Geschichten:Höllische Nachbarn 5: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 28. Februar 2014, 15:56 Uhr

Stadt Höllenwall, Baronie Höllenwall, Ende Boronmond

Der Krug ist zerbrochen

Die schwachen Strahlen der Morgensonne vermochten es nicht die empfindliche Kälte des ersten Frostes zu vertreiben, tauchten aber das langsam beginnende Markttreiben in ein goldenes Licht. Elwene ächzte unter der Last auf ihrem Rücken, die Weidenkiepe war randvoll gefüllt mit Äpfeln. Es herrschte kein Mangel an Äpfeln dieses Jahr, dafür mangelte es an fleißigen Händen, die sie von den Bäumen pflückten. Viele der Jungen waren in den Schrecken der letzten Jahre umgekommen. Auch einige von Elwenes Enkeln waren nicht mehr nach Hause gekommen und so mußte sie trotz ihres bereits fortgeschrittenen Alters ihre Waren selbst auf den Markt tragen. Erfreut stellte sie fest, daß neben der alten Gurnhild noch ein Platz frei war.
„Guten Morgen Gurnhild, Peraine zum Gruße!“ begrüßte sie die Frau, die gerade ihre Kohlköpfe für den Verkauf zurecht legte.
„Oh, guten Morgen Elwene. Kommst grade recht um Dein Silber loszuwerden.“ Mißmutig deutete Gurnhild in Richtung des neuen Wachturms am Vogthaus, der den Marktplatz überragte. Dort waren gerade zwei Büttel aus der Tür heraus getreten, ein wohl beleibter Weibel, der seine besten Jahre schon hinter sich hatte und ein Jüngling, der erst noch in seinen Wappenrock reinwachsen mußte. Unzweifelhaft begannen die Beiden ihre Runde um die Standgebühren einzutreiben.
„Sie haben schon wieder den Preis für den Stand erhöht, um einen ganzen Heller für den laufenden Schritt!“
„Ja, schlimm ist das! Als ob wir’s so dicke hät....“ Elwene unterbrach ihre Tirade und starrte unverhohlen auf den Neuankömmling. Es handelte sich dabei um Mann mittleren Alters, der einen mit Wolle beladenen Karren hinter sich her zog. Seine schlichte Kleidung aus ungefärbten Leinen und sein Strohhut verrieten ebenso wie seine dunklen Haare, daß er von jenseits der almadanischen Grenze stammen mußte. Als er die beiden Marktfrauen sah verbeugte er sich und schwenkte seinen Hut in ihre Richtung.
„Also, daß DIE immer noch hier her kommen dürfen!“ keifte Gurnhild. „Machen die ganzen Preise kaputt.“
„Ja, und Helmar, mein Ältester, sagt, daß sie bestimmt bald einen Krieg anfangen. Als ob wir nicht schon genug davon gehabt hätten.“

Von der anderen Seite des Marktes her breitete sich Unruhe aus und der Grund dafür lies nicht lange auf sich warten. Fast ein Dutzend bewaffnete Reiter sprengte auf den Markplatz und trieb die Leute auseinander. Viele der Marktbesucher wurden in Stände gedrängt, Körbe wurden umgeworfen, Krüge gingen zu Bruch. Hinter den Reitern im grün-weißen Wappenrock folgte im Laufschritt ein gutes Dutzend Bewaffnete, anhand ihrer farbenfrohen, geschlitzten Kleidung unschwer als Landsknechte zu erkennen. Die fremden Soldaten räumten nun eine Gasse frei bis vor den Turm am Haus des Vogtes. Die beiden Büttel drängten sich verängstigt an eine Hauswand, in Schach gehalten von den Lanzenspitzen der Reiter.
Nachdem sich das Schreien und Fluchen etwas beruhigt hatte erschien ein weiter Reiter und lenkte sein Pferd die freigeräumte Gasse hinunter. Die Strahlen der morgendlichen Praiosscheibe spiegelten sich auf seiner schweren Rüstung, über der er einen grünen Wappenrock trug, auf der Brust ein strahlend weißes Einhorn mit Schwingen. Anstatt eines Helms trug er einen breitkrempigen Caldabreser, so daß die Augenklappe und die lange Narbe in seiner rechten Gesichtshälfte zu sehen waren. Vor dem Turm angekommen hielt er sein Pferd, einen prächtigen Rappen aus yaquirtaler Zucht, an und schaute sich auf dem Marktplatz um. Vom anderen Ende des Platzes war ein Rumpeln zu hören, als ein klappriger Karren, voll beladen mit dampfendem Mist, von einem fast ebenso klapprigen Maultier die Gasse entlang gezogen wurden. Gespanntes Schweigen lag über dem Platz, einzig unterbrochen vom Poltern der Wagenräder. Aus dem Haus des Vogts war kein Lebenszeichen zu vernehmen, anscheinend zog man es dort vor sich nicht mit den schwerbewaffneten Almadanern, um die es sich ganz offensichtlich bei den fremden Soldaten handelte, anzulegen.
Mittlerweile war der Mistkarren vor der Residenz des Vogts angekommen. Auf ein Zeichen ihres Befehlshabers hin begannen einige der Fremden an dem Karren zu Rütteln und zu schieben und schließlich kippten sie die Ladung direkt vor die Tür. Als immer noch keine Reaktion aus dem Haus zu bemerken war lenkte der Anführer der Almadaner seiner Rappen zu den beiden Bütteln, die ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrten. Als er zu ihnen sprach war seine Stimme über den ganzen Platz zu hören:
„Ihr Beide könnt mir einen Gefallen tun: bestellt Martus von Helburg, daß er auf seinem Raubzug in meine Lande vergessen hat einen Wagen mitzunehmen, den ich ihm nun vorbeibringen will, auf daß er sich an den Waren erfreue.“
Er drehte sich nun so, daß er alle Anwesenden anblickte.

„Martus-Melcher von Helburg, Ritter von Bockshorn, hat unerlaubt bewaffnete Reisige auf unsere Ländereien geführt. Er hat sich dorten Halsgerichtsbarkeit angemaßt und kriminelle Subjekte ohne unser Urteil oder Erlaubnis hingerichtet. Des weiteren hat Ritter Martus sich mit seinen Mannen widerrechtlich Waren und Güter angeeignet, auf die wir als Vertreter der almadanischen Krone gemäß unserem Recht Anspruch erheben. Ebenso hat sich der rechtmäßigen Arretierung durch uns widersetzt und schließlich hat er die Waffe gegen uns und unsere Waffentreuen erhoben. Wir, Boraccio Eslam D'Altea, Junker zu Aracena, erklären hiermit Martus-Melcher von Helburg die Feindschaft. Wir wollen uns schadlos halten an seinem Hab und Gut für das Unrecht, das wir von seiner Hand erdulden mußten, ebenso an seinem Gesinde, seinen Eigenhören und seinem Vieh, bis daß der Schaden abgetragen ist und die Schuld gesühnt. Ausgenommen seinen hiervon Greise, Kinder bis zum Alter von vierzehn Götterläufen, Weibsvolk in tsagefälliger Hoffnung, Reisende und Fahrende, die auf seinen Ländereien verweilen, sowie jegliche Diener der Zwölfgötter. So er gewillt ist die geraubten Waren in unseren rechtmäßigen Besitz zu überführen und angemessene Sühne zu leisten wollen wir einhalten in unserem Tun und die praiosgefällige Ordnung als wiederhergestellt betrachten. In drei Praiosläufen vom heutigen Tage an soll dieses gelten!“
Einer der Soldaten reichte seinem Anführer einen Tonkrug. Der Junker hielt das Gefäß für alle auf dem Marktplatz Anwesenden deutlich sichtbar in die Höhe und schleuderte es zu Boden, wo es mit einem Krachen in tausend Scherben zerbarst.
„Der Krug ist zerbrochen, die Fehde ist erklärt!“

Der Aracener nickte seinen Leuten kurz zu, dann trieb er Pferd an und galoppierte vom Marktplatz, gefolgt von seinen Reitern und schließlich den Mercenarios.
Elwene starrte mit offenem Mund den abrückenden Almadanern hinterher während Gurnhild vernehmlich durch die nur noch spärlich vorhandenen Zähne piff.
„Da hol mich doch der ... Elwene, hast Du das gehört?“
„Jedes Wort, Gurnhild, jedes Wort. Da hat sich der feine Herr Ritter wohl mit dem Falschen angelegt, wie es scheint!“
„Geschieht dem raffgierigen Aas ganz recht! Hoffentlich kriegt der mal eine ordentliche Lektion verpaßt!“
Aus den regen Gesprächen rings um die beiden Frauen herum lies sich deutlich vernehmen, daß auch andere diese Ansicht teilten. Die beiden Büttel beeilten sich wieder in das Haus des Vogtes zu kommen. Für ausreichend Gesprächsstoff war für diesen Markttag jedenfalls gesorgt.


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28. Phe 1030 BF
Der Krug ist zerbrochen
Verstärkung


Kapitel 5

Mit heruntergelassenen Hosen
Autor: Giselher