Geschichten:Frühlingssturm - Von Mespelbrück her: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 22. März 2011, 18:25 Uhr

Der Weg von Mespelbrück hinauf zum Pass war sicher einer kürzesten, den ein Turnierteilnehmer zurückzulegen hatte. Korobar Answin von Alveranswind-Dutlingen achtete dennoch darauf, zeitig aufzubrechen. Obgleich der Ritter nicht vorhatte am Tjost teilzunehmen, hieß er Perdia sein Streitroß, den Waldrappenwallach Amur satteln und Nibelwulf ihm beim Anlegen der alten Rüste zu helfen. Seine Gemahlin Madalena von Oppstein sowie sein Erstgeborener Valtoran saßen derweil auf dem Bett und beobachteten die Bemühungen von Knecht und Ritter, den - in den letzten Jahren ein wenig den Idealmassen eines jugendlichen Ritters entwachsenen - Leib in Kettenhemd und Plattenteile zu pressen.

Valtoran entging die Ironie des Schauspiels, er war erfüllt von der angemessenen Begeisterung, die einen sechsjährigen Adelsspross erfüllen sollte, wenn er den Vater dabei beobachtete, wie er sich für ein ritterliches Turnier wappnete. Seine Mutter hingegen kämpfte tapfer gegen ein amüsierte Lächeln an, derweil sie die letzten Stiche am nagelneuen und prächtigen Wappenrock des Gatten tätigte.

"Warum darf ich denn nicht mit? Ich will sehen, wie die Ritter kämpfen. Du hast es mir aber versprochen", nörgelte Valtoran. "Na", ächzend entließ Korobar die Luft, als Nibelwulf, der vierschrötige Tobrier, wenig zimperlich die Halsberge in Position brachte. "Versprochen habe ich Dir die Zwölfgöttertjoste, Sohn . die derische. Das hier ist,. ump. Pass doch auf, Nibelwulf . was anderes." "Ja, Söhnchen, Dein Vater hat Recht. Hoch auf den Arvepass, das ist noch nichts für Dich, mein kleiner Schatz. Und der Herr Papa möchte sicher gewiss sein, dass er Dir auch ein gutes Schauspiel liefern kann. Darum ist es gut, dass er da oben erstmal übt." Die sanften Worte trieben Korobar Röte auf die Wangen, es mochte auch sein, dass sie von den energischen Bemühungen Nibelwulfs herrührte, der sich nun an den Beinschienen zu schaffen machte und sich eben für den zu straffen Zug des Lederriemens in Korobars Leistengegend entschuldigte. "Sichermmpf." War dann auch die ganze Antwort des Ritters aus dem Hause Alveranswind-Dutlingen. Der vernichtende Blick, den er seiner Gemahlin nichts desto Trotz sandte wurde von ihrem zuckersüßen Lächeln indessen entschärft.

Begleitet von den besten Wünschen seiner kleinen Familie und den guten Ratschlägen seines Vaters Thordenin bestieg er schließlich - unter Ächzen - Amurs Sattel und schickte sich in Begleitung seines Waffenknechtes Nibelwulf Pettersin und der Pferdemagd Perdia Weidemütz an, den beschwerlichen Weg zum Pass hinaus in Angriff zu nehmen. Die erste Stunde des Weges schalt sich Korobar einen Narren, dass er den Mees-Mersingens keinen Boten gesandt hatte, auf dass man gemeinsam reise. In der zweiten Stunde kreisten seine Gedanken darum, dass seine Mutter ihm sicher den Kopf abreißen würde, wenn er nicht anständig abschnitt. Als Leiterin der Akademie Feuerlilie in Rommilys war er dazu wohl verpflichtet. Ab der dritten Stunde schwor er sich, alsbald einen Knappen zu nehmen, denn es war erbärmlich, wie sehr ihn das Tragen der Rüstung anstrengte und er würde sich selbst gegenüber nicht mehr so nachsichtig sein. Er war einst ein passabler Ritter gewesen und das würde wieder so sein.

Und so ritt der Erbe des kleinen Hauses Alveranswind-Dutlingen mit stolz erhobenem Kopf auf Angareth ein. Tapfer ignorierte er Müdigkeit und taube Gliedmassen. Hier ritt ein Ritter aus altem darpatischen Haus und nichts anderes sollten seine Standesgenossen sehen, wenn er unter Sparren und Schneckenteilung einritt, einen stolzen Waldrappen unter dem Sattel und einmal nicht an die Weinschläuche auf den Packpferden, die geplanten Kontrakte und Verhandlungen denkend.


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