gedanke an sein heimatliches Lehnsland? Man vermag es nur erahnen: Obschon aus vielen Wunden blutend, konnte man in den folgenden Augenblicken eine Veränderung erkennen, die sich in der Mimik des reichsforster Barons wiederspiegelte. Dominierte bislang ein eher verzagter und höfisch-versteinerter Gesichtsausdruck, so konnte nun ein aufmerksamer Beobachter ein aufkommendes Funkeln in Erlans Augen ausmachen, das die Wut ob der verzweifelten Lage und der überheblichen Art seines Gegners widerspiegelte. Diese Wut fand ihren Ausbruch in einem gezielten Wurf des nutzlosen Schwertgriffes, den er bislang unbeachtet in der Hand gehalten hatte, wider seinen Gegner. Das stumpfe Heft indes knallte Eslam mit einem heftigen Klirren gegen den Helm, ohne daß er ernsthaft dadurch eine Bedrohung erfahren hätte. Aber es vermochte die Attackenserien des Perricumschen kurz zu unterbrechen.

Dieses kurze Innehalten der steten Angriffe nutzte der Pfortenritter um sein Pferd mit einem Ruck zu wenden und zum Rande der Wallstatt zu reiten, wo ihm der Junker von Gorsingen sein eigenes Schwert entgegen hielt, das er bereits seit dem Bruch der baronlichen Waffe bereitgehalten hatte. Eslam selbst nahm diese Wendung ohne ernsthafte Bedenken hin - zumindest konnte er nun, nach dem Ausdruck seines Kombattanten zu urteilen, auf einen ernsthafteren Kampf rechnen, als wie er sich bisher ergeben hatte. Daher ließ er dem Baron von Syrrenholt noch die Zeit, sich seines eigenen Helmziers zu entledigen, der ihn in den vergangenen Schlagfolgen bereits mehrfach behindert hatte, während er selbst zu Simold von Haslehain ritt und sein Turnierschwert gegen seinen nebachotischen Reitersäbel tauschte. Doch ehe er dem Syrrenholter wieder entgegenreiten konnte, hielt ihn Simold nochmlas am Bein fest und schaute ihm mit festen Blick in die Augen. "Isch bitte Disch Eslam, laß wenigstehns ainen klainen Teil von ihm am Lebän." Doch der Haselhainer erhielt keine Antwort.

Es trat eine unerwartete Stille ein, nachdem sich die beiden Ritter in einigen Schritt Entfernung gegenüberstanden, zumal noch das Klirren der Waffe auf Wehr in den Ohren der Anwesenden nachhallte. Wilde Entschlossenheit spiegelte sich in beiden Gesichtern. Während man dem Garetier jedoch merklich die Strapazen und Blessuren der vergangenen Attacken anmerken konnte, sah man den Nebachoten weiterhin ohne Anzeichen einer Ermüdung aufrecht sitzend und lauernd auf den Beginn der zweiten, und wie Eslam innerlich beschloß, finalen Runde.

"Hast Du Disch nun ändlisch entschlossen zu gämpfän statt nur zu spielän?" Die Worte des Brendiltaler waren mehr eine Feststellung, denn nur Verhöhnung.

Doch anders als in der ersten Runde geschehen gaben nunmehr, wie auf ein geheimes Zeichen hin, beide zur gleichen Zeit ihren Pferden die Sporen und preschten aufeinander zu, der Stichrappen des Nebachoten schien dabei noch nicht im mindesten ermüdet zu sein. Nach einer kurzen galoppierten Attacke verblieben beide bei einander und ergaben sich erneut einem den Nahkampf auszeichnenden Hauen und Stechen.

Eslam, dessen waffenfähige Überlegenheit man bereits eingehend bewundern konnte, zeichnete sich nunmehr auch durch eine perfekte Beherrschung seines Reittieres aus. Es erschien, als wäre es eine einzige Gestalt, die auf vier Beinen tänzelnd den Baron von Zankenblatt mit einer raschen Abfolge von Schlägen eindeckte.

Nur wenige Male war es indes Erlan gelungen, seinerseits eine Attacke wider Eslam zu schlagen, alleine, es blieben nur Versuche, die allesamt an der perfekten Waffentechnik des Al'Shar a Korim versagten.

So war es denn auch nur eine Frage der Zeit, bis der Baron zu Syrrenholt eine schwere Stichwunde in die linke Schulter hinnehmen mußte, die den Baron zu Fall brachte, da er nun nicht mehr die notwendige Kraft aufbringen konnte, die von Nöten ist, ein Pferd in einer Schlacht zu lenken.

Mit Schmerz verzerrtem Gesicht schlug er auf den aufgewühlten Boden der Wallstatt, von wo er sich mit äußerster Anstrengung und überraschend behende sofort erhob, da er ahnte, daß sein Gegner keinerlei Einsicht ob der mißlichen Lage seines Rivalen zeigen würde.

Dies war wohl bedacht, denn justament als der Baron wieder zu stehen kam preschten die donnernden Hufe des Brendiltaler Rappens heran, weit zur Seite gelegt der Marben, um den wankenden Baron einen letzten gezielten Streich zu verpassen.

Erlan, dessen Sinne augenscheinlich zu schwinden begannen, erkannte zwar das nahende Unheil, alleine seine matten Glieder vermochten nicht mehr die notwendige Parade zu vollführen. Willenlos hing der linke Arm herab, und das hinabfließende Blut mischte sich mit dem Staub und Dreck der Wallstatt zu einer dunklen Lache. Die Rechte hielt derweil noch das gute Schwert umfaßt, das ihm der Gorsinger gegeben hatte, jedoch zum Anheben fehlte ihm die Kraft, so daß es leicht zur Seite geneigt nutzlos hinab baumelte.

So kam es, daß der Baron zu Syrrenholt wankend der heran brechenden Kavalkade des Nebachoten gegenüberstand und, beraubt seiner Wehr, erhobenen Hauptes den finalen Schlag seines Gegners erwartete.

Eslam kannte keine Gnade. Mit ernstem - ja man möge sagen todernstem Gesichtsausdruck, holte er weit nach hinten aus, um mit einem blitzartigen in einem weit geschwungenen Bogen vollzogenen Schlag dem Spiel ein Ende zu setzen.

Doch war dies ein Spiel?

Nein, und so mußte man wohl mit einem tragischen Ende des Trollpfortenritters rechnen, der sein nahendes Ende ungerührt erwartete und so nicht nur seinem Namen, sondern auch - und vielleicht vor allem - der Bruderschaft die notwendige Ehre zurückgewann.

Schwungvoll wirbelte die Schwerthand heran, sirrend sauste die krumme Klinge des Nebachoten als Eslam im Augenblick des Todes seine Faust, die den gewaltigen Reitersäbel fest umklammert hielt, hart und voller Wucht in des ergebene Gesicht des Garetiers schlug und diesen zunächst einige Schritte nach hinten und dann vollends zu Boden warf...

Alle Anwesenden hielten den Atem an. Darunter auch Simold, der politische Führer der Nebachoten, der nun mit einem leichten, kaum merklichen Nicken das überraschende Verhalten Eslams goutierte. Eslam selbst ritt nach einer geschickten Wende an den unterlegenen Rivalen heran, der keinerlei Bewegungen von sich gab - alleine der Brustkorb zeigte an, daß Golgari ohne Last den Platz verlassen hatte.

"Erlan, Du gämpft wie ainä Hännä die ain Ai lägt und Du raitäst wie ain schwangäres Waib, daß noch am selbän Abänd finf Kindär gebirt. Doch immerhin bewaißt Du als einzigär Eurär Gemainschaft Mut!" Mit diesen Worten schnitt der Nebachote mit einem kurzen Ruck die blaue Schärpe der Pfortenritter entzwei und nahm das Flor, gekonnt aus dem Sattel gebeugt, an sich. Den anwesenden Pfortenrittern verschlug es die Sprache, als sich der Pulethaner demonstrativ sein Staub und Schweiß verschmutztes Gesicht mit dem blauen Tuch abwischte, ehe er es sich als Siegstrophäe an den eigenen Gürtel hing.

Erlan wurde indes durch herbeigeeilte Freunde und Eidgenossen umsorgt, so daß er noch auf dem Kampfplatz die Besinnung wiedererlangte. Obschon sein verquollenes Gesicht aus mehreren Wunden blutete, richtete er sein Wort, zunächst zaghaft, doch dann voller unerwarteter Stärke an die Anwesenden.

"Fürwahr, heuer war mir die alveranische Leuin hold!" nach einer kurzen Atempausse fuhr er fort: "Eslam han Breshir 'a Danal, ich beglückwünsche Euch zu Eurem Sieg! Ihr seid fürwahr mit Recht und Ehre der Al'Shar a Korim!" Diese Worte waren für den unbedarften Zuhörer alleine auf den Ausgang des Kampfes zu beziehen; jedoch konnte manch ein scharfsinniger Ohrenzeuge die Metapher erkennen, die den Sieg Eslams mit dessen unerwarteten Abkehr von den Lehren der Korgemeinschaft hin zu denen der rondrianischen Tugenden in Verbindung brachten. Doch diese Einschätzung würde denjenigen, der es wagen würde sie zu äußern, sicherlich den Kopf kosten, so Eslam davon erführe...

Erneut mußte Erlan seine Rede unterbrechen, zu sehr forderten die zahlreichen Wunden ihren Tribut. Dennoch hob er ein drittes mal an zu sprechen: "Ich gestehe ein, Euch und Euren Worten Unrecht getan zu haben. Dies ist der Preis, den ich gerne zu zahlen bereit bin für die läuternde Erfahrung, die Ihr mir gelehrt habt. So gelobe ich hier und itzo, bei meinem vergossenen Blute, daß ich Sühne tuen und eine Pilgerfahrt antreten werde. Und, da der Ursprung dieses Händels an die Trollpfortenschlacht gemahnet, so will ich, wenn schon nicht selbst an jenem glorreichen Tage, so doch heuer den Schergen des Dämonenkaisers die Stirn bieten und dem Mahnmal der Trollpfortenschlacht, dem heiligen Boronia, meine persönnliche Wacht angedeihen lassen und über einen Zeitraum von 5 borongefälligen Wochen Schutz und Schirm stellen. So sei es!" mit diesen Worten versagten dem Baron die Sinne, so daß er in die stützenden Arme seiner Bundesbrüder niedersank...

Als Eslam zu den Seinen geritten kam, machte Simold ein Gesicht, als wäre vor seinen Augen ein vielversprechender Teppich, kurz vor seiner Vollendung, doch noch entzwei gegangen.

"Was machst Du fier Gäsischt Simold, war där Kampf nischt gudt?", fragte Eslam, als er im Absteigen begriffen war.

"Doch Eslam, so gudt, daß wierr zwar kainä neue Feindt habän, aber die Altän uns noch mähr hassän," hob Simold die Arme fast ohnmächtig.

"Die wärdän uns doch äh nie leidän kännen," verzog Eslam das Gesicht, als er sich den Panzerhandschuh von der Waffenhand zog und eine geschwollene Hand daraus zum Vorschein kam.

"Hat Zankplatt Disch etwa doch noch ärwischt?" bemerkte der Jüngere fast freudig.

"Was, das is noch von Gästärn, als isch das Pfärd von Dainär Schwästär angeguckt hab. Hat misch gebissän die Bästiä," verteidigte sich der Brendiltaler energisch.

"Oh, komm, das iest doch von die Sirrenholderin. Und wieso sackst Du, daß mainä Schwästär Bästiä iest?..."

Der Diskussion, die die beiden Nebachoten schließlich weiter austrugen, konnte schließlich kaum mehr einer folgen. Einige wollten es auch nicht, besonders die nicht, die verstanden, was sie in einer eigenartigen Sprache miteinander austrugen. Doch war zu sehen, daß Eslam immer wieder kopfschüttelnd seine geschwollene Hand hob und dabei immer wieder abwechselnd auf den ohnmächtigen Zankenblatt und die abseits stehende Kadi, die Schwester Simolds zeigte.




Als der Ehrenritter am Kampfplatz ankam, war der hitzige Kampf bereits vorbei und Erlan von Zankenblatt erschöpft zusammengebrochen.

Schnell verschaffte sich der Großmeister einen Überblick über das Geschehene. Als er die abgebrochene Turnierklinge, die Wunden des Barons von Syrrenholt und die blutige Klinge des Brendiltalers gewahr wurde, konnte er sich über den Ablauf des Vormittages ein Bild machen. Innerlich dankte er der Herrin erneut für ihr Vertrauen in ihn, auf daß er den Kampf nicht unterbunden hatte und freute sich, dass die Streitigkeit zumindest dieser beiden Adeligen auf ehrliche Weise aus dem Weg geräumt wurden. Laut sprach er dagegen den nebachotischen Duellisten und in Vertretung des bewusstlosen Pfortenritter sein Hochwohlgeboren von Luring an.

"Im Namen der Herrin Rondra! Was hier geschehen ist bedarf keiner weiteren Erläuterung. Als Rondrianer jubelt mein Herz, auf dass das Gebet an die Herrin so unverfälscht vorgetragen wurde, doch als Ehrenritter dieser Turney verlange ich eine Erklärung!"

Diese Erklärung erhielt der Ehrenritter ebenso wie der mittlerweile hinzugekommene Marschall des Turniers der daraufhin die Barone von Syrrenholt und von Brendiltal für den weiteren Ablauf des Turniers ausschloss und ihnen jegliche weitere Teilnahme untersagte....


ENDE

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Autoren: A. Zdralek, M. Gundlach, C. Jeub, N. Mehl, S. Strautmann