Geschichten:Das Erbe des Vaters Teil 1: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 22. März 2011, 18:19 Uhr
Travia 1028 BF Gut Hommern
Samia von Hommern stand am Schreibtisch ihres Vaters und schaute aus dem Fenster. Der neu geweihte Traviatempel erstrahlte im Ton reifen Arangen in der aufgehenden Sonne. Alabrecht stand vor der Tür und verabschiedete die Gläubigen die zur Morgenandacht gekommen waren. Samia stutzte. Wovon hatte der Geweihte gepredigt? Sie wusste es nicht mehr. Zwar hatte sie in der Kirche gesessen, aber ihren Gedanken waren bei ihren Eltern gewesen.
Lebt euer Leben hatte Gwynna Olpurga von Eychgras ihr gestern mit auf den Weg gegeben. Samia seufzte. So leicht die Geweihte die Worte ausgesprochen hatte, so schwer waren sie umzusetzen. Aber natürlich hatte sie Recht. Seit ihr Vater vor drei Götterläufen gestorben war, hatte sie zwar das Junkertum verwaltet, aber tief im Innern hatte sie nur für die Erfüllung ihres Schwurs gelebt. Doch nun war der Schwur erfüllt, der Tempel errichtet. Sie musste nun endgültig das Erbe ihres Vaters antreten.
Sie schaute hinunter auf den Schreibtisch des Vaters. Seit drei Jahren hatte sie hier nichts angerührt. Die wichtigsten Unterlagen hatte Elgeon ihr bereits vor seinem Tod übergeben und so hatte sie das Junkertum von ihrer Kammer aus verwalten können. Doch nun... nun war dies ihr Schreibtisch. Sie zog den Stuhl zurück und setzte sich. Eine leichte Staubschicht lag auf dem Tisch. Samia seufzte und wischte mit dem Ärmel den Staub weg. Dort in der Ecke stand eine kleine Traviastatue. Vater hatte sie einst auf einer Pilgerreise in Rommylis erworben. Daneben standen einige Stücke Holz, in denen sie nur mit Mühe Tierfiguren erkennen konnte. Sie lächelte. Ihre Brüder waren keine begabten Künstler, aber Vater hatte die Schnitzversuche trotzdem aufbewahrt. Sie zog die Schublade zu ihrer Linken auf. Darin fand sie etliche Briefe, die Vater mit dem Baron oder anderen Personen von Stand geführt hatte. In der rechten Schublade lagen die Bücher. Samia zog sie hervor. Ihr Vater war ein gewissenhafter Buchhalter gewesen. Sie blätterte in den Seiten. Sorgfältig waren Ausgaben und Einnahmen vermerkt, wenn nötig hatte Elgeon ergänzende Hinweise notiert. Die Aufzeichnungen endeten im Travia vor drei Jahren, kurz vor Vaters Tod.
Samia stutzte. Einer der letzten Einträge war eine Pachtzahlung an einen Goswin. Sie kniff die Augen zusammen. Warum zahlte ihr Vater Pacht an jemanden? Und wieso erhielt jener Goswin 12 Dukaten, eine zwar göttergefällige, aber auch hohe Summe?
Goswin... der Name sagte Samia etwas. Sie stand auf und holte die Steuerliste aus ihrer Kammer. Sie suchte die Liste durch und fand den Namen. Goswin, Jäger aus Beydendorf, wohnt dort mit seinem Sohn Raim Lostanus, ebenfalls Beydendorfer Jäger und Botenreiter für besondere Aufträge. Raim? Samia erinnerte sich. Der hochaufgeschossene junge Mann galt schon seit seiner Jugend als schnellster Reiter des Junkertums, wenn nicht gar der Baronie. Vater hatte ihn oft beauftragt eilige Briefe zu überbringen.
Doch warum bekam jener Goswin diese Pachtzahlung? Samia blätterte rückwärts. Da war wieder diese Pachtzahlung... und im Götternamen davor ebenfalls. Jeden Götternamen in den letzten Jahren hatte Elgeon eine “Pacht“ in Höhe von einem Dukaten an jenen Goswin bezahlt. Stets hatte Elgeon diese Pacht mit schwacher Tinte irgendwo zwischen den Zeilen versteckt, so dass man den Eintrag schnell übersehen konnte. Samia blätterte weiter rückwärts. Jeden Götternamen der gleiche Eintrag, Götterlauf für Götterlauf. Da! Hier begannen die Zahlungen... 1004BF, wenige Götternamen vor ihrer Geburt. Samia starrte aus dem Fenster zum Tempel. Was hatte das zu bedeuten. War ihr Vater erpresst worden? Wieso hätte er sonst regelmässig Geld an diesen Jäger zahlen sollen? Samia schlug das Buch zu. Es half nichts. Sie musste diesen Goswin aufsuchen.