Geschichten:Keilholtzer Neuordnung - Firuns kalter Atem: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 25. Januar 2014, 06:36 Uhr
Burg Keilholtz, 17. Firun 1036 BF, Zur Mittagsstunde
Unbarmherzig pfiff der eisige Ostwind um die Zinnen der alten Keilholtzer Stammburg. Der Burghof lag einen halben Schritt tief unter dem Schnee vergraben, während Eiszapfen von ebensolcher Länge an den Mauervorsprüngen hingen. Das Burgtor war schon seit zwei Tagen nicht mehr geöffnet worden und wurde inzwischen durch die Schneewehen von außen besser geschützt, als durch den stabilen steineichernen Balken auf der Innenseite. Einzig das Mannloch war noch begehbar.
Im Torhaus hielt gegen Mittag Marbert, der einzige Knecht auf der Burg, einsame Wacht. Seine Frau Griselda diente der herrschaftlichen Familie als Köchin, Magd und Mädchen für alles und war gerade dabei das Mittagsmahl aufzutischen. Marbert hatte am frühen Morgen eines der Kanninchen geschlachtet und so würde es heute eine recht kräftige Brühe geben. Der Knecht freute sich in Gedanken bereits auf die Reste. Seit der alte Bogumil nicht mehr so recht bei sich war, bleib für ihn und Griselda immer mehr übrig. Die junge Dame aß sowieso wenig und die Kinder waren noch zu klein um als rechte Esser zu zählen, wobei der Junge in letzter Zeit einen guten Appetit zu entwickeln schien.
Ein lautes Pochen riss Marbert aus seinen Tagträumen. Zuerst dachte er an Schwarzpelze und einen Rammbock, doch als sein Herzschlag sich nach dem ersten Schrecken beruhigt hatte, hörte er über den Sturm hinweg ein regelmäßiges vierfaches Klopfen am Mannloch des Burgtores. Der Knecht eilte zum Tor und hörte nun sogar ein undeutliches Rufen. Die Stimme schien menschlich zu sein. Vorsichtig öffnete er den Sichtschlitz am Manntor und sah einen dick verhüllten Mann davor stehen. Mehrere Lagen Unterkleidung quollen fast unter einem leichten Kettenhemd hervor das wiederum mit einem Wappenrock bedeckt war. Darüber war ein schwerer Pelzmantel geworfen den eine behandschuhte Hand mit Mühe vor dem Körper zusammenhielt. Um den Kopf trug er eine Art Tuch, das mehrfach gewickelt war und nur einen schmalen Schlitz für die Augen frei ließ. Zudem hielt der Fremde ein langes Schwert, mit dessen Knauf er beständig auf das Tor einschlug.
"Heda! Was ist Euer Begehr," machte sich Marbert laut rufend über den Wind hinweg bemerkbar.
Der Fremde zuckte kurz zusammen, sah sich dann um woher die Stimme gekommen war und stapfte mühevoll zum Manntor mit dem jetzt geöffneten Sehschlitz. "Main Namä ist Gawain von Mendlicum. Isch bin ain Rittär där Mark und erbittä Ainlass in Travias Namän." Während er sprach steckte der Fremde das Schwert in die Scheide und drängte sich an das Tor um sich so gut es ging vor den Winden zu schützen.
Marbert hatte Schwierigkeiten den Dialekt des Mannes zu verstehen. Auch die Haut die er nun im Gesicht des Mannes erkennen konnte schien ihm unnatürlich dunkel zu sein. Dennoch hatte er Travias Namen geführt und trug den Greifen auf dem Wappenrock. Was sollte er tun? Einem fremdem Gewappneten das Tor zu öffnen hieße den Tod über alle in der Burg zu bringen wenn er böse Absichten hegte. Doch ihn bei diesem Wetter vor dem Tor stehen zu lassen würde bedeuten, dass der Ritter bis zum Abend erfroren war und sein Tod hernach auf Marberts Seele laste. Mit einem götterergebenen Seufzen schob er den schweren Riegel zurück und öffnete die Pforte. "Tretet ein in Travias Namen!"
Schnell zwängte sich der gewappnete durch das kleine Tor und suchte im nächsten Mauerwinkel Schutz, während Marbert die Pforte wieder verriegelte. "Folgt bitte mir, Hoher Herr. Ich bringe Euch zu den Herrschaften. Sie nehmen gerade ihr Mittagsmal ein und für einen Esser mehr wird es sicherlich reichen." Sie hielten sich an den Wänden der Stallungen und inneren Burgmauer, wo der Schnee nicht gar so hoch aufgetürmt lag und umrundeten so den Hof um zum Eingang des Wohnhauses zu gelangen. Sie erklommen eine steile enge Treppe und einige Augenblicke später fand sich Gawain im Esszimmer wieder.
"Euer Wohlgeboren," beeilte sich Marbert den Gast anzukündigen, "ein Ritter der Mark hat bei uns Zuflucht gesucht und Gastung in Travias Namen erbeten."
Gawain beeilte sich den nach der Art seiner Heimat gewickelten Turban vom Kopf zu nehmen, um seine Gastgeber nicht mit seiner Vermummung zu erschrecken. Als er hinter dem Knecht hervortrat sah er am Tisch einen Greis, zu seiner Rechten eine junge Frau und einen Knaben sitzen, während auf einem Fell nahe beim Feuer ein Säugling friedlich in dicke Decken gehüllt schlief. Auf dem Tisch stand ein Topf mit dampfendem Eintopf, aus dem die Magd gerade auf die Teller auftat.
Er sah die teils erwartungsvollen, teils besorgten Blicke, welche ihn trafen und beeilte sich, sich mit einer knappen Verbeugung vorzustellen. "Gawain von Mendlicum, Rittär där Mark, zu Eiren Dienstän." Mit von der Kälte noch steifen Fingern löste er langsam den Schwertgurt und stellte die Waffe neben der Tür an die Wand. "Isch wurdä vom Sturm ieberrascht und habä bei einäm Schnästurz mein Pferd verlorän. Isch erbittä darum Gastung und Untärkunft bis das Wettär sich gebessärt hat und isch ins Tal zuriek kehrän kann."
Die junge Edeldame zuckte kurz zusammen als sie seinen fremdartigen Dialekt vernahm, doch der trübe Blick des alten Junkers Bogumil schien sich kurz aufzuklären. "Gawain? Ein Krieger aus dem Süden? Ich kann mich daran erinnern von Euch gehört zu haben junger Mann. Es heißt der alte Schroffensteiner habe Euch zum Knappen genommen?"
"So ist es, mein Härr. Isch war sein Knappä und är schlug misch vor etwa drei Göttärleufän zum Rittär."
"Ist das schon wieder so lange her? Mir ist es als wäre es gestern gewesen." Der Greis sprach mehr zu sich als zu seinem Gast und schien einige Augenblicke geistig weit weg zu sein. Dann klärte sich sein Blick wieder. "Wie dem auch sei. Willkommen auf Burg Keilholtz Gawain von Mendlicum. Ich bin Bogumil von Keilholtz, Oberhaupt des älteren Hauses unserer Familie und Junker zu Keilholtz. Wenn ich vorstellen darf, dies ist mein Weib Edala, der Knabe dort ist mein Sohn und Erbe Gumbald." Den Säugling am Kamin bedachte er ebensowenig wie die Magd. "Nehmt nun also Platz und teilt das Mahl mit uns."
"Sehr gernä. Seid bedankt." Der Ritter folgte dem Wink des Alten und ging zu dem Stuhl zu dessen Linken. Als er sich setzte erkannte er mit Erstaunen wie jung die ihm nun gegenübersitzende Gemahlin des Junkers war. Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er sie für die Enkelin oder Tochter des Hausherren gehalten. Der alte Junker sprach sodann ein Dankgebet zum Herrn Praios und hernach aßen alle schweigend und mit gesenkten Köpfen. Selbst der kleine Gumbald hielt sich bereits an diese eiserne Disziplin. Gawain warf hin und wieder verstohlene Blicke in die Runde und bemerkte, wie Edala immer wieder kummervoll zu dem Säugling am Kamin hinübersah und als sie bemerkte, dass er sie beobachtete, beschämt die Augen niederschlug. Irgendetwas ging hier vor sich auf das er sich keinen Reim machen konnte.
Das Mahl zog sich mit borongefälligen Schweigen hin und nachdem alle gesättigt waren, befahl Bogumil der Magd schroff abzudecken und dem Gast ein Zimmer zu weisen. Gawain bedankte sich artig und wurde mit dem Hinweis, dass der Junker das Abendmahl im Kreise seiner Familie ungestört zu sich nehmen wolle, entlassen.
◅ | Ein wilder Märker |
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Golgaris Schwingen über dem Kamm | ▻ |