Geschichten:Gnitzenkuhler Träume- Ein informativer Plausch: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 25. Januar 2014, 07:01 Uhr

Dorf Rotfurt, im Tsa 1033

Mühsam war er aus der Kutsche gestiegen und hatte sich dabei schwer auf Jaroll, den Stallburschen der Station, gestützt. Verwundert schaute er ihn an. Groß war er geworden der Junge. ‚Ach ja, die Zeit sie fliegt im Alter nur so dahin.’

Kaum war er auf der Gasse angelangt hielt er auch schon Ausschau nach dem Grund dieser beschwerlichen Fahrt. Aus dem Schatten der Wechselstation schälte sich ein Mann in der Blüte seiner Jahre und kam lächelnd auf ihn zu. Wohlgenährt aber nicht fett, das schwarz glänzende, lange Haar zu einem Zopf gebunden und in gute Tuche gekleidet.

‚Nicht schon wieder dieser Möchtegern !’ dachte Praiowyn mürrisch während er sich langsam auf den Weg machte in den verabredeten Hof zu laufen. Gut, wenn Hamardan dachte, dass man ihm nur noch Handlanger schicken brauchte, dann würde er eben nicht alles erfahren was es neues von Friedburg zu berichten gab. Grimmig schlurfte der Alte weiter, derweil ihm der junge Mann mit einem zufriedenen Lächeln folgte.

***

Ein Beutel wechselte den Besitzer. Vorsichtig öffnete der gut gekleidete alte Mann ihn und hielt seine Nase darüber. „Wie värainbarrt main Bestär, dass wird daine Siechen deutlich lindern. Du solltäst allmählich ...“

Sein Gegenüber reckte sich aus seiner gebeugten Haltung etwas auf und seine eingetrübten Augen blitzten gefährlich, während er sich am Türrahmen fest hielt.

„Sag du mir nicht was ich zu tun habe. Du und dein Herr ihr profitiert doch von mir und meiner Stellung!“ Die sonore alte Stimme wirkte im Gegensatz zu seinem Äußeren sehr vital.

Entschuldigend lächelnd schaute der Nebachote den fast greisen Mann an.

„Die Waishait des Altärs wird von dän Garäthie ebän ofd unterschätzt, wir hingegän wissän was wirr an dir habän!“

Höflich hielt er die Tür auf und ließ seinem Gast den Vortritt und folgte ihm in das Innere einer um dieser Tageszeit noch sehr leeren Schenke. Mit Bedacht hatte man sich in Rotfurt getroffen, um nicht die Aufmerksamkeit der Herrin des Mannes auf sich zu ziehen. Er bestellte einen Krug des besten Weines, stopfte sich eine Pfeife, strich den Stoff seines seidenen Hemdes glatt und wartete in aller Ruhe darauf, Neuigkeiten aus dem Baronshaus zu erfahren. Wie gewohnt rollte er derweil den schön gewebten Teppich aus, damit sie eine Partie Rote und Weiße Kamele spielen könnten. Dieses Mal würde er ihn schlagen, er hatte es ihm Gefühl. Sorgfältig und andächtig teilte er die Kamele auf. Wer würde heute den anderen in die falsche Oase locken? Wer die wertvollerer Ware heim bringen? Er war es gewohnt, dass der alte Hausdiener bestimmte wann er was zu sagen gedachte, also übte er sich in Zurückhaltung und Geduld.

„Laut ging es zu, als sie ihrer Ritterin verkündet hat, dass sie nach Sturmfels reisen muss.“ Dankend nahm er dann der Schankmaid den Wein ab, den sie ihm schon in einen irdenen Becher gefüllt hatte und trank einen Schluck, während er das Spiel eröffnete. Die Würfelsteine klackerten laut in seiner trockenen Hand.

‚Sicher wird Leomara getobt haben, jetzt wo sie endlich wieder einen Mann hat, wird sie anderes zu tun haben, als mit den Ferkinas zu kuscheln.’ dachte Yorum so bei sich, schwieg aber weiter. Der sichere Gefühl des möglichen Sieges machte sich breiter, schien Praiowyn doch die gleiche Taktik zu fahren, die er schon in voran gegangenen Spielen verfolgt hatte. Sie spielten eine Weile bevor wieder gesprochen wurde. Die Falten auf der Stirn des Nebachoten hatten sich derweil vertieft. Es verlief nicht alles nach Plan.

„Und dann...“ der alte Mann musste bei der Erinnerung an das Erlebte lächeln, was sein Gesicht noch faltiger machte, als es ohnehin schon war, „dann haben sich Leomara und Roderick von Isenbrunn im Burghof duelliert.“

Überrascht zog Yorun die Augenbrauen nach oben, stellte den Becher ab, den er soeben an den Mund geführt hatte, und rückte näher zu dem Mann heran.

„Praiowyn macht äs nischt so spannänd...wer hat gewonnän, und worum ging äs?“ Weidlich kostete dieser die Spannung aus, die den jungen Mann befallen hatte. Seine Aufmerksamkeit lag nun überhaupt nicht mehr bei dem Spiel, was der erfahrene Mann sogleich ausnutzte.

In aller Ruhe beendete dieser erst seinen Zug und reichte dann wieder die Würfelsteine weiter. „In diesem Fall siegte die schiere Kraft einer jungen, wütenden Ritterin...doch ich fürchte zu einem Preis, den sie später doppelt und dreifach bereuen wird. Das junge Ding ist einfach zu hitzig. Ganz der Vater!“

Irritiert schaute ihn Yorum an, dachte jedoch nur, dass der alte Mann sich ungeschickt ausgedrückt hatte. Roderick galt nun wirklich nicht als hitzig und unüberlegt. Scheinbar machte es ihm wirklich zu schaffen, dass Leomara keinen kühlen Kopf bewahren konnte. Seine Züge wirkten betrübt. Er fühlte sie befleißigt dazu etwas zu sagen.

„Aine Kriegerin kann nischt heißblütig und mutig genug sain, aber sisch gegän die aigene Familiä, noch dazu das Oberhaubt zu ställen...?!“

Polternd kamen derweil seine Pyramiden Steine zum liegen. Schon wieder zu wenige Punkte um gegen den Alten voran zu kommen. Eine Ader an seiner Stirn schwoll an.

Wer tatsächlich Leomaras Vater war, das wussten die Nebachoten natürlich nicht, und diesem eingebildeten Schürzenjäger, der noch nicht trocken hinter den Ohren war, dem würde er diese brisante Information sicher nicht geben.

„Du weiß wie die Dinge in Gnitzenkuhl liegen, sie stellt sich letzten Endes nur gegen Quanion und gegen jeden der ihm den Rücken stärkt. Er macht unsaubere Geschäfte und allzu oft ist ihm Phex nicht hold. Roderick hat scheinbar noch immer nicht begriffen, dass er einen faulen Apfel als Ableger hat, der nur Leomara benutzen will um das Säckel wieder auszugleichen.“

Mit zusammen gekniffenen Augen musterte Yorum ihn und wartete auf mehr Details. Sein Zug war beendet, nun war der alte Hausdiener wieder dran. Die Familie Isenbrunn hatte Praiowyn noch nie in einem schlechten Lichte stehen lassen, es waren die ersten näheren Details, die er zu dem schwelenden Konflikt im Junkernhaus hörte.

„Die Gründe für den Kampf sind kurz und knapp zusammengefasst: er hat sie und ihre Entscheidung den Ritter von Keilholtz zu ehelichen wieder einmal scharf kritisiert und statt dessen einen Kandidaten den Quanion für sie ausgesucht hatte ins Feld geführt. Ich nehme an diese Verbindung sollte einige Schieflagen des Junkers wieder zurecht rücken. Noch dazu hat er über den Greifenfurter und seine Familie ein paar Dinge gesagt, die... schlichtweg inakzeptabel waren.“

Die Wortwahl des Hausdieners ließ den Nebachoten schmunzeln. Er wird wohl völlig außer sich gewesen sein der gute Roderick. Unglaublich, wenn man bedachte, dass er ihn in den letzten 20 Götterläufen noch nie seine Selbstbeherrschung hatte verlieren sehen. Doch Leomara war gut darin andere aus der Fassung zu bringen, das durfte er schon selbst miterleben.

Argwöhnisch betrachtete er, wie das Würfelglück scheinbar noch immer auf der Seite des Raulschen stand. Der hatte der Bedienung noch eine Bestellung herüber gerufen, die alsbald schon gebracht wurde: süßen Kuchen, der vorzüglich zu dem Wein mundete. Wer verlor zahlte die Zeche, so war die Regel zwischen ihnen.

Etwas befremdet schaute der Nebachote zu wie der alte Mann das Stück erst vorsichtig in den Becher tunkte bevor er es schließlich so aufgeweicht in den Mund gab. Geduldig wartete er bis der Bissen hinunter war und die Erzählung weiter ging. Dieser Dienst den er da seinem Herrn tat kostete ihn einiges an Geduld, zumal im heimischen Bett noch jemand auf ihn wartete.

„Die Baronin war außer sich vor Wut, als sie erfuhr was vor sich gegangen war.“ In Erinnerung durchlebte er noch einmal den Ausbruch der Geschwister. In aller Ruhe spielten sie dann erst einige Zeit still vor sich hin während der Wein geleert wurde, und der Kuchen zur neige ging.

„Schließlich hat sie selbst Leomara dann darüber informiert welchen Kandidaten sie in Sturmfels zu unterstützen gedachte. Es ist Alrik XIII. von Sturmfels. Eine weise Wahl wie mir scheint.

Das man einen Kandidaten unterstützt der aus Garetien kommt stand gar nicht erst zur Debatte. Blieben also nur noch drei.

Eine Nebachotin noch dazu eine solch impulsive und ehrgeizige aus dem Hause Brendiltal konnte Geshla wohl kaum gut heißen. Deren Einfluss ist ohnehin schon so groß.

Blieben also nur noch zwei. Da es ungewiss ist, was diese Korhilda von Hatwalden-Sturmfels mit dem Lehen vor hat, war es naheliegend das Kräftegleichgewicht so zu belassen wie es war. Man kam bislang gut mit dem Baronshaus aus und man profitierte von den Lieferungen die in Gnitzenkuhl verladen wurden, warum sollte man daran etwas ändern?“

Verstehend nickte ihm sein Gegenüber zu. Er schien müde zu sein, und nicht ganz bei der Sache. „Isch verstähe ... aber um noch ainmal auf die Isenbrunns zurück zu kommän ...“

Unbemerkt hatte der greise Mann das Spiel zu einem Ende gebracht, was der Nebachote allerdings noch nicht registriert hatte. Mit einem Fingerzeig seiner knorrigen Hand wies er mit geduldiger Miene kurz darauf hin. ‚Er muss noch viel lernen und früher aufstehen, wenn er glaubt mich übertölpeln zu können!’

Stöhnend stieß der Heißsporn daraufhin einen Seufzer aus und man begann die Warensteine auszuzählen. „Bai Phäx, du hast äs schon widär vollbracht!“

Mühsam erhob sich Praiowyn von der Bank. Der Rücken schmerzte, die Gelenke knackten und der Kuchen war nicht süß genug für seinen Geschmack gewesen. Dies trug wohl dazu bei, dass er wenig Mitleid mit dem Handlanger des hiesigen Nebachotenführers hatte.

„Sag Hamardan, er soll das nächste Mal selbst kommen, ich mag nicht immer so leichtes Spiel haben.“

Verblüfft über diese direkten Mißmutsbekundungen wollte Yorum gerade etwas erwidern, als Praiowyn die Hand hob. „Ach ja, und erinnere ihn daran, dass ich bald gedenke in Ruhestand zu gehen. Er ist mir da noch etwas schuldig!“

Verunsichert über die hart gesprochenen Worte nickte er ihm nur verstehend zu. Langsam humpelte der Mann aus der Schenke, derweil Yorum verdrießlich auf das Feld blickte.