Heroldartikel:Was soll denn so ein fremder Prinz: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 23. März 2011, 08:00 Uhr
Was die greifenfurter Bürger über die Brautfahrt denken
Ich war mal in Greifenfurt angekommen, in der Stadt passiert doch immer noch am meisten, besonders, wenn sich der halbe Adel auf irgendwelchen Konventen und Hochzeiten in Garetien oder sonst wo herumtreibt. Nachdem ich mir eine Unterkunft für die Nacht gesucht hatte – es gibt da seit wenigen Jahren eine ganz hervorragende kleine Herberge in der Nähe des Rondratempels – begab ich mich zum Markt, um den Leuten auf den Mund zu schauen und zu hören, was denn derzeit das Gesprächsthema war.
An einem Stand, der kleine Tontöpfe mit dem berühmten Greifenfurter Goldsaft feilbot, schnappte ich auch schon das Erste auf. „Also, wenn de mich frachst, dann brauch unsere Erlaucht doch nicht so ‚nen fremden Prinzen hier“, meinte der Händler zu seinem Standnachbarn, einem Filzhändler, „Haste gehört, mehr als 200 Leuts soll der mit sich schleppen, die unsern guten Bauern mehr als die Haare vom Kopf fressen. Die Greifin tut ganz recht, dem nicht in die Arme zu laufen, mit so ‚ner Masse Leute zu kommen, als ob er sich nicht trauen würde, ihr allein einen Antrag zu stellen. Ts, ts, ts. Und Zwergenponies soll er dabei haben, mehr als ein Dutzend und alle mit Schatzkästen beladen. Nicht, daß wir das Geld hier nicht brauchen täten, aber will der sich die Mark kaufen, wie weiland dieser garetische Gallenstein sich ein Edlengut gekauft hat?“ Auch sein Gesprächspartner schüttelte betrübt den Kopf. „Ach Helme, ich weiß nicht. Immerhin sagt man ja auch, daß die Markgräfin lange Zeit mit dem Weidener Marschall getändelt hat. Vielleicht gefällt ihr ja ein Koscher Prinz? Mit einem Greifenfurter hat sie jedenfalls noch nie was gehabt, was man so hört. Außerdem ist es für eine Frau nicht gut, wenn sie so lange ohne einen Mann ist. Schau dir nur an, was sie über die schwarze Witwe erzählen, willst du, daß unsere Greifin so wird? Und was ich gehört habe, sollen das ja alles ganz wackere Ritter sein, aus der Gegend da unten. Zwerge hat er ja wohl nicht mitgebracht, oder? Außerdem, wir haben dabei ja sowieso nichts zu sagen. Die kleine Erlaucht ist in den letzten Jahren ganz schön erwachsen geworden, die wird sich ‚raussuchen, wer ihr gefällt. Und wer soll denn hier herrschen, wenn die Wertlinger aussterben? Die Praioskirche wieder, das wird dem Herrn Phex nicht gefallen und uns Händlern auch nicht, das kannste wohl glauben. Und von unserm Adel hier, die werden sich doch solang zanken, bis die nächste Erlaucht aus Gareth vom Kaiser kommt. Da ist mir unsere Greifin mit einem Koscher an ihrer Seite und was Kleinem auf den Schoß doch viel lieber. Vielleicht werden sie ja glücklich und du glaubst doch nicht im Ernst, daß sich unsere Erlaucht noch von irgendwem dreinreden läßt, wenn es um die Mark geht, auch nicht von ‚nem Ehemann. Das wird nicht anders als mit unsern Frauen.“ Bestätigend nickte der Filzhändler noch einmal kräftig.
„Also ich weiß nicht“, meinte Helme, „kann nicht alles so bleiben wie bisher? Wir haben doch schon genug Fremde, ‚tschuldige Neu-Greifenfurter, hier, auch ohne, daß jetzt der halbe Kosch eingeheiratet wird. Ne, ne, ne, ich finde die Erlaucht sollte sich endlich einen gescheiten Greifenfurter suchen.“ Da mischte sich plötzlich eine dicke Matrone ein, die sich während des Gesprächs neben mich gestellt hatte. „Ihr habt doch beide keine Ahnung, typisch Mannsbilder, pffft. Wenn mein Mann damals so um mich gefreit hätte, als strahlender Ritter, der einem das Herz zu Füßen legen will, ich hätte ihm dafür einen Stern vom Himmel geholt. Wenn das Mädchen auch nur ein bißchen Verstand in seinem Schädel hat, dann wird sie ihren Prinzen noch eine Weile zappeln lassen und dann nehmen, ein besseres Mannsbild kommt nicht mehr. Erinnert ihr euch nicht mehr an den Kerl, mit dem sie vorher verheiratet gewesen war, dieses falsche Schwert der Schwerter? Dagegen ist dieser Edelbrecht doch das reinste Gold. Und so um eine Frau zu werben, das hat noch Stil.“ Seufzend verdrehte die Matrone dabei schwärmerisch die Augen. Doch dann bekam sie sich wieder in den Griff und meinte barsch „Und nun schwätzt nicht soviel, sondern bedient gefälligst eure zahlende Kundschaft. Das Mädel“, und dabei nickte sie mir zu, „wartet auch schon ewig.“
Und so kam ich mit einem Topf voller Goldsirup und der Erinnerung an dieses Gespräch wieder zurück in meine Herberge.
(N. Passon/Selissa Argenquell)