Geschichten:Erlenstammer Kriegsvorbereitungen - Erlenstamm im Aufbruch: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 25. Januar 2014, 09:52 Uhr
Die Burg Freudenstein schien sich in der letzten Zeit zu einem Treffpunkt seltsamer Gestalten entwickelt zu haben. Nachdem bereits vor zwei Wochen ein zwielichtiger Südländer mit einer geheimnisvollen, mit schweren Vorhängeschlössern versehenen, grossen Kiste aufgekreuzt war, folgte diesmal eine Ladung von Balken, Rädern, Seilen und allerhand anderer im Gerüstbau benötigter Materialien. Das Ganze wurde nur von einer handvoll Söldner und einem schmierigen Horasier begleitet. Und kurz darauf befahl die Baronin, ein paar Handwerker aus Treilin zum Frondienst zu rufen. Kaum waren sie eingetroffen, begann ein emsiges Treiben, wobei der Horasier des öfteren ob dem Unverständnis der "Handwerks-Tölpel" zu verzweifeln schien. Dennoch begann sich mit der Zeit ein eigenartiges Gerüst im Burghof zu erheben - kein Baugerüst und auch kein Galgen, sondern eine für diese Gegend komplexe Maschine.
Alissa war gerade mit dem erneuten Rekrutieren von Soldaten und Waldläufern fertig und kehrte mit den neu ausgehobenen Truppen zurück zur Burg Freudenstein. Sie ritt auf ihrem schwarzen Teshkaler durch das Tor.
Eifriges und geschäftiges Treiben herrschte im Burghof. Dort standen ein paar Kisten mit schweren Schlössern, an anderer Stelle machten sich einige Handwerker unter Anleitung eines sehr gut aussehenden Herrn daran, ein Holzgestell aufzubauen.
Alissa war überrascht. Was sind das bloß für Kisten? Und was will die Baronin mit diesem Holzgestell im Hof?
Alissa steig ab und übergab die Zügel ihres Pferdes dem schnell herbeigeeilten Stallburschen. "Gib Connar bitte eine Extra-Portion Hafer. Er hat sie sich redlich verdient.", sagte Alissa zu dem Stallburschen. Der Knabe verneigte sich, antwortete: "Sehr wohl, Euer Hochgeboren.", und führte das Pferd in den Stall. So richtig hatte Alissa sich noch immer nicht an diese Anrede gewöhnt.
Ohne Zeit zu verlieren machte sich Alissa auf den Weg zur Schreibstube der Baronin, in der Hoffnung, ihre Tante dort anzutreffen. Sie wollte zunächst über die sehr erfreuliche Ausbeute bei der Truppenaushebung berichten, aber zugleich wollte sie auch fragen, was es mit den Kisten und dem Holzgestell auf sich hat.
Kaum war Alissa in der Schreibstube angelangt, traf sie ihre Tante bei sehr guter Laune an, und als ihr Alissa über die Erfolge bei der Aushebung berichtet hatte, wurde ihre Laune sogar noch eine Spur besser: "Sehr gut, meine liebe Nichte. Bald wird es keiner mehr wagen, Freudenstein ohne unsere Erlaubnis zu betreten. Ich fürchte nur, dass das für Dich eine zusätzliche Aufgabe bringen wird. Aber keine Angst. Wenn Du mit Deiner Aushebung fertig bist, und noch bevor Du mit der Ausbildung beginnst, brauchen wir eine Geschützmannschaft. Etwa zehn Leute sollten reichen. ... Hm, vielleicht behalten wir gleich die Handwerker da draussen. Und deren Ausbildung übernimmt dann Herr Belcampo." Da entdeckte die Baronin erst den fragenden Blick ihrer Nichte, und noch bevor diese ihre Frage stellen konnte, gab die Baronin ihr zur Antwort: "Lass Dich überraschen, Kind, von diesem Meisterwerk horasischer Technik. Zugegeben, es war alles nicht ganz billig, aber wir haben ... oder hatten ... eine eiserne Reserve. Einziger Wehrmutstropfen ist, dass eine Lieferung Hylailer Feuer verloren ging ... ups ... jetzt habe ich mich verplappert." Sie lachte fast kindisch und fuhr dann fort: "Sehr betrüblich fürwahr, aber davon lasse ich mir meine Freude nicht nehmen. - Ach jetzt schnorre ich schon so geschwollen daher wie dieser Belcampo ... typisch Horasier ... wieso nennt er sich "Belcampo" wenn er doch nur 'Schönfeld' heisst .... diese Horasier! Aber clever sind sie, dass muss man ihnen lassen ... aber auch teuer."
Und so kam die Baronin vom Hundertsten ins Tausendste und war fast nicht mehr zu stoppen in ihrem Redeschwall.
Alissa erschrak fast vor dem Redeschwall ihrer Tante. So gut gelaunt hatte sie die Baronin schon lange nicht mehr erlebt. Ihre Tante plapperte fast unaufhörlich auf Alissa ein und Alissa fiel es wirklich schwer, ihrer Tante zu folgen.
Alissa verstand etwas von großem Meisterwerk, dann von einem Herrn Belcampo,der im Hof herumwerkelte und den Alissa kurz zuvor zu Gesicht bekommen hatte. Was sie auch mitbekam war die Tatsache, dass ihre Tante diesen Belcampo wohl für einen sehr begabten jungen Herrn hielt. Dass er aber doch überaus hübsch anzusehen war, hatte Alissa bereits mit eigenen Augen gesehen. Doch sie würde sich diesen Belcampo noch einmal etwas genauer ansehen.
Doch auch etwas anderes hörte Alissa aus dem Redeschwall ihrer Tante heraus. Die Worte "Hylailer Feuer" machten Alissa stutzig. "Liebste Tante", machte Alissa Anstalten, die Baronin zu unterbrechen. "Ich freue mich wirklich sehr, Euch so gut gelaunt zu sehen. Aber ich habe trotzdem die ein oder andere Frage..."
"Na dann frag doch", gab die Baronin zurück, und fuhr fort: "also wenn es wegen der Finanzierung ist, kann ich Dich beruhigen, dass diese gesichert ist. Selbst das nicht eben tiefe Honorar von Herr Belcampo können wir für noch recht lange Zeit zahlen. Unter normalen Umständen wären auch reichere Adlige als wir durch so was ruiniert ... aber eben: Ich habe mir eine Quelle erschlossen, über die ich im Moment nicht weiter reden will - und die ich wohl auch nicht mehr so schnell anzapfen sollte."
"Nun, liebe Tante, mich wundert, was Ihr vorhin mit der Lieferung Hylailer Feuer meintet.", sagte Alissa und schritt zum Fenster. Sie sah hinaus und erkannte nun auch das Gestell, welches der Herr Belcampo auf dem Hof aufbaute.
"Und wozu brauchen wir hier ein Trebuchet? Liegt denn Freudenstein in der Gefahr, angegriffen zu werden?"
Alissa schritt wieder auf ihre Tante zu. "Was mit der Finanzierung ist, kann und möchte ich nicht beurteilen, da ich keinerlei Vorstellung davon habe, über welche finanziellen Mittel Ihr verfügt. Von daher steht es mir auch nicht zu, mir ein Urteil darüber zu bilden. Aber die Antworten auf meine anderen Fragen würden mich doch schon sehr interessieren."
Die Baronin schaute ihre Nichte mit grossen Augen an: "Du wusstest, dass dieses Teil Trebuchet genannt wird? Ich liess mir das von Belcampo sagen. Ich bin beeindruckt ... oder hast Du Dich auch schon mit ihm bekannt gemacht? Na egal. Ich weiss nicht, wie es Dir geht, aber der Saubannerzug durch Erlenstamm ist mir in noch lebhafter Erinnerung. In Zukunft soll jeder brennen, der es wagt, Erlenstamm ein Leid zuzufügen. Und das Trebuchet kann verdammt schwere Ware verdammt weit werfen, aber das weißt Du sicher auch schon. Was die Gefahr angeht, so muss ich sagen, dass wir alle ständig in Gefahr sind. Es sind unsichere Zeiten, und welche Parteien vor haben, sich wo bei der Kaiserfrage die Köpfe einzuschlagen, wissen wir auch nicht. Wenn sie dies in Erlenstamm tun wollen ... nur zu. Aber wenn nur ein Gehöft dabei Schaden nimmt, sollen auch sie brennen. - Und ausserdem könnte man ja mal ausprobieren, wie weit ein Zwerg so fliegen kann." Dass der letzte Satz wieder ein launiger Witz war, war offensichtlich, auch wenn sich Alissa nicht ganz sicher war, ob es ihre Tante vielleicht nicht auch ein wenig ernst meinen könnte.
"Nun, liebe Tante", gab Alissa zur Antwort. "Dass dort draußen im Hof
ein Trebuchet steht und ich es als solches erkannt habe, habe ich einst
in einem Eurer Bücher in Eurer Bibliothek gelesen. Ihr wisst doch
selbst, dass ich als junges Mädchen meine Nase kaum aus den Büchern
nehmen konnte. Selbstverständlich ist mir auch der Zug des Barones von
Höllenwall durch Eure Baronie noch in lebhafter Erinnerung. Aber meint
Ihr denn nicht, dass es sinnvoller wäre, Euer Geld und Eure Energien
dafür aufzuwenden, Euren Sohn von diesem maliziösen Junker vom
Dragenfels zurück zu holen? Bitte verzeiht, dass ich Eure Handlungen in
Frage stelle und mir dies einfach so anmaße, aber ich denke, dass Euer
Sohn doch weitaus wichtiger ist, als dieser Herr Belcampo dort draußen
mit seinem Trebuchet. Und, nein, ich habe noch kein Wort mit ihm
gewechselt."
Alissa hatte sich ein wenig in Rage geredet, hoffte aber, mit ihren Worten auf offene Ohren zu stoßen. Und so schaute Alissa ihre Tante direkt und ohne Scheu an.
Die Baronin grinste: "Ich glaube, dass mir das Trebuchet auch in dieser Hinsicht sehr nützlich sein wird. Du weißt ja, dass man es auch wieder abbauen und an einem andern Ort aufbauen kann. Ich bin mittlerweile auch Deiner Ansicht, dass mein Sohn nicht mehr auf dem Dragenfels ist. Sobald wir hier also die ersten Versuche gemacht haben, die Geschützmannschaft ausgebildet ist und das Trebuchet im wesentlichen zum Einsatz bereits ist, wäre eine Erprobung am Dragenfels sehr interessant. Natürlich werden wir den Dragenfels nicht vollständig schleifen ... schliesslich muss der Junker Gelegenheit haben, meinen Sohn zurückzugeben. Aber wir dürfen auf keinen Fall etwas überstürzen."
"Nun, ich bin der Ansicht, dass wir auf jeden Fall dem Junker eine gehörige Lektion erteilen sollten. Und da der Dragenfels ja ohnehin schon eine Ruine ist, macht unser Probeschießen dort auch nicht mehr viel aus." Alissa grinste breit zurück. "Nur sollten wir das Ganze schnell in Angriff nehmen. So kann sich der Junker nicht doch noch unverhofft auf unsere Ankunft vorbereiten. Wann soll das Kommando von statten gehen? Ich werde dann umgehend die entsprechenden Vorbereitungen treffen!"
Das Grinsen der Baronin wurde noch breiter: "DAS ist meine Nichte! Ich selber kann auch nicht mehr warten. Trotzdem sollten wir nichts überstürzen. Wir müssen noch einmal das Gelände ausspähen. Mit dem Trebuchet können wir bis zu einer halben Meile weit schiessen. Das kommt uns zugute. Ein solches Gerät ist nämlich leicht zu zerstören und schwer zu verstecken. Vielleicht finden wir einen Weg, aus dem Wald zu schiessen. Ferner müssen wir eine genügende Schutztruppe zusammen haben. Ich schätze, dass wir erst in einem oder zwei Götternamen los ziehen können. Bis dann ist absolute Geheimhaltung unerlässlich."
"Nun, liebste Tante, mit dem Spähen kenne ich mich aus. Ausserdem habe ich meine Waldläufer selbst ausgesucht und könnte umgehend mit der Ausbildung beginnen. So haben wir einen Spähtrupp und da ich mitreiten werde, bekommt Ihr die Informationen gleich aus erster Hand. Genügend Waffen haben wir da, so dass sie gleich mit dem Training beginnen können. Ist das in Eurem Sinne?"
"Perfetto! wie Herr Belcampo sagen würde." rief die Baronin aus. "Dann fang mit dem Training an. Du wirst Dich auch mit den Eigenschaften des Trebuchet vertraut machen müssen, wenn Du eine geeignete Stellung rekognoszieren willst. Dazu wirst Du Dich am besten mit Belcampo kurzschliessen. Er wird Dir sicher gerne Auskunft geben über alles, was Du wissen willst."
"Wie Ihr wünscht. Ich denke, wir werden noch heute mit Herrn Belcampo dinieren. Dann würde ich mich gleich daran machen, meine Leute auszustatten und das Gespräch mit ihm auf heute Abend verschieben."
Alissa machte einen Knicks und verließ die Schreibstube ihrer Tante. Im Hof, wo sämtliche Rekruten auf ihre Aufgaben warteten, stellte Alissa sich auf und rief diejenigen zusammen, die sie für die Bogenschützen ausgewählt hatte. "Ich weiß, dass ich versprochen hatte, Euch hier erst ein zwei Tage Euch einleben zu lassen. Aber besondere Vorkommnisse erfordern es, dass wir direkt heute mit der Ausbildung beginnen. Es wird nicht leicht sein und ich bin überzeugt, dass Euch diese Ausbildung zunächst nichts sagen wird. Aber scheut euch nicht, mit euren Fragen oder Anmerkungen zu mir zu kommen."
Die Männer und Frauen waren sehr aufgeregt, und Alissa führte sie, unter den wachsamen und aufmerksamen Augen des Herrn Belcampo in die Waffenkammer.