Geschichten:Brennende Häuser - Gespräch mit einem Schatten: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 25. Januar 2014, 07:08 Uhr
Irgendwo im Feidewald, 19. Travia 1032 BF
Die Abendsonne ließ die Bäume lange Schatten werfen. Nicht fern befand sich ein unscheinbarer schmaler Waldpfad, der sich wenige Meilen durch den Wald wand und dann im Dickicht unterhalb einer großen Burg verschwand. Direkt an einem gusseisernen Gitter in der Feldwand. Aus dieser Richtung bewegte sich eine große Person gemächlich auf eine kleine Lichtung zu, wo zwei moosbewachsene Baumstämme wie einladende Bänke den Wanderer zur Rast einluden. Die Händen vor der Brust verschränkt wartete der Hüne, bis die letzten Sonnenstrahlen vor ihm auf dem Boden schwächer wurden und schließlich das gestrenge Auge des Götterfürsten der blinkenden Schatzkammer des listigen Fuchses gewichen war.
Ein Knacken im Unterholz ließ den Wartenden aufhorchen. In die aufsteigende Dunkelheit hinein sagte er mit kalter Stimme: »Keinen Augenblick zu spät zum Sonnenuntergang.« Die Antwort war säuselndes Schweigen und ein leiser Windstoß durch die Blätter einer nahen Ulme.
»Wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Die Dinge kommen langsam in Bewegung. Die Hartsteener sind kopflos und an die Stelle eines würdigen Gegners sind Feiglinge und Speichellecker getreten. Alles läuft so, wie du es vorausgesagt hast. Der wahre Igel versteckt sich im Laub und richtet alle seine Stachel nach außen. Seine Feinde hüpfen um ihn herum und erzeugen einen Wind, aber an seinen Stacheln vorbei trauen sie sich nicht. Und so gewinnt der Igel seine Kämpfe.«
Unweit der Lichtung begann ein Käuzchen zu rufen. Das Laub am Boden raschelte von den Füßchen all der kleinen Waldbewohner, die den Tag über sich in Erdhöhlen und Löchern in der Borke versteckt gehalten hatten. Es entstand eine kleine Weile der Stille, durchzogen vom Rauschen der Flügel jagender Nachtvögel und Fledermäuse.
»Der Waldsteiner Feigling wird sich erstmal verkriechen und seine Wunden lecken. Auf seiner Pfalz sitzt er und fürchtet sich am meisten vor dem Zorn seines verärgerten Schwiegervaters. Ha, ein Kettenhund für ihre Sache, haben diese Narren gedacht! Wie du es vorausgesagt hast, für uns geht von diesem Pulethaner nicht die geringste Gefahr aus. Er sieht wie wir, dass einem morschen Haus mit vertrocknetem Blut nicht die Zukunft gehört und keine Lösung für die Aufgaben der Zukunft in ihren Händen haben. So ist der Feind unseres Feindes unser Freund.«
Der Hüne hielt inne und begann ein paar Schritte auf und ab zu gehen. Immer wieder warf er einen lauernden Blick in die Dunkelheit hinein. Hörte der Schatten ihm überhaupt zu?
»Wie du vorausgesagt hast, ist der Reitmeister zögerlich und scheut sich vor den Konsequenzen seiner Handlungen. Auf der Akademie mögen seine Theorien schön anzuhören sein, da mag die Kavallerie die ungesicherte Flanke mühelos nieder reiten. Aber wenn der Feind wirklich vor ihm steht, nicht in der geordneten Schlachtreihe und als abstrakte Größe in seinen Vorlesungen, da spürt er, dass das Glück des Fuchses nicht selten über das Schwert der Leuin und das Recht des Greifen obsiegt. Ein Angriff mit halbem Herzen ist schon im Kern gescheitert. Das spürt er nun und tut gleich seinem Vater, dem alten Uhu, und schließt sich in seine Trollfestung ein.«
Wieder hielt der Hüne inne und schielte ins Unterholz. Hatte er eben ein leises Lachen vernommen? Ihn ärgerte langsam, dass er wie ein Narr hier Vorträge hielt und schalt sich zum Punkt seines Anliegens zu kommen.
»Jetzt ist es an der Zeit, ein wenig die Krallen und Zähne spüren zu lassen gegen diejenigen, die sich in Angelegenheiten mischen, welche nicht in ihrer Zuständigkeit liegen. Es wäre doch sehr schade, wenn solche Leute einen Unfall erleiden würden, meinst du nicht auch?«
Ein leises »So ist es« erscholl aus dem Schatten. Dann folgte ein weiteres Knacken einige Schritt weit entfernt aus in den nächtlichen Feidewald. Der Hüne griff sich an seinen Bart, schaute sich noch einmal um und verschwand auf dem Weg zurück zur Burg.