Geschichten:Faust des Ostens Teil 1 - Personalprobleme: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 25. Januar 2014, 09:24 Uhr
Viburn von Tälerort, Obrist des Bombardenregimentes Trollpforte, bückte sich unter der für ihn viel zu niedrigen Tür und betrat sein Amtszimmer in einem der Gebäude des Perricumer Kriegshafens. Es war trotz der Sommerhitze kühl in dem düsteren Raum, in den nur durch zwei schmale schartenartige Fenster Licht durch die dicken Außenmauern fiel. Selbst im Praios zog die Feuchtigkeit bis hier hinauf und schlug sich in einem muffigen Geruch von altem Pergament und nassen Steinen nieder. Aber all das war nicht, was ihm einen Schauer über den Rücken jagte. Sobald er die Tür durchschritten hatte, spürte er die Anwesenheit einer weiteren Person im Raum. Langsam wandte er sich um.
"Rondra zum Gruße, Tälerort." Der Krieger, der ihn erwartete, war in ein schlichtes Kettenhemd gerüstet, über das er einen schwarzen Überwurf mit den goldenen Tannen trug - Firunslicht. Unwillkürlich straffte Viburn sich etwas. Sein Gegenüber hatte das nicht nötig, sondern hielt sich schon so gerade, als stünde er auf einem Exerzierplatz. Mit einem schmalen Lächeln nahm Viburn zu Kenntnis, dass er den unerwarteten Besucher nun überragte. "...und mit euch. Was verschafft mir die unerwartete Ehre eurer Anwesenheit?" Aldron von Firunslicht legte seine linke Hand locker auf den Knauf des Schwertes an seiner Seite. "Anläßlich meines Aufenthaltes in der Stadt wollte ich mich nach dem Stand der Dinge erkundigen." Seine Hand deutete auf den Schreibtisch des Obristen. "Wie ist der Stand zu meinem Anliegen? Habt ihr inzwischen Offiziere für das zweite Banner?" Die Muskeln im Gesicht des Oberst spannten sich für einen Augenblick an, dann umrundete er den Schreibtisch und setzte sich auf den Stuhl, um endlich nicht mehr nur die Wände seines Raumes anstarren zu müssen. Dieser war groß, aber die Düsternis schluckte einen guten Teil der großzügigen Maße wieder. Er kam sich jedes Mal wie eingesperrt vor. Unwillkürlich ging der Blick wieder kurz zum Fenster. Dann sah er wieder hinüber zu seinem Gast. Dieser war ruhig an seiner Stelle stehen geblieben und machte auch keine Anstalten, eine der anderen Sitzgelegenheiten zu ergreifen. "Ihr stellt euch das offenbar zu einfach vor. Offiziere finden sich für gewöhnlich nicht auf Bäumen oder in den Netzen der Fischer. Und Wehrheim ist nicht mehr." - "Wehrheims Untergang ist bedauerlich, aber der Verlust der kaiserlichen Akademie kann kein Grund sein, unsere Einsatzfähigkeit zu mindern." Viburn stand mit einem Ruck auf und fragte in lauerndem Tonfall: "Und wo würdet ihr einen geeigneten Kandidaten für Niederriets Nachfolge finden wollen? Euer Edler ist wohl auch nur eine Lösung auf Zeit, oder?" Aldron nickte knapp. "Reto von Binsböckel ist nicht der Jüngste und dazu versehrt. Aber es sollte wohl genug andere geeignete Kämpfer mit ausreichend Verantwortungsbewußtsein und Erfahrung geben. Die Jahre waren kriegerisch genug, um solcherlei zu erfahren." - "Ihr schlagt also vor, dass ich irgendjemanden von der Straße verpflichte für diesen Posten..."
Aldron schüttelte den Kopf und seine Falte vertiefte sich auf der Stirn. "Nein. Den Weg überlasse ich euch, aber ich verlange, dass ihr euch eurer Pflicht erinnert und das Regiment einsatzbereit haltet, damit ich meine erfüllen kann und die Nordgrenze sichern." Viburn brummte unwillig und verzog das Gesicht. Es war ja nun nicht so, dass er sich völlig hatte gehen lassen. "Ihr sprecht Selbstverständliches aus, doch die Umsetzung ist kaum so selbstverständlich, wie es euch scheint, Firunslicht. Wenn ich jemanden finde, dem ich das Zeug dazu zutraue, bekommt ihr euren Hauptmann. Die Götter wissen, wann das sein wird - wie ich schon anmerkte, ich habe keinen Baum dafür." "Dessen bedarf es nicht. Ich sehe ein, dass es einige Wochen dauern kann. Doch bemüht euch, denn ein Zustand von Dauer ist dies nicht." Viburn winkte ab, nickte dann aber doch und ließ sich wieder auf den Stuhl fallen. Er konnte es nicht leiden, wenn sein Haar schon die Decke streichelte. Aldron räusperte sich und setzte dann hinzu: "Einstweilen möchte ich einen fähigen Mann aus dem Mannschaftsstand zum Leutnant erheben. Der Weibel hat Talent und genug Erfahrung gesammelt." Viburn nickte. "Geschenkt. Teilt dem Zahlmeister den Namen mit. Das Schriftliche kommt dann nach. Sonst noch etwas?" "Nein, Tälerort. Gebt mir den Hauptmann, sobald es möglich ist. Rondra mit euch." Kettenringe klirrten leise als die Faust die Brust traf, kurz darauf schlug die Tür zu und Viburn war allein. Unwillkürlich fuhr die Hand zur Brust und rieb kräftig über eine bestimmte Stelle. Das verfluchte Mal juckte wieder. Er konnte sich kaum noch auf irgendetwas konzentrieren - und dann auch noch diese Heimsuchung. Nicht genug, dass der ehemalige Fürstliche damals unter seinen Soldaten berüchtigt war, nein, jetzt mußte er auch noch in seinem Regiment herumfuhrwerken.
Viburns Kiefer arbeiteten und die Finger rieben schneller über die Brust, dann sprang der Hüne wieder auf, schnappte sich sein Schwert und stürmte aus dem Zimmer. Das war nicht mehr auszuhalten!